von Josef Pleschiutschnig
Ein gelungener propagandistischer Akt
In den ersten Jännertagen fand ich in meiner Post ein an mich adressiertes, größeres Kuvert, gesendet von der österreichischen Bundesregierung, Ministerium für Soziales, Gesundheit et alii mit Rudolf Anschober, Grüne, an der Spitze. Inhalt: eine Packung weisser Masken und ein Text auf einem Blatt Papier mit dem unpersönlichen Anschreiben „Sehr geehrte Damen und Herren!“. Inhalt des Schreibens: die üblichen, aktuell auf allen Kanälen verbreiteten Halbwahrheiten, Erfindungen, Spekulationen und Irreführungen die Volksgesundheit betreffend in Kurzform, versehen mit den Ausrichtungen und Aufforderungen „Bleiben Sie gesund!“ und „Schau auf dich, schau auf mich!“.
Aufmerksame Zeitgenossen haben schon darauf hingewiesen, dass solchen Formulierungen ein drohender Unterton innewohnt, so nach dem Motto: Tu gefälligst das, was dir die Obrigkeit anordnet, sonst wirst du als asoziales Element abgestempelt, ausgesondert und weggesperrt (1). Das Ganze garniert mit dem Foto einer rüstigen Rentnerin, das Gesicht mit der obligaten weißen Maske unkenntlich gemacht. Dieses Päckchen ging an alle Personen in Österreich, die mehr als 65 Jahre alt sind.
Es ist ein perfektes Beispiel, wie man es den Leuten mit gutmenschlichen, ohrwürmerischen Appellen an die eigene Sicherheit und die des anderen schmackhaft macht, die seit Monaten vom gleichen Absender verordneten Einschränkungen der Rechte auf Versammlung, Reisen, soziale Kontakte, Meinungsäußerung et cetera zu akzeptieren, ja sogar gut zu heißen. Ein gelungener propagandistischer Akt der Berater des Gesundheitsministers Anschober.
Scheibchenweise Abschaffung der Privatsphäre und demokratischer Prozeduren
Die Einschränkungen erfolgen bewusst nicht schlagartig per Staatsstreich, einem Coup d'Etat wie der Franzose sagt, sondern schleichend über längere Zeiträume, in langsamen und komplexen, wenn das Wort hier erlaubt ist, Schritten und Winkelzügen nach dem Motto, zwei vor einer zurück. Warum? Denn wie die gut ausgebildeten psychologischen Ratgeber der Regierungen wissen, schafft man durch die damit verbundene kognitive Unsicherheit über den Stand der aktuellen Sperren und Verbote Verwirrung, Gewöhnung und vorauseilenden Gehorsam. Es laufen schon jetzt viele mit Masken im Freien herum — vor Kurzem sah ich sogar Jogger damit im Wald …
Das Ziel dieses Prozesses wird damit perfekt verschleiert. Es geht um die Ausweitung der staatlichen Gewalt über das Individuum, um die De-facto-Abschaffung der Privatsphäre und von demokratischen Prozeduren. Die Gewalt über Leib und Leben kommt ja ausschließlich nur dafür ausgewiesenen, besonderen Einrichtungen des Gemeinwesens zu. Dieses Monopol des Staates wurde in den Ländern der europäischen Zivilisation in langen historischen Kämpfen etabliert und durch Setzung der Grund- und Freiheitsrechte des Einzelnen eingehegt und der Kontrolle unterworfen. Sie sind unmittelbare, persönliche Schutzrechte, die die Organe des Gewaltmonopols immer und überall zu respektieren haben, und worüber vom Monopol unabhängige Personen, Richter, zu wachen haben.
Aktuell stützen sich die Regierenden in ihren antidemokratischen Bestrebungen auf ein perfektes Narrativ, das von einer willfährigen Gruppe von Scharlatanen und nützlichen Idioten auf allen Kanälen verbreitet wird. Diese Lieferanten des Narrativs, die Virologen, sind Halbgebildete, die durch weitgehend unbestrittene Inanspruchnahme von Wissenschaftlichkeit ihrem Tun hohe Reputation verleihen.
