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Lost in Gender

Lost in Gender

Hinter einer Bewegung, die mehr Toleranz, mehr Gleichheit und mehr persönliche Entfaltung verspricht, verbirgt sich eine unheilvolle Tendenz.

Im Jahre 2010 wurde in Stockholm ein ganz besonderer Kindergarten gegründet: Egalia (1). Hier gibt es keine Jungen und keine Mädchen. Es gibt nur Freunde. Nicht mehr die Pronomen „er“ und „sie“ werden benutzt, sondern das neutrale „es“. Das biologische Geschlecht der Kinder ist hier kein Thema. In einer anderen schwedischen Schule wird auf Spielzeugautos verzichtet, da Jungen ihnen beim Spielen eine größere Bedeutung beimessen. Und an einer weiteren Schule wurde den Kindern die freie Spielzeit gestrichen, damit sie nicht in alte Rollenmuster zurückfallen und ganz frei aufwachsen können.

Auch hierzulande soll sich jeder frei und individuell entfalten können. Komm, wie du bist, wirbt die Fastfoodkette McDonalds. Sei du selbst! heißt es in der Genderbewegung. Während es in Deutschland einen Gedenktag für die Gewalt an Frauen und einen zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch gibt, gibt es einen Internationalen Tag für trans*Sichtbarkeit, einen