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Der erstickte Aufschrei

Der erstickte Aufschrei

Die Möglichkeit der Kritik als Mittel der Einhegung von Macht wurde der Zivilgesellschaft weitgehend genommen — vor allem mit dem Vorwurf, „rechts“ zu sein.

Kritik als die Voraussetzung, als Motor aller Wissenschaft und Aufklärung ist tot, der bloße Positivismus der Gewalt, der blanke Behaviorismus der Schönen neuen Welt ist an seine Stelle getreten.

Die Neue Gesellschaft für Psychologie (NGfP) hat diese Entwicklung mit ihren Kongressen von Anfang an problematisiert: Eine Revue der letzten zwölf Jahre.

Vielleicht haben Sie den letzten Kongress erlebt (3). Er war in mehrfacher Hinsicht ein besonderer, vom Thema her, von der Gestaltung, der einzige psychologische Kongress, der sich mit dem Thema der Corona-Inszenierung als Inszenierung beschäftigt hat, vielleicht der einzige Kongress zu diesem Thema überhaupt, und der ganz wesentlich getragen war von denen, die die Kritik der Corona-Inszenierung politisch artikuliert und auf die Straße getragen haben.

Die NGfP war eine Ausnahme. Sie hat von Anfang an den politischen Charakter einer Inszenierung behauptet und sich gegen den medizinischen Diskurs gerichtet:

„Der Diskurs der Macht hat das Virus für seine Zwecke okkupiert – nicht umgekehrt.“ (4)

Wie war das möglich? Was war der Preis dafür?

Gegründet 1990, im Jahr der „Wende“, wenn auch nicht ihr Ergebnis, so doch durch sie beflügelt, die Träume von ’68 noch einmal zu träumen. Das Realitätsprinzip, das das der alten Zeit geblieben war, war aber stärker, durch die Wende eher verstärkt worden. Viele Jahre wurde die NGfP kommissarisch weitergeführt. Erst 2008 wurde sie von einer Gruppe kritischer Studenten wieder aufgeweckt mit einem Kongress zum Thema „Können Marginalisierte (wieder)sprechen: Zum politischen Potenzial der Sozialwissenschaften”.

Der Erfolg hat die NGfP unabhängig gemacht - oder hatte sie so großen Zuspruch, weil sie unabhängig war? Schließlich ist die NGfP ja keine als Berufsverband organisierte Fachgesellschaft, sondern eine Wissenschaftsgesellschaft. Sie musste sich nicht um das kümmern, was man so „Standespolitik“ nennt: Schlupflöcher innerhalb des vorgegebenen Rahmens zu finden, in denen man noch etwas rausholen kann.

Sie hat Politik vielmehr im Sinne der Bildung kritischen Bewusstseins verstanden, und zwar der Psychologen selbst, die gesellschaftskritische Perspektive in die Diskussion der Wissenschaft Psychologie hineinzutragen. Die NGfP hat sich „politisiert“.

Die NGfP hat das Thema der Wissenschaftskritik zugespitzt auf die Funktion innerhalb der Gesellschaft, speziell die Rolle der Psychologie und der Psychologen – als „Intellektuelle“, „TUIs“, so Bert Brecht. Sie hat es in der Perspektive von Foucault formuliert, nämlich als Problem von Diskursen, die sie zugleich praktisch gewendet hat. Die NGfP war nie eine abgeschottete Wissenschaftsgesellschaft, sie hat sich immer in den politischen Diskurs eingeschaltet, nicht nur den wissenschaftskritischen sondern den gesellschaftskritischen: Die jeweils aktuellen gesellschaftlichen politischen Diskurse lieferten die Themen ihrer Kongresse.

Das zeigte sich in jedem einzelnen Kongress, der in einem grundlegenden Sinn interdisziplinär und zugleich politisch ausgerichtet war. Vertreter eines breiten Spektrums sozialwissenschaftlicher Fächer referierten zu Themen der aktuellen politischen Agenda.

