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Propaganda statt Journalismus

Propaganda statt Journalismus

In einer Twitter-Debatte zu den Maidanmorden offenbaren ARD-Korrespondenten ihre ideologische Motivation.

Wer sich schon mal gefragt hat, warum die ARD nicht über die Maidanmorde berichtet (1), konnte nun bei Twitter ungewollte Antworten darauf lesen. Die ARD-Moskau-Korrespondenten Udo Lielischkies und Golineh Atai sowie die freie Journalistin Silvia Stöber, die für den Faktenfinder der Tagesschau schreibt, lieferten sich dort eine entlarvende Debatte mit Rubikon-Autor Paul Schreyer und dem ukrainisch-kanadischen Politikwissenschaftler Ivan Katchanovski, der das Maidan-Massaker in einer materialreichen Studie untersucht hat.

Vorsicht: Wer noch an ein journalistisches Berufsethos und Aufklärungsinteresse dieser ARD-Leute geglaubt hat, wird erschrecken, wie dogmatisch, realitätsfern und uneinsichtig die Reporter ihre Sicht vertreten. Bitte lesen Sie zuerst selbst:

Vorwissen: Fragwürdige Ermittlungen

Es gibt sehr viel zu hinterfragen an den Ermittlungen der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft (GPU). Diese weigert sich seit vier Jahren offiziell anzuerkennen, dass während des Massakers am 20. Februar 2014 in Kiew auch aus Gebäuden geschossen wurde, die unter Kontrolle des Maidan standen. Und das obwohl überwältigende Beweise dafür existieren. Es gibt Geständnisse, Filmaufnahmen, Zeugenaussagen, ballistisch-forensische Untersuchungen und vieles mehr.

So hat etwa der Maidankämpfer Ivan Bubentschik mehrmals öffentlich eingeräumt, an diesem 20. Februar zwei Polizisten mit einer Kalaschnikow erschossen zu haben. Mittlerweile fünf georgische Staatsbürger haben ausgesagt, dass sie und noch weitere Schützenteams mit Waffen ausgerüstet und angestiftet wurden, um an diesem Tag auf Polizisten und Demonstranten zu feuern.

Ein ZDF-Kamerateam filmte, wie Maidankämpfer aus dem ZDF-Hotelzimmer in Richtung der Todeszone feuerten. Das Team der BBC filmte, wie es aus dem Hotel Ukraina beschossen wurde. Der britische Sender interviewte auch Augenzeugen und einen weiteren allerdings anonymen Schützen.

Dutzende Augenzeugen haben bereits vor Gericht und/oder in anderer Form öffentlich ausgesagt, vom Hotel Ukraina oder von weiteren Maidangebäuden aus beschossen worden zu sein oder dort Schützen gesehen zu haben. Viele dieser Zeugen sind selbst Maidankämpfer, die von den Schützen verwundet wurden. Die Schusswunden der meisten Todesopfer deuten auf erhöhte Schützenpositionen seitlich oder hinter ihnen – während die angeklagten Polizisten vor den Maidankämpfern an einer Barrikade postiert waren.

Das sind nur einige der Fakten zu dem Massaker, die in Ivan Katchanovskis Studie und in anderen Quellen aufgelistet sind und nachgeprüft werden können. Dass es Schützen im Hotel Ukraina gab, ist eine Tatsache, die eindeutig belegt wurde. Wer jetzt meint, dies wäre ein berichtenswerter Umstand für die ARD – denn dieser Fakt könnte immerhin die in der Ukraine und im Westen vorherrschende Theorie von Janukowitsch und seiner mordlüsternen Spezialtruppe als Todesschützen umwerfen – der hat die Rechnung ohne Golineh Atai gemacht.

Schützen im Hotel? Eine „Obsession“ aus Moskau!

„This „sniper from Hotel Ukraina“ thing is a Moscow idée fixe and obsession“ – zu Deutsch: „Diese ‚Scharfschützen im Hotel Ukraina‘-Sache ist eine fixe Idee und Zwangsvorstellung aus Moskau“, schrieb Atai nun bei Twitter. Diese öffentlich vorgetragene Realitätsverweigerung der preisgekrönten Korrespondentin macht erstmal sprachlos. Jeder, der sich mit dem Fall näher befasst hat, weiß, es wäre kaum absurder, sich um 20 Uhr ins Tagesschau-Studio zu stellen und affirmativ in die Kamera zu rufen: „Die Erde ist eine Scheibe, basta!“

Man muss sich das einmal klarmachen: Es geht hier nicht darum, wer diese Schützen waren, wer sie beauftragt hat oder auf wen sie schossen. Atai weigert sich bereits anzuerkennen, dass es überhaupt Schützen im Hotel gab. Dabei ist es nicht entscheidend, ob die Schützen Auftragskiller mit professionellen Scharfschützengewehren oder Barrikadenkämpfer mit Kalaschnikows und Jagdgewehren waren.

