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Mord per Knopfdruck

Mord per Knopfdruck

Auf den amerikanischen Basen in Ramstein und Stuttgart leistet Deutschland den USA systematisch aktive Beihilfe zum gezielten Mord.

Der Mythos der amerikanischen Demokratie

Selten bekommt der Normalbürger Wind von dem Treiben der Regierungen, wenn sie etwas der öffentlichen Meinung vorenthalten wollen. Da bestünde die Gefahr, dass sich die Wähler dagegen äußern. Die Tausende durch Drohnen begangenen gezielten Morden der Vereinigten Staaten, die ohne die Beihilfe Deutschlands nicht möglich wären, sind eine dieser verschwiegenen Sachen.

Vor Kurzem strahlte die ARD eine Panorama-Reportage darüber aus: „Hinrichtung aus der Luft. Deutschland und US-Drohnenkrieg“ von Armin Ghassim und Jonas Schrejäg. Diese ist noch in der Mediathek der ARD zu sehen. Anscheinend sind nur einige Journalisten daran interessiert, das aufzudecken. Auch Nichtregierungs- und Menschenrechtsorganisationen arbeiten daran, aber ohne dabei viel Resonanz zu bekommen, außer bei ihren schon sensibilisierten Anhängern.

Es gibt auch einen Film zu diesem Thema: „Good kill“ aus dem Jahr 2014 mit Regie und Drehbuch vom neuseeländischen Andrew Niccol, ein Theaterstück: ein Monolog des amerikanischen Autors George Brant, „Grounded“, 2013 uraufgeführt und ab 2015 in Deutschland unter dem Titel „Am Boden“ unter der Regie von Eos Schopohl mit Kathrin Wunderlich gespielt, sowie das Buch „Tod per Knopfdruck“ von Emran Feroz.

Besonders in Deutschland gelten die Vereinigten Staaten von Amerika immer noch als die großen Retter. Als diejenigen, die dem zerstörten Land nach 1945 Demokratie beigebracht haben. Damals, nach dem Zweiten Weltkrieg und während der Besatzung, waren die US-amerikanischen GIs die Helden gegen den Faschismus. Hingegen haben die USA parallel, so wie Frankreich und Groß-Britannien, den Diktator in Spanien anerkannt und ihre Basen dort platziert.

Immer noch und trotz Hiroshima, trotz ihrer Beteiligung und Unterstützung der Diktaturen in Lateinamerika und trotz der von ihnen angestifteten Kriege, gelten die Vereinigten Staaten als die vorbildlichste Demokratie der Welt.

Und der Mythos wird entgegen aller Beweise weiter aufrechterhalten.

Der weltweite US-amerikanische Krieg gegen den Terror

Am 20. September 2001 verkündete George W. Bush vor dem Kongress: „Unser Krieg gegen den Terror beginnt mit Al-Qaida, aber er endet nicht dort. Er wird nicht enden, bis jede terroristische Gruppe von globaler Reichweite gefunden, gestoppt und geschlagen ist.“

Gleich danach suchten die Vereinigten Staaten Verbündete für ihren Krieg. Damals wollte Deutschland offensiv nicht daran teilnehmen. Aber der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen stimmte ihm zu. Und das Nordatlantische Bündnis selbstverständlich auch mit dem Argument: Das Recht zur Selbstverteidigung erlaubte es. Die Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderten es.

Seitdem dürfen die Vereinigten Staaten von Amerika ungestört Kriege anstiften, wie im Irak oder in Afghanistan, und Terrorverdächtige jeder Zeit und an jedem Ort gezielt mit ihren Drohnen systematisch ermorden. Deutschland mit der Satelliten-Relaisstation auf der Ramstein Air Base ist daran unmittelbar beteiligt.

Die Bush-Regierung von 2001 bis 2009 erklärte den Krieg gegen eine unbestimmte „Achse des Bösen“ und begann, Drohnen für gezielte Morde einzusetzen. Verantwortlich dafür war die Central Intelligence Agency (CIA). Dazu kam das Gefangenenlager in Guantanamo, wohin entführte Verdächtige aller Welt gebracht, dort gefoltert und festgehalten werden. Ohne jegliches Gerichtsverfahren und mit Einwilligung der internationalen Gemeinschaft.