Bereits mit dem ersten Kongress mit dem Thema „Macht – Kontrolle – Evidenz“ von 2010 (5) waren die entscheidenden Dimensionen ihrer Arbeit am Beispiel der klinischen Psychologie benannt. Unter den Bedingungen von Macht dient die Psychologie den Aufgaben der Kontrolle unter Verweis auf wissenschaftliche Evidenz. Ein Symposium zum Thema Studienreform war diesem Kongress vorausgegangen.

Es folgten Kongresse zur Sozialpsychologie des Kapitalismus, zur Militarisierung der Gesellschaft und der Kriegsvorbereitung, zu Migration und Rassismus, zur Spaltung der Gesellschaft, zur Paralyse der Kritik und der Gesellschaft ohne Opposition, zur Rolle der Intellektuellen als Stützen der Gesellschaft, zu Digitalisierung als Sirenengesänge oder Schlachtruf einer kannibalistischen Weltordnung, bis hin zur Corona-Inszenierung.

Die psychologische Frage dabei war: Wieso wirken die gesellschaftlichen politischen Diskurse und worin liegt die Wirkung dieser Diskurse?

Entscheidend für die Wirkung politischer Diskurse ist natürlich, dass es sich um politische Diskurse handelt, um Diskurse, die mächtige Institutionen führen. Aber die Macht, die Machtposition ist nur die Basis dafür, dass sie diesen Diskurs führen können, dass sie ihn in großem Ausmaß, mit großer Verbreitung führen können. Gewiss auch, weil man der Macht eher glaubt als den Machtlosen, den Kritikern, denen man den Zugang zu den Medien erschweren oder gar versperren kann.

Interessant sind deshalb immer Vergleiche mit anderen Zuständen als den aktuell vorliegenden, untersuchten?... Es gibt immer wieder Zeiten, in denen dieser Macht-„Bonus“ nicht funktioniert.

Der letzte große Einbruch dieses Macht-Bonus war in den 1968-iger Jahren. Brückner nennt diese Zeit eine der gelockerten Loyalität gegenüber der Macht – Thema des Kongresses 2011 „Sozialpsychologie des Kapitalismus“ (6)

Wenn jetzt diese Loyalität wieder drastisch gestiegen ist, so handelt es sich dabei nicht um den bekannten Autoritarismus, vielmehr wird die heutige Loyalität der Macht gegenüber getragen von dem Selbstbewusstsein, autonomes Subjekt des Handelns zu sein (7) - welch eine Selbstverkennung!

Es gehen dabei Teile des Bewusstseins der 1968er Jahre in die Affirmation der Macht ein. Dies erscheint wie eine Verkehrung ins Gegenteil, so wie uns heute tatsächlich im Sinn Orwells zugemutet wird, Krieg als Krieg für die Freiheit zu verstehen; oder fragloses Befolgen von staatlichen Anweisungen – unzumutbaren bis unsinnigen – als Solidarität, natürlich nicht mit dem anderen Mitmenschen, sondern mit dem Staat: eine Solidarität, die sich streng an die Aufforderung hält, Abstand vom anderen zu halten, ihn mit dem Tragen einer Maske zu „schützen“, die einem selber schadet.

Dass es sich um Loyalität gegenüber der Macht handelt und nicht um Souveränität des selbstbestimmten Subjekts, erkennt man an Symptomen, die die eigene Selbstverleugnung, das Ressentiment des Zukurzgekommenen zeigen: an der ungeheuer aggressiven Emotionalität gegenüber denen, die sich nicht loyal den Anweisungen gegenüber zeigen, die nicht apportieren.

Wenn Loyalität gegenüber der Macht die Bedingung für die Compliance ist, greifen alle Manipulationstheorien fehl, die die Wirkung der Manipulation auf die Signifikanten des Diskurses der Macht legen – sei es auf formale, wie Wiederholung, sei es inhaltliche, die „Argumente“, das „Narrativ“.