Ohne sich große Mühe zu machen, bügelt Atai im folgenden Tweet Ivan Katchanovski und seine Studie ab. Er sei nur ein Professor in Anführungsstrichen und auch noch einer aus Kanada. Diese Hochnäsigkeit ist sachlich nicht nachvollziehbar. Zum journalistischen Berufsethos, das Unparteilichkeit und Aufklärungsanspruch mit einschließt, passt diese grundlos ablehnende Haltung ebenfalls nicht. Normalerweise wäre es ihre Pflicht, sich mit der Studie auseinanderzusetzen.

Golineh Atais Adleraugen

Daraufhin schaltete sich Ivan Katchanovski in die Debatte ein, und kommentierte, diese Zurückweisung einer wissenschaftlichen Arbeit sei bemerkenswert. Zudem fragt er Atai, ob sie seine Studie überhaupt gelesen und deren Videoanhänge angeschaut habe. Eine Antwort erhielt er darauf nicht.

Weiter schreibt Atai: Statt Katchanovskis Erkenntnisse zu beachten , sei sie selbst nach Kiew gefahren und habe dort mit dem GPU-Sonderermittler Gorbatiuk gesprochen und tagelang in der Gerichtsverhandlung verbracht – es ist unbekannt, in welcher Dokumentation sie diese Recherchen verarbeitet hat. Und sie erläutert ihre Überzeugung weiter: „Ich glaube, meine eigenen Augen belügen mich nicht. Ich war direkte Zeugin.“

Was sie konkret gesehen hat, wo sie während des Massakers überhaupt war, schreibt sie nicht. Doch das ist auch gar nicht entscheidend. Selbst wenn Atai todesmutig das ganze Blutbad stundenlang am offenen Fenster aufmerksam verfolgt haben sollte – sie konnte nicht gleichzeitig sehen, was in allen Zimmern des Hotels vonstattenging. Erst recht konnte sie von ihrer Zeugenposition nicht alle entsprechenden Dächer und Fenster im Kiewer Stadtzentrum beobachten. Schon gar nicht konnten ihre Augen abgefeuerte Kugeln in der Luft verfolgen und die Schussbahn berechnen. Und wer die Schützen beauftragt hat, kann man vom Hotelfenster aus am allerwenigsten beurteilen.

ZDF-Korrespondentin Britta Hilpert, sagte mir in einem Telefoninterview, dass sie während der Schießerei die Vorhänge im Hotelzimmer zugezogen hatte, aus Angst selbst erschossen zu werden. Ein nachvollziehbares Verhalten. Nur ab und zu habe sie einen kurzen Blick hinausgewagt und die Maidankämpfer hinter Bäumen kauernd gesehen. Hilpert gab zu, dass man mit diesem Wissen nicht beurteilen kann, wer unten auf der Straße von wem erschossen wurde. Golineh Atai meint offenbar, alles Relevante gesehen zu haben. Deshalb haben vier Jahre akribischer Materialsammlung von Katchanovski in Atais Adleraugen keinen Wert.

Atai soll nicht urteilen, sondern berichten

Doch was soll das eigentlich? Ihre journalistische Aufgabe ist es nicht, sich als große Bescheidwisserin aufzuspielen, sondern dem deutschen Fernsehpublikum, über alle relevanten Entwicklungen für die Aufklärung des Maidan-Massakers zu berichten und diese kritisch zu analysieren.

  • Dazu hätte beispielsweise schon am Tag des Massakers selbst gehört, über die Schützen im ZDF-Zimmer zu berichten. Das tat Atai aber genauso wenig wie ihre Kollegen von ARD und ZDF und das obwohl sie damals in unzähligen Live-Schalten die Möglichkeit hatte. Klar ist, solche Informationen hätten das Narrativ von den mordenden Polizisten vom ersten Tag an stark in Frage gestellt (2).
  • Dazu gehört auch über Katchanovskis Studie zu berichten, die Atai aus ungenannten Gründen ablehnt. So verbohrt ist man nicht mal in der Ukraine, wo der Universitätslehrer aus Ottawa in TV-Nachrichten und in Diskussionssendungen befragt wird.
  • Dazu gehören aber auch Berichte und kritische Recherchen zu den Aussagen der fünf Georgier die behaupten, von hochrangigen ukrainischen und georgischen Maidanaktivisten zum Massenmord angestiftet und ausgerüstet worden zu sein.

