Die Demokratie ist, gerade in Zeiten von Wahlen, in aller Munde. Wie ein Mantra wird sie beschworen, wird das Volk auf sie eingeschworen und ermahnt, sie zu achten und zu schützen. Regierende warnen vor den Wahlen vor undemokratischen Wählern, die eine bestimmte, vermeintlich undemokratische Partei wählen, und simulieren nach den Wahlen Verzweiflung über die Demokratiefeindlichkeit, wenn diese Parteien große Zustimmung erlangt haben. Offenbar gibt es, so lernen wir, demokratische Wahlen und undemokratische Wahlen, und die Entscheidung darüber hängt ganz vom Ergebnis ab.
Doch nicht nur die Regierung mahnt ein Bekenntnis zur Demokratie an. Auch die Bürger tun dies, und sie widersprechen jedem Vorwurf, antidemokratisch zu sein, zucken geradezu vor diesem Etikett zurück. Doch meinen Herrschende und Beherrschte eigentlich dasselbe, wenn sie von Demokratie sprechen?
Wie kann es sein, dass einerseits Menschen mit dem Grundgesetz in der Hand auf die Straße gehen und angesichts der Coronamaßnahmen zur Demokratie mahnen, während gleichzeitig die Regierung diese Opposition mit Gewalt zerschlägt, verfolgt, ihre Medien verbieten lässt — und sich dabei ebenso auf die Demokratie oder, wie Innenministerin Nancy Faeser immer wieder betonte, „unsere Demokratie“ berufen kann?
Was die Regierung unter Demokratie versteht, tritt immer deutlicher zutage. Sie ist Synonym zur Identität der Regierung und ihres Personals. In diesem Sinne ist die „Demokratie“ ein Zwangsbekenntnis zur herrschenden Regierung und der vollständigen Akzeptanz ihrer Programme, im Grunde eine Gesinnungsdiktatur, die sich zur Rechtfertigung nur formal auf Recht beruft, das bei näherer Betrachtung am laufenden Band gebrochen wird.
Doch auch die Opposition scheint kein wirkliches Verständnis von Demokratie zu haben. Aus einem Gefühl heraus protestiert sie gegen übergriffige Maßnahmen eines Staates, nur um bei der nächsten Wahl das Personal dieses Staates auszutauschen.
Es ist ein diffuses Berufen auf Grundrechte, Gesetze, Ordnung und Sicherheit, das hier herangezogen wird, und damit auf ein bereits bestehendes Set an Funktionsweisen und Abläufen, die den Staat konfigurieren. Dabei wird von der Gegenseite, eben der Regierung, die Einhaltung dieser Regeln und Gesetze verlangt. Was dabei entschieden übersehen wird, ist, dass Demokratie eigentlich die solchermaßen Protestierenden mit in die Verantwortung nimmt. Denn sie sind der Souverän, die entscheidende Gewalt im Staat.
Was ist Demokratie?
Die Demokratie — also die Herrschaft des Volkes — ist eine Konfiguration der Machteinhegung. Die Idee bildete sich in der griechischen Antike als Antwort auf Machtexzesse griechischer Eliten heraus — und das zunächst ohne Bezeichnung und ohne festen Plan. Erst im Nachhinein, bei philosophischer Betrachtung dessen, was man da ersonnen hat, wurde das Konzept theoretisiert und benannt. So beschreibt es Rainer Mausfeld in seinem Buch „Hybris und Nemesis“. Dabei wurde Machtmissbrauch eingehegt, indem alle freien männlichen Bürger an der Entscheidungsfindung mitwirken konnten, dann aber auch für ihre Entscheidung einstehen mussten — indem sie beispielsweise als Soldaten in den von ihnen mitentschiedenen Krieg ziehen mussten.
Der Demokratie wohnt jedoch die Tendenz inne, zu einer reinen Rhetorik zu verkommen.
Schon die Griechen verstanden den Vorteil der Demokratie-Rhetorik zur Legitimation von Macht — weshalb auch dort Demokratien zu Elitenherrschaften degenerierten. Autoritär getroffene Entscheidungen wurden und werden noch heute mit demokratischer Rhetorik bemäntelt, durch welche die Eliten für sich in Anspruch nehmen, stellvertretend für das Volk zu seinem Besten zu entscheiden. Die moderne Weiterentwicklung der Demokratie, die parlamentarische Demokratie, baut genau darauf auf. Sie ist — das beschreibt Mausfeld bereits in seinem Vorgängerbuch „Warum schweigen die Lämmer?“ — gerade mit dem Ziel entworfen worden, die Massen der Menschen von der Herrschaft auszuschließen.