Die „Argumente“, Narrative sind im Wesentlichen die Rechtfertigung – des Subjekts vor sich selbst – für seine Compliance, die „Rationalisierung“ wie Freud sagte. Ebenso wie sie umgekehrt dem „Sender“ dazu dienen, seine Gründe, seine Absichten zu verstecken: „Verstecken durch Zeigen“ (8).

Es müssen vielmehr die Bedingungen der Herausbildung von Loyalität selbst berücksichtigt werden: die sozialen, politischen, gesellschaftlichen auch kulturellen Bedingungen, vor allem die Geschichte ihres Entstehens und ihrer Wirkung in den Institutionen Familie, Beruf, Freizeit (9).

Der Kongress von 2012 thematisierte mit „Macht Wirkung und Glücks Versprechen“ (10) die inhaltliche Dichotomie von Verstecken und Zeigen am Beispiel von Sozialisation und Bildungsprozessen. Versprechen auf sozialen Aufstieg, das mit dem Angebot von Bildung, Schule und Beruf behauptet wird, hinter dem aber die tatsächliche Macht der Verhältnisse versteckt wird: die Benachteiligung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aus sozial „unteren“ Verhältnissen.

Für das Verstecken beziehungsweise die Rationalisierung ist es allerdings nicht gleichgültig, welches Argument angeboten beziehungsweise benutzt wird. Dieses ist abhängig von kulturellen Faktoren, solchen die für das Selbstverständnis, das Selbstbild der zu überzeugenden Person von Bedeutung waren oder sind.

Und deshalb ist es auch nicht unverzichtbar, der Rationalisierung zu begegnen. Allerdings reicht es nicht aus, die Narrative, die Argumente als Argumente zu widerlegen, Aufklärung muss an die Gründe ran, die durch die Rationalisierung verdeckt werden (11).

Dies Aufdecken zu behindern, so weit wie möglich aufzuschieben, ist ebenso die Funktion des Diskurses der Macht, wie die andere Funktion, uns zur Compliance zu verführen. Die überwältigende Bedeutung dieser Macht des Diskurses konnten wir während der Pandemie-Inszenierung beobachten. Es genügte die bloße Behauptung einer alle und alles erdrückenden Gefahr, um eine ganze Bevölkerung in reflexhafte Unterwerfung unter unsinnigste Anweisungen zu bewegen. Aber immer wieder ist zu betonen: Die Voraussetzung für diese Wirkung der Inszenierung war die lange vorbereitete Reconquista der Loyalität der Bevölkerung.

Diese Vorbereitung wurde auf den Kongressen thematisiert und so musste sich auch der Widerstand gegen die Aufklärung irgendwann einmal melden.

Und tatsächlich bahnte sich mit den beiden Kongressen zum Krieg, 2013 und 2014, die erste Herausforderung an, der die NGfP sich konfrontiert sah.

Wir sahen, dass im Zusammenhang mit dem Thema Krieg ein neues Narrativ in den Diskurs eingeführt wurde: das Narrativ der Verantwortungsübernahme (12). Kritik an der stattfindenden Militarisierung der Civil Society, an der Kriegsvorbereitung wurde mit diesem Narrativ folgerichtig als „Verantwortungslosigkeit“, „Glückssüchtigkeit“, so Gauck, diffamiert.

In der Diskussion auf dem ersten der beiden Kongresse „Trommeln für den Krieg“, 2013, (13) wurde von einem der Referenten der inzwischen von den Meinungsmachenden Maschinen massiv in die Diskussion gebrachte Begriff des „wehrhaften Friedens“ beziehungsweise der „wehrhaften Demokratie“ verteidigt – eigentlich ein Beispiel für Verstecken durch Zeigen: auf der Ebene des Zeigens der Begriffe wird etwas angeboten, ein Versprechen, das man nicht sofort zurückweisen möchte, während darunter versteckt wird, was man nicht so ohne weiteres anzunehmen bereit ist: die allmähliche Vorbereitung auf den Krieg.

