Benommen starre ich durch das Fenster auf die graue Wolkendecke. Vögel kreisen durcheinander im Tiefflug. Meine Gedanken ebenso. Eine Stunde und dreiundvierzig Minuten lang hörte ich zu, wie Ken Jebsen den Journalisten Walter van Rossum zu seinem Buch „Meine Pandemie mit Professor Drosten“ interviewte. Obwohl ich bereits einige Interviews des Rubikon-Bestsellerautors zu seinem Buch gesehen habe, fesselte mich dieses Gespräch.
Oft stelle ich fest, dass ich in all den Büchern und Interviews zum Thema Corona nach Argumenten suche, die mir helfen können, unkritische Gesprächspartner zu etwas mehr Misstrauen gegenüber dem aktuellen Zeitgeschehen anzuregen. Regelmäßig verzweifle ich an der Passivität und dem Desinteresse so vieler Mitmenschen. Immer wieder aufs Neue erinnere ich mich daran, dass es einer Sisyphos-Arbeit gleicht, wenn ich sie ändern möchte.
Vor ein paar Tagen las ich in einem Rubikon-Artikel über Hannah Arendt: „Nach eigener Aussage war sie nie ‚an Wirkung‘ interessiert. Sie wollte einfach nur verstehen.“ Das inspiriert mich. Diese Einstellung verwandelt das dumpfe Ohnmachtsgefühl in Wissensdrang. Das Gespräch zwischen Jebsen und van Rossum zeigt mir Aspekte auf, die ich bisher nicht wahrnahm.
Was mich am Ende des KenFM-Videos so geschafft zurückließ, war die Erkenntnis, wie sehr wir Menschen trotz aller Aufklärung unbewusste Glaubenssätze kultivieren. Ich dachte zum Beispiel, wie wohl viele — und genau da liegt das Problem —, dass kompetente und integre Menschen sich zu Wort melden, wenn in der Weltpolitik etwas gegen das Interesse der großen Mehrheit der Weltbevölkerung geschieht.
Genau darauf vertrauen anscheinend ebenso unkritische Menschen. Nach dem Interview stellte ich überrascht fest, dass auch ich mein Selbstbild korrigieren muss. Denn ein Teil von mir hielt noch immer an dem gerade beschriebenen Weltbild fest, ohne dass ich es überhaupt merkte. Was van Rossum beschreibt, klingt unvorstellbar und glaubwürdig zugleich.
Drosten ist ein Mensch. Politiker sind Menschen, die WHO besteht aus Menschen, die dort arbeiten, ganz egal in welcher Funktion. Und auch ich bin ein Mensch und schreibe diesen Artikel völlig subjektiv, weil mir das Thema am Herzen liegt.
Jebsen und van Rossum sind mir sympathisch, ihre Argumente glaubwürdig, genau deshalb versuche ich, ihre Sichtweisen zu hinterfragen. Also sehe mir Beiträge von Drosten an — auch er wirkt auf mich sympathisch und kompetent.
Meine Subjektivität ist völlig offensichtlich und genau hier liegt der springende Punkt: Es ist naiv zu glauben, Wissenschaftler und Journalisten könnten objektiv sein. Es ist sogar gefährlich, wenn sie selbst davon überzeugt sind. Denn das würde zeigen, dass sie sich selbst betrügen. So mancher mag sich für einen Übermenschen halten, der kein Interesse daran hat, dass seine Arbeitshypothese sich bestätigt. Niemand kann das Menschsein an der Schwelle zum Labor ablegen.
Allerdings wurde uns von klein auf erzählt, Wissenschaftler und gute Journalisten arbeiteten und berichteten neutral. Eine Ideologie, die tief sitzt, obwohl sie offensichtlich naiv und unrealistisch ist. Die meisten „Experten“ geben ihre Subjektivität nicht zu, vermutlich aus Angst, dann schnell nicht mehr als Experte zu gelten. Stattdessen stilisiert unsere Gesellschaft Experten zu gottähnlichen, unantastbaren Akteuren. Also überlassen wir normalen Menschen ihnen die Gestaltung der Welt, weil wir uns von ihrem sicheren, „objektiven“ Auftreten täuschen lassen. Anders kann ich es mir nicht erklären. Wir irren uns.
Die große Mehrheit der Menschen glaubt nach wie vor an die Neutralität und Objektivität der Wissenschaft wie kleine Kinder an den Weihnachtsmann. Wissenschaftsgläubigkeit wird zwar oft als Problem thematisiert und doch vertrauen die meisten Menschen Institutionen wie der WHO und schenken „Experten“ mehr Entscheidungshoheit und Macht.
Und genau hier liegt für mich die Stärke des Buchs von Walter van Rossum: Er macht Drosten und die anderen Akteure wieder zu Menschen und zeigt deren Verbindungen, Verhalten und Interessenkonflikte auf.
Dieses Interview erweitert mein Weltbild. Die Informationen liegen mir zwar schwer im Magen, doch ich nehme mir die Zeit, sie zu verdauen und Handlungen abzuleiten, um Mitmenschen neugierig auf meine Sichtweise zu machen. Seitdem ich unkritische Freunde in Ruhe lasse, fragen sie mich immer häufiger nach meiner Meinung. Dann empfehle ich ihnen Videos wie dieses Gespräch oder noch besser die Lektüre von Büchern wie „Meine Pandemie mit Professor Drosten“.
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