Während freie Journalisten bei Alternativmedien nur von den Ressourcen träumen können, die ARD- und ZDF-Journalisten potenziell für Recherchen zu dem Massaker zur Verfügung stehen, bleiben Atai und ihre Kollegen untätig. Weil? Ja, weil jede weitere Beschäftigung damit die „Obsession Moskaus“ bedienen könnte.


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„Moskau“ hat seine Leute eben überall

Doch was heißt hier eigentlich Moskau? Keiner der genannten Akteure ist Russe. Ivan Katchanovski ist Kanadier und Ukrainer (und zwar Westukrainer) und arbeitet seit Jahrzehnten an nordamerikanischen Universitäten. Der geständige Maidansoldat Ivan Bubentschik ist Ukrainer und kämpft in einem nationalistischen Bataillon im Donbass. Die anderen vermeintlich Geständigen sind Georgier. Zuerst über diese Georgier berichtet haben italienische und mazedonische, zuletzt israelische Journalisten. Wie nennt man es, wenn jemand in allem und jedem den Feind sieht?

Auch die ukrainische Nationalistin und Ex-Soldatin Nadja Savchenko, die zwei Jahre in einem russischen Gefängnis saß, steht nicht im Verdacht, Moskau zuzuarbeiten. In einem Interview mit der taz bezeichnete sie Putin gerade erst als Feind des ukrainischen Volkes und forderte harte Ultimaten gegen Moskau.

Doch selbst diese Putin-Feindin und Maidananhängerin hatte kürzlich ausgesagt, dass es mit Sergej Pashinsky ein Maidan-Mann war, der die Schützen ins Hotel Ukraina führte. Golineh Atai ficht das nicht an. Der freie Journalist und Buchautor Paul Schreyer („Wir sind die Guten“) hatte sie bei Twitter gefragt, wann die ARD denn endlich über die Aussage der Ex-Soldatin Nadja Savchenko berichten wolle.

Doch Atai ist genauso wenig bereit, diesen wie all die anderen Hinweise anzuerkennen, geschweige denn dazu selbst zu recherchieren. Savchenko sei „notorisch unzuverlässig“, schrieb die Reporterin bei Twitter. Damit war sie fertig. Einen Bericht wird es also nicht geben. Als Savchenko aus dem russischen Gefängnis zurückkehrte, hörte sich Atais Beurteilung auch noch etwas anders an: Statt als Soldatin oder Nationalistin bezeichnete sie Savchenko damals unkritisch als „Heldin und Widerstandskämpferin für viele Ukrainer“.

Medienkrieg mit „Moskau“

Nach diesen Tweets ist klar, was viele Kritiker auch vorher schon vermuteten: Atai ist eine Überzeugungstäterin. Sie ist davon überzeugt, dass „Moskau“ (Putin und der Kreml) ihr Gegner ist. Ihre Beurteilung der Realität hängt deshalb davon ab, wie „Moskau“ zu der Sache steht. Atai sieht sich anscheinend in einer Art medialem Krieg gegen „Moskau“. Das wird auch an ihrem Videostatement zur Russland-Wahl deutlich (3).

Mit dieser Haltung würde sie sicherlich gut zum Springer-Verlag passen aber nicht zu einem öffentlich-rechtlichen Sender, in dessen Rundfunkstaatsvertrag von internationaler Verständigung sowie von Objektivität und Unparteilichkeit (§11) die Rede ist. Atais Tweets sind nicht nur ein journalistisches Armutszeugnis, sondern auch Ausdruck transatlantischer Verblendung, die in „Moskau“ nichts anderes sehen will als den Feind. Nimmt man den Rundfunkstaatsvertrag ernst, ist Golineh Atai fehl am Platz.

Es braucht auf diesem Posten Menschen, die an der Wahrheit interessiert sind und Dinge nicht allein deshalb ablehnen, weil sie „Moskau“ nützen könnten. Doch mit dieser Haltung ist Atai nicht allein.