Man könnte es auch als Aushöhlung der Begriffe bezeichnen. Einleuchtend ist, dass weder der, der dieses Spiel betreibt, noch der, der ihm auf den Leim geht, damit konfrontiert werden möchte. Dass ich das auf dem Kongress getan habe, war ein kleiner Skandal.

Aber im Nachhinein konnten wir feststellen, es war die Ankündigung einer tatsächlichen Kampfansage: Wir hatten zum zweiten Kongress gegen den Krieg, 2014, (14) Moshe Zuckermann eingeladen. Es war damals bereits nicht ungefährlich. Also mussten wir uns auf Störungen vorbereiten. Und tatsächlich saßen dann im Auditorium im großen Hörsaal an den vier Ecken verteilt Vertreter der Antisemitismus-Schnüffler oder -Verleumder.

Wenn wir auch dieser Provokation gut begegnen konnten, allein schon, weil Zuckermann selbst mit derartigen Angriffen vertraut und in der Abwehr gut geübt war, so war damit noch nicht Ruhe wiederhergestellt. Die Kritik der Oberfläche der politischen und medialen Diskurse, unsere Bemühungen, die durch diese Diskurse verdeckten Interessen und Strukturen offenzulegen war immer wieder gegen die sich von allen Seiten ausbreitende und immer stärker werdende Affirmation der Entpolitisierung, der Diskursmanipulation zu behaupten.

Auf dem Kongress Migration und Rassismus, 2016, (15) war unsere Kritik an der sogenannten Flüchtlingspolitik, die Kritik an der mit breiter Euphorie bejubelten kurzen Öffnung der Grenzen, deren Missverständnis als Willkommenskultur auf starke Ablehnung gestoßen. Zwar blieb die Öffnung der Grenzen nicht von langer Dauer, wurden sie sehr schnell wieder dichtgemacht, aber die Verblendung blieb: die Inszenierung des politischen Kampfes gegen Merkel rief große Sympathien der Unterstützung der Kanzlerin hervor, die sich widerstandslos in das Narrativ der „Sozialdemokratisierung“ unter Merkel lenken ließen. Das Spiel des Versteckens durch Zeigen nahm Fahrt auf.

Die erste ernsthafte Herausforderung stand noch bevor: die Verleumdung unserer Arbeit als antisemitische. Vorwürfe waren wie inzwischen standardmäßig: ein Interview mit Ken Jebsen, aber dann auch die Einladung von Moshe Zuckermann, damals noch scharfer Kritiker der israelischen Politik. Damals war der Antisemitismus-Vorwurf sozusagen im Stadium der General-Probe, der Antisemitismusbeauftragte war installiert worden.

Nicht zufällig haben die Psychologen gleich ein neues Arbeitsfeld gefunden, nämlich überall Antisemitismus zu entdecken – so selbst in der Kritik des Kapitalismus.

Und auch nicht zufällig war diese Verdächtigung oder Verleumdung aus den Reihen derer entstanden, die das Entstehen und Größerwerden der NGfP argwöhnisch konkurrenzhaft verfolgten, nämlich aus der Gruppe der kritischen Psychologie und der politischen Psychologie um Brunner – man kann das immer noch im Internet finden. Es ist dokumentiert im Band „Paralyse der Kritik – Gesellschaft ohne Opposition“ (16) aus dem Jahr 2018.

Hier bereits spielte das Wissen um den Einsatz des Antisemitismus-Narrativs und die Wirkungsweise des Diskurses der Macht eine wichtige Rolle, um als Neue Gesellschaft diese Attacken zu überstehen.

Die Beobachtungen in der Auseinandersetzung mit der Antisemitismus-Verleumdung, dass es Leute aus den eigenen Reihen, aus der eigenen Schicht waren, solche, die wir als kritische, linke Kolleginnen kennengelernt haben, haben wir im nächsten Kongress thematisiert: über die Rolle der „Intellektuellen als Stützen der Gesellschaft“, 2019 (17).