Unter der Amtszeit des Friedensnobelpreisträgers Barak Obama, 2009 bis 2017, der versprochen hatte, den amerikanischen Gulag in Guantanamo zu schließen, wurde das Drohnen-Programm verstärkt zum gezielten Mord eingesetzt. Ihr Einsatzgebiet wurde auf Pakistan, Somalia und Jemen ausgeweitet und die Anzahl solcher gezielten Eingriffe verfünffacht.

Nach der New America Foundation, seit Obama ins Weiße Haus eingezogen war, wurden mit Drohnen über 3.000 mutmaßliche Taliban und Al-Qaida-Anhänger getötet. Die Zahl der Toten unter der Zivilbevölkerung, als Kollateralschaden bezeichnet, wird aber weiterhin verheimlicht.

Erst im Jahr 2013 übertrug Obama der Armee das Drohnenprogramm der CIA und der Krieg gegen den Terror wurde umbenannt. Was die Armee der Vereinigten Staaten seitdem weltweit weiterführt, sind „beharrliche Anstrengungen gegen Netzwerke von Extremisten“. Die Vorgehensweise bleibt aber die gleiche: Verdächtige umzubringen.

Am 31. Juli 2022 feierte der aktuelle Präsident Joe Biden, der seit 2021 im Amt ist, die Tötung des Al-Qaida Führers Ayman al-Zawahiri in Kabul und drohte weiter: „Egal, wie lange es dauert, egal, wo ihr seid, wenn ihr die Amerikaner gefährdet, werden die Vereinigten Staaten von Amerika euch finden und ausschalten.“

Rechtfertigung des Gebrauchs von militärischen Drohnen

Drohnen sind unbemannte ferngesteuerte Systeme. Sie können zwar für den Zivilgebrauch eingesetzt werden, aber diese Anwendung ist für die Industrie von geringerem Interesse, weil der Markt zu marginal ist. Das Geschäft liegt woanders, und zwar in der Waffenindustrie.

Es wird behauptet, bewaffnete Drohnen trügen zu einem sauberen, humanitären und ethischen Krieg bei. Ist Krieg überhaupt ein sittliches Verhalten, ein Wert, auf dem die Menschheit bauen darf? Kann man ihn überhaupt als humanitär und ethisch bezeichnen?

Seit 1899 mit den Haager Konventionen und ab 1929 mit dem Genfer Abkommen versucht man, einen universellen Kodex für den Krieg festzulegen. Doch nicht einmal die Staaten, die beide unterschrieben haben, halten sich daran. Das Gleiche gilt für die Waffenindustrie, die Triebkraft des technologischen Vorschrittes.

Bis jetzt wurde ein „gerechter“ Krieg erst dann legitimiert, wenn er sowohl aus gerechtem Grund als auch wegen gerechter Absichten und Ziele geführt wurde; wenn die Mittel verhältnismäßig angewendet und der Schutz der Zivilbevölkerung und der Gefangenen berücksichtigt wurden; wenn nach Ende des Konfliktes die Beteiligten zu Vereinbarungen kamen und Reparationen absprachen. Nichts dergleichen ist in den Angriffen der amerikanischen Drohnen und ihrem Hinrichtungsprogramm vorgesehen oder gar möglich.

Die Behauptung, der Krieg mit Drohnen sei ein sauberer, strategisch günstiger und sogar ethischer Krieg, ist falsch. Damit wird nur versucht, die öffentliche Meinung auszuschalten. Die Verluste der angreifenden Armee werden tatsächlich reduziert und der Krieg erscheint den Bürgern nicht so schlimm: Gefallene Soldaten kommen nicht mehr in Särgen zurück. Die Drohnen-Piloten, die weit weg vom Schlachtfeld in ihren Kabinen an ihren Steuerungskonsolen hocken, laufen keine Gefahr, getötet zu werden, und kommen nach ihrem Arbeitstag nach Hause.

