Seit Juli 2021 gibt das RKI einen wöchentlichen Lagebericht zur Viruserkrankung COVID-19 heraus. In diesem Bericht sind — im Zusammenhang mit den sogenannten Impfdurchbrüchen — erstmals auch Angaben über die Anzahl der symptomatischen COVID-19-Fälle und der verstorbenen symptomatischen COVID-19-Fälle aus den vorangegangenen vier Kalenderwochen zu finden (2). Einbezogen werden dabei alle Personen ab dem 12. Lebensjahr, bei denen typische Krankheitssymptome von COVID-19 aufgetreten sind und auch der Impfstatus bekannt war. Letzteres trifft — nach Aussage des RKI — für 84 Prozent der symptomatischen COVID-19-Fälle zu (3).
Im Lagebericht vom 9. Dezember 2021 finden sich die aktuellen Angaben für die Kalenderwochen 45 bis 48/2021. Dabei wird die Zahl von 340.437 symptomatischen COVID-19-Fällen angegeben (4). Berücksichtigt man, dass dabei nur 84 Prozent aller symptomatischen Fälle erfasst sind, so ist von insgesamt 405.283 symptomatischen COVID-19-Fällen für Personen ab dem 12. Lebensjahr im genannten Zeitraum auszugehen.
In einer weiteren Veröffentlichung des RKI, dem Bericht über „COVID-19-Fälle nach Altersgruppe und Meldewoche“, findet man wiederum Aussagen über die Gesamtzahl aller aufgetretenen Corona-Fälle in den jeweiligen Kalenderwochen. Die Aufschlüsselung der Zahlen nach Altersgruppen erfolgt hier anders als im Lagebericht, was den Vergleich und die Auswertung der Zahlen zwar erschwert, eine fundierte Aussage über die Zusammensetzung der COVID-19-Fälle nach dem Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von krankheitsspezifischen Symptomen aber trotzdem möglich macht.
Die Gesamtzahl der COVID-19-Fälle, gerechnet ab dem 12. Lebensjahr, liegt für die Kalenderwochen 45 bis 48/2021 demnach bei rund 1.170.000 Fällen (5). Aus dem Lagebericht des RKI gehen aber nur 405.283 symptomatische COVID-19-Fälle hervor. Der Vergleich beider Zahlen zeigt, dass die Differenz zwischen ihnen beträchtlich ist. Damit wird deutlich, dass nur bei einer Minderheit der gemeldeten COVID-19-Fälle die für eine Corona-Erkrankung typischen Symptome tatsächlich auch auftraten.
Der Anteil der gemeldeten Corona-Fälle mit Krankheitssymptomen umfasst — mit rund 35 Prozent — nur etwas mehr als ein Drittel aller gemeldeten COVID-19-Fälle. Damit wird klar, dass der überwiegende Teil der erfassten und dann auch veröffentlichten COVID-19-Fälle nicht nachweislich erkrankt war.
Die betreffenden Personen waren allenfalls asymptomatisch infiziert und wurden nur auf Grundlage eines positiven Tests den COVID-19-Fällen zugerechnet.
Bereits zu Beginn der Corona-Pandemie erklärte Jens Spahn, der damalige Gesundheitsminister, dass — „nach jetzigem Wissensstand“ — „eine Infektion mit dem Corona-Virus für 80% der Infizierten milde oder sogar symptomfrei“ verlaufe (6). Bis heute hat sich an der Richtigkeit dieser Aussage nichts Grundsätzliches geändert. Sie lässt sich begründen, trotz der oft lückenhaften Veröffentlichung der dazu notwendigen Zahlen.
Für eine sachgerechte Beurteilung der Pandemie und der in diesem Zusammenhang getroffenen Maßnahmen reicht es längst nicht aus, die Bevölkerung täglich nur über die Anzahl positiver Testergebnisse und der im Zusammenhang mit dem Corona-Virus Verstorbenen zu informieren. So kann sich das Robert-Koch-Institut auch nicht auf Dauer darauf berufen, dass es bei der Berechnung eines „jeden Indikators Unschärfen und Schwächen“ gäbe, und dass es „nicht immer korrekt angegeben (ist), ob eine Symptomatik und damit eine Erkrankung vorlag oder nicht“ (7).