Ihre Stellung zwischen den Institutionen der Macht und der Bevölkerung, denen, die sie dieser Macht zugewandt machen sollen, ist die Personifikation des Versteckens durch Zeigen: Sie können ihre Funktion als „wissenschaftliche“, „künstlerische“, „therapeutische“ und so weiter beschönigen, wie in der Figur des Gänsepredigers im Domhof von Regensburg dargestellt, der, während er den Wolf hinter seinem Rücken versteckt, die Gänse mit seiner Rede von dem ablenkt, was sie erwartet.

BILD

Andererseits ermöglicht diese Zwischenstellung ihnen, den „Mönchen“ auch, ihre Funktion umzukehren, gegen die Macht zu richten.

Angesichts dieser Möglichkeit der Position des Intellektuellen fragt man sich: Waren sich unsere Intellektuellen ihrer Macht bewusst?

Oder für wen, für welche Seite haben sie ihre Macht eingesetzt?

In den Händen der Herrschenden ist der Diskurs ein mächtiges Instrument

Er gestattet, Macht über die Subjekte auszuüben, gerade indem er sie als Subjekte anerkennt. „Es ist dies eine Macht, der man die Macht nicht ansieht.“ „Sie wirkt nicht – oder nur im Grenzfall – durch Drohung, Befehl oder Vorschrift, sondern sie wirkt durch „Überzeugung“, durch Behauptung, Belehrung, durch „Zeigen“. Sie wirkt, indem sie „anstachelt“, „eingibt“, „ablenkt“. Nur „im Grenzfall nötigt oder verhindert sie vollständig; aber stets sofern die Subjekte handeln oder zum Handeln fähig sind. Stets bleiben die Subjekte ihrer Einwirkung als solche anerkannt“ (18).

Damit bietet der Diskurs der Macht dem Subjekt die Möglichkeit, sein Folgen, sein Befolgen, sein Handeln als selbstbestimmtes zu erleben, einfach dadurch, dass das Subjekt in den Diskurs einsteigt und sich gemäß seiner Regeln in diesem bewegt, das Narrativ weiterentwickelt.

Das Narrativ ist nicht einfach eine Erzählung, sondern ein Dispositiv, eine Maschine zur Produktion von Erzählungen, die zugleich die Perspektive von naheliegenden Handlungen zwingend eröffnen: Das Narrativ verengt den Spielraum der möglichen Handlungen auf die als notwendig behaupteten und entlässt den Anordnenden aus seiner Verantwortung.

So wie das Narrativ vom neuartigen, gefährlichen oder tödlichen Virus die Maßnahmen zur Verhinderung seiner Ausbreitung geradezu zwingend nahelegt, ebenso das Narrativ von Wladimir Putins mörderischem Krieg die kriegerischen Maßnahmen „mit aller Schärfe“ geradezu fordert.

Verantwortlich für die Maßnahmen beziehungsweise deren Folgen ist allein die im Narrativ definierte „Ursache“ – in der Coronapandemie-Inszenierung: das Virus, im Krieg gegen Putin: dessen völkerrechtswidriger Überfall auf das Nachbarland Ukraine. Das Narrativ ist der zentrale Angelpunkt der „Begründung“ der Maßnahmen, es legt die Folgen fest, selbst dann, wenn man gegen diese Maßnahmen Stellung bezieht, solange man am Narrativ, also der Begründung der Maßnahmen festhält. „Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität.“ Deshalb ist auch das „Manifest für Frieden“ von Wagenknecht und Schwarzer, das bereits weit über eine halbe Million Unterschriften gesammelt hat, nicht für Frieden um jeden Preis (19) – im Gegenteil unterstützt es die Ziele der Kriegstreiber.

Die Härte der Maßnahmen bestätigen das Narrativ, bestätigen die Größe der Gefahr, die mit diesen Maßnahmen bekämpft werden muss: Je mehr Waffen an die Ukraine geliefert werden, desto gefährlicher muss wohl der Feind, also Putin, gewesen sein, denn sonst müsste man ja nicht die Waffenlieferungen ständig verschärfen.