Es wird auch beteuert, dass die erhöhte Präzision der Drohnen ferngesteuerte chirurgische Operationen erlaube. Sie sorge bei Angriffen dafür, dass nur militärische Ziele getroffen werden. Die Bevölkerung müsse nicht weiter unter der allgemeinen Zerstörung eines konventionellen Krieges leiden und die Genauigkeit der Drohnen verringerten auch die sogenannten Kollateralschäden.

Auch das ist falsch. Die meisten Opfer bei Angriffen mit Drohnen sind Zivilisten. Oder wird die vermeintliche Präzision dieser Waffen absichtlich nicht benutzt, um den beabsichtigten Terror unter der angegriffenen Bevölkerung zu verbreiten? Ein Staat, der Terror einsetzt, macht sich selbst des Terrorismus schuldig.

Rechtmäßigkeit des amerikanischen Krieges gegen den Terror

Die International Law Association (ILA) erklärt 2010, was ein bewaffneter Konflikt ist: „Das Bestehen von organisierten bewaffneten Gruppen, die an einem Kampf einer bestimmten Intensität beteiligt sind.“ Indem die Regierungen der Vereinigten Staaten ihre einseitige Bekämpfung des Terroristen-Netzes der Al-Qaida als „bewaffneten Konflikt“ bezeichneten, wurden zum ersten Mal terroristische Attentate nicht polizeilich verfolgt, sondern als Kriegserklärung verstanden. Was im Völkerrecht nicht vorgesehen ist.

Bei ihrem einseitigen Krieg berufen sich die Vereinigten Staaten auf das Verteidigungsrecht. Dieses Recht basiert auf zwei Grundsätzen: Notsituation und Angemessenheit. Die Angemessenheit eines Angriffes hängt von der militärischen Bedeutung des Zieles ab. Noch befürwortet der internationale Gerichtshof die bisherige Auslegung, dass nur bewaffnete Eingriffe von anderen Staaten eine Verteidigung legitimieren.

Nach dem Grundsatz der Notwendigkeit soll der angegriffene Staat über keine anderen Mittel als die Waffengewalt verfügen, um den Eingriff abzuwehren oder zu vermeiden. Not liegt dann vor, wenn der Staat unmittelbar reagieren muss. Die Antwort muss also sofort stattfinden, damit sie als legitime Selbstverteidigung gilt.

Die Aktionen der Al-Qaida sind keine groß angelegte militärische Offensive. Angriffe isolierter Terroristen oder einer begrenzten Terroristenzahl können nicht als bewaffneter Angriff betrachtet werden. Die Antwort auf die Attentate des 11. September ist deshalb keine legitime Selbstverteidigungsaktion. Eher eine Art Rache, Vergeltung oder abschreckende Warnung.

Missdeutung der legitimen Verteidigung

Der offensichtliche Missbrauch des Verteidigungsrechtes mit dem Vorwand, gegen den Terrorismus zu kämpfen, reißt das kollektive Sicherheitssystem nieder, das die Carta der Vereinten Nationen festlegt. Die Tatsache, dass die internationale Gemeinschaft die Gewaltanwendung der USA in Afghanistan ab 2001 geduldet und unterstützt hat, bestärkt nur die Auffassung, Angriffe von nicht staatlichen Kämpfern könnten den Einsatz bewaffneter militärischer Streitkräfte rechtfertigen. Ein gefährlicher Präzedenzfall. Alle bis jetzt vereinbarten Grundsätze, Regeln und Gesetze werden dadurch unwiderruflich in die Luft gesprengt.

Der Krieg der USA gegen den Terror und ihre gezielten Tötungen sind also juristisch keine Verteidigungsaktion. Ihre Angriffe sind im Laufe der Jahre zu Präventivschlägen geworden.

So war es auch bei den mit falschen Begründungen geführten Kriegen im Irak oder in Afghanistan. Alle, die daran teilnahmen, wussten das und haben nichts dagegen unternommen.

