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„Der Frieden sind wir“

„Der Frieden sind wir“

Traumaforscher Franz Ruppert und Friedensforscher Daniele Ganser wissen, dass Frieden möglich ist.

Auf Professor Dr. Franz Ruppert und seine Traumaforschung wurde ich im Jahr 2002 zum ersten Mal aufmerksam — auf Dr. Daniele Ganser und seine Friedensforschung erst 2015.

Aus meiner Sicht weisen die Forschungen von Franz Ruppert und Daniele Ganser darauf hin, dass nur traumatisierte Menschen Kriege führen können. Franz Ruppert formuliert dies wie folgt:

„Nur traumatisierte Menschen machen Krieg. Krieg erzeugt Trauma und Trauma erzeugt Krieg.“

Ich wurde 1960 geboren, habe also Teile unserer jüngsten Geschichte selbst miterlebt und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, als ich mir einen Vortrag von Daniele Ganser anhörte. So klar und auf den Punkt gebracht hatte ich die Zusammenhänge der Ursachen und Hintergründe von Kriegen noch nie gehört: Ganser berichtete von Kriegslügen, Intrigen, Geheimhaltungen, Demütigungen, Manipulation, Ausbeutung, Propaganda, kurz: von Täter-Opfer-Dynamiken im ganz großen Stil.

Aus der Forschungsarbeit von Franz Ruppert weiß ich: Täter-Opfer-Dynamiken sind immer die Folge von Psychotraumata innerhalb menschlicher Beziehungen (Ruppert 2012, S. 131 ff.).

Menschen können sich in vielfältiger Weise durch Gewalt gegenseitig traumatisieren. Es gibt die individuelle Gewalt und die kollektive Gewalt. Die individuelle Gewalt findet häufig in Familien statt, während es eine Form von kollektiver Gewalt ist, wenn Regierungen anderen Ländern den Krieg erklären. Der Einsatz von Gewalt führt zu Traumatisierungen aufseiten der Täter und aufseiten der Opfer und es wird damit eine Gewaltspirale in Gang gesetzt (Ruppert 2014, S. 21 f.).

„Noch glaubt die Mehrheit der Menschen, ein Psychotrauma sei etwas sehr Seltenes und betreffe nur wenige Menschen“, schreibt Franz Ruppert hierzu. Doch stimmt das wirklich, glaubt die Mehrheit der Menschen dies?

Was ist ein Psychotrauma und was passiert danach in unserer Psyche?

Als traumatisch erleben wir Situationen, die uns psychisch und körperlich völlig überwältigen, aus denen wir kein Entkommen sehen. Wir sind ausgeliefert, ohnmächtig, hilflos und handlungsunfähig und wir haben keinen Einfluss darauf, ob wir die Situation überleben oder ob wir sterben.

Am hilflosesten sind wir, während wir uns im Mutterleib entwickeln und nach der Geburt. Wir sind auf Gedeih und Verderb auf die Fürsorge und die Liebe unserer Mutter angewiesen. Diese Zeit haben wir alle erlebt, auch wenn wir uns nicht mehr daran erinnern können. Unser Überleben hing davon ab, dass unsere Grundbedürfnisse nach Nahrung und emotionaler Zuwendung befriedigt wurden.

Über viele Generationen und Kultur übergreifend wurden Säuglinge und Kleinkinder traumatisiert.

„Die Geschichte der Kindheit ist ein Albtraum, aus dem wir gerade erst erwachen. Je weiter wir in der Geschichte zurückgehen, desto unzureichender wird die Pflege der Kinder, die Fürsorge für sie, und desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder getötet, ausgesetzt, geschlagen, gequält und sexuell misshandelt wurden“ (deMause 1980, S. 12).

Die Idee, dass Säuglinge schon verwöhnt werden könnten, wenn wir ihren Bedürfnissen den Vorrang vor unseren Bedürfnissen geben, geistert leider auch heute noch in vielen Köpfen junger Eltern herum. Neugeborene leben noch nicht in der Zeit, sie wissen nicht, dass das schmerzhafte Gefühl in ihrem Körper zum Beispiel Hunger ist. Sie können diesen Hungerschmerz nicht selbst beseitigen, sondern sind ihm hilflos ausgeliefert.