Der Krieg setzt den Terror der Coronapandemie-Inszenierung fort.

Diese war seine Vorbereitung. Die Coronapandemie-Inszenierung war selbst lange vorbereitet, wurde mit einer Überrumpelung der Bevölkerung ins Werk gesetzt, deren dadurch herausgeforderte Loyalität mit allen Registern des Diskurses der Macht aufrechterhalten und stabilisiert werden musste und wurde.

Seine Methode: des Versteckens durch Zeigen, durch falsche Behauptungen, falsche Versprechen, hat aus der Loyalität der Bevölkerung, auf die er aufgebaut hat, eine aggressive Affirmation gemacht, die sich zugleich gnadenlos und erbittert gegen jede Kritik, abgeschottet – der psychische, psychologische Ausdruck jener „kannibalistischen Weltordnung“, die von ihrem Propagandisten Klaus Schwab euphemistisch als neue Normalität apostrophiert wurde.

Die derzeitige Kriegspropaganda steigert allerdings die Brutalität der Diffamierung, Verleumdung und Verachtung, die wir bereits in der Corona-Inszenierung erlebt hatten, ins Bedrohliche. Ihre Frontkämpfer scheinen keine Grenzen mehr zu kennen, werden förmlich zu Häschern, wie der schnöselhafte Kabarettist mit dem Bankeroutfit, der am 22. Februar 2023 im „Politischen Aschermittwoch“ in unflätigster Weise über Wagenknecht und Schwarzer hergezogen ist nach dem Schema, Kritik und Widerspruch als rechts zu disqualifizieren: Er schämt sich nicht, den Göbbels zu machen oder „den Bluthund zu spielen“.

Alles, was jedem Krieg eigen ist: Zerstörung, Verwundung, Vergewaltigung, Tötung wird allein den Russen vorgeworfen – obwohl das Putschregime der Ukraine alle diese Gräuel bereits seit 2014 der Bevölkerung zugefügt hat – und das ohne Protest von unserer jetzt so empörten Seite!

Inzwischen wird in der TV-Seriensendung History der Erste Weltkrieg unter der Überschrift „Russlands Kriege“ geführt, obwohl man diesen Ersten Weltkrieg als einen Russland aufgezwungenen Krieg bezeichnen könnte, ebenso wie den Zweiten und den bevorstehenden Dritten.

Unglaublich und zutiefst erschütternd, bei der Wiedergeburt dessen dabei zu sein, was wir in der Geschichte des NS nicht glauben konnten: die grenzenlose Idolatrie der Führerfiguren in Wort und Bild. Ein Beispiel unter vielen: wenn Reinhard Veser in der FAZ vom 23. Februar 2023 in einem ganzseitigen Beitrag über Wolodymyr Selenskyi die Überschrift verwendet: „Er ist da“ kommt die Erinnerung an den Film über die Wiederauferstehung Hitlers, der den Titel trug: „Er ist wieder da“.

Während der Zeit der Coronapandemie-Inszenierung wurden gleichzeitig auch die Vorbereitungen getroffen und erste Schritte ausprobiert, zu einem neuen Herrschaftsmodus überzugehen, nämlich zum behavioristischen Modell von Verhaltenskontrolle durch Nudging und Credit Points (20). Voraussetzung dafür wäre allerdings die Abschaffung des Geldes oder wie Klaus Schwab beschönigend es ausdrückt „ihr werdet nichts mehr besitzen, aber glücklich sein“.

Mit dem Kongress über „Digitalisierung als Sirenengesänge oder Schlachtruf einer kannibalistischen Weltordnung“, 2020, (21) haben wir den Übergang vom Diskurs der Macht zum Behaviorismus bereits thematisiert. Das wichtigste trojanische Pferd für diesen Übergang ist das Smartphone, der ständige Begleiter, hilfreiche Unterhalter und zugleich Überwacher seines Trägers ebenso wie Informant des großen Bruders.