Eine Gruppe von Medizinern und Biologen, die in der Abgeschiedenheit ihres Fachs anderswo etablierte Termini und Verfahren weitab wissenschaftlicher Standards gebrauchen. In der Regel verstehen und beherrschen sie die angewandten Methoden nicht und ihr Handeln ist nicht vom Interesse an Wahrheit getrieben. Diese Kaffeesudleser bildeten jahrzehntelang eine Ingroup am Rande des Medizinbetriebs, am Leben erhalten und finanziert von Pharmakonzernen, die deren wirre, vieldeutige und meist auch Schaden anrichtende „Ergebnisse“ mit dem Stempel „wissenschaftlich“ verkaufen. Sie haben nun ihre große Stunde, auf die seit Langem hingearbeitet wurde.
Der totalitäre Charakter des Narrativs „Infektion“
Die Wirrologen liefern auch gleich die Verkaufspropaganda zu ihrer Arbeit, einen Stoff, der es in sich hat, die Erzählung von der hochbedrohlichen Infektionskrankheit COVID-19. Die an die Wand gemalte Gefahr ist den Sinnen nicht zugänglich, weitgehend unbestimmt, meist sehr gefährlich, omnipräsent und, das ist sehr wichtig, springt auf den Nächsten über. Diese Denkfigur ist perfekt geeignet für die Verbreitung von Halbwahrheiten, Spekulationen, falschen Behauptungen und Begrifflichkeiten sowie das tägliche Auftischen neuer Bedrohungen — wie „noch gefährlichere Mutationen“, „ausländische“ Herkunft der Gefahr et cetera. Stündlich prasseln aus allen Kanälen die Meldungen von der Front auf uns nieder, wie im letzten großen Krieg aus dem Volksempfänger und dem Völkischen Beobachter.
Das Virus kann jeden treffen und jeder ist aktiv in die Pflicht genommen, dagegen etwas zu unternehmen, in concreto den ständig sich ändernden Anordnungen, Geboten und Verboten der Regierung Folge zu leisten: moralisch per Propaganda in den Medien, rechtlich durch angedrohte Sanktionen. Jede Person ist Objekt und Subjekt in diesem Narrativ totalitären Charakters. Gehorsam ist gefragt und wird erwartet.
Das dem Narrativ zentrale Infektionskonzept hat eine enorme politische Bedeutung. Danach sind soziale Kontakte die Ursache, daß die Leute krank werden: „X hat Y angesteckt“. Weil wir das nicht wollen, leuchten Otto Normalverbraucher der Sinn und Notwendigkeit von Ausgangssperren und Kontaktsperren, Schließung von Orten des sozialen Miteinanders wie Gasthäuser, Theater, Sportstadien, Kirchen, Konzertsäle, Kinos, Tanzkurse, Schulen, Kindergärten, Fitnesszentren, Friseure et cetera unmittelbar ein.
So wird das Infektionskonzept auch bemüht, um die Versammlungsfreiheit direkt zu beschneiden, genauer die Versammlungsfreiheit von nicht bereits als Partei, Verein et cetera konstituierten Gruppen, und um das Reisen zu unterbinden — und so weiter, und so fort: ohne Ende, denn man kann nie genug gegen die Infektion machen ...
Auf einer Ebene darüber dient das Narrativ dazu, die Zensur wieder einzuführen, um die „Verbreitung schädlicher Aussagen“ über das Narrativ zu unterbinden und „das Volk vor falschen Aussagen zu schützen“.
All diese Verbote und Kontrollmaßnahmen sind typisch für autoritäre, diktatorisch regierte Gesellschaften wie das Dritte Reich in der Vergangenheit oder die Volksrepublik China in der Gegenwart. Denn uneingeschränkte soziale Kontakte besitzen ein herrschaftskritisches Potenzial.