Faktenfinder kommt selektiv zum Einsatz

Immerhin ganz unerwähnt blieb der Fall der vermeintlichen georgischen Geständigen bei der ARD nicht. Im Webangebot der Tagesschau wurde er zwei Wochen nach Bekanntwerden kritisch von der Faktenfinder-Autorin Silvia Stöber aufgegriffen. Völlig zu Recht klopfte sie die Aussagen der Männer in der italienischen Reportage auf Schwachpunkte ab; beziehungsweise sammelte die kritischen Analysen anderer Medien (4). Doch mehr geschah nicht.

Weder berichtete die ARD grundsätzlich über die Existenz der Aussagen und weitere Entwicklungen noch gingen Stöber und Kollegen dem Fall mit eigenen Recherchen nach. Beides wäre aus journalistischer Sicht durchaus angebracht gewesen, denn es handelte sich um relevante, aktuelle Entwicklungen in einem weltpolitisch wichtigen Fall (5) – auch wenn dieser von den ARD-Leuten seit Jahren durch Nichtbeachtung heruntergespielt wird. Statt ihre offenbar guten Kontakte nach Georgien zu nutzen, um Näheres zu dem Fall in Erfahrung zu bringen, richtete Stöber ihre kritischen Fragen bei Twitter an Paul Schreyer.

In ihrem Faktenfinder-Artikel kritisierte sie, das Fehlen jeglicher Belege für die Aussagen der Georgier. Als die Männer in späteren Reportagen ihre Flugtickets von Tiflis nach Kiew vorlegten, folgte jedoch kein Bericht von Stöber. Auch deren Angaben über ihre Armeezugehörigkeit sind überprüfbare Belege.

Bei Twitter forderte Stöber nun, dass der russische Sender „Sputnik“ in der Pflicht sei, die Echtheit der Tickets zu belegen. Ja, das könnte Sputnik tun. Doch dies ist ein russischer Staatssender. Warum sollte er an einer Geschichte rütteln, die „Moskau“ so gut passt? Nein, genau das ist die Aufgabe seriöser unabhängiger Medien. Ich habe das im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten als freier Journalist in Deutschland versucht. Georgian Airways ignorierte meine Anfragen genau wie ukrainische und georgische Behörden. Silvia Stöber hingegen hätte mit der ARD im Rücken große Ressourcen zur Verfügung, doch bei Twitter windet sie sich so gut es geht darum, ihrer Arbeit nachzukommen.

Eigene Arbeitsverweigerung schönreden

Zuletzt bringt sie das Kostenargument: „Halten Sie es für richtig, Gebührengelder für die aufwendige Überprüfung jeder fragwürdigen Behauptung von Sputnik und angeschlossener Medien auszugeben?“

Ja, Frau Stöber, ich persönlich fände es absolut begrüßenswert, wenn ARD, ZDF und Co. mehr Geld für solche Recherchen ausgeben würden, als für teure Sportübertragungsrechte (die auch private Sender gern übernehmen würden) oder für Sensationshonorare von Nachrichtensprechern und Talkshowmoderatoren. Aber warum verteidigen sie eigentlich die merkwürdige Ausgabenpolitik dieser Sender, unter der Sie doch auch leiden müssten?

Davon ganz abgesehen: Richtig wäre es, im Fall der Georgier nach journalistischen Kriterien zu handeln. Also nicht zu schauen, ob eine Behauptung aus Silvia Stöbers Sicht „fragwürdig“ ist (=könnte Moskau nutzen), sondern ob die Behauptung objektiv wichtig für den Fall ist. Könnte man Sputnik widerlegen, wäre das doch ein gefundenes Fressen für die ARD.

„Konspirative Stöckchen“

Mit Udo Lielischkies beteiligte sich ein weiterer ARD-Moskau-Korrespondent an der Debatte. Dieser erklärte die Weigerung der ARD über die Georgier zu berichten damit, dass man nicht „über jedes konspirative Stöckchen“ springen wolle.

Merkwürdig, in anderen Fällen, von der Vergiftung Skripals über russische Verbrechen in Syrien bis hin zu den vermeintlich russischen Hackern berichtet die ARD immer wieder sofort über Vorwürfe gegen Russland. Auch wenn diese völlig unbelegt sind. Was Moskau schadet, wird gern vermeldet – ganz ohne Faktenfinder.

Übrigens in solchen Fällen kommt Lielischkies dann auch gern selbst nach Deutschland und diskutiert in der TV-Talkshow von Sandra Maischberger. Es muss eben nur das richtige „konspirative Stöckchen“ sein, über das man dann sehr gern immer und immer wieder springt.