Der Kongress zur Coronapandemie-Inszenierung konnte erst 2020, eineinhalb Jahre nach der regulär vorgesehenen Zeit durchgeführt werden, aus Gründen der Schikanen der Pandemie-Inszenierung.

Wir haben aber die Zeit genutzt, um einen Band außerhalb der Reihe der Kongressbände zum Thema „Wie die Meinung der Herrschenden zur herrschenden Meinung wird“ herauszugeben, zum Thema des Diskurses der Macht, der gesellschaftlichen und psychologischen Voraussetzungen seiner Wirksamkeit.

Eine wichtige Grundlage, auf der der Diskurs der Macht aufbaut, ist die Loyalität der Bürger zu ihrem Staat. Diese ist das Produkt nicht des Augenblicks, sondern einer Entwicklung, der Sozialisation. In die Sozialisation gehen viele wirkende Faktoren ein, nicht nur die Sprache, der Diskurs, auch die ökonomische Situation selbst, die soziale Herkunft, damit also Politik und Geschichte.

Der Diskurs der Macht charakterisiert eine Herrschaftsausübung, hinter der sich die tatsächliche gesellschaftliche Macht verstecken kann, der die Machtausübung selbst nur in der Form der Verführung, des Nahelegens, des Anstachelns, so Foucault, erscheinen lässt.

Dass diese Herrschaftsausübung eine eminent psychologische ist, oder besser gesagt: das Feld der Psychologie nicht nur peripher betrifft, wird deshalb nicht verstanden, weil Psychologie in medizinisch psychoanalytischer Tradition auf die sogenannten inneren „seelischen Kräfte des Individuums“ reduziert wird, ohne deren Bedeutung als Antworten, Stellungnahmen des Individuums – auf die Herausforderungen der anderen, – nicht zuletzt der Macht – zu berücksichtigen oder gar zu verstehen oder – im Behaviorismus – auf Verhaltenskonditionierung durch Auslösereize also auch nicht als Antwort, nicht als Stellungnahmen.

Dieser Einengung der Sichtweise entspricht auch die gesellschaftliche Praxis des Psychologen als Therapeut, Couch oder Sozialarbeiter – völlig ungeachtet ihrer – gerade in der Corona-Inszenierung wichtigen Rolle als Berater und Stichwortgeber im Diskurs der Macht (22).

Aus dieser Einengung ist auch die erschütternde politische Abstinenz des größten Teils der Psychologenschaft zwar nicht zu erklären, aber doch naheliegend, sozusagen als Rationalisierung oder Ausrede. Diese Einengung kann als Verkehrung verstanden werden: Verkehrung nämlich der Einflussrichtung von Gesellschaft auf das Individuum, statt umgekehrt Psychologie als Antwort auf gesellschaftliche Herausforderungen zu verstehen – Alfred Adler ist die Ausnahme.

„Die Neue Gesellschaft ist ein Erfolgsprojekt“, hatte der zweite Vorsitzende Christoph Bialluch in den ersten Jahren unserer Vorstandsarbeit fröhlich verkündet. Die Probe aufs Exempel musste irgendwann kommen.

Die erste Herausforderung war die Antisemitismusverleugnung gegenüber der Arbeit der NGfP. Die NGfP hat diese gut überstanden.

Die Herausforderung durch die Coronapandemie-Inszenierung war die zweite Probe. Auch diese hat die NGfP bestanden, allerdings mit nicht geringen Verlusten an Mitgliedern: der Preis für Unabhängigkeit in dieser schmutzigen Zeit, wie Giorgio Agamben die letzten drei Jahre genannt hat (23). Die NGfP hat aber auch viele neue Freunde gewonnen. Mit ihnen wollen wir weiter arbeiten.