Diese Art von Krieg oder die „beharrlichen Anstrengungen gegen Netzwerke von Extremisten“ gewähren nur eine unbegrenzte Lizenz, willkürlich zu töten, wischen die geographischen Grenzen weg und lassen ein weltweites Kampffeld entstehen. Und zwar ohne internationale gerichtliche Unterstützung. Vorsätzliche Tötung, sei es aus Rache oder welchem Motiv auch immer, ist Mord und die Täter werden nach dem geltenden Strafrecht verurteilt.

Die Anwendung von Gewalt ist nur legitim, wenn eine unmittelbare Gefahr besteht, die nicht anders aufzuhalten ist. Ein Angriff mit Drohnen, um einen mutmaßlichen Terroristen zu töten, erfüllt keinen der Grundsätze von militärischer Notwendigkeit oder Angemessenheit. Es ist zudem eine vorbeugende Hinrichtung, was auch gegen das Gesetz ist. Die Kollateralschäden der Drohnenangriffe bedeuten einen Verstoß gegen den Grundsatz der Angemessenheit, weil sie die Zivilbevölkerung betreffen.

Der ganze Artikel 51 des Zusatzprotokolls I der Genfer Abkommen ist in allen seinen Punkten dem Schutz der Zivilbevölkerung gewidmet. „Unterschiedslose Angriffe sind verboten“ (51.4). Das wird dann näher beschrieben: „Ein Angriff, bei dem damit zu rechnen ist, dass er auch Verluste an Menschenleben unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen.“ (51.5.b.). Kurz und zusammenfassend: „Angriffe gegen die Zivilbevölkerung oder gegen Zivilpersonen als Repressalie sind verboten“ (51.6.).

Der Krieg gegen den Terror war also von Anfang an ein Trugschluss. Eine semantische Falle, um unbestraft gezieltes Morden zu vertuschen. Im Falle eines wirklichen Krieges könnte der „Feind“ die Drohnenpiloten als legitime Ziele beseitigen. Und der angebliche Feind, also der vermutete Terrorist, müsste als Kriegsgefangener behandelt werden. Aber einem rücksichtslosen Staat fällt es sicherlich viel leichter, ihn zu töten, als ihn vor Gericht zu bringen.

Derzeit sind gezielte Morde nach dem Völkerrecht ungesetzlich. Leider verändert der permanente Verstoß das Völkerrecht langsam aber stetig: Eine ungesetzliche Aktion wird zunehmend annehmbar, wenn sie oft genug wiederholt wird. Wie viele gezielte Morde sind noch nötig, damit sie für berechtigt gehalten werden?

Strafgericht und Straffreiheit der selbsternannten „Guten“

Der Mangel an Transparenz und zuverlässigen Informationen über diese neue Art der Kriegführung des gezielten Mordens erschwert es, Gesetze über den Gebrauch von Drohnen zu erlassen und die Regierungen zur Verantwortung zu ziehen.

Sogar konservative Juristen äußern sich kritisch über den gezielten Mord Verdächtiger. Denn jedem Menschen steht ein faires Gerichtsverfahren zu. Selbst dem schlimmsten Terroristen. Auf gar keinen Fall ist erlaubt, jemanden zum Feind zu erklären und ihn einfach zu ermorden. Der systematische Einsatz von ferngesteuerten Drohnen, um Feinde hinzurichten, ähnelt zu sehr dem Terrorismus. Leider genießen die Staaten, die zu den „Guten“ gehören, dabei eine grenzenlose Immunität.

Ein Zeichen des alarmierenden weltweiten Wachstums des Populismus in den westlichen, angeblich konsolidierten Demokratien ist eine plumpe Vereinfachung der Tatsachen. Die Bürger werden von ihren gewählten Vertretern lediglich mit Parolen gefüttert. Erwachsene verlieren oder verzichten auf ihr kritisches Denken und werden zur Masse, die auch ferngesteuert in die Irre geführt werden kann.

Dank dieser Simplifizierung wird die Welt auf allen Ebenen in „Gute“ und „Böse“ aufgeteilt. In jedem Konflikt sind die, die man als „die Unseren“ bezeichnen kann, natürlich die Guten. Und die Guten dürfen jederzeit entscheiden, wer die Bösen sind, um Angriffe zu rechtfertigen.