Um Vertrauen zu schaffen und die Leute zu einem eigenen Urteil zu befähigen, bedarf es zuallererst ausführlicherer Informationen über den Verlauf der Pandemie. Dazu gehört vor allem eine klare Auskunft darüber, wie viele von den gemeldeten COVID-19-Fällen auch wirklich erkrankt und wie viele von den gemeldeten COVID-19-Todesfällen auch nachweislich durch das Virus verstorben sind. Ob aber eine solch umfassende Aufklärung überhaupt gewollt ist, bleibt fraglich. Gegenwärtig sieht es zumindest nicht danach aus.
Auch ursächlich nicht am Corona-Virus Verstorbene werden als COVID-19-Todesfälle erfasst
Die Bewertung der COVID-19-Todesfälle durch das Robert-Koch-Institut erfolgt in ähnlicher Weise, wie dies schon bei den COVID-19-Fällen praktiziert wurde. So werden die Todesfälle, „bei denen ein laborbestätigter Nachweis von SARS-CoV-2 (direkter Erregernachweis) vorliegt und die in Bezug auf diese Infektion verstorben sind“ als COVID-19-Todesfälle gezählt und statistisch erfasst. Dabei sei es in der Praxis oftmals schwierig zu entscheiden — so das RKI —, inwieweit eine Infektion mit dem Corona-Virus „direkt zum Tode beigetragen“ habe (8).
Aus diesem Grund würden „derzeit“ (!) sowohl Personen erfasst, „die unmittelbar an der Erkrankung verstorben sind (‚gestorben an‘), als auch Personen mit Vorerkrankungen, die mit SARS-CoV-2 infiziert waren und bei denen sich nicht abschließend nachweisen lässt, was die Todesursache war (‚gestorben mit‘)“ (9). Handelt es sich bei den Verstorbenen doch vor allem um alte bis sehr alte Menschen mit oftmals schweren Vorerkrankungen.
Bei der genannten Vorgehensweise werden die unmittelbar an einer COVID-19-Erkrankung verstorbenen Personen gemeinsam mit den bloßen Verdachtsfällen statistisch erfasst und zusammen mit diesen als COVID-19-Todesfälle präsentiert.
Als Verdachtsfälle gelten dabei Menschen, die positiv auf das Virus getestet wurden, deren eigentliche Todesursache aber unklar geblieben ist. Verdachtsfälle, die zu Lebzeiten nicht auf COVID-19 getestet wurden, können zudem noch — wie das RKI mitteilt — „post mortem auf das Virus untersucht werden“ (10).
Auch bei der öffentlichen Bekanntgabe der Corona-Toten wird keinerlei Unterscheidung zwischen den „an“ oder „mit“ dem Corona-Virus Verstorbenen vorgenommen und damit auf eine sachgerechte Darstellung der Fallzahlen von vornherein verzichtet. Dagegen wird allgemein und undifferenziert von COVID-19-Todesfällen gesprochen. Auch über die jeweilige Anzahl der an oder mit dem Virus Verstorbenen gab es über eine lange Zeit keine konkreten Aussagen. Dass es auf diese Weise bei einem Teil der Öffentlichkeit zu einem völlig verzerrten Bild über das tatsächliche Ausmaß der ursächlich am Corona-Virus Verstorbenen kommen konnte, scheint dabei billigend in Kauf genommen zu werden.
Im bereits erwähnten wöchentlichen Lagebericht des RKI finden sich nun auch Zahlen über die Anzahl der verstorbenen symptomatischen COVID-19-Fälle, bezogen auf die vorangegangenen vier Kalenderwochen. So auch im Bericht vom 9. Dezember 2021 für die Kalenderwochen 45 bis 48/2021. Einbezogen wurden dabei wieder alle Personen ab dem 12. Lebensjahr, bei denen vor dem Tod typische Krankheitssymptome von COVID-19 aufgetreten waren und auch der Impfstatus bekannt war.