Jeder Mensch, der es schon einmal erlebt hat, über einen längeren Zeitraum zu hungern oder zu dursten, bekommt vielleicht eine Ahnung, wie er sich selbst als abhängiger kleiner Mensch gefühlt haben muss, wenn ihm Nahrung oder Trinken verweigert wurde und er nicht wusste, wann dieser bohrende Schmerz aufhört, ob er überhaupt jemals wieder aufhören würde.


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In dem genannten Beispiel ist der Hungerschmerz des Babys eine traumatische Erfahrung, die in dem abgespaltenen traumatisierten Anteil ein Leben lang gespeichert bleibt. Der Überlebens-Anteil lernt, sich selbst zu beruhigen, vielleicht durch Saugen am Daumen, als eine Ersatzbefriedigung.

Der gesunde Anteil ist in der Lage, diese lebensbedrohliche Erfahrung, wenn sie irgendwann einmal erinnert wird, zu integrieren. Vielleicht wird das im Erwachsenenalter eine Notwendigkeit, wenn dieser „vergessene“ lebensbedrohliche Schmerz immer wieder mit Ersatzmitteln wie einer Zigarette befriedigt werden muss.

Wir verspüren als kleine hilflose Wesen Todesangst und um nicht an dieser Übererregung zu sterben, müssen wir uns psychisch spalten: Die äußere Situation können wir nicht verändern. Was wir verändern können, ist unser inneres Erleben. In uns entsteht ein Überlebens-Anteil, der in der Lage ist, zu dissoziieren – ich verliere den Kontakt zu meinem Körper -, sich unempfindlich zu machen, Gefühle wie Schmerz und Angst nicht mehr zu fühlen.

Die psychische Spaltung ist ein Notfallmechanismus, um unser Überleben zu sichern, und darauf haben wir willentlich keinen Einfluss. Es entsteht ein Trauma-Anteil, der aufgrund der Spaltung in dieser Todesangst bleibt und sich nicht weiterentwickelt. Und wir behalten einen gesunden Anteil, der trotz der Spaltung bleibt. Je öfter und je länger wir solchen traumatischen Situationen ausgeliefert waren, umso heftiger sind die Spaltungen.

Der Überlebens-Anteil wird immer radikaler, indem die Trauma-Anteile massiv verleugnet werden. Die gesunden Anteile bleiben zwar erhalten, doch der Zugang zu ihnen wird immer schwieriger.

Unsere Wahrnehmung, unser Denken, unser Fühlen – unsere ganze innere psychische Struktur – ist nach erlebten Traumata verändert. Diese Veränderung bleibt, auch wenn die traumatische Situation schon vorbei ist („Das Trauma des Krieges“).

Es ist Franz Ruppert und seiner Traumaforschung zu verdanken, dass inzwischen immer mehr Menschen verstehen, dass ein Trauma kein außergewöhnliches Ereignis innerhalb menschlicher Biografien ist, sondern im Gegenteil die vielfach erlebte Normalität.

„Mehr und mehr habe ich bemerkt, dass die Probleme, deretwegen die Menschen therapeutische oder beraterische Hilfestellung nachsuchen, nahezu immer traumatische Ursprünge haben“ (Ruppert 2007, S. 185 ff.).

Franz Ruppert ist kein Wissenschaftler und Forscher, der in einem Elfenbeinturm sitzt und dort seine Theorien „ersinnt“. Er ist ein Praktiker und Empiriker. Durch seine praktische Arbeit erkannte er immer deutlicher, wie Menschen aufgrund ihrer psychischen Spaltungen ihr Leben organisieren. Dass sie aufgrund der früh erlebten Traumata ihre Gefühlsanteile in sich „verschlossen“ halten und kaum noch Zugang zu ihren frühkindlichen Trauma-Anteilen haben.

