Zum Inhalt:
Unterstützen Sie Manova mit einer Spende
Unterstützen Sie Manova
Weder Fisch noch Fleisch

Weder Fisch noch Fleisch

Das BSW schwankte zwischen Arbeitnehmervertretung und Anpassung an den Rechtstrend, stellte den Kapitalismus aber nie grundsätzlich infrage.

Kapital versus Arbeit: Politische Ökonomie der Klassenspaltung

Friedrich und Solty identifizieren treffend den fundamentalen Konflikt im Programm des BSW: einen Spagat zwischen Kapital und Arbeit, Mittelstand und Arbeiterklasse. Das BSW propagiert einerseits „wirtschaftliche Vernunft“ — de facto ein politökonomisches Konzept im Interesse des kriselnden klein- und mittelständischen Kapitals —, anderseits soziale Wohltaten für Lohnabhängige.

Dieser innere Widerspruch ist kein Zufall, sondern Ausdruck des zugrundeliegenden Kapitalverhältnisses in unserer Gesellschaft. Wer glaubt, die unversöhnlichen Interessen von Kapital und Arbeit durch einen neuen „nationalen Klassenkompromiss“ zu harmonisieren, erliegt einer Ideologie — einer gefährlichen Illusion von Klassenharmonie, wie sie im „Deutschland-Modell des späten 20. Jahrhunderts“ beschworen wird. Doch diese Sozialpartnerschafts-Romantik passt nicht mehr zur Realität der aktuellen politischen Ökonomie: Das deutsche Exportmodell steckt in der Krise — Autoindustrie, Energiepreise, geopolitische Konflikte —, die Profitraten sinken und das Kapital drängt auf Verschärfung der Ausbeutung.

Das BSW verkauft dennoch die Idee, man könne zum goldenen Zeitalter zurück, als deutsche Unternehmen „vom Sozialstaat profitierten“ und ein Interessenausgleich scheinbar möglich war. Diese ideologische Verklärung ignoriert den harten Klassenantagonismus der Gegenwart. Klassenkampf findet statt — ob man ihn so nennt oder nicht.

Indem Wagenknecht ihre Kritik an Krieg und Krise oft aus Mittelstandsperspektive formuliert und den Hauptwiderspruch lieber zwischen „Deutschland und den USA“ als zwischen oben und unten verortet, bedient sie einen nationalistischen Überbau: Die nationalliberale Ideologie soll die Klassenspaltung überdecken.

Aber ein Burgfrieden im Nationalstaat ist heute unrealistisch. Gerade das von ihr umworbene nichtmonopolistische Kapital (die mittelständischen Unternehmer) erweist sich erfahrungsgemäß als unzuverlässiger Bündnispartner für Arbeiterinteressen — allzu oft agiert dieser „Partner“ als vehementer Gegner von Gewerkschaften, Löhnen und Steuern. Solange das Kapitalverhältnis — also das Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnis zwischen Kapital und Arbeit — besteht, lässt sich dieser Konflikt nicht mit Appellen an „Vernunft“ wegmoderieren.

Sebastian Friedrich und Ingar Solty erkennen diesen Punkt und warnen davor, dass Wagenknechts vage Parolen vom „Unser Land zuerst“ weder eine populistische Dauerstrategie noch ein belastbares Programm ersetzen. In der Tat: Das BSW hätte die Chance gehabt, die Perspektive der Lohnabhängigen klar zu vertreten, selbst wenn es taktisch ein temporäres Bündnis zwischen Beschäftigten und kleinem Kapital schmiedet. Doch stattdessen unterlässt es das bewusst — ein Ergebnis der ideologischen Ausrichtung. Hier zeigt sich, dass das Bündnis schon in seiner Programmatik dem Druck des Kapitals erliegt. Der Verzicht auf klare Parteinahme für die Arbeiterklasse ist kein Versehen, sondern programmatisches Kernstück — und Achillessehne — des BSW.

Top-down-Struktur: Kontrolle statt Mobilisierung

Der zweite Widerspruch liegt laut Friedrich/Solty in der straff top-down organisierten Parteistruktur des BSW. Die Parteiführung um Wagenknecht — geprägt von bitteren Erfahrungen in der Linken — entschied sich bewusst für eine autoritativ-zentralistische Organisation. Neue Mitglieder werden nur nach eingehender Prüfung aufgenommen, Kandidaturen zentral abgesegnet. Diese fast schon kaderhafte Kontrolle der Mitgliedschaft mag dem Schutz vor „Abenteurern“ dienen, aber sie erstickt zugleich jede Aktionsfähigkeit an der Basis. Klassenkampf braucht Massenbasis, keine gelenkten Jubelperser. Flyer verteilen, Demos organisieren, Streiks unterstützen — all das erfordert engagierte Mitglieder vor Ort.

Doch das BSW hatte bis vor kurzem lächerlich geringe 1.100 Mitglieder (bei angeblich 34.000 Unterstützern, davon 14.000 Mitgliedsanträgen). Die Folge: In den letzten Monaten vor der Wahl fiel es dem BSW schwer, seine Anhängerschaft zu mobilisieren. Kaum Kundgebungen, Flyer und Plakate blieben liegen, Flaute an Infoständen, gähnende Leere dort, wo eigentlich Aufbruchstimmung herrschen sollte.

Dieser Überbau des inneren Parteilebens — die organisatorische Form — steht in direktem Zusammenhang mit der politischen Strategie. Das BSW misstraute den „einfachen“ Leuten, die es doch vertreten will.

Man fürchtete offenbar, eine offene Mitgliederpartei könnte von Spinnern, Radikalen oder konkurrierenden Kadern unterwandert werden. Dieses elitäre Denken — „die Massen müssen an die Hand genommen werden“ — ist ironischerweise ebenso ideologisch motiviert, wie ein vordergründig demokratischer Zentralismus es wäre. Nur dient hier die Ideologie nicht einer revolutionären Avantgarde, sondern der pragmatischen Machtabsicherung eines kleinen Führungszirkels.

Die restriktive Aufnahmepolitik geriet schließlich selbst parteiintern unter Beschuss: Prominente wie der Europaabgeordnete Friedrich Pürner geißelten sie als „katastrophal“; in Hamburg rebellierten Mitglieder — der Autor war einer von ihnen — und gründeten als Protestreaktion von „unten nach oben“ zunächst einen Bezirksverband, der basisdemokratisch weitere Mitglieder aufnahm. Als dann noch ein Landesverband gegründet wurde, reagierte die Parteispitze mit Parteiausschluss, sofortigem Entzug der Mitgliederrechte und Polizeieinsätzen. Ein solches Gebaren erinnert an eine Sekte oder einen exklusiven Club, nicht an eine breit verankerte Bewegung der Lohnabhängigen und Werktätigen.

Erst kurz vor knapp reagierte die Führung: Auf dem Bonner Parteitag im Januar verkündete Oskar Lafontaine, man werde die Partei „für Unterstützer öffnen“. Das ist ein Eingeständnis des Scheiterns dieser Strategie. Die straffe Kontrolle von oben hat die Partei geschwächt, nicht gestärkt — ein Widerspruch, der nun offenkundig ist. Das BSW musste feststellen, dass man einen Wahlkampf nicht allein mit millionenschweren Einzelspenden führen kann, sondern mit Menschen aus Fleisch und Blut. Doch im entscheidenden Moment der Bundestagswahl fehlten diese Menschen. Der Preis der Top-down-Struktur zeigte sich in den leeren Plätzen an Infoständen und einer kaum sichtbaren Kampagne auf der Straße. Hier greift die Kritik von Friedrich/Solty:

Eine Partei, die den Anspruch hat, das „Volk“ oder gar die „Arbeiter“ zu vertreten, kann nicht gleichzeitig ihre Türen vor diesem Volk verschließen, ohne sich lächerlich zu machen.

Es kam, wie es kommen musste: Der Sturz von oben nach unten, kurz, knallhart und schmerzvoll.

Anti-Establishment-Rhetorik versus Anpassung: der ideologische Spagat

Besonders aufschlussreich ist der dritte Konflikt: Anti-Establishment versus Mitregieren. Das BSW stilisierte sich in seinen Anfängen als rebellische Alternative zum gesamten politischen Establishment — ähnlich wie einst die WASG/Linke oder wie die AfD von rechts. In Fragen Krieg (Ukraine), Coronamaßnahmen-Aufarbeitung oder Kritik an westlicher Außenpolitik gab man sich als Stimme der „einfachen Leute“ gegen die da oben.

Viele enttäuschte Linke glaubten, in Wagenknechts neuer Formation endlich wieder eine konsequente Friedenspartei gefunden zu haben, frei von dem ewigen Zaudern und „Ja-aber“-Kurs der alten Linkspartei. Doch diese rebellische Pose bekam Risse, sobald es um Machtoptionen ging. Schon in den ostdeutschen Landtagswahlkämpfen 2024 zeigte das BSW auffällige Regierungslust: Man signalisierte Bereitschaft, mit SPD oder CDU zu koalieren, um sich in Thüringen und Brandenburg die Macht zu teilen. Tatsächlich trat das BSW dort wenig später in Regierungsverantwortung ein — nicht unbedingt, weil SPD oder Linke begeistert von Wagenknechts Truppe waren, sondern um eine Koalition mit der AfD zu vermeiden.

Damit erbte das BSW einen der historischen Widersprüche seiner Mutterpartei Die Linke: den Spagat zwischen Protesthaltung und Realpolitik. Schon Die Linke hatte an Strahlkraft verloren, sobald sie in Landesregierungen Kompromisse machen musste.

Nun erlebt das BSW im Schnelldurchlauf Ähnliches. Die anti-elitär gebürstete Rhetorik wirkt unglaubwürdig, wenn gleichzeitig Posten in Ministerien angestrebt oder besetzt werden. Für Teile der Anhängerschaft — die das BSW gerade wegen seines Anti-Establishment-Tons wählten — muss die schnelle Anpassung an die parlamentarische Normalität wie Verrat wirken. Klassenkämpferischer Elan sieht anders aus: Wer den Leuten predigt, man stehe „gegen das System“, darf nicht im nächsten Moment Juniorpartner ebendieses Systems werden wollen, ohne massiven Vertrauensverlust zu riskieren.

Deutlich wird dies auch im Umgang des BSW mit der AfD. Anfangs mied man es, die AfD frontal anzugreifen — Wagenknecht unterschied sogar zwischen den „Faschisten“ vom Schlage Björn Höcke und vermeintlich „konservativ-liberalen“ Kräften wie Alice Weidel. Diese groteske Relativierung — Weidel, die Frontfrau einer völkisch-nationalistischen Partei, sei im Grunde keine Rechtsextreme — sollte offenbar signalisieren: „Schaut her, wir sind nicht wie die übrigen Parteien, wir führen keinen ‚Kampf gegen rechts‘, sondern konkurrieren sachlich.“

Wagenknecht hoffte, AfD-Wähler abwerben zu können, indem sie ideologische Überschneidungen zuließ — etwa in der Migrations- und NATO-Kritik — und die AfD nur für „falsche Freunde“ wie Elon Musk und Donald Trump angriff.

Diese Strategie eines gewissen Nichtangriffspakts rächte sich jedoch schnell: Als die Umfragewerte des BSW fielen und die AfD gleichzeitig zur stärksten Oppositionskraft aufstieg, schwenkte Wagenknecht um. Im heißen Wahlkampf wurde plötzlich die AfD zum „Hauptgegner“ erklärt und auf dem Parteitag in Bonn scharf attackiert. Doch dieses Manöver wirkte taktisch motiviert und kam spät.

Die Ideologie des BSW, „weder links noch rechts“ sein zu wollen, führte hier zur Orientierungslosigkeit: Man wollte sich nicht klar gegen rechts positionieren, um rechts-affine Wähler nicht zu vergraulen; doch dadurch verlor man an Glaubwürdigkeit bei linken Wählern und letztlich auch bei den national gesinnten, die dann lieber gleich das Original (AfD) wählten. Die Repräsentationslücke, die das BSW füllen wollte — nämlich jene Wählerschichten, die sozialstaatlich links, aber kulturell rechts stehen — erwies sich als schwieriges Gelände. Ohne klare Kante nach beiden Seiten blieb unklar, wofür die Partei eigentlich steht.

Zwischen Links und Rechts zerrieben?

Das bringt uns zum vierten und fünften Widerspruch, die eng zusammenhängen: Migrationspolitik und gesellschaftliche Verortung. Von Anfang an definierte sich das BSW als „jenseits von links und rechts“ stehend. Diese Losung mag marketingtauglich sein, ist aber inhaltlich hohl — ja historisch oft ein Kennzeichen reaktionärer Bewegungen. Wer behauptet, über Klassen und Ideologien zu stehen, reproduziert meist bloß die herrschende Ideologie in neuer Gestalt. So auch hier:

Unter dem Deckmantel des „Weder-Noch“ hat das BSW einen zunehmend rechten, ja rassistischen Kurs in der Migrationsfrage eingeschlagen.

Was im Gründungsaufruf 2023 kaum Thema war, wurde ab 2024 zum Dauerbrenner: Wagenknecht sprach von „tickenden Zeitbomben“ unter kriminellen Asylbewerbern, forderte Abschiebungen und Aufnahmestopps oder Abweisung an weit entfernten Grenzen „sicherer Drittstaaten“. Programmatisch übernahm die Partei Forderungen, die sonst nur von Rechtsaußen kamen — etwa Asyllager außerhalb der EU, „Atempause“ bei Einwanderung, Ende des Geburtsrechts auf Staatsbürgerschaft. Damit begab sich das BSW bewusst in die Arena der AfD und spielte deren Spiel, überholte diese sogar mit Forderungen, dass Menschen aus sogenannten sicheren Drittstaaten grundsätzlich kein Aufenthaltsrecht und keine Sozialleistungen bekommen sollten, Ausreisepflichtige damit „aushungert“ werden und die Lust an Deutschland verlieren. Gleichzeitig sollte dies der Abschreckung dienen.

Die politische Ökonomie dieses Kurses ist klar:

Anstatt Fluchtursachen zu bekämpfen, werden Flüchtlinge bekämpft. Anstatt den Klassenkampf „unten gegen oben“ zu führen, wird ein Kampf „innen gegen außen“ inszeniert.

So argumentieren auch manche BSW-Funktionäre, man müsse die „soziale Frage“ mit der Migration verknüpfen. Wagenknecht selbst stellte Kosten für Geflüchtete polemisch den Renten einer „hart arbeitenden Frau“ gegenüber — ein klassischer Versuch, die berechtigte Wut über soziale Missstände weg vom Kapital auf noch Schwächere (Flüchtlinge) zu lenken. Das ist Ideologie im Überbau par excellence: Die wirklichen Ursachen von Wohnungsnot, Lohndruck und Armut — nämlich Profitorientierung und Kürzungspolitik — werden verschleiert, indem Migranten zum Sündenbock gemacht werden.

Damit bedient das BSW genau jene kapitalfreundliche Erzählung, die den Kapitalverhältnissen nützt: Teile und herrsche. Für eine Partei, die vorgibt, soziale Gerechtigkeit zu wollen, ist das ein fatales Eigentor und spaltet sogar die eigene Basis. Gewerkschaftsnahe BSW-Mitglieder und linke Unterstützer erkennen darin zu Recht einen Verrat an internationalistischer Solidarität und an den Interessen der Arbeiterklasse — denn ein Klassenkampf, der nur die „deutschen“ Arbeitnehmer gegen fremde Konkurrenten in Stellung bringt, ist keiner. Er stärkt am Ende das nationale Kapital, nicht die Arbeiter.

Intern führte dieser Kurs zu heftigen Spannungen. Das BSW ist zerrissen zwischen einem sozialpopulistischen Flügel und jenen, die offene Fremdenfeindlichkeit scheuen. Doch statt diese Widersprüche produktiv zu machen — etwa indem man die soziale Frage wieder klar als Konflikt zwischen Arbeit und Kapital definiert —, verharrt die Partei in Unklarheit. Generalsekretär Christian Leye nennt sein BSW „klassisch links“, während andere sich rechts von der SPD verorten.

Dieses Hin und Her hat Unterstützer und Wähler letztlich irritiert. Keine klare Klassenanalyse, kein klares Wertefundament — stattdessen Anpassung an den rechten Zeitgeist, in der Hoffnung, damit eine Lücke im Parteienspektrum zu füllen.

Am Ende bleiben die Repräsentationslücken wohl doch bestehen: Viele Arbeiter mit konservativen Ansichten wanderten mangels Vertrauen ins BSW zurück zur Nichtwahl oder gleich zur AfD, während emanzipatorisch denkende Linke sich weder von Wagenknechts Marktradikalismus für den Mittelstand noch von ihrer Law-and-order-Rhetorik angezogen fühlten.

Fazit: Widersprüche offenlegen, Klassenpolitik wagen

Sebastian Friedrich und Ingar Solty haben verdienstvoll die zentralen Widersprüche des Bündnis Sahra Wagenknecht benannt. Doch eine Replik wäre unvollständig, würde sie bei der Beschreibung stehenbleiben. Entscheidend ist die Frage: Was nun? Die Bundestagswahl Anfang 2025 hat gezeigt, dass das BSW an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte — um historische 0,03 Prozent. Es fehlten knapp 9.000 Stimmen. Wagenknecht und ihr Umfeld suchten die Schuld dafür reflexhaft bei äußeren Faktoren — „manipulative“ Umfragen, Medien, politische Gegner —, was wiederum ein Stück weit ihre politischen Illusionen enthüllt. Anstatt die eigenen Fehler — die opportunistische Doppelzüngigkeit in Programm, Struktur und Praxis — ehrlich zu analysieren, verfängt sie sich im Netz der Selbsttäuschung. Das erspart zwar bittere Selbstkritik, bestätigt aber im Grunde die Diagnose von Friedrich und Solty: Dieses Projekt war innerlich zu widersprüchlich, um dauerhaft erfolgreich zu sein.

Doch die Widersprüche verschwinden nicht einfach mit dem Scheitern einer Partei. Die soziale Realität, aus der das BSW hervorging — die tiefe Krise der politischen Repräsentation im Neoliberalismus, die Repräsentationslücke für viele Arbeitnehmer, die sich von SPD, Grünen und Linken nicht mehr vertreten fühlten —, bleibt bestehen. Wenn die Linke — und hier meine ich die gesamte Linke, nicht nur die Partei Die Linke — diese Lücke nicht durch eine konsequent klassenkämpferische Politik füllt, werden weiter fragwürdige Bündnisse oder rechte Rattenfänger dieses Feld bestellen.

Das BSW war ein Versuch, den berechtigten Unmut über soziale Verwerfungen in kontrollierte Bahnen zu lenken — allerdings in Bahnen, die letztlich systemkonform blieben.

Das BSW hat den Klassenkampf nie wirklich aufgenommen, sondern im Namen eines populistischen Crossover-Projekts entschärft. Es wollte zugleich Anwalt der kleinen Leute und Anwalt des kleinen Kapitals sein — und stand am Ende ohne echte Hausmacht da.

Die Lehre aus diesem „Bündnis mit Widersprüchen“ kann nur sein, wieder den Primat der Klassenpolitik herzustellen. Eine linke Alternative darf sich nicht im Überbau nationalistischer oder kulturell rückschrittlicher Ideologien verheddern, wenn sie das Kapitalverhältnis wirklich überwinden will. Statt Illusionen über einen neuen deutschen Sonderweg zu schüren, muss klar benannt werden: Oben und Unten — das ist die entscheidende Achse, entlang der Politik gemacht werden muss, nicht „Innen versus Außen“ oder „Nation versus Nation“. Andernfalls bleibt jede neue Partei zwangsläufig ein zahnloser Tiger, gefangen in ihren inneren Widersprüchen, systemkonform.

Friedrich und Solty haben die Symptome seziert. Die Diskussion, die wir jetzt führen müssen, ist: Wie brechen wir aus dem ideologischen Spagat aus? Wie gewinnen wir die enttäuschten Massen für eine Politik, die ihren Namen verdient — eine Politik der sozialen Klasse statt der nationalen Nische? Diese Debatte mag scharf geführt werden — im Geiste der Polemik —, aber sie ist nötiger denn je. Denn die Geschichte des BSW zeigt letztlich: Widersprüche zu benennen ist das eine; sie im Sinne der Ausgebeuteten zuzuspitzen und aufzulösen das andere. Nur eine Linke, die bereit ist, aus Fehlern wie denen des BSW zu lernen, wird künftig verhindern, dass berechtigter Unmut erneut in einer politischen Sackgasse endet.


Wenn Sie für unabhängige Artikel wie diesen etwas übrig haben, können Sie uns zum Beispiel mit einem Dauerauftrag von 2 Euro oder einer Einzelspende unterstützen.

Oder senden Sie einfach eine SMS mit dem Stichwort Manova5 oder Manova10 an die 81190 und mit Ihrer nächsten Handyrechnung werden Ihnen 5, beziehungsweise 10 Euro in Rechnung gestellt, die abzüglich einer Gebühr von 17 Cent unmittelbar unserer Arbeit zugutekommen.

Weiterlesen