Leute können sich außerhalb der von den Herrschenden kontrollierten Institutionen und Foren politisch austauschen, diskutieren, absprechen und organisieren. Im Dritten Reich wurden diese Verbote mit dem Wohl und Gedeihen des Volkes legitimiert, heute mit der Sorge um unser aller Gesundheit und dabei kommt dem Corona-Narrativ die Schlüsselrolle zu. Rechtspolitisch wird so der Gesundheit ein höherer Stellenwert eingeräumt als den Grund- und Freiheitsrechten, was ganz klar gegen die aktuelle Verfassung ist. Das Narrativ „Infektion“ ist somit ein perfektes, antidemokratisches Herrschaftsmittel.
Die Massenmedien als Wegbereiter für den autoritären Staat
Der aktuelle Prozess in Richtung autoritärer Staat wird von den Journalisten von Falter über ORF bis Kronenzeitung und von denjenigen der Massenmedien in den anderen Ländern Europas ignoriert oder, wenn gesehen, nicht thematisiert. Im Gegenteil: Man befördert diesen, indem ausführlichst affirmativ über Details und über Expertenstreit innerhalb des angesagten Narrativs geschrieben wird. Wer darf wann öffnen, wo mit wie viel Meter Abstand, welchen Masken, wie vielen Personen pro Flächeneinheit; wie lange gilt ein Test; wann geht’s wieder zum Test; wovor schützen die Impfstoffe; welche Wirkung hat welche Substanz et cetera — Stoff genug, um die Seiten zu füllen. Zwischendrin Inserate der Regierung zum Thema als finanzielle Abgeltung für die geleistete Propaganda im redaktionellen Teil.
Experten für die Grund- und Freiheitsrechte, Verfassungsjuristen, meist Professoren — das Wort kommt vom Lateinischen profiteri in der Bedeutung „frei heraussagen“, als solche ausgestattet mit dem Privileg, beruflich dem Recht auf Freiheit von Forschung und Lehre nachgehen zu können — schweigen in ihrer erdrückenden Mehrzahl oder kommen nicht zu Wort.
Stattdessen wird auf den vorderen Seiten von „seriösen“ Zeitungen zwischen „Eine Impfung gegen die Verschwörung“ und „Vom Corona-Hotspot zum Musterschüler“ unter dem Titel „Nicht reif für die Krise“ vorgeschlagen, ein Notstandsgesetz zu verabschieden — ein Instrument, das im föderalen Österreich der „Bundesregierung im Fall der Krise mehr Durchgriffsrechte“ geben soll. Andere „westliche Länder“ haben dies „längst in ihrer Verfassung“ (2).
Josef Pleschiutschnig, Jahrgang 1955, ist Österreicher und wurde in Klagenfurt geboren. Im Oktober 1973 begann er sein Studium der Physik, Mathematik und Philosophie an der Unversität Graz. Während des Studiums war er Mandatar der Hochschülerschaft und im Verband Sozialistischer Studenten aktiv. 1984 promovierte er zum Dr. phil. mit einer Dissertation in Experimenteller Physik. Ab September 1985 begann er eine Laufbahn als Wissenschaftler und Lehrer an Universitäten, öffentlichen Forschungseinrichtungen und in der Industrie. Dabei machte er auch längere Aufenthalte in Frankreich, Deutschland und Indien. 2013 trat die ungewollte Beendigung der Erwerbsarbeit als Physiker ein, und er kehrte nach Österreich zurück. Im beruflichen Ruhestand wendete er sich wieder politischen Aktivitäten für eine saubere Luft, Frieden und Abrüstung zu.
Quellen und Anmerkungen:
(1) Vergleiche: Matthias Burchardt, „Bleiben Sie gesund!“ oder „Unterstehen Sie sich, krank zu werden!“, 4. Januar 2021.
(2) Kleine Zeitung, Graz, Sonntag, 24. Januar 2021.
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