Der RKI-Bericht gibt für den genannten Zeitraum die Zahl von 1.562 COVID-19-Todesfällen mit aufgetretenen Krankheitssymptomen an (11). Nimmt man noch den Anteil der darin nicht enthaltenen Todesfälle mit unbekanntem Impfstatus hinzu, so erhöht sich die Zahl um weitere rund 300 Fälle. Daraus ergeben sich für die Kalenderwochen 45 bis 48/2021 insgesamt 1.860 Fälle, bei denen vor dem Tod typische Symptome einer Corona-Erkrankung aufgetreten waren.
Im internationalen COVID-19-Dashboard der Johns Hopkins University (JHU) wurden für den gleichen Zeitraum insgesamt 6.514 aufgetretene COVID-19-Todesfälle für Deutschland registriert (11), wobei keine Unterscheidung zwischen symptomatischen und asymptomatischen Fällen vorgenommen wurde. Auch hier ist die Differenz zwischen der Gesamtzahl der Todesfälle und der vom RKI genannten Anzahl symptomatischer Todesfälle erneut beträchtlich. Aus dem Zahlenvergleich geht hervor, dass typische Symptome einer Corona-Erkrankung bei weniger als nur einem Drittel der von der JHU gemeldeten Gesamtzahl an COVID-19-Todesfällen aufgetreten waren.
Damit wird deutlich, dass auch bei den gemeldeten Corona-Toten der überwiegende Teil nicht symptomatisch am Corona-Virus erkrankt war und nur auf Grundlage eines positiven Tests den COVID-19-Todesfällen zugerechnet wurde.
Das Robert-Koch-Institut verzichtet bis heute auf Angaben darüber, wie viele Menschen an oder nur mit dem Corona-Virus verstorben sind. Möglicherweise werden diese Zahlen — aus welchen Gründen auch immer — bundesweit auch gar nicht erfasst. Es gibt jedoch einige Landkreise und Städte — worauf schon Norbert Häring hinwies —, die solche Zahlen ermitteln und auch zur Veröffentlichung freigeben. Diese Zahlen liefern einen guten Ansatz für die Beantwortung der Frage, in welchem Verhältnis sich die Anzahl der an Corona Verstorbenen zur Anzahl der mit Corona Verstorbenen befindet.
So macht die Corona-Fallstatistik der Stadt Halle deutlich, dass nur eine Minderheit der dortigen Corona-Toten tatsächlich auch am Corona-Virus verstorben ist und der weitaus größere Teil nur mit dem Virus verstarb. Maßgeblich für die Unterscheidung ist dabei die jeweilige Eintragung auf dem Totenschein. Wird eine Corona-Erkrankung als „primäre Todesursache festgestellt, gilt der Fall als ‚an Corona verstorben‘, war Covid eine Begleiterscheinung, wird der Fall als ‚mit Corona verstorben‘ gewertet“ (13).
So wurden bis zum 11. Dezember 2021 in der Stadt Halle insgesamt 394 COVID-19-Todesfälle gemeldet. Davon sind 237 mit Corona und 157 an Corona verstorben. Demnach verstarben knapp 40 Prozent an Corona und gut 60 Prozent der Toten waren nur mit dem Corona-Virus verstorben. Auffallend ist aber, dass in letzter Zeit vermehrt Fälle gemeldet werden, bei denen die Verstorbenen an Corona gestorben sind (14).
Im Landkreis Starnberg sind — nach Angaben des dortigen Landratsamts — seit Beginn der Pandemie insgesamt 140 Personen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus verstorben. Davon sind 82 Personen an dem Virus und 58 Personen mit dem Virus gestorben (15). Auch diese Zahlen weisen darauf hin, dass auch hier — bei einer geringeren Gesamtzahl — eine beträchtliche Anzahl der im Zusammenhang mit dem Corona-Virus gemeldeten Todesfälle nicht primär am Corona-Virus verstorben ist.
Der Tod eines Menschen macht betroffen. Auch sollte das Leben und die Gesundheit der Menschen grundsätzlich — auch von Seiten des Staates — wirksam geschützt werden. Für eine sachgerechte Beurteilung der Pandemie und der daraufhin beschlossenen grundrechtseinschränkenden Maßnahmen ist es aber notwendig zu wissen, wie viele Menschen tatsächlich an COVID-19 erkrankt und in dessen Folge verstorben sind. Zahlenangaben über Tote im Zusammenhang mit Corona, bei denen eine hohe Anzahl bloßer Verdachtsfälle mit einfließen, haben dagegen nichts mit einer wissenschaftlichen Betrachtung zu tun. Sie vernebeln eher die tatsächliche Situation, anstatt diese aufzuklären.