Wir haben auch viel gelernt über die Wirkung des Diskurses der Macht, die gewichtiger sein kann als die der Ökonomie, der Lebenslage der Menschen, wichtiger als die eigene Erfahrung über die Macht, aber trotzdem auf dieser aufbauend, auf den Geschichten, die die Macht von sich erzählt, auf ihre Interpretation dessen, was sie mit den Menschen macht.


Quellen und Anmerkungen:

(1) Thema unseres Kongresses „Paralyse der Kritik – eine Gesellschaft ohne Opposition“ ( )
(2) s. Karl Marx: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung (1844, MEW, S.378ff.)
(3) https://vimeo.com/746607104
(4) https://www.ngfp.de/2020/03/der-diskurs-der-macht-hat-das-corona-virus-okkupiert--
(5) https://klaus-juergen-bruder.de/macht-kontrolle-evidenz
(6) https://klaus-juergen-bruder.de/massenloyalitaet-zur-aktualitaet-der-sozialpsychologie-peter-brueckners
(7) Klaus-Jürgen Bruder. 2005. Selbstthematisierung. Journal für Psychologie, 13 (2005) 3, https://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/1718
(8) Chomsky, Noam (2002). Media Control. New York: Seven Stories Press [dt.: Media Control. Hamburg: Europa Verlag 2003]
Bourdieu, Pierre (1996). Sur la télevision. Liber – Raison d´agir. 1996 [dt.: Über das Fernsehen. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1998].
(9) s. dazu: Almuth Bruder-Bezzel und Klaus-Jürgen Bruder (Hg.) „Macht“ oder „wie die Meinung der Herrschenden zur herrschenden Meinung wird“. Frankfurt/M.: Westend 2022
(10) https://klaus-juergen-bruder.de/wp-content/uploads/2017/08/Sozialisation.pdf
(11) „Die Waffe der Kritik kann allerdings die Kritik der Waffen nicht ersetzen, die materielle Gewalt muss gestürzt werden durch materielle Gewalt Karl Marx (1844): Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung. MEW 1, S. 385
(12) https://klaus-juergen-bruder.de/wp-content/uploads/2017/08/KJB_2015_14_Diskurs-der-Verantwortungsuebernahme.pdf
(13) http://www.film-und-politik.de/BRK-SYP.pdf
(14) https://www.psychosozial-verlag.de/pdfs/leseprobe/9783837925401.pdf
(15) https://www.rubikon.news/artikel/der-krieg-tragt-seine-fruchte-zu-uns
(16) https://www.psychosozial-verlag.de/pdfs/leseprobe/9783837928785.pdf
(17) https://klaus-juergen-bruder.de/wp-content/uploads/2019/03/St%C3%BCtzen_der_Gesellschaft.pdf
(18) Foucault, Michel (1982). The Subject and Power. In Hubert L. Dreyfus & Paul Rabinow (Eds.), Michel Foucault: Beyond Structuralism and Hermeneutics. Chicago, 2o8-226 dt.: Das Subjekt und die Macht. In: Hubert L. Dreyfus & Paul Rabinow (Hrsg.): Michel Foucault: Jenseits von Strukturalismus und Hermeneutik. Frankfurt/M. 1987, 241-261, 255 Die letzten Tage der Menschheit. Tragödie in fünf Akten mit Vorspiel und Epilog. In vier Heften der „Fackel“, Wien 1918 (Epilog) und 1919 (Vorspiel und Akte 1–5).
(20) https://www.ngfp.de/2021/02/statt-der-grundrechte-das-gesetz-des-behavioristischen-rattenexperiments/
(21) https://www.rubikon.news/artikel/speerspitze-des-neoliberalismus
(22) Almuth Bruder-Bezzel 2022. https://www.rubikon.news/artikel/psychologen-als-erfullungsgehilfen
(23) Giorgio Agamben (2020) „A che punto siamo?“ – An welchem Punkt stehen wir? Die Epidemie als Politik. Quodlibet, Macerata 2020, [dt.: Verlag Turia + Kant, Wien 2021, S.10]


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