Bitte, liebe ARD-Osteuropajournalisten, hört auf bei Twitter und in Talkshows herum zu spekulieren und macht einfach Eure Arbeit als Berichterstatter!

Nutzt Eure Ressourcen, recherchiert zu wichtigen Entwicklungen unabhängig davon, wem es nützt. Das Publikum wird Euch dankbar sein, und übrigens bezahlt es Euch genau dafür.


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Quellen und Anmerkungen:

(1) Zuletzt hatte das ARD-Magazin Monitor im Mai 2014 kritisch über den Fortgang der Ermittlungen zum Maidan-Massaker berichtet. https://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-todesschuesse-in-kiew-wer-ist-fuer-das-blutbad-vom-maidan-verantwortlich-100.html
(2) Das ZDF berichtete https://www.facebook.com/ivan.katchanovski/videos/vb.100000596862745/989716864391533 tatsächlich ein einziges Mal und zwar zwei Wochen nach dem Blutbad in einem vorabendlichen ZDF-Spezial zur Krim auch nebenbei über die Schützen im Hotelzimmer am Maidan. Folgen für die Berichterstattung oder gar ein Interesse an eigenen Recherchen zu diesem Vorfall löste dies bei den öffentlich-rechtlichen Sendern aber nicht aus. Selbst die kritische Monitor-Recherche bezog sich in ihrem Beitrag auf Bilder von RT, dass die Szenerie im ZDF-Zimmer ebenfalls gefilmt hatte. Dabei wäre doch eine Nachfrage bei den ZDF-Kollegen, die das alles und wahrscheinlich noch einiges mehr ebenfalls auf Band hatten, sehr leicht gewesen.
(3) In diesem Statement https://twitter.com/mittagsmagazin/status/974585859004649472 fasst Atai unter anderem die Bilanz Putins als russischer Präsident seit 2000 zusammen. Sie ist dabei nicht willens, auch nur eine einzige minimal positive Aussage zu machen. Selbst viele von Putins Gegnern erkennen an, dass er das Land, das unter Jelzin in den 1990er Jahren unter Hyperinflation, Staatszerfall, Massenarbeitslosigkeit und Mafiakriegen litt, seitdem stabilisiert hat. Atai erkennt das nicht an. Das spricht nicht für einen sachlichen Blick. Zudem spricht sie in dem Spot über die verhinderten Herausforderer Putins bei der Wahl. „Es gibt keine Herausforderer. Die sind tot oder im Ausland oder verboten.“ Eingeblendet werden dazu: Boris Beresowski (Oligarch, tot seit 2013), Boris Nemzow (liberaler Politiker, tot seit 2015) und Michail Chodorkowski (Oligarch). Niemand davon war in seiner Karriere jemals ein ernsthafter Anwärter auf das Präsidentenamt. Keiner von denen ist auch nur jemals zu einer Präsidentenwahl angetreten. Während die Oligarchen immer versuchten, hinter den Kulissen die Strippen zu ziehen, zog Nemzow 2008 zurück. „Sie hätten auch nie die Chance gehabt in diesem System zu den wahren Herausforderern eines Feudalherren zu werden“, sagt Atai weiter. Da kann man nur noch ungläubig mit dem Kopf schütteln. Wenn Putin ein Feudalherr ist, wie kann Atai ausgerechnet oligarchische Multimilliardäre, also die Feudalherren der 90er Jahre, als Alternativen der Herzen verkaufen?
(4) Darunter auch einen verschwörungstheoretischen Artikel der Pro-Maidan-Propagandaseite „StopFake“. Stöber wies nicht auf die Parteilichkeit und Unseriosität von „StopFake“ hin.
(5) Das Scharfschützenmassaker war ein weltpolitisch wichtiges Ereignis, denn es war der Wendepunkt auf dem Maidan, der zum Sturz von Präsident Janukowitsch führte. Erst dieses Ereignis ermöglichte Janukowitschs raschen Verlust von Rückhalt unter seinen Anhängern. Die verfassungswidrige Absetzung des Präsidenten nur zwei Tage später sowie die Machtübernahme der pro-westlichen Maidanpolitker führten zum russischen Militäreinsatz auf der Krim und zu den Protestbewegungen in der Ostukraine gegen die Kiew mit militärischer Gewalt vorging. Massaker und Staatsstreich sind negative Meilensteine im heutigen Konflikt zwischen Russland und dem Westen.


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