So wurde der demokratische Akt der Mitbestimmung in der Gesetzgebung und Umsetzung auf einen Abgeordneten übertragen, den das Volk wählt. Dieser Abgeordnete ist jedoch nicht dem Willen der Wähler unterworfen, sondern, wie es das deutsche Grundgesetz schreibt, lediglich seinem Gewissen. Dass dieses Gewissen käuflich oder auf andere Weise von außen beeinflussbar ist, bedarf wohl keiner weiteren Erwähnung.
Damit wird aber das demokratische Recht des Volkes auf Herrschaft über sich selbst reduziert auf das Recht, einen Vertreter zu wählen, der dann wiederum Entscheidungen nach seinem eigenen Gutdünken trifft.
Damit ist „das Volk“ bereits aus der Machtstruktur ausgeschlossen. Das war schon zu Beginn dieser Form der Demokratie der Fall. Denn wer war es, der in den frühen USA, der Wiege dieser Demokratieform, Zeit und Muße hatte, als Abgeordneter im fernen Washington zu sitzen und über Gesetzesentwürfe und Politik zu beraten? Nicht der Handwerker oder Bauer, der mit Tätigkeiten des täglichen Überlebens beschäftigt war, und noch viel weniger die Sklaven auf den Plantagen der Südstaaten. Es waren die reichen Großgrundbesitzer und Kaufleute, die dabei selbstverständlich Entscheidungen im Sinne ihrer Geschäfte, ihres Reichtums und ihrer Macht getroffen haben.
Heute haben sich diese Zustände der Selbstbedienung und der Entfremdung vom eigentlichen Volk nur noch verschärft. Denn die heutige politische Kaste wird eigens in bestimmten internationalen Organisationen wie dem Weltwirtschaftsforum (WEF), der Atlantikbrücke oder anderen herangezogen, in Bilderberg-Konferenzen und anderen exklusiven Zusammenkünften auf Linie gebracht und ausgewählt, und dann in den jeweiligen Posten gesetzt, um dort wiederum die Agenden des internationalen Kapitals durchzusetzen.
Gleichzeitig wird die formale politische Macht von den Staaten, die zumindest theoretisch noch dem Einfluss der Menschen unterworfen sind, auf internationale Organisationen wie der EU, der UN oder der WHO übertragen. Von hier kommen Verordnungen, Richtlinien oder „Pandemieverträge“, welche die Regierungen der Länder — zumindest vermeintlich — zu bestimmten Handlungsweisen zwingen. Versehen wird das mit ökonomischen Erpressungen durch Weltbank und den Internationalen Währungsfonds (IWF), die bei Gehorsamsverweigerung kurzerhand Gelder streichen oder zurückhalten können — ähnlich, wie es auch bei der EU üblich ist.
Es ist auch kein Zufall, dass Gesetzesentwürfe zu einem großen Teil nicht mehr von den Regierungen der Länder selbst geschrieben werden, sondern dies von internationalen Anwaltskanzleien übernommen wird, und diese Gesetze in Foren wie dem WEF besprochen werden.
Der Bürger, das Volk, ist also aus den Entscheidungsprozessen bereits vollkommen ausgeschlossen. An seiner Stelle stehen reiche Einzelpersonen, Konzerne und internationale Organisationen, welche im globalen Maßstab Gesetze schreiben und implementieren. Diese werden von den Regierungen der Länder dann nur noch durchgewunken, um zumindest formal die Voraussetzungen der jeweiligen Verfassung zu erfüllen — und zum Schein demokratisch zu agieren. Doch ein Mitspracherecht hat der Bürger nicht; er wird vor vollendete Tatsachen gestellt, seine Zustimmung zur Not auch erzwungen, und seine Opposition ignoriert oder gar zerschlagen.
Das alles erfolgt unter dem Schlagwort der Demokratie. Demokratie im Sinne der Herrschenden ist eben diese Elitenherrschaft, deren Einhegung im antiken Griechenland einmal ersonnen wurde.
