Welches Licht der Welt ein Neugeborener erblickt, ist wesentlich. Ist es das kalte Neonröhrenlicht eines Entbindungssaals oder das rote, warme, dem Mutterleib nachempfundene Licht eines in Ruhe, Diskretion und Entspannung befindlichen Geburtsraumes?
Auch das Wie ist ebenso entscheidend. Wird der Mensch — wie heute weitestgehend üblich — brutal per Kaiserschnitt aus dem Mutterleib rausgeschnitten? Oder darf er auf natürlichem Wege, ohne eine widernatürlich terminierte „Geburt-Boarding-Time“, in verbindender, vitalisierender und erdender Weise durch die Scheide zur Welt kommen? Darf er just in dem Moment des Zur-Welt-Kommens direkt Augenkontakt mit der Mutter aufnehmen und an ihre Brust gelegt werden? Oder wird er erst einmal auf einer kalten Wage vermessen, gewogen und einem Objekt gleichkommend quantifiziert?
In den meisten Fällen der Geburten in der westlichen Welt stellt die traumatisierende Variante die Norm dar. Dabei handelt es sich nicht um Zufall, wie Bertrand Stern und Frank-Robert Belewsky ausführen. Die Spur der biopolitischen Kontrolle über die Geburt durch Macht- und Wirtschaftsinteressen führt geschichtlich weit zurück. Die Kontrolle über die Art und Weise, wie Mütter ihre Kinder empfangen und neun Monate später gebären, stellt die elementare Grundlage für die Herrschaftssicherung dar. Menschen, die qua ihrer Geburt gebrochen sind, eignen sich ideal, um sie den unterschiedlichsten politischen Ideologien und Agenden anheimfallen zu lassen.
Menschen, die bei ihrer Geburt von ihren dessen bewussten Eltern vor diesen traumatisierenden Dynamiken beschützt wurden, werden dann im Laufe ihres jungen Lebens vor oder während der Schulzeit entweder medikamentiert oder psychiatrisiert. Abweichungen von der Norm duldet das System nicht. Doch es gibt Hoffnung, wie die beiden Gäste im Gespräch mit Friederike de Bruin ausführen. Denn dieses System zerbricht vor unseren Augen an seiner Starrheit und seinen immer offener zutage tretenden Widersprüchen. Dieses sowieso schon im Zerfall befindliche Monstrum eines Systems zu bekämpfen lohnt sich nicht, da ein solches Vorhaben die Kräfte bündelt, deren es für die Errichtung einer menschlicheren Welt mit ebenso menschlichen wie liebevollen Geburtsvorgängen bedarf.
Wie derartige Geburtsvorgänge im Detail aussehen und welcher irrtümlichen Glaubenssätze Eltern sich entledigen sollten, schildern Belewsky und Stern im bislang umfangreichsten, tiefgründigsten und radikalsten Rubikon-Mutmachgespräch. Es ist ein Mutmachgespräch, welches ein ganz und gar körperbetontes Thema zum Gegenstand hat. Daher wurden diesmal keine Mühen gescheut und das Gespräch nicht digital per Zoom, sondern vor Ort, in einem Berliner Geburtshilfehaus, mit mehreren Kameras in physischer Präsenz der Gesprächsteilnehmer abgehalten.
Friederike de Bruin im Gespräch mit Frank-Robert Belewsky und Bertrand Stern
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