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Pause vom Krieg

Pause vom Krieg

Die Menschen in Ost-Ghuta können endlich aufatmen.

Auferstanden aus Ruinen
von Vanessa Beeley

Die Wahrheit offenbart sich stets selbst. Das haben wir in Homs, Aleppo, Deir Ezzor, Raqqa und Madaya gesehen – in allen Gebieten Syriens, wo Zivilisten aus der Gewalt der Erfüllungsgehilfen der USA, den terroristischen Gruppierungen, befreit wurden. Nun ist es an Ost-Ghuta, die westliche Konzernmedien-Kampagne als die sensationslüsterne Propaganda zu entlarven, die sie in den vergangenen sieben Jahren war – in einem sinnlosen Konflikt, der dem souveränen syrischen Staat und seinem Volk von außen aufgezwungen wurde.

Die UN hat gestern in Damaskus eine Pressekonferenz abgehalten. Wir kamen zu spät, trotzdem aber noch früh genug, um von den 75.000 Zivilisten zu hören, die aus Ost-Ghuta geflohen sind. Diese traumatisierten Menschen entfliehen der terroristischen Belagerung ihrer Städte und Dörfer über humanitäre „Korridore“, die von Syrien und Russland ausgehandelt und eingerichtet wurden, und finden Zuflucht in den regierungsgeführten syrischen Auffanglagern.

Einem UN-Vertreter zufolge wurden 25.000 dieser Zivilisten von der syrischen Regierung mit ihren Familien zusammengeführt. Die übrigen 50.000 befinden sich in den Lagern für Binnenflüchtlinge, wo sich syrische zivilgesellschaftliche Organisationen um sie kümmern.

Diese Zahlen der UN sind niedriger angesetzt als die der syrischen Regierung und der russischen Unterhändler, was aber für die UN in diesem Bereich nicht ungewöhnlich ist. Die Syrian Arab News Agency (die staatliche syrische Nachrichtenagentur, Anmerkung der Übersetzerin) hat kürzlich Zahlen veröffentlicht, die eher bei 135.000 lagen. So kann man die von der UN veröffentlichten Zahlen bestenfalls als fehlerhaft und schlimmstenfalls als bewusste Irreführung von Seiten der westlichen Medien ansehen.

Assaf Abood von BBC Arabic sagte mir, dass die UN nicht genug unternimmt, um in diesen Flüchtlingslagern unterstützend tätig zu sein; er sprach dies auch während der Pressekonferenz an. Er erzählte mir auch, dass sich in Duma, das sich in der Gewalt des Dschaisch al-Islam befindet, noch geschätzte 130.000 Zivilisten aufhalten.

Die Verhandlungen zwischen Russland, Syrien und dem Dschaisch al-Islam (eine von Saudi-Arabien finanzierte terroristische Splittergruppe) gehen weiter – wohin die Evakuierten gebracht werden sollen ist ebenso Inhalt der Verhandlungen wie die Kapitulationsbedingungen und die endgültige Freilassung der Zivilisten, die sich noch in der Gewalt des Dschaisch al-Islam befinden.

Es ist hier wichtig anzumerken, dass der Dschaisch al-Islam dafür bekannt ist, die brutalste und extremistischste der terroristischen Gruppierungen in Ost-Ghuta zu sein. Das berüchtigte „Buß-Gefängnis“ befindet sich hier:

„Diese Terroristen nehmen Zivilisten als Geiseln, sie haben ein Gefängnis in Duma (Ost-Ghutas wichtigste Stadt), das ‚Gefängnis des Toubah‘ heißt, wissen Sie, was Toubah auf arabisch bedeutet? Es bedeutet ‚Buße‘, und keiner verlässt dieses Gefängnis, ohne Buße zu tun. Sie haben Tausende Unschuldiger dort gefangen genommen. Und manchmal nehmen sie Frauen und Kinder, stecken sie in Käfige und fahren sie in den Straßen herum“. (Syria News)

Das Wafedin-Lager

Gestern besuchte ich das Wafedin-Lager. Dieses befindet sich am Ende des humanitären „Korridors“, der es Zivilisten ermöglichte, unter dem Schutz der Syrisch-Arabischen Armee das besetzte Ost-Ghuta zu verlassen. Diese Korridore sind regelmäßig bombardiert und Zivilisten von Scharfschützen unter Beschuss genommen worden – alles Versuche der Terrorgruppen, die Menschen an der Flucht zu hindern.

Der Verlust menschlicher Schutzschilde und Propaganda-Möglichkeiten ist ein harter Schlag gegen diese von NATO-Ländern sanktionierten Terrorgruppen. Und dann ist da auch noch die Angst davor, was diese Zivilsten erzählen könnten, sobald sie in Sicherheit sind und sich frei äußern können, ohne Furcht vor Inhaftierung oder Schlimmerem. Das haben wir schon in Ost-Aleppo so erlebt.

Syrische Medien waren anwesend, als die Zivilisten ankamen. Soweit ich es mitbekommen habe, waren keine westlichen Medien da.

Syrische Medien waren anwesend, als die Zivilisten ankamen. Soweit ich es mitbekommen habe, waren keine westlichen Medien da.