Unter dem Deckmantel der Demokratie finden jene Machtexzesse statt, vor denen die Demokratie einst schützen sollte.
Machteliten haben also den Begriff seiner eigentlichen Bedeutung entkernt — nämlich die Teilnahme des Volkes an den es betreffenden Belangen — und mit einer ganz neuen Bedeutung aufgeladen, nämlich der Machtkonzentration in den Händen von superreichen Oligarchen, die diese Macht mittels eines entpersonalisierten Herrschaftsgeflechtes ausüben. Das ist es, was Nancy Faeser meint, wenn sie von „unserer Demokratie“ spricht. Es ist tatsächlich das Herrschaftssystem der Reichen, als deren willige Vollstreckerin sie agiert.
An diesem Umstand ändert auch die Wahl einer oppositionellen Partei — beispielsweise der AfD — nichts. Denn in dieser Parteienoligarchie lediglich die Partei auszutauschen, berührt nicht die zugrundeliegende Konfiguration. Selbst wenn die AfD — was nicht zu erwarten ist — den Einfluss der internationalen Organisationen, Oligarchen und Konzerne zurückdrängt, Deutschland aus EU, WHO und UN herausführt, bleibt das grundlegende Problem des Ausschlusses der Bürger von der Macht. Dieser geht schon aus der Grundlage dieser „Demokratie“, nämlich dem Grundgesetz, hervor, welches in unserem Falle die Bundesrepublik als eine repräsentative Herrschaftsform konfiguriert. Auf dieses Grundgesetz berufen sich die Regierungen, wenn sie Dissens abstrafen, und auf dieses Grundgesetz beruft sich die Opposition, wenn sie zu dessen Einhaltung mahnt.
Bei all dem wird das Grundgesetz gerne als Naturgesetz, als nicht hinterfragbare Grundlage unserer Gesellschaft betrachtet. Dabei ist gerade die Wahl der Verfassung ein wichtiger Grundpfeiler einer Demokratie. Jedes Volk soll sich selbst eine Verfassung geben können. Doch das deutsche Grundgesetz haben die Deutschen sich nicht selbst gegeben, es wurde ihnen aufgezwungen und hat damit bestimmte Herrschaftsformen bereits vorgegeben. Die Entmachtung des Volkes ist im Grundgesetz bereits angelegt. Dabei ist dieses Grundgesetz nicht so unantastbar, wie es gerne dargestellt wird. Der letzte Artikel besagt, dass die Deutschen sich jederzeit eine neue Verfassung geben können. Darin liegt auch ihre demokratische Macht in diesem System.
Das Problem dabei ist jedoch, dass jede Verfassung eine Herrschaftskonfiguration festlegt. Sie grenzt das Spielfeld ab, auf dem Politik betrieben und Herrschaft ausgeübt wird. Damit begrenzt sie auch die Mittel des Volkes, Machtexzesse einzuhegen — und kann von der Macht durch beständige Erweiterungen, Veränderungen oder schwammige Auslegung in eine Waffe gegen das eigene Volk verwandelt werden. Und genau das passiert auch, wie man am Beispiel der Gesundheitsdiktatur sehen kann, welche das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit in ein staatliches Eingriffsrecht umdefiniert und den Menschen gesundheitsschädliche Maßnahmen bis hin zur hochgefährlichen Genspritze aufgezwungen hat.
Dennoch beruft sich die Opposition auf dieses Grundgesetz und auf diese Demokratie, die das Volk von der Entscheidungsfindung ausschließt, und meint, sich mit einer Wahlentscheidung aus dem Klammergriff der Macht lösen zu können.
Damit wird eine weitere, wichtige Funktion dieser Demokratiebeschwörung deutlich: Sie begrenzt das Vorstellungsvermögen der Menschen — und damit ihre Handlungsspielräume.
Denn diese Demokratie führt dazu, dass die Menschen nur aus einer kleinen Auswahl von vollendeten Tatsachen-Sets dasjenige wählen können, von dem sie sich das Beste für sich, oder vielmehr: das geringste Übel versprechen. Ein Mitbestimmungsrecht über die Wahl der Themen, deren Behandlung und Lösung haben sie nicht. Alternativen außerhalb dieses Systems gelangen gar nicht erst in die Vorstellung der Menschen, weil sie außerhalb dessen liegen, was uns als demokratisch eingetrichtert wird. Die Demokratie sperrt die Menschen daher auch in einen gedanklichen Käfig.