Kriegsverbrecher wurden bis jetzt als die „Bösen“ gejagt und vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag gebracht. Das war nie leicht. Auch wegen der politischen, oft hinterhältigen Interessen der Regierungen und ihrer im Schatten agierenden Geheimdienste. Die Kriegsverbrechen der „Guten“, wie die Tausende gezielter Morde durch Drohnen, werden von der internationalen Gemeinschaft zugelassen und bleiben straflos.

Vor dem Gesetz sind also nicht alle gleich, insbesondere wenn die Kriegsverbrecher aus den Westmächten stammen. Keiner soll jedoch über dem Gesetz stehen, auch die Vereinigten Staaten nicht oder andere Staaten, die wahllos ihre Gegner töten, wie Israel. Dennoch hängt die Straffreiheit immer davon ab, wer der Täter ist und wie mächtig er ist.

Der amerikanische Drohnen-Krieg und seine Infrastrukturen

Die Creech Air Force Base ist eine Einrichtung der nationalen Sicherheit der USA. Sie befindet sich in Nevada, nicht weit weg von der Stadt Las Vegas. Sie ist die Drohnenbasis. Von dort aus werden die Drohnen ferngesteuert und tausende Kilometer entfernt Menschen hingerichtet: Terrorverdächtige und Zivilisten. Im Dezember 2021 hat die New York Times Geheimpapiere des Verteidigungsministeriums veröffentlicht: Zivile Opfer werden dort ohne Weiteres in Kauf genommen.

Es gibt nur ein technisches Problem, um die bewaffneten Drohnen über Afrika oder Asien von Nevada aus zu steuern: die Krümmung der Erde. Doch das ist nichts, was die Technologie nicht locker beseitigen kann. Dazu dienen nämlich die amerikanischen Basen in Deutschland.

Die Basis in Ramstein (Rheinland Pfalz) ist seit 1984 der Militärflugplatz und das Hauptquartier der amerikanischen Air Forces – Air Forces Afrika und auch des Allied Air Command Ramstein, einer Kommandobehörde der North Atlantic Treaty Organization zur Führung von Luftstreitkräften. Sie ist auch Sitz des Geheimdienstes und Stützpunkt für eine akribische Überwachung von allem, was fliegt und schießt. In Ramstein werden Ziele festgelegt, die zu beseitigen sind, eine wichtige Entscheidung für den Drohnen-Krieg.

Zwischen 2004 und 2006 wurde die Basis vergrößert. Unter anderem mit einem Flughafenterminal und dem sogenannten Rhein-Main Transition Programm. Ramstein ist heute die größte amerikanische Militärbasis und der größte Luftwaffenstützpunkt außerhalb der Vereinigten Staaten und die Zentrale für weltweite amerikanische Kampfdrohneneinsätze.

Auf der Ramstein Air Base ist zudem ein Air and Space Operations Center (AOC) angesiedelt. Mehr als 500 amerikanische Soldaten überwachen dort den Luftraum über Europa und Afrika. Das Center dient als Relaisstation für Drohnenangriffe in Afrika und im Nahen und Mittleren Osten. In Ramstein werden Kampfdrohnen-Einsätze gegen mutmaßliche Terroristen im Irak, in Afghanistan, im Jemen und in Pakistan geplant, gesteuert und koordiniert. Auch in ganz Afrika sorgen Drohneangriffe für schnelle Hinrichtungen.

Hinzu kommt das Africa Command (Africom), das zentrale militärische Oberkommando des amerikanischen Verteidigungsministeriums für militärische Aktionen in 53 afrikanischen Staaten, außer in Ägypten, das es nicht erlaubt hat. Africom wurde am 1. Oktober 2007 in Europa eingerichtet, auch in Deutschland, dieses Mal in Stuttgart. Das damalige deutsche auswärtige Amt bat die Amerikaner aber dringend: „Deutschland soll als Standort von Africom nicht erwähnt werden, sonst würde eine unnötige öffentliche Debatte entfacht.“ Africom hatte ab dem 30. September 2008 seine volle Operationsfähigkeit erreicht.