Die Folge sind weitere Traumatisierungen: Mütter und Väter traumatisieren unbewusst ihre Kinder, weil sie selbst traumatisiert sind und kein Gefühl für ihre eigenen Bedürfnisse entwickeln konnten und somit auch nicht die Bedürfnisse ihrer Kinder wahrnehmen können. Sie erleben ihre Kinder als Täter und fühlen sich selbst als Opfer.

Um das eigene Opfersein nicht fühlen zu müssen, machen sie ihre Kinder für ihre Ohnmachts- und Hilflosigkeitsgefühle verantwortlich und werden nicht selten psychisch und oft auch körperlich gewalttätig. Kinder anzuschreien ist Gewalt, Kindern zu ohrfeigen ist Gewalt. Auch der Klaps auf den Windelpopo oder der Schlag auf die kleinen Finger ist Gewalt.

Die Überlebens-Anteile verlieren den Bezug zur Realität

Auf der ganzen Welt kommt es immer wieder zu Kriegen, weil Menschen ihr eigenes Opfersein verleugnen und sich aufgrund der psychischen Spaltung sehr oft überhaupt nicht erinnern. Die entstandenen Spaltungen machen uns verführbar, gehorsam und gewaltbereit. Die Welt wird in schwarz oder weiß, gut oder böse, Feind oder Freund eingeteilt. Die innere Welt wird mit der äußeren Welt verwechselt:

„Eine wichtige Eigenart der menschlichen Psyche ist ihre Fähigkeit, sich eine Eigenwelt zu schaffen, die von der äußeren Realität völlig unabhängig ist. Solange ein Mensch seine psychische Eigenwelt von der Realität, die es wirklich gibt, unterscheiden kann, ist das kein Problem. Wird jedoch die selbst geschaffene psychische Eigenwelt mit der Realität verwechselt, kann das enorme Schwierigkeiten hervorrufen. (…) Menschen unterwerfen sich dann freiwillig ihren eigenen Fantasiegebilden und widmen diesen ihr ganzes Leben. Es können auch andere Menschen als Feinde angesehen werden, wenn sie nicht an die Realität dieser psychischen Eigenwelt glauben und sich an ihrer Verwirklichung beteiligen“ (Ruppert 2017, S. 18).

An unsere ersten drei Lebensjahre haben wir in der Regel keine bewussten Erinnerungen, wir leben also mit einer Art „Blackbox“, zu der wir nicht so einfach einen Zugang bekommen. Sehr frühe Spaltungen haben Auswirkungen auf unser späteres Leben, wir bleiben im Überlebensmodus und das bedeutet (vgl. Ruppert 2012, S. 85):

  • Wir machen keine Versuche, uns zu erinnern.
  • Wir sprechen nicht darüber.
  • Wir reagieren mit Aggressionen auf andere, die Wahrheiten aussprechen.
  • Wenn wir uns erinnern, spielen wir die Folgen herunter: „so schlimm war das nicht“.
  • Wir flüchten uns in Rollen.
  • Wir bleiben sprachlich im Unkonkreten und Allgemeinen.
  • Wir halten unlogische Zusammenhänge für plausibel.
  • Wir setzen jegliche rationale Logik für uns selbst und wenn möglich auch bei anderen außer Kraft.
  • Notfalls belügen, betrügen und täuschen wir…

„Die Überlebensanteile sehen in der psychischen Spaltung und der Reduktion und dem Aufgeben des Realitätsbezuges nach wie vor – wie in der ursprünglichen Traumasituation – die Lösung“ (Ruppert 2012, S. 86)


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Der Friedensforscher Daniele Ganser nennt die wahren Täter beim Namen

Das große Verdienst von Daniele Ganser ist, dass er den Mut hat, Wahrheiten auszusprechen, die die meisten Menschen nicht hören wollen. Er stellt Fragen, die andere Menschen nicht stellen. Er löst damit bei vielen Menschen Aggressionen aus und macht sich angreifbar. Die Folge sind Verleumdungen, Diffamierungen und sogar vor dem Lügen und Täuschen wird kein Halt gemacht.