Annahmen und Aussagen, die man nicht nachprüfen kann und bei denen auch der Beweis ausbleibt, sind für eine wissenschaftliche Herangehensweise inakzeptabel. In anderen Zusammenhängen bezeichnet man ein solches Vorgehen als Verschwörungstheorie. Auch gehört es zur Wissenschaftsfreiheit, dass ein offener, gleichberechtigter Disput über unterschiedliche Auffassungen und Meinungen befördert und nicht unterdrückt wird. Persönliche Diffamierungen, politischer Druck oder gar das Infragestellen der beruflichen Existenz von „Abweichlern“ sind einer demokratischen Wissenschaftskultur unwürdig und können deshalb auch nicht toleriert werden.
Quellen und Anmerkungen:
(1) Robert-Koch-Institut (RKI): Hinweise zur Erfassung und Veröffentlichung von COVID-19-Fallzahlen, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html
(2) Dabei ist es sehr aufschlussreich, das bei der Bekanntgabe der Anzahl der Impfdurchbrüche — entgegen der sonstigen Vorgehensweise — nur die Fälle mit einer klinischen Symptomatik herangezogen werden. Eine Ausnahme, die nur bei den Impfdurchbrüchen zu finden ist. Hohe Fallzahlen scheinen, wenn es um die Veröffentlichung der Anzahl der Impfdurchbrüche geht, sehr unerwünscht zu sein, könnten sie doch den Erfolg der Impfkampagne gefährden.
(3) Robert-Koch-Institut (RKI): Wöchentlicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vom 09.12.2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Gesamt.html
(4) Ebd.
(5) Robert-Koch-Institut (RKI): COVID-19-Fälle nach Altersgruppe und Meldewoche, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Altersverteilung.html Der Bericht weist für die Kalenderwochen 45 bis 48/2021 eine Gesamtzahl von 1.100.553 COVID-19-Fällen für alle Personen ab dem 15. Lebensjahr aus. Nimmt man für die Rechnung noch die Altersgruppe der 10 bis 14-jährigen hinzu, dann ergibt sich eine Gesamtzahl von 1.241.172 Fällen. Die Fallzahl für Personen ab dem 12. Lebensjahr wurde deshalb mit rund 1.170.000, als mittlerer Wert der oben genannten Zahlen, festgelegt.
(6) Dokumente des Deutschen Bundestages: Gesundheitsminister Spahn empfiehlt einheitliches Vorgehen (11.03.2020),https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw11-de-regierungsbefragung-685554
(7) Robert-Koch-Institut (RKI): Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19 (Punkt 13), https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html
(8) Robert-Koch-Institut (RKI): Wie werden Todesfälle erfasst?, https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Liste_Fallzahlen_Meldungen.html
(9) Ebd.
(10) Ebd.
(11) Robert-Koch-Institut (RKI): Wöchentlicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vom 09.12.2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Gesamt.html
(12) Johns Hopkins University (JHU): COVID-19 Dashboard vom 5.12.2021, 22:22.
(13) Norbert Häring: Ist nur ein Drittel der „Corona-Opfer“ an Covid gestorben?, https://norberthaering.de/news/gestorben-an-oder-mit-covid/
(14) Aktuelle Informationen der Stadt Halle (Saale) zum Corona-Virus (Stand: 11.Dezember 2021), https://www.halle.de/de/Verwaltung/Presseportal/Nachrichten/?NewsID=45334&Page=1
(15) Landratsamt Starnberg: Infektionszahlen und weitere Daten zum Coronavirus (Stand: 11.12.2021), https://www.lk-starnberg.de/Bürgerservice/Gesundheit-und-Krankheit/Coronavirus-Informationen-Fragen-und-Antworten/Infektionszahlen-und-weitere-Daten-zum-Coronavirus
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