Beihilfe Deutschlands bei gezielter Tötung

Die Vorgehensweise, um jemanden von Nevada aus in Afrika oder in Asien zu töten, ist einfach: Drohnen überfliegen die Länder, wo Verdächtige zu vermuten sind, und melden diese Information über jegliche gesuchte Personen weiter. Im Sitz des Africa Command in Stuttgart wird dann entschieden, ob in Afrika jemand getötet wird, denn bei allen militärischen Operationen in Afrika erteilt Africom den Befehl. Der Tötungsbefehl geht an die Drohnenpiloten, die in der Creech Air Force Base in Nevada an ihren Computern sitzen.

Von ihren Kabinen in Nevada steuern die Drohnenpiloten dann die unbemannten bewaffneten Fluggeräte zum Ziel und schießen. Das erfolgt mithilfe von Signalen, die nach Ramstein geleitet werden. Dort werden die Signale, über die Satelliten-Relaisstation auf der Ramstein Air Base, an die mit Raketen bewaffneten Drohnen in die Operationsgebiete übertragen.

Das Air and Space Operations Center (AOC) im Ramstein dient also zur Übertragung der Signale für Drohnenangriffe. Deshalb ist die Air Base Ramstein für den amerikanischen Drohnenkrieg und die gezielten Hinrichtungen von ausschlaggebender Bedeutung. Ohne die Satellitenverbindung in Ramstein wäre die unmittelbare Signalübertragung aus den Vereinigten Staaten nicht möglich und die Amerikaner könnten keinen Angriff auf der anderen Seite der Welt durchführen.

Beihilfe zum Mord ist auch nach deutschem Recht eine Straftat. Im deutschen Strafrecht bedeutet der Begriff „Beihilfe“ die Beteiligung an einer Straftat, indem jemand vorsätzlich einen Täter bei der Begehung eines Verbrechens unterstützt.

Besonders gravierend ist das, wenn der Mord ohne eine solche Beihilfe nicht begangen werden konnte. Deutschland macht sich also durch seine technologische Beihilfe in der Tat als Mittäter mitschuldig.

Gerade deshalb ist die Ramstein Air Base schon seit Jahren Gegenstand kritischer Recherchen, empörter Proteste und justizieller Ermittlungen. Aber die Deutsche Regierung hat wiederholt behauptet, keine Kenntnis über die Hinrichtungsaktionen der Amerikaner zu haben. Das ist jedoch schwer glaubhaft. Jeder, der sich ein bisschen mit dem Thema beschäftigt, kennt diese Zusammenhänge. Außerdem hat das Bündnis 90/Die Grünen diese Mittäterschaft jahrelang angezeigt. Wie so oft spielen hier auch andere Interessen eine Rolle.

Kollateralschäden

Wäre es nicht schon schlimm genug, Verdächtige einfach umzubringen, kommen die Kollateralschäden dazu. Allzu oft sind die durch Drohnen Ermordeten harmlose Zivilisten und haben nichts mit Terrorismus zu tun. Zivilpersonen, die bei solchen amerikanischen Drohnenangriffen im Laufe der letzten Jahrzehnte zu Tode gekommen sind, werden nicht mehr als Menschen betrachtet. Seit November 2001, als die USA mit dem Bombardement Afghanistans begannen, gelten Zivilisten nur als Kollateralschäden.

Asa Kaster, Professor für militärische Ethik an der Universität von Tel Aviv behauptet von den zivilen Opfern der israelischen Drohnen: „Die Nachbarn der Terroristen sind nicht unschuldig, weil sie beschlossen haben, als menschliche Schutzschilde der Terroristen zu dienen.”

Der Gebrauch von Drohnen für gezielten Mord führt auch zur Banalisierung des Toten. Einen Menschen oder mehrere hinzurichten, wird aufgrund der räumlichen und emotionalen Distanz zu einem einfachen und aseptischen Vorgang, vergleichbar mit einem „Play-Station”-Spiel. Der Anstieg der Benutzung von Drohnen zu tödlichen, extra-territorialen Operationen ist trotz der Geheimniskrämerei und der Lügen der Regierungen nicht zu verleugnen. Die Rache der USA, die im Widerspruch zum Völkerrecht steht und überwiegend mit Drohnen geführt wird, steigert weltweit die Gewalt.

Aber die Kollateralschäden sind trotz aller Euphemismen Menschen, die in einer Gesellschaft und in einem Land leben. Dort, wo die Drohnen-Einsätze mittlerweile schon tausende Zivilisten umgebracht haben, sind die Auswirkungen auf die am meisten Betroffenen sicher nicht zu unterschätzen. Fürs Erste erzeugt der Einsatz eine noch größere Ablehnung, Misstrauen und Feindseligkeit gegenüber den USA und dem Westen.

Das Verteidigungsrecht der Opfer

Wo aber bleibt das Verteidigungsrecht der Opfer vor den willkürlichen Angriffen der Mächtigen, die sie als Kollateralschäden bezeichnen? Der Opfer der Gewalt durch Drohnen, die hilflos vor ihrem getöteten Nachbarn und der Zerstörung ihrer vertrauten Umgebung stehen? Ihnen wird aber der Anspruch auf Gerechtigkeit verweigert. Ihnen wird kein Verteidigungsrecht zuerkannt.

Sie sind ausgeliefert und müssen sich damit abfinden. Ihre Würde als Menschen und die ihres Landes wird so zusätzlich beeinträchtigt und unterminiert. Das ist auch gefährlich, weil Gewalt nur noch für mehr Gewalt sorgt. Angestaute Hilflosigkeit kann sich in Zorn verwandeln. Genügend angesammelte Wut kann wiederum zu Gewalt führen.

Wenn Terror oder Terrorismus die systematische Verbreitung von Angst und Schrecken durch Gewaltaktionen ist, sind die Regierungen der Vereinigten Staaten und ihre europäischen Helfer nicht ebenfalls Terroristen? Sind die Massaker, die die Drohnen unter den Zivilisten weltweit verursachen, keine Terroranschläge? Sind die Aktionen der Geheimdienste oder des Militärs, die als Ziel die Tötung von Verdächtigen haben, nicht mit den Aktionen von Terroristengruppen vergleichbar? Sind dann die Drohnenpiloten nicht genauso als Terroristen zu betrachten, wie die, die Bomben platzieren? Ist der Krieg gegen den Terror mit ihren abertausenden Opfern nicht Völkermord? Heikle Fragen, mit denen keine am Drohnenkrieg beteiligte Regierung offen konfrontiert werden will.

Stellungnahme des Europäischen Parlaments

Die Europäische Union verurteilte in der Vergangenheit die gezielten Morde des Staates Israel gegen den palästinensischen Widerstand. Aber nie die der Vereinigten Staaten. Die Europäische Union könnte die systematische Verletzung des Völkerrechts der USA anzeigen. Aber das wollen europäische Länder wie Frankreich und Großbritannien nicht.

Trotzdem billigte das Europäische Parlament am 27. Februar 2014 eine gemeinsame Resolution, in der die Benutzung von bewaffneten Drohnen außerhalb des völkerrechtlichen Rahmens verurteilt wurde. Es war das erste Mal, dass das Europäische Parlament sich gegen den Einsatz von Kampfdrohnen und deren gezielte systematische Tötung aussprach. Aber ohne dieses Vorgehen grundsätzlich abzulehnen.

Immerhin hat das Europäische Parlament mindestens auf dem Papier deutlich Stellung genommen: Die Ablehnung und das Verbot gezielter Morde. Zudem das Verbot, sich an gezielten Morden zu beteiligen und autonome Waffen, die zukünftigen „Killer Roboter“, zu entwickeln, herzustellen und zu benutzen. Es sind auch Strafmaßnahmen vorgesehen, wenn das innerhalb der Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaates geschehen sollte, was vorerst noch undenkbar ist.