Er deckt Ungereimtheiten auf – wie den Einsturz des World Trade Center 7 (WTC7) am 11. September 2001, für den es bist heute keine wirkliche Erklärung gibt.

In der offiziellen Version des National Institute of Standards and Technology (NIST) über die Geschehnisse am 11. September 2001 sollen uns unlogische Zusammenhänge plausibel gemacht werden. Die Folge ist, dass damit jegliche Rationalität außer Kraft gesetzt wird. Auch hier wird gelogen und getäuscht, verschwiegen und vertuscht.

In seinen Büchern und Vorträgen entlarvt Daniele Ganser die Kriegspropaganda und zeigt klar auf, wie Menschen absichtlich in die Verwirrung geführt werden.

„‚Die Aufnahmefähigkeit der großen Masse ist nur sehr beschränkt, das Verständnis klein, dafür jedoch die Vergesslichkeit groß‘, hatte Adolf Hitler seine Überlegungen zur Propaganda vor dem Zweiten Weltkrieg zusammengefasst“ (Ganser 2017, S. 177).

Der Illegale Krieg gegen Serbien 1999 vor dem Hintergrund der Traumabiografie deutscher Politiker

Der Krieg in Jugoslawien 1999, zugleich der erste Militäreinsatz Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg, wurde zu einer humanitären Intervention heruntergespielt und der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder behauptete, Deutschland führe gar keinen Krieg, sondern wolle nur verhindern, dass es zu einer humanitären Katastrophe komme. Wortwörtlich sagte er:

„Wir führen keinen Krieg, aber wir sind aufgerufen, eine friedliche Lösung im Kosovo auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen“ (Ganser 2017, S. 178).

Schröder benutzte eine unkonkrete Sprache und blieb im Allgemeinen. Heute wissen wir, was er mit einer „friedlichen Lösung“ und mit militärischen Mitteln meinte: Mit Zustimmung der deutschen Regierung bombardierte die NATO Serbien. Bei Schröder hieß es: Die NATO hätte mit Luftschlägen begonnen (Ganser 2017, S. 175).

Ob Schröder sich damit selbst beruhigen wollte oder bewusst täuschte, verschleierte und verleugnete, weiß ich nicht, diese Frage kann er wohl nur selbst beantworten. Sehr wahrscheinlich ist, dass er ein traumatisiertes Kriegskind ist. Er wurde 1944 im Krieg geboren. Somit hat er den Krieg schon im Mutterleib miterleben müssen. Seinen Vater hat er nie kennen gelernt, dieser ist 1944 im Zweiten Weltkrieg als deutscher Soldat in Rumänien gestorben.

„Kriegskinder erleben den Kriegsterror schon im Mutterleib; verlieren früh ihre Väter, erleben verängstige, verzweifelte, traurige Mütter“, schreibt Franz Ruppert hierzu.

Gegen den Krieg wehrte sich Hans Christian Ströbele von der Partei der Grünen:

„Ich verstehe meine Fraktion nicht, die für mehr Frieden in der Welt angetreten ist (…) Das kann und darf nicht wahr sein“ (Ganser 2017, S. 179).

Zum ersten Mal hatten Deutsche eine Rot-Grüne Regierung gewählt und viele Wähler vertrauten damals dieser Regierung. Sie glaubten an das, was ihnen Gerhard Schröder und Joschka Fischer erzählten. Joschka Fischer verglich die Serben mit Nazis, indem er sagte:

„Ich habe nicht nur gelernt: Nie wieder Krieg! Ich habe auch gelernt: Nie wieder Auschwitz!“ (Ganser 2017, S. 182).

Wie kommt ein deutscher Außenminister dazu, dermaßen doppelbödig für einen Krieg zu argumentieren? Wie war es ihm möglich, den Serben zu unterstellen, sie würden ein zweites Auschwitz errichten?