Das geschieht auch über die moralische Aufwertung des Begriffes der Demokratie als der Weisheit letzter Schluss und der Verkörperung alles moralisch Guten, und damit verbunden der Abwertung all dessen, was außerhalb dieses sehr eng begrenzten Systems liegt, als „undemokratisch“. Mit diesem Begriff wird das moralisch Schlechte verklammert, das Böse, die Diktatur, und implizit sofort eine Nähe zu Hitler und den Nationalsozialisten hergestellt — ein Mechanismus, der auch jede noch so entschlossene Opposition zurückschrecken lässt und ihr ein Bekenntnis zur Demokratie abringt. Denn Hitler möchte man verständlicherweise nicht sein, gar nicht erst den Eindruck erwecken, man könnte sich auch nur ansatzweise in diese Richtung bewegen.
Damit sind die Menschen moralisch auf die Demokratie im Sinne der Herrschenden eingeschworen und können dieses System schon gedanklich nicht mehr transzendieren. Dabei werden auch Vorstellungen gedanklich kontaminiert, die eigentlich innerhalb jeder Definition von Demokratie liegen und selbst dem Grundgesetz entsprechen, aber nicht vollständig in das Herrschaftskonzept der Mächtigen passen — etwa eine Kritik an dem Einfluss von Oligarchen und Konzernen mittels WEF, WHO und anderer Organisationen, oder die Forderung einer rigoroseren Asylpolitik.
Das liegt auch daran, dass man den Begriff der Demokratie, der ja an sich nur eine Regierungsform beschreibt, mit allen möglichen anderen moralischen Inhalten aufgeladen hat. Demokratie ist nun auch die unbedingte Liebe zum Flüchtling, der Schutz des Klimas, die Gesundheitsvorsorge mittels Masken und Genspritzen, das Gendergebot — und natürlich der Krieg gegen den „bösen Russen“.
All diese Dinge haben mit Demokratie zwar nichts zu tun, sie werden aber gedanklich in diese eingelagert, und es wird damit eine Gesinnungsdiktatur errichtet. Demokratie repräsentiert nun eine ganz bestimmte Haltung in jeder politischen Angelegenheit. Hier gibt es dann nur noch zwei Möglichkeiten: entweder die „richtige“, die vermeintlich demokratische Meinung, oder die „falsche“, also vermeintlich „undemokratische“ Meinung — und damit die Diktatur. Wer sich also als Demokrat bezeichnet, sich zur Demokratie bekennt, der kauft damit ein ganz bestimmtes Meinungs-Set bereits mit ein. Debatte und Differenzierung sind nicht mehr möglich.
Dies spiegelt sich auch im Umgang mit der AfD, die eben das „undemokratische“ Meinungs-Set vertritt — dieses im Falle ihrer Wahl aber in das „demokratische“ Meinungs-Set verwandeln wird, um dann das ganze Spiel nur unter umgekehrten Vorzeichen weiterzuspielen. Daher ist die schlichte Wahl einer anderen Partei keine Alternative. Zudem werden oppositionelle Parteien gezielt aufgebaut und groß gemacht, um die Demokratiesimulation am Laufen zu halten und eventuell einen Kurswechsel im Sinne der Macht einzuleiten.
Damit ist das Bekenntnis zur Demokratie eine Falle, die das Herrschaftssystem stützt und Machteingrenzung wirksam verhindert. Dies vor allem dann, wenn der Demokratiebegriff der Herrschenden unhinterfragt übernommen wird.
Statt sich also für eine Demokratie im Sinne der Herrschenden einzusetzen, ist es notwendig, eigene Begriffe und Entwürfe zu entwickeln, um Macht zu brechen und einzuhegen und die Herrschaft der Konzerne und Oligarchen mittels ihrer lokalen Filialen — „Staat“ genannt — zu beenden.
Als wirksame Opposition darf man sich nicht der Definitionsmacht der Herrschenden unterwerfen und sich ihre Begriffswelt zu eigen machen. Denn auf diese Weise treiben einen die Herrschenden im Diskurs vor sich her.

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Quellen und Anmerkungen: