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Umweg zum Verstehen

Umweg zum Verstehen

Weltanschauliche Irrtümer können sich als fruchtbar erweisen, wenn sie ehrlich aufgearbeitet werden.

Die Menschen in meinem Bekanntenkreis, mit denen ich über den Corona-Komplex spreche, lassen sich grob so einteilen — Obacht, keine belegbare Statistik!: Zwei Drittel haben sich mit mRNA behandeln lassen, ein Drittel nicht. In diesen beiden Gruppen gibt es weitere „Fraktionen“, die weniger leicht zu unterscheiden sind. Der größte Teil der „Geimpften“ hat sich spritzen lassen, um wieder arbeiten, reisen und in Kneipen gehen zu können. Ein paar sind so überzeugt und in Sorge, dass sie „Verweigerer“ zu überreden versuchen, sich ebenfalls der Behandlung zu unterziehen. Umgekehrt ist unter den „Ungeimpften“ niemand, der „Geimpfte“ von der Impfung abbringen möchte — was ja auch unsinnig wäre.

Das ist im Großen und Ganzen kein Problem. Allerdings ist der Graben mittlerweile recht tief: Zwar sind viele der „Geimpften“ der festen Meinung, eine dritte Spritzung werde nicht nötig sein und ihr „Immunitätsnachweis“ gelte für immer. Einige sagen zudem, sie wollten nach den Erfahrungen der ersten beiden Behandlungen so etwas lieber nicht noch einmal machen. Auf der anderen Seite — wo es nach den bisweilen heftigen Auseinandersetzungen bis vor etwa einem Jahr auch noch manch Unentschlossenen gab — ist für die Propaganda nicht mehr viel zu holen: Wer es jetzt noch nicht getan hat, wird es wohl auch nicht mehr tun; Ausnahmen mag es geben, das Bombardement wird ja zunehmend zermürbend.

Dennoch bleibt der Austausch freundlich; ich kenne, soweit ich weiß, keinen „Geimpften“, der vor „Ungeimpften“ Angst hat, und auch keinen „Ungeimpften“, der ernsthaft fürchtet, sich bei „Geimpften“ per „Shedding“ mit Spike-Proteinen „anzustecken“ oder mittels elektronischer Mücken heimlich gechipt zu werden.

Der tiefere Graben betrifft jedoch schon seit längerer Zeit — und ich vermute, bereits lange vor Corona — die Frage der Information. Nicht alle, aber bei Weitem die meisten „Verweigerer“ sind ausgesprochen interessiert an Informationen, nicht nur zu COVID-19, sondern Medizin allgemein, aber auch Politik, Medien, Wirtschaft, Geschichte, zu philosophischen, juristischen, sozialen, psychologischen, sprachlichen und anderen Fragen, die oft mit dem Corona-Komplex zusammenhängen, manchmal auch nicht.

„Impfbefürworter“ hingegen zeichnet eine zunehmend hartnäckige und unüberwindbare Informationsverweigerung aus, die sich in vielen Punkten und Fällen zur regelrechten Leugnung von Fakten auswächst. Auch nach eineinhalb Jahren glauben (!) etwa manche immer noch, mittels PCR ließen sich Infektionen oder vermehrungsfähige Viren nachweisen — nur eine von vielen Fake News, die zu Beginn der Maßnahmen so hartnäckig von Medien und „Faktencheckern“ verbreitet wurden, dass sie durch eindeutige Widerlegung auch von offizieller Seite offensichtlich nicht mehr zu „löschen“ oder korrigieren sind.

Dazu zählen auch viele Phänomene, die man nur von Bildern kennt und/beziehungsweise nur vage in Erinnerung hat, die sich aber so tief ins Unterbewusstsein eingewurzelt haben, dass sie wie religiöse Glaubensinhalte oder Mythen wirken. So etwa die Bilder aus Bergamo oder Wuhan (Menschen, die auf der Straße tot umfallen, Desinfektionsarmeen in Raumanzügen), tabellarische Darstellungen von „exponentiellem Wachstum“, Beispielfotos aus Intensivstationen mit intubierten Patienten. Hinzu kommen diffuse — ja, man muss sie so nennen — Verschwörungserzählungen, denen zufolge ein weitgespanntes Netz finsterer Gestalten, vor allem in alternativen Medien, daran arbeitet, die staatliche Ordnung zu untergraben und die redlichen Bemühungen philanthropischer Helden, um die Gesundheit der Welt zu stören.

Über die Gründe der Informationsverweigerung kann man nur spekulieren. Man könnte an Verdrängung denken: Da wird zunächst eine ungeheure Gefahr bemerkt, die übermächtig ist; der Untergang ist kaum noch zu verhindern, wenn nicht alle in strengster Disziplin zusammenstehen und in gemeinsamer Selbstkasteiung der Gefahr trotzen.

Wer die Frage stellt, ob die Bedrohung wirklich eine so große ist, gefährdet den Zusammenhalt und muss ausgestoßen werden.

Zugleich fleht man die Götter um Hilfe an, die erweisen sich als gnädig und schicken einen Segen, der es erlaubt, mittels Kommunion die Gefahr zu bannen. Wer nun wiederum ketzerische Zweifel streut, ob die Kommunion wirksam ist, gefährdet den Erfolg der Kommunion. Folglich muss jeder einzelne Gläubige solche Zweifel von Grund auf energisch von sich weisen und sie, falls sie in ihm selbst keimen, noch im Keim ersticken.

Möglicher- und verständlicherweise neigen viele Menschen dazu, ein einfaches, wenn nicht simples, jedenfalls insgesamt scheinbar verständliches Weltbild vorzuziehen und den chaotischen, kaum oder nicht zu überschauenden Fluss wissenschaftlicher und anderer Erkenntnis, Diskussion, Theorie als bedrohlich zu empfinden. Man wünscht sich Autoritäten und einen gemeinschaftsbildenden Konsens, möchte ohne große Abschweifungen mitgeteilt bekommen, was ist und was man tun muss.

Daraus entsteht folgendes Modell: Ein neuartiges Virus breitet sich aus. Man kann es nur mit einem PCR-Test feststellen. Das Virus ist extrem tödlich. Die Ausbreitung erfolgt — unbegrenzt — exponentiell. Die Menschen erkranken massenweise. Die Kapazitäten des Gesundheitssystems werden davon überfordert. Das einzige Mittel gegen das Virus ist eine Impfung. Solange es noch keine Impfung gibt, muss man die Menschen voneinander isolieren, um Ansteckungen zu verhindern. Wo Isolation nicht möglich ist, verhindern Gesichtsmasken eine Übertragung. Alle, auch gesunde, Menschen sind potenzielle Überträger. Die Impfstoffe wurden aufgrund der extremen Gefährlichkeit des Virus in Rekordzeit entwickelt. Sie sind wirksam, sicher und haben keine Nebenwirkungen. Langzeitfolgen bei Impfungen gibt es nicht. Um das Virus auszurotten, ist Herdenimmunität nötig, die bei einer Durchimpfung von 55, 65, 75, 85 beziehungsweise 95 Prozent der Bevölkerung erreicht ist.

Impfdurchbrüche sind extrem selten, machen es jedoch nötig, die Menschen auch weiterhin zu isolieren und Masken zu tragen. Der Grund für Impfdurchbrüche sind Mutationen des Virus, die so lange auftreten, bis alle Menschen geimpft sind und das Virus ausgerottet ist. Menschen, die sich der Impfung verweigern, sind daher gefährlich und müssen aus der Gesellschaft entfernt werden. Dies gilt auch für Menschen, die Zweifel streuen, die Impfmoral schwächen und damit das Erreichen des Endziels in Frage stellen.

Das wirkt auf den ersten Blick insgesamt und in sich einigermaßen logisch, obwohl sich viele Prämissen und Dogmen im Laufe der Zeit verändert haben oder aus der Erzählung verschwunden sind — das fällt aufgrund der übergreifenden Stringenz und von Gewöhnungsprozessen nicht auf oder wird ausgeblendet. Darauf hinzuweisen ist ein Zeichen unbegründeter Skepsis, polemischer Nörgelei und mangelnder Solidarität. Die Wissenschaft hat recht, kann sich aber im Einzelfall irren. Der Skeptiker irrt sich generell und kann auch im Einzelfall nicht recht haben.

Die aufgezählten Dogmen lassen sich eines nach dem anderen widerlegen oder zumindest infrage stellen, in vielen Fällen als schlichter Unfug entlarven. Das Virus ist nicht neuartig. Es lässt sich nicht mit einem PCR-Test nachweisen. Es ist nicht extrem tödlich. Eine unbegrenzte exponentielle Ausbreitung kann es in der Natur nicht geben. COVID-19 ist eine sehr seltene Krankheit. Die Kapazitäten des Gesundheitssystems werden zwar stetig und zügig abgebaut, aber nicht mehr belastet als sonst. Übrigens wird diese Überlastung gerne damit gerechtfertigt, dass nicht genug Geld verfügbar sei. Gleichzeitig standen jedoch Milliardenbeträge für PCR-Tests, Propaganda und die Finanzierung der Entwicklung von Impfstoffen zur Verfügung.

Impfung ist nicht das einzige Mittel gegen das Virus. Die weitgehende Isolierung macht mehr Menschen krank als alle bekannten Viren. Gesichtsmasken verhindern die Ansteckung mit Atemwegsviren nicht. Gesunde Menschen können kein Virus übertragen.

Die Impfstoffe wurden nicht in Rekordzeit entwickelt, vielmehr wurde die übliche Zeit dieser Entwicklung durch Auslassung wesentlicher Test- und Kontrollphasen und durch Abschaffung gesetzlicher Einschränkungen, etwa für gentechnische Behandlungen, verkürzt. Die Impfstoffe sind weder sonderlich wirksam noch sicher und haben eine außergewöhnliche Vielzahl von Nebenwirkungen; zudem sind sie keine Impfstoffe im üblichen Sinn.

Langzeitfolgen von Impfungen sind in vielen Fällen bekannt und dokumentiert. Viren, insbesondere Atemwegsviren, schnell mutierende Viren und solche, die mit Zoonosen in Verbindung stehen, kann man nicht ausrotten. Auch eine Herdenimmunität ist bei solchen Viren mehr als fraglich, auf längere Sicht ausgeschlossen. Impfversagen ist bei Impfungen gegen schnell mutierende Viren nicht selten, sondern häufig, mit zunehmender Tendenz zur kompletten Wirkungslosigkeit. Das Verzögern der Immunisierung gegen saisonale, mutationsfreudige Viren durch Isolation, Lockdowns, Maskentragen und kaum wirksame Impfungen begünstigt Mutationen, wirkt also paradox. Die letzten beiden oben genannten Punkte sind aus meiner Sicht nicht diskussionsfähig.

Die Gefahr für das gefestigte Weltbild besteht darin, dass es durch eine einzige dieser Erkenntnisse ins Wanken geraten kann, auch weil sie alle in vielerlei Weise miteinander verknüpft sind und dadurch möglicherweise ein Dominoeffekt entsteht. Darum muss jeder Hinweis auf Fakten, die sie plausibel erscheinen lassen oder gar belegen, geleugnet und diffamiert werden („Schwurbelei“). Am besten ist es, Hinweisen und Informationen generell aus dem Weg zu gehen. Weil solche Hinweise selten bis nie von Gläubigen kommen — die an ihrem Glauben zu zweifeln beginnen —, sondern meist von Ungläubigen und Zweiflern, kann man sich weiterer Zumutungen erwehren, indem man diese Menschen als Personen insgesamt ablehnt und mit synthetischen, gruppenspezifischen Zuordnungen und Attributen versieht („Querdenker“ = „Ketzer“ = „Brunnenvergifter“).

Es kann die Gemeinschaft der Gläubigen und den Glauben des Einzelnen stärken, wenn sich die Gemeindemitglieder gegenseitig der Wahrheit der Dogmen versichern und durch rituelle kollektive Kampagnen gegen Andersdenkende — als Shitstorm oder Hexenjagd — deren Schuld, Gefährlichkeit und Ausgegrenztheit real erfahrbar machen.

Weil kritisch denkende Menschen gerne dazu neigen, nicht nur in Bezug auf den Corona-Komplex kritisch zu denken, lässt sich die Zuordnung erweitern, verallgemeinern und zugleich verfestigen: Wer nicht an Corona glaubt, stellt auch die unangetastete Existenz und Wirkmächtigkeit der — repräsentativen — Demokratie infrage, neigt zum „Putin-Verstehen“, kritisiert die Strategien der „Klimarettung“, findet Julian Assange nicht tötenswert, steht dem Wirtschaftswachstum oder gleich generell dem Kapitalismus skeptisch gegenüber, bezweifelt die uneigennützige Menschenfreundlichkeit philanthropischer Milliardäre und ihre Legitimation zur Erteilung von Vorgaben für die Weltpolitik. Er findet die Grünen nicht grün, die SPD nicht sozial, die Linke nicht links, die CDU/CSU nicht christlich, zweifelt den Freiheitsbegriff der FDP an, und wenn er die AfD als national-neoliberale Kampftruppe generell ablehnt, geschieht dies nur zwecks Tarnung und Täuschung.

Außerdem sieht er überall Gespenster, befürchtet etwa einen Missbrauch gesammelter Daten sowie deren Konzentration und Verknüpfung in der Hand privater, nicht gesellschaftlich kontrollierter Konzerne, deren grundsätzliche Menschenliebe er ebenfalls anzweifelt. Zur Beschreibung der von ihm vermuteten oder aufgezeigten Entwicklungen bemüht er historische Vergleiche und benutzt Vokabeln wie „totalitär“, die nur in Verbindung mit dem Dritten Reich verwendet werden dürfen und somit ein Zeichen von strukturellem Antisemitismus und einer rechtsoffenen Grundhaltung sind.

Mit anderen Worten: Solche Menschen leiden an Verfolgungswahn. Dass sie ihren angeblichen moralischen Grundsätzen in einer sich dynamisch entwickelnden Lage und Gesellschaft treu bleiben, spricht nicht für ein Festhalten an Grundwerten inmitten eines allgemeinen ethisch-moralischen Verfallsprozesses. Sondern umgekehrt: Es ist ein Zeichen der Radikalisierung, weil sich die Lage und die Gesellschaft zwar dynamisch entwickeln, aber stabil bleiben, während der Abweichler eben durch sein bloßes Festhalten an Grundsätzen aktiv „abweicht“, sich also von der stabilen, dynamischen Gesellschaft entfernt.

Mir fällt dazu folgendes Bild ein: Ein Kind sitzt im Bus, die Mama steht an der Haltestelle und winkt. Während der Bus anfährt, fragt sich das Kind: Wieso rennt die Mama so schnell davon? Immerhin: Das Kind fragt sich das.


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