Joschka Fischer wurde 1948 geboren. Seine Eltern mussten 1946 ihre Heimat Budapest verlassen. Das heißt, seine Eltern waren Heimatvertriebene. Die Heimat zu verlieren, ist für Menschen traumatisierend. Joschka Fischer wurde drei Jahre nach Kriegsende geboren und ist sehr wahrscheinlich ein traumatisiertes Nachkriegskind.

Die Folge ist, dass durch diese Traumata die rationale Logik außer Kraft gesetzt wird, und ich vermute, das gilt auch für Gerhard Schröder und Joschka Fischer. Damit haben sie es geschafft, die rationale Logik vieler ebenfalls traumatisierter Menschen zu verwirren und ebenfalls außer Kraft zu setzen.

Wolfgang Schäuble von der CDU unterstützte diesen Krieg mit den Worten:

„Wenn wir unsere Verantwortung für Frieden, für Freiheit und für Menschenrechte ernst nehmen, haben wir keine Alternative. Deswegen muss unser geschlossener Appell an den Aggressor lauten: Das Morden in Europa muss aufhören!“

Dafür bekam Schäuble viel Beifall aus allen Parteien – CDU/CSU, SPD, FDP und von vielen Grünen (Ganser 2017, S. 179). Schäuble treibt es mit seinen Worten auf die Spitze: Unlogische Zusammenhänge macht er plausibel, ebenfalls setzt er eine rationale Logik außer Kraft und flüchtet sich in die Rolle eines „Friedensstifters“, indem er ernsthaft vermitteln will, dass das Morden in Europa mit weiteren militärischen Morden beendet werden könnte. Das ist verrückt!

Wolfgang Schäuble wurde 1942 in Freiburg geboren. Über seine Kindheit ist zu lesen:

„Dabei war Wolfgang ein schmächtiges und in jungen Jahren häufig kränkelndes Kind mit einer damals schwer zu behandelnden Atemwegserkrankung. ‚Der Arzt hat wohl zu Mama gesagt, sie hätte ja noch einen Sohn und könne auch noch weitere Kinder bekommen. Offenbar hat man mit mir nicht viel Hoffnung gehabt‘, erinnert er die Brüder.“

Das heißt, Wolfgang Schäuble war als kleines Kind vom Tod bedroht. Diese Tatsache legt nahe, dass er ebenfalls ein Kindheitstrauma erlitten hat. Der Vater Karl Schäuble wird als fordernd beschrieben und er verteilt auch kräftige Ohrfeigen. Erzieherische Gewalt traumatisiert Kinder ebenfalls.

„‚Und er (der Vater) mochte es nicht‘, so erinnern sich die drei Brüder (Wolfgang, Thomas und Frieder Schäuble), ,wenn Dinge vor der Zeit beschrieen wurden. Beim 0:2 jedenfalls fing sich Wolfgang eine kräftige Ohrfeige ein.‘ ‚Da hast Du’s‘, hat er gesagt. So, als wäre ich schuld‘, lacht der Minister. ‚Ich bin dann unter Tränen dabeigeblieben (…)‘“

Die Gewalt muss Wolfgang Schäuble „weg lachen“ gemäß der Trauma-Überlebensanteile: „So schlimm war das nicht.“ Überhaupt verherrlichen und idealisieren die Brüder ihre Eltern. Wenn die Schäuble-Söhne von Vater und Mutter sprechen, werden die Worte geradezu weihevoll. „Anstand, Weisheit und Klugheit waren prägend“, sagt Thomas. „Unsere Eltern waren redliche Leute. Jemanden anzulügen oder zum eigenen Vorteil Schaden zuzufügen, war unvorstellbar“, ergänzt der Älteste (ebd.). Ein weiteres Merkmal von Trauma-Überlebensanteilen ist die Idealisierung der Eltern und das zähe Ringen, doch noch in Kontakt mit den Eltern zu kommen (vgl. Ruppert 2011, S. 125).