Außerdem sind Strafmaßnahmen für Mitglieder vorgesehen, die an einem gezielten illegalen Mord in einem dritten Staat beteiligt waren. Das könnte auf Deutschland zutreffen, das seit Jahren technologisch die notwendige Beihilfe zum gezielten Mord der Air Base Ramstein leistet. Aber, wie man so schön sagt: „Gesetze sind da, um gebrochen zu werden.“ Tricks, um das Gesetz zu umgehen, sind üblich. So ist jeder Angriff innerhalb der Grenzen eines anderen Staates eine Verletzung des Völkerrechtes, wenn er ohne die Genehmigung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen geschieht. Hat Deutschland die Genehmigung des Sicherheitsrats erhalten, zu dem Gebrauch von Drohnen für gezielte Mord beizusteuern?

Nach Amnesty International ist nicht vertretbar, dass die USA sich weltweit in bewaffnete Konflikte einzumischen oder Krieg gegen ein diffuses Netz aus nicht staatlichen Akteuren zu führen oder gezielt Individuen an jedem Ort und zu jeder Zeit zu ermorden, wenn sie es für nötig halten.

Der Verrat des Bündnis 90/Die Grünen

Vor einigen Jahren hat das Bündnis 90/Die Grünen die Drohneneinsätze und -Morde der Vereinigten Staaten und besonders die Mitwirkung an der Air Base Ramstein scharf kritisiert: Die Vereinigten Staaten von Amerika verstießen gegen das Völkerrecht in ihrem Krieg gegen den Terror. Als die Aktivitäten in Ramstein und von Africom nicht mehr zu verheimlichen waren, sagte der Abgeordnet des Bündnis 90/Die Grünen Jürgen Trittin schon am 15. Dezember 2016: „Wenn nichts unternommen wird, macht sich die Regierung mitschuldig.“

Am 16. Oktober 2019 stellte das Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag im Bundestag: Das Parlament sollte die Bundesregierung auffordern, Ermittlungen zum Tod von Zivilisten einzuleiten, die durch Drohneneinsätze getötet worden waren. Aus rein technologischen Gründen sei für diese völkerrechtswidrigen Tötungen die Satelliten-Relaisstation auf der Ramstein Airbase unerlässlich. Deshalb wurde damals auch der Fortbestand dieser Relaisstation in Frage gestellt. „Keine Nutzung der Ramstein Air Base für völkerrechtswidrige Tötungen“, hieß es.

Dann, am 20. Januar 2020, erklärte der Staatssekretär im Auswärtigen Amt Michael Roth (SPD), dass „nach Zusicherung der Vereinigten Staaten von Amerika in Ramstein das deutsche Recht geachtet wird“. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfallen gab der Klage Recht: „Deutschland muss die amerikanischen Drohneneinsätze prüfen.“ Aber die nächste Instanz, das Bundesverwaltungsgericht, wies am 25. November 2020 die Klage ab, mit der Behauptung: „In Deutschland werden keine Entscheidungen getroffen, sondern wird nur technische Hilfe geleistet.“

Jetzt ist das Bündnis 90/Die Grünen Teil der Regierung. Wenn Pressevertreter sie auf ihre frühere Einstellung ansprechen, bleiben sie die Antwort schuldig.

Außenministerin Annalena Baerbock lehnt wiederholt Interviewanfragen zu diesem Thema ab oder beteuert, die Vereinigten Staaten hielten sich in Ramstein an das geltende Recht. Auch ihre Staatsminister Tobias Lindner und Katja Keul lehnten über Monate Interviewanfragen des ARD-Magazins Panorama ab.

Nur die Bündnis 90/Die Grünen-Abgeordnete Merle Spellerberg äußerte sich. Es ging nicht darum, ob ihre Partei, jetzt an der Regierung, ihre früheren Forderungen umsetzen könnte: „Die Frage ist nicht, ob wir das könnten, sondern ob wir die Folgen, die damit einhergehen, in Kauf nehmen würden.“ Nichts lässt vermuten, dass sie dazu bereit sind.

Haben ihre enttäuschten Wähler und die Bürger Deutschlands da nichts zu sagen?


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