Wie geht es Ihnen? Gerade nicht so gut? Streit in der Familie? Der Arbeitsplatz wackelt? Das Konto ist überzogen? Vielleicht sind Sie auch gerade krank? Fühlen sich einsam, deprimiert, unglücklich? Da haben wir etwas für Sie! Eine Methode, die wirkt, ein Produkt, das Ihr Problem löst. Sie müssen nur diesen Artikel lesen /dieses Buch kaufen/ diesen Workshop besuchen, und schon geht es Ihnen besser.
Selbstoptimierung hat sich zu einem lukrativen Geschäft entwickelt. Es wird viel Geld in alle möglichen Objekte, Bücher, Konferenzen, Workshops und Reisen investiert, die dabei helfen sollen, mit uns selbst besser klarzukommen.
Aus der Erkenntnis heraus, dass unser Denken unsere Realität gestaltet, hat sich ein ganzer Industriezweig entwickelt. Die Arbeitsbedingungen sind unerträglich? Der Stress nimmt überhand? Der magere Lohn reicht kaum zum Überleben? Think positive!
Trimmen wir uns selbst darauf, so optimal wie möglich mit den uns auferlegten Bedingungen umzugehen und halten wir stille.
Für jedes Problem ein Business
Die Glücksindustrie boomt und profitiert vom allgemeinen Unwohlsein. Im Bereich Selbstmanagement werden wir von Angeboten überschwemmt und als Konsumenten heiß umworben. Unsere Emotionen sind zu einer Ware wie jede andere geworden und auch der Selbstfindungsmarkt lebt von unserem Glauben, wir könnten ein inneres Problem mit einer äußeren Maßnahme lösen.
Wenn ich in Deutschland zu Besuch bin, stehe ich jedes Mal staunend vor der Auswahl der Wellnessmagazine. Die Nachfrage ist groß, sonst würden diese vielen Hefte da nicht liegen. In Frankreich ist das Sortiment deutlich übersichtlicher. Im Eldorado der Pharmaindustrie setzt man auf Antidepressiva und synthetische Stimmungsaufheller. Das Land des savoir-vivre steht weltweit ganz oben auf der Liste des Verkaufs von Psychopharmaka.
Zwar ziehe ich es vor, von meinem Geld Mandalas zu kaufen und auszumalen, als mir von der gesetzlichen Krankenversicherung langfristig krankmachende Medikamente verschreiben zu lassen. Doch grundsätzliche Lösungen bieten beide nicht. Ob Happiness- oder Pharmaindustrie: Beide gaukeln mir vor, dass ich die Lösungen für meine Probleme einkaufen kann und beide versuchen, mich abhängig von ihren Produkten zu machen.
Frustration und Schuldgefühle
Dass es uns damit nicht besser geht, sehen wir am Zustand unserer Welt. Und so sehen wir uns mit der unerfreulichen Tatsache konfrontiert, dass wir nicht zu retten sind. Denn jeder kann nur sich selbst retten. Andere können Orientierungshilfe geben. Sie können motivieren, inspirieren, ermutigen. Doch seinen Weg muss jeder selbst ertasten. Wir werden dabei stolpern, uns verirren, uns die Haut aufschürfen – doch niemand kann uns an die Hand nehmen und uns sagen: so geht es.
Es nützt vor allem den Veranstaltern etwas, wenn wir in möglichst fernen Ländern möglichst exotische Heilslehren konsumieren. Vielleicht sind es tolle Erfahrungen und vielleicht kommen wir ganz erfüllt nach Hause – aber meistens dauert es nicht lange und wir brauchen neuen, kostspieligen Input. Vielleicht glauben wir dann, die Methode sei nicht die richtige und probieren eine andere aus, bis wir schließlich „alles versucht“ haben und dabei nichts verändert.
Und so kann die Suche nach Selbstverwirklichung nach hinten losgehen. Sie schafft nicht nur Märkte, sondern auch Frustration und Schuldgefühle. Alle anderen schaffen das, nur ich bin unfähig, ein glückliches und erfülltes Leben zu leben. Verletzt und enttäuscht ziehe ich mich in mich zurück, spreche mit keinem über meine Gefühle und merke nicht, dass es vielen anderen genauso geht wie mir.
Keine Kreuzfahrt ins Glück
Kein Grund, Optimismus und positives Denken sein zu lassen. Mir macht das Leben mit einem halb vollen Glas einfach mehr Spaß, auch wenn ich immer wieder Durst habe. Doch ich habe aufgehört, mir nur die Rosinen aus dem Leben picken zu wollen und das, was ich nicht will, stehenzulassen. Entweder, ich nehme alles, wie es kommt, oder ich bekomme gar nichts. Ich habe mir die Idee abgeschminkt, eine Kreuzfahrt ins Glück kaufen zu können und nehme das Steuerrad selbst in die Hand.