Das Attentat 1990, das Wolfgang Schäuble überlebt hat, ist gleichfalls ein Trauma mit akuter Todesbedrohung. Die Folgen sind schwerwiegend für ihn, er ist querschnittsgelähmt.

Die Aussagen von Gerhard Schröder, Joschka Fischer und Wolfgang Schäuble kommen eindeutig aus ihren Trauma-Überlebensanteilen: Sie versuchen, die Realität zu verschleiern und benutzen eine verwirrende Sprache, in dem sie verschweigen, um was es wirklich geht: einen illegalen Angriffskrieg ohne UN-Mandat (Ganser 2017, S. 178).

Die beschriebenen Beispiele sind keine Ausnahme, sondern eher die Norm für führende Politiker.

Die Toten und die Überlebenden

„Die Gesamtzahl der Todesopfer durch die Bombardierung Serbiens wird auf 3.500 Menschen geschätzt. Die NATO setzte sowohl Splitterbomben als auch die umstrittene Uranmunition im Kosovo ein. Uranmunition kann zu Krebs führen. Daher beklagte Serbien gemäß eigener Angaben 10.000 Krebstote“ (Ganser 2017, S. 179).

Häufig werden in Nachrichten die Zahlen der Todesopfer genannt. Von den Folgen für die Überlebenden und ihren Traumatisierungen durch Krieg, Tod und Elend, wird seltener gesprochen.

Gerhard Schröder gab, als es um das Völkerrecht im Krieg um die Ukraine ging, am 9.März 2014 in „Hamburg im Gespräch“ öffentlich zu, dass es unglaubwürdig sei, wenn der Westen stets auf das Völkerrecht verweise. Wortwörtlich sagte er:

„Weil ich es nämlich selbst gemacht habe, ich habe gegen das Völkerrecht verstoßen (…) Als es um die Frage ging, wie entwickelt sich das in der Republik Jugoslawien, Kosovokrieg, da haben wir unsere Flugzeuge, unsere Tornados, nach Serbien geschickt und wir haben zusammen mit der NATO einen souveränen Staat gebombt, ohne dass es einen Sicherheitsbeschluss gegeben hätte“ (Ganser 2017, S. 185 f.).

Wer sich intensiv mit den Veröffentlichungen von Daniele Ganser auseinandersetzt und sich gleichzeitig mit der Traumaforschung von Franz Ruppert beschäftigt, dem kann nicht entgehen, dass die meisten Menschen ihr Leben und das anderer Menschen aus ihren psychischen Spaltungen heraus organisieren.

Gerhard Schröder, Joschka Fischer und Wolfgang Schäuble sind zu Tätern geworden und haben mit ihren Entscheidungen mitgeholfen, Tausende von Menschen zu traumatisieren. Die Menschen, die ihren Entscheidungen vertrauten, wurden von ihnen getäuscht, betrogen und belogen.

Smedley D Butler, General beim United States Marine Corps und Träger des Medal of Honor, hatte schon 1935 erklärt:

“Krieg ist Betrug. Das war schon immer so. Es ist möglicherweise der älteste, bei weitem aber der einträglichste und sicherlich der bösartigste. Er ist der einzige mit internationaler Reichweite. Er ist der einzige, bei dem die Gewinne in Dollar und die Verluste in Leben gerechnet werden“ (Ganser 2017, S. 186).

Die Tragik ist, dass traumatisierte Menschen in führenden Positionen die Macht haben, andere in ihre eigene Traumabiografie zu verstricken. Oftmals ohne, dass sie sich dessen bewusst sind und ohne, dass es bemerkt wird.

„Sie werden zu Tätern und radikalisieren ihre Überlebensstrategien, in dem sie die Täterschaft verharmlosen oder abstreiten, sie geben anderen die Schuld und bedrohen Personen, die nachforschen.“

Beide Forscher, Daniele Ganser und Franz Ruppert, zeigen auf, dass wir in einer traumatisierten Gesellschaft leben. Die Trauma-Überlebensanteile sorgen dafür, dass die Wahrheit nicht ans Licht kommt. Sie darf nicht ausgesprochen, oftmals noch nicht einmal gedacht werden, um nicht mit der eigenen Not in Kontakt zu kommen. So werden wir zu Tätern und machen andere Menschen zu Opfern. Aus den Opfern machen wir dann die Täter, um nicht mit der eigenen Schuld und Scham in Kontakt kommen zu müssen…

Und wenn es keinen Ausweg aus diesen Spaltungen gibt, dann leben wir weiter in einer Spirale der Gewalt, die sich nur abwärts drehen kann.