Seltsamerweise scheinen sich westliche Medien wieder in Schweigen zu hüllen, wenn Zivilisten aus den Gebieten strömen, die eben diese Medien in den letzten sieben Jahren als „von demokratischen Rebellen gehaltene Gebiete“ bezeichneten.

Ich wurde von dem General der Syrisch-Arabischen Armee empfangen, der der Evakuierung in Wafedin vorstand. Höflich, heiter und effizient führte er uns – mich und meinen Übersetzer – zum Ende des Korridors, wo die Zivilisten das Lager für Binnenvertriebene betraten. Soldaten der Syrisch-Arabischen Armee standen für den Fall bereit, dass die Terrorgruppen das Feuer auf Zivilisten eröffneten. Wie immer in diesen Situationen gab es keine Anspannung, nur besonnene Effizienz und Betreuung der Zivilisten. Die Soldaten waren wachsam, gefasst, aber sich auch der Bedürfnisse der traumatisierten und erschöpften Zivilisten bewusst, die benommen ihrer Sicherheit entgegenliefen.

Das folgende Video wurde aufgenommen, als Zivilisten über die „Ziellinie“ liefen.

Die erste Frau, mit der wir sprachen, war sichtbar erschöpft: „Mein Herz rast!“, sagte sie uns. Ihre Augen waren überraschend blau und sie schien weitergehen zu wollen, aber sie sagte uns noch, dass es ihr nun, da sie endlich angekommen sei, „gut“ gehe. Ein kleiner Junge erzählte uns, dass es hier so viel besser als in Ghuta sei. Zwei junge Frauen beschrieben die Lage in Ghuta als tragisch, hofften aber, dass es dort schnell zu einer Lösung käme, damit sie zurückkehren könnten.

Viele der männlichen Zivilisten waren verletzt und gingen an Krücken oder hatten Mühe zu laufen. Oft sahen wir, wie Mitarbeiter des Syrisch-Arabischen Roten Halbmondes (Arabisches Äquivalent zum Roten Kreuz, Anmerkung der Übersetzerin) oder des ECHTEN Syrischen Zivilschutzes (im Gegensatz zu den Weißhelmen, Anmerkung der Übersetzerin) diejenigen trugen, die die letzten Meter in die Freiheit nicht mehr selbst laufen konnten.

Wir sprachen mit einem Mitarbeiter des ECHTEN Syrischen Zivilschutzes. Mit der gewohnten Bescheidenheit erzählte er uns, dass der SARC (Syrian Arab Red Crescent, der Syrisch-Arabische Rote Halbmond) innerhalb Ost-Ghutas die Evakuierung begleitet. Die Aufgabe des ECHTEN Syrischen Zivilschutzes ist es, die Zivilisten bei ihrer Ankunft medizinisch zu versorgen oder sie in ein Krankenhaus zur intensiveren medizinischen Betreuung zu bringen. Hier das Video dazu:

Die Zivilisten wurden zum Lager für Binnenvertriebene in Wafedin gebracht. Sobald sie auf dem Gelände angekommen waren, setzen sich die meisten auf den Boden, sichtlich erschöpft und froh, sich nun endlich ausruhen zu können. Kinder schienen in sich gekehrt und bei vielen waren deutliche Anzeichen von Mangelernährung und Stress zu erkennen.

Bei vielen Kindern waren Anzeichen von Mangelernährung und Stress zu erkennen.

Taschen und persönliche Gegenstände wurden von der Syrisch-Arabischen Armee kontrolliert, bevor die Zivilsten sich registrieren lassen konnten. Viele werden wieder mit ihren Familien in Damaskus zusammengeführt werden. Als wir ein paar Menschen interviewten, beschrieben alle die Situation in Duma als unerträglich. Wir hörten Berichte über terroristische Splittergruppen, die humanitäre Hilfsmittel und Nahrungsvorräte horteten, um sie dann zu Wucherpreisen an Zivilisten zu verkaufen. Ein Kilo Reis kostete 10, ein Kilo Zucker 36 US-Dollar. Die Unterdrückung Andersdenkender, der Mangel an lebenswichtigen Alltagsgütern … Wasser, Strom. " Ein Mann, der gerade mit seiner Familie aus Duma angekommen war, sagte auf die Frage, wie er sich nun fühle, freudestrahlend: „Ich fühle mich wiedergeboren.“ Wie angemessen – steht doch in Damaskus das Osterwochenende bevor.

Im Originalartikel (siehe unten) sehen Sie Fotos dieser Evakuierung, die das Gefühl der Erleichterung und Befreiung zeigen, Gefühle, die man nicht stellen könnte. Die westlichen Medien glänzten während dieser Evakuierung durch Abwesenheit – vielleicht, weil die erneute Konfrontation mit dem Leid, das sie dem syrischen Volk zugefügt haben, für sie nicht auszuhalten gewesen wäre. Leid, für das sie aber zur Verantwortung gezogen werden sollten.


Vanessa Beeley ist eine britische Investigativjournalistin, deren Schwerpunkte auf dem Frieden, dem Mittleren Osten und hier vor allem auf Syrien liegen.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Photo and Video Diary from Eastern Ghouta, Syria“. Er wurde vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam korrigiert.


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