Da oben peitscht mir der Wind ins Gesicht und brechen sich die Wellen. Eine Reise an die Grenzen seiner eigenen Ressourcen ist kein Sonntagsspaziergang, auf dem man hier und da ein paar Blumen pflückt. Der Weg dorthin ist ein Knochenjob, bei dem es kracht und knirscht. Oft gleitet mir das Steuer aus der Hand und ich merke, dass ich im Grunde gar nichts kontrollieren kann.
Die Ereignisse kommen und gehen, ohne dass ich den geringsten Einfluss darauf habe. Die sie begleitenden Gefühle stürmen wie aufgescheuchte Wildpferde auf mich zu. Daran kann ich absolut nichts ändern. Alles, was ich tun kann ist, sie wahrzunehmen ohne mich mit ihnen zu identifizieren.
Ich bin nicht meine Wut, meine Trauer, meine Abneigung, meine Enttäuschung. Ich bin das Bewusstsein, das sie beobachtet.
Annehmen und kosten, was vorbeikommt
So kann ich in dem, was vorbeikommt, Informationen erkennen, Botschaften. Jedes Ereignis teilt mir etwas über mich mit. Je mehr ich versuche, es zu unterdrücken, desto deutlicher wird es bei mir anklopfen. Da hilft auch kein guter Ratgeber oder charismatischer Redner. Das, was ich von mir stoße, verfolgt mich überall hin. Nur das, was ich akzeptieren kann, lässt mich in Ruhe.
Ziel ist nicht, die Dinge an sich abprallen zu lassen oder ihnen gegenüber gleichgültig zu werden. Es geht darum den Mut aufzubringen, das zu kosten, was vorbeikommt. Wie fühlt es sich an? Was macht es mit mir? Welche Erinnerungen kommen hoch? Wer das zulassen kann, der hat die Möglichkeit, sich von dem Belastenden und Blockierenden in seinem Leben zu befreien.
Die Kraft in der Ohnmacht
Das setzt voraus, dass wir es akzeptieren, wenn wir mutlos sind und uns niedergeschlagen und unglücklich fühlen und nicht versuchen, diese Gefühle irgendwie wegzuparfümieren. In dem Moment, in dem wir das zulassen, in dem wir uns nicht mehr vorwerfen, uns so zu fühlen, wie wir uns eben gerade fühlen, indem wir uns dem Diktat der Selbstkontrolle entziehen, in diesem Moment geschieht etwas.
Im Augenblick unserer größten Ohnmacht öffnet sich etwas. Die Waffen und Schutzvorrichtungen sind gesenkt. Wir sind ganz klein, weich und verletzlich, hüllenlos und unverstellt. Alleine können wir nicht weiter. Jetzt ist der Moment gekommen, in dem Hilfe angebracht ist. Kein Sandmann, der uns Staub in die Augen pustet. Die Hilfe, für die wir im Bewusstsein unserer Verletzlichkeit und unserer Grenzen offen sind, kommt gleichzeitig mitten aus uns heraus und von höherer Stelle. Wir können sie nennen, wie wir wollen – Leben, Quelle, Liebe, Gott, Glücksfee, Schutzengel, Alles, Universum – sie nimmt sich unserer an.
Aus dieser Demut heraus, in der wir ganz menschlich sind, kann die Erlösung erfolgen. So liegt in der Erkenntnis unserer Machtlosigkeit der Schlüssel zu unserer Macht.
Es ist keine aufgeplusterte Besserwisserei, kein schuldzuweisendes, selbstmitleidiges Bejammern seiner eigenen Situation, sondern ein ehrliches „Hier stehe ich und kann nicht weiter“, das uns empfänglich macht für die Hilfe, die wir brauchen.
Seinen eigenen Weg gehen
Diese Hilfe hat keinen Preis und sie kann nicht irgendwie erworben werden. Sie hat nichts gemein mit dem Selbstoptimierungsbusiness oder mit der Mode, seine Wünsche ans Universum zu schicken, so als sei das Universum ein Supermarkt, bei dem man nur bequem seine Bestellungen abgeben muss, um sie geliefert zu bekommen. Diese Art von Hilfe kann nur jeder selbst in sich durchleben.
Niemand kann es uns abnehmen, an unsere eigenen Grenzen heranzutreten, niemand an unserer Stelle den Weg beschreiten. Hier ist jeder einzelne von uns gefragt. Genau hier findet das Umdenken statt, das uns in eine neue Gesellschaftsform führen kann. Wenn wir aufhören daran zu glauben, dass andere unsere Probleme lösen können, können wir dem ausbeuterischen und zerstörerischen System, das wir selbst am Leben halten, den Rücken kehren. Es gibt absolut nichts, das uns daran hindert. Außer unsere eigene Bequemlichkeit.
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