Wie kann die Traumaforschung der Friedensforschung dienen?

Kriege und Gewalt sind das Ergebnis einer traumatisierten Kindheit. Was hilft, ist die Wahrheit, das Erkennen der eigenen Realität. Was nicht hilft, ist das Flüchten in Illusionen, in die Vorstellung und in Wünsche, wie die Welt zu sein hätte. Was wir am meisten fürchten, ist die Erkenntnis, selbst traumatisiert zu sein. Und wovor wir auch Angst haben ist, zu erkennen, wo wir selbst zu Tätern geworden sind („Das Trauma des Krieges“).

Die Forschungen, Bücher und Vorträge von Daniele Ganser und Franz Ruppert können uns helfen, unsere innere Realität zu erkennen, sodass es uns gelingt, aus den eigenen Verleugnungen herauszutreten, um nicht mehr dafür anfällig zu sein, sich mit den Trauma-Überlebensanteilen zu identifizieren – weder mit den eigenen noch mit denen anderer Menschen.

Wir lernen, dass unsere innere Realität nicht unbedingt mit der äußeren Realität übereinstimmen muss. Wir brauchen keine Feindbilder mehr, wir können auch mit anders denkenden Menschen in Beziehung sein, ohne sie abzuwerten oder zu bekämpfen. Die Welt hört auf, nur schwarz und weiß zu sein, anstatt dessen erkennen wir, wie bunt und vielfältig das Leben ist.

„Und ich denke, ich darf das als Schweizer sagen, ich sehe das so ein bisschen von außen, was hier läuft. Deutschland wird immer niedergedrückt mit dem Stichwort ‚Hitler – Nationalsozialismus‘. Das ist psychologische Kriegsführung, die Sie schon seit vielen Jahren erleiden. (…) Und da sage ich, diese Verbindung ‚Deutschland – Hitler‘, die müsste man kappen und man müsste machen, ‚Deutschland - Goethe‘“, sagt Daniele Ganser hierzu.

Daniele Ganser hat Recht mit dem, was er sagt. Solange wir uns mit Hitler und dem Dritten Reich identifizieren, sind wir in die Trauma- und Überlebens-Anteile unserer Eltern und Großeltern verstrickt. Das kann so weit gehen, dass wir uns mit ihrem Opfer- oder auch Tätersein identifizieren, ohne davon zu wissen.

Über diese Identifizierung vieler Deutscher mit dem „Kriegserbe“ ihrer Eltern und Großeltern fühlen sich die Kriegskinder, Nachkriegskinder und auch noch die Kriegsenkel entweder schuldig wie die wahren Verbrecher oder unschuldig wie die wahren Opfer.

Kinder treffen auf eine Mauer des Schweigens bei ihren kriegstraumatisierten Eltern. Ein tieferer und offener Gefühlsaustausch ist nicht möglich. Die Eltern sind oft gefühlstot und liebes- und kontaktunfähig, sodass eine wirklich berührende Bindung meist nicht gelingen kann. Zusätzlich werden diese Kinder immer wieder überschwemmt von deren Traumagefühlen, die nicht in die eigene Biografie gehören.

Die Folgen sind eigene Existenz- und Identitätsunsicherheiten, zum Teil verbunden mit panischen Ängsten. Es entsteht innerlich eine Haltlosigkeit und eine Verwirrung. Diese Kinder – zu denen ich mich auch zähle – wollen ihren Eltern helfen und sie retten.

