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Wenn Einsamkeit folgt

Wenn Einsamkeit folgt

In Davos versammelte sich wieder die globale Elite, doch diesmal blieben einige Stammgäste fern.

Für wen war Davos dieses Jahr wichtig, für wen weniger oder gar nicht? Abschließend wird man diese Frage wohl nicht klären können. Und doch lohnt sich ein Blick auf die Teilnehmerliste.

Davos allein zuhaus

Von den politischen Führern der sogenannten G7 oder auch G20 fehlten dieses Jahr praktisch alle, mit einer Ausnahme … Dreimal darf man jetzt raten, aber der erste Versuch wird wohl schon reichen.

Weder Biden noch sein Vize Harris ließen sich blicken. Für Chinas Politiker war Davos ebenfalls unwichtig. Russland war ohnehin nicht eingeladen. Und Länder mit enormer Population wie Indien, Brasilien, Indonesien, Mexiko, Japan, Südkorea oder Südafrika entsandten bestenfalls ein paar Minister.

Auch Europa war weitestgehend schwach vertreten. Sowohl Emmanuel Macron als auch der britische Premierminister Rishi Sunak hatten keine Zeit — oder Lust —, auch nicht ihre Stellvertreter. Gleiches gilt für Italien, Portugal und die meisten skandinavischen Länder.

Vor diesem Hintergrund war Deutschland mit Kanzler Olaf Scholz, Vize Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner eine Ausnahme und geradezu aufdringlich überrepräsentiert, als hätte man ihnen vorher nicht Bescheid gesagt. Fehlen durfte auch nicht der in Davos schon auf Distanz gut erkennbare deutsche Pandemie-Minister — „der einzige Maskenträger im Raum“. Auf den warteten aber zumindest ein paar Pharma-Bosse, die WHO-Vertreter und eine außerordentlich philanthropische Stiftung von Weltruf.

Die bröckelnde Phalanx der Großkonzerne

Schaut man in die Reihen der Wirtschaft, so klafften auch dort gewaltige Lücken.

Apple, immerhin das gemessen am Börsenwert wertvollste Unternehmen der Welt, war nicht präsent. Andere im Dow Jones Index notierte Weltkonzerne wie Walt Disney, Boeing, Home Depot, Nike, Caterpillar, Johnson & Johnson, American Express oder McDonalds fehlten ebenso.

Nicht vertreten in Davos waren auch die Firmenchefs der großen Unternehmen der Digital-Branche wie Alphabet (Google), Meta (Facebook), Amazon, Netflix oder Ebay, wie auch das wohl prominenteste Gesicht der High-Tech Branche: Elon Musk, neuerdings Besitzer von Twitter und Mitspieler in „Social Media“.

Die Liste der amerikanischen Groß-Unternehmen, die keinen Vertreter nach Davos sandten, ist deutlich länger als die der dort vertretenen.

Unter den deutschen im DAX notierten Top-Unternehmen vermisste man die Vertreter von Airbus, Adidas, Allianz, BMW, Beiersdorf, Daimler, Deutsche Telekom, Commerzbank, Deutsche Börse, E.ON, MTU, Hannover Rück, Linde, Münchner Rück, Fresenius, Deutsche Post, Vonovia und andere mehr. Lediglich Siemens, SAP und Volkswagen zeigten Präsenz.

Selbst Unternehmen der weltweiten Rüstungsindustrie sucht man auf der Teilnehmerliste vergebens. Niemand repräsentierte Lockheed Martin, Raytheon, Rheinmetall, Thales oder BEA Systems. Und das zu einer Zeit, in der es in Europa brennt und auch andere Regionen eine lukrative Zukunft für die Branche versprechen.

Die Pharma-Industrie war ganz gut vertreten. Die Lokalmatadoren Novartis und Roche hatten keine weite Anreise. Moderna-Chef Stéphane Bancel war gekommen. Auch Pfizer-Boss Albert Bourla, der sich allerdings bei einem Fußweg unangenehme Fragen anhören musste, selbstverständlich aber außer „Have a nice day“ den aufmüpfigen Journalisten keine Antwort gab. Biontechs Uğur Şahin hatte sich das erspart und war zu Hause geblieben, ebenso die milliardenschweren Hauptaktionäre des Unternehmens, die Sprüngmann-Brüder vom Tegernsee.

Angesichts von so viel Abwesenheit an Wirtschafsprominenz kommen Zweifel auf, ob die Veranstaltung ihrem Ruf gerecht wird, eine „Lobby der 1.000 weltgrößten Konzerne“ zu sein, wie Norbert Häring es nannte.

BlackRock — der heimliche Chef?

Der geschätzte Finanzexperte und Autor Ernst Wolff sieht in Davos eine Veranstaltung, in der sich Politiker und Unternehmenschefs die Instruktionen der von BlackRock und Vanguard geführten Finanzelite abholen. Ansonsten sei es eher eine Show-Veranstaltung. Doch viele waren offensichtlich nicht bereit, sich diese Instruktionen abzuholen. BlackRock selbst war lediglich durch ein paar Leute vertreten — wenn auch angeführt durch seinen CEO Larry Fink. Vanguard tauchte gar nicht auf der Teilnehmerliste auf.