Für Daniele Ganser kommt es darauf an, die richtigen Fragen zu stellen, doch das ist nicht einfach, wenn man in einem Umfeld aufwächst, in dem das Fragenstellen unausgesprochen verboten ist, und Fragen auf eine Schweigemauer stoßen, die kaum zu durchbrechen ist.

Ähnlich erging es ihm, als er für seine Doktorarbeit zu den NATO-Geheimarmeen forschen wollte. Im Vorfeld wurde ihm davon abgeraten, weil seine Freunde annahmen, dass er keine Antworten bekommen würde:

„Rückblickend muss ich gestehen, dass meine Freunde recht gehabt hatten (…) Es war höchst erschreckend zu sehen, wie verschiedene Regierungen, die NATO, die CIA und andere Geheimdienste sich strikt weigerten, das Thema Geheimarmeen aufzuarbeiten (…) Mir wurde klar: Niemand wollte über die Gladio-Geheimarmeen sprechen“ (Ganser 2005, S. 12 f.).

Die Frage, die gestellt werden muss, lautet: Wer schützt hier wen und wer will wem helfen und wen retten?

Überall dort, wo wir mit unseren Fragen auf eine Mauer des Schweigens, der Verleugnung, der Lüge und der Täuschung stoßen, dürfen wir nicht aufhören zu fragen.

„Wenn man die Fragen lebt,
lebt man vielleicht allmählich,
ohne es zu merken,
eines fernen Tages
in die Antworten hinein.“
(Rainer Maria Rilke)

Die Hoffnung liegt in unseren gesunden seelischen Anteilen, die wir als Menschen trotz der Traumatisierungen behalten:

"Auch wenn in einer Gesellschaft, bedingt durch Kriege, Naturkatastrophen und Gewalt in den Familien, ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung traumatisiert ist; nahezu 100 Prozent der Menschen haben gesunde seelische Anteile" (Ruppert 2010, S. 244).


Franz Ruppert: Trauma, Angst und Liebe


Franz Ruppert: Das Trauma des Krieges


Quellen und Anmerkungen:

  • DeMause, L. (1980) Hört ihr die Kinder weinen. Eine psychogenetische Geschichte der Kindheit. Frankfurt am Main: Suhrkamp Taschenbuch
  • Ganser, D. (2005) NATO-Geheimarmeen in Europa. Inszenierter Terror und verdeckte Kriegsführung. Zürich: Orell Füssli Verlag AG
  • Ganser, D. (2017) Illegale Kriege. Wie NATO-Länder die UNO sabotieren – Eine Chronik von Cuba bis Syrien. Zürich: Orell Füssli Verlag AG
  • Ruppert, F. (2007) Seelische Spaltung und innere Heilung. Traumatische Erfahrungen integrieren. Stuttgart: Klett-Cotta Verlag
  • Ruppert, F. (2010) Symbiose und Autonomie. Symbiosetrauma und Liebe jenseits von Verstrickungen. Stuttgart: Klett-Cotta Verlag
  • Ruppert, F. (2012) Trauma, Angst und Liebe. Unterwegs zu gesunder Eigenständigkeit. München: Kösel- Verlag
  • Ruppert, F. (2014) Frühes Trauma. Schwangerschaft, Geburt und erste Lebensjahr. Stuttgart: Klett-Cotta Verlag
  • Ruppert, F. (2017) Mein Körper, mein Trauma, mein Ich. Anliegen aufstellen – aus der Traumabiografie aussteigen. München: Kösel-Verlag
  • Cicero: Das Magazin für politische Kultur: Das Brüdertreffen in Homberg https://www.cicero.de/innenpolitik/das-br%C3%BCder-treffen-hornberg/38120
  • Das Trauma des Krieges: https://www.youtube.com/watch?v=Tlq9o6e1Ov0
  • Neue Rheinische Zeitung: https://www.danieleganser.ch/assets/files/Inhalte/Rezensionen/Vortraege/Neue%20Rheinische%20Zeitung%20(2017)%20-%20Krieg%20gegen%20Daniele%20Ganser.pdf


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