Der Einfluss von BlackRock soll im Folgenden keineswegs verharmlost werden. Aber eine Unternehmensbeteiligung, wie sie BlackRock an praktisch allen größeren Unternehmen hält, bedeutet noch lange nicht, maßgeblichen Einfluss auf diese zu haben.

BlackRock und Vanguard, wie die anderen Fonds- und Kapitalbeteiligungsgesellschaften auch, besitzen nur sehr geringe Anteile, in der Regel im unteren einstelligen Prozentbereich. Schaut man sich beispielsweise die Aktionärsstruktur von Apple an, so fällt Vanguard als größter Aktionär auf. Die Vanguard Group verwaltet mit fast 1,3 Milliarden Aktien tatsächlich einen erheblichen Teil der knapp 16 Milliarden Apple-Aktien, aber dennoch sind es eben „nur“ acht Prozent.

Es ist insofern auch irreführend, wenn BlackRock / Vanguard als „Hauptaktionäre“ bezeichnet werden, weil eine solche Bezeichnung einen beherrschenden Einfluss suggeriert. Man kann aber mit einem Anteil von 1 Prozent Hauptaktionär sein, wenn alle anderen noch geringere Anteile halten.

Ein beherrschender Einfluss ist naturgemäß erst gegeben, wenn ein Aktionär die Mehrheit der Stimmrechte besitzt, also über 50 Prozent. Selbst ein sogenannter „maßgeblicher Einfluss“ dürfte bei BlackRock und Vanguard regelmäßig nicht festzustellen sein. Dieser „maßgebliche Einfluss“ wäre nur dann zu vermuten, wenn ihr Anteil am Unternehmen über 20 Prozent betragen würde und sie so die finanz- und geschäftspolitischen Entscheidungen des Unternehmens wesentlich beeinflussen könnten.

In Deutschland gibt es kein einziges DAX-Unternehmen, an dem BlackRock oder Vanguard aufgrund ihrer Anteile einen „maßgeblichen Einfluss“ nach obiger Definition haben. In der Regel übersteigen ihre Anteile selten 5 Prozent und nur in ganz wenigen Ausnahmen auch mal 10 Prozent.

Wer oder was ist BlackRock?

BlackRock ist ein Vermögensverwalter und eine börsennotierte Aktiengesellschaft. Jeder kann die Aktie der BlackRock Inc. kaufen. Sie kostete im Januar 2023 um die 700 Euro und wird auch an allen deutschen Börsen gehandelt. Jeder einzelne von uns kann also mühelos auch Anteilseigner von BlackRock werden, wenn er 700 Euro übrig hat.

Der Börsenwert des Unternehmens betrug zuletzt reichlich 100 Milliarden US-Dollar. Nur zum Vergleich: Der Börsenwert von Apple liegt aktuell bei über 2 Billionen US-Dollar — und lag zeitweise sogar bei 3 Billionen US-Dollar. Apple ist also derzeit 20-mal wertvoller als BlackRock. Wer hier David und wer Goliath ist, kann jeder selbst ausrechnen. Und Apple ist nur eines unter vielen Unternehmen… Unter vielen Unternehmen, von denen manch einer glaubt, sie seien alle durch BlackRock maßgeblich beeinflusst oder gar gesteuert.

BlackRock selbst ist zu nahezu 80 Prozent im Besitz institutioneller Anleger, also von Banken, Versicherungen, Staats- und Pensionsfonds. Der Rest sind private größere und kleinere Anleger. Das Unternehmen BlackRock gehört also nicht etwa ein paar wenigen Superreichen oder gar Larry Fink, der seit vielen Jahren das Gesicht des Finanzkonzerns ist. Fink ist einfach nur der CEO, nichts weiter. Gewiss ist auch Fink schwerreich. Sein Vermögen wird auf über eine Milliarde US-Dollar geschätzt. Aber damit befindet er sich auf der Reichenleiter fünfzig Sprossen unter Bill Gates. Und auch Uğur Şahin hat mit Biontech nur ein Corona-Jahr gebraucht, um ihn abzuhängen.

BlackRock und Vanguard — ist das alles?

Neben BlackRock und Vanguard gibt es noch zahlreiche andere. Bekannt sind Fondsgesellschaften wie Fidelity, Amundi, Schroders, Pimco und viele weitere, die zumeist Ableger großer Banken und Versicherungen sind. In Deutschland populär sind beispielsweise die Fonds von Allianz, DEKA oder der zur Deutschen Bank gehörenden DWS Gruppe.

Einige Länder haben Staats- und Pensionsfonds, über die das Rentensystem finanziert wird. In unseren Breiten ist vor allem Norwegen dafür bekannt, das den weltweit größten Fonds dieser Art hält. Sehr verbreitet sind diese Staatsfonds auch im asiatischen und arabischen Raum. Selbst die Bundesregierung denkt inzwischen laut darüber nach, das Rentensystem über eine fondsbasierte Aktienrente zu stützen.

Auch ist die Dominanz der beiden Giganten BlackRock und Vanguard nicht so groß, wie man es vermuten mag, da immer nur ihre Namen genannt werden. Die Liste der privaten Vermögensverwalter ist sehr lang. Unter den Top Ten der Welt finden sich auch die Schweizer UBS, die deutsche Allianz und die französische Crédit Agricole. Das zusammen von ihnen verwaltete Vermögen übersteigt das von BlackRock. Schaut man sich gar die Top 50 Vermögensverwalter an, so entfallen auf BlackRock gerade noch 10 Prozent davon.

Vor allem eines sollte man nicht vergessen: BlackRock und Vanguard mögen die Liste der größten Vermögensverwalter anführen. Aber sie „verwalten“ und managen eben nur dieses Vermögen. Es gehört ihnen nicht.

Es gehört Millionen von Anlegern, darunter auch gewiss viele Reiche, aber eben auch sehr sehr viele sogenannte Kleinanleger, die auf Empfehlung ihres Bankberaters das Ersparte in Fonds investiert haben.

Vermögensverwalter wie auch Anleger gewinnen oder verlieren ihr angelegtes Geld im Takt der Kapitalmärkte. Aber solange Fondsanteile nicht verkauft werden, stehen die Verluste oder Gewinne nur auf dem Papier. Wer Zeit mitbringt und auf Besserung hofft, wartet in schlechten Zeiten mit dem Verkauf. BlackRock oder Vanguard sind darauf aber gar nicht angewiesen. Sie verdienen ihr Geld mit Ausgabeaufschlägen auf ihre Fonds und mit Management Fees für deren Verwaltung. So lange Anleger ihr Geld nicht abziehen und alternative Anlagen für lukrativer halten, ändert sich daran nichts.

Es ist daher auch nicht redlich, von einem „Verlust von 2 Billionen“ US-Dollar zu sprechen, nur weil das von BlackRock verwaltete Fondsvermögen um diesen Wert gesunken ist.

Die Angst vor den Eliten

Wir dürfen uns zu Recht fürchten vor ambitionierten Eliten, die ihre Weltvisionen und Fantasien umsetzen möchten.

Alle Ideen und Initiativen in Richtung Bargeldabschaffung, digitale Überwachung, CO2-Budgets, weltweite Impfpässe, Zensur und Einengung des öffentlichen Debattenraums, Erosion fundamentaler Menschenrechte, schleichende Enteignung und anderes mehr sind in der Tat besorgniserregend, ganz abgesehen von den akuten Existenz-Bedrohungen. Der Krieg in der Ukraine wird von Seiten des Westens geführt wie ein Computerspiel, als könne man bedenkenlos ins nächste Level gehen, weil alles sowieso irreal ist. Der Konflikt der immer noch an sich glaubenden „einzigen Weltmacht“ USA mit China hat über Hongkong und Xingjiang (Uiguren) wieder seinen Weg nach Taiwan gefunden und lässt nichts Gutes für die Zukunft erwarten. Der Iran, der Nahe Osten und große Teile Afrikas bleiben Pulverfässer.

Dennoch ist schwer vorhersagbar, ob und inwieweit die Eliten dieser Welt in gesellschaftlichen und geopolitischen Fragen an einem Strang ziehen. Ja, die Pandemie hat uns eine erschreckende Einheit gezeigt. Niemals zuvor marschierten Politik und Wirtschaft der „G“-Länder derart im Gleichschritt und zogen alle anderen mit. Und dennoch besteht Hoffnung. Die Eliten sind ein eher heterogener Haufen, in dem jeder Einzelne vor allem egoistische Interessen verfolgt.

Man schaue sich nur Joe Biden und Donald Trump an, die gegensätzlicher und verfeindeter wohl kaum sein könnten.

Und gerade beweist uns Elon Musk mit der Offenlegung der sogenannten „Twitter Files“, wie stark Großindustrie und staatliche Stellen in den letzten Jahren auf den Social Media Konzern Einfluss genommen hatten. Massenhaft wurden unliebsame User gesperrt und ihre Tweets gelöscht oder in ihrer Reichweite eingeschränkt. Ohne Elon Musk, zweifellos selbst Teil der Elite, hätten wir vom Ausmaß der Zensur auf Twitter nie erfahren. Jede Verschwörungstheorie habe sich inzwischen als wahr herausgestellt, so Musk.

Das World Economic Forum hat in den letzten Jahren eine herausragende Rolle bei der Vernetzung von Politik, supranationalen Organisationen und Wirtschaft und bei der Ausgestaltung besorgniserregender globaler Strategien gespielt, à la „Great Reset“. Ob es nach dem diesjährigen Abwesenheitsdesaster weiter an Bedeutung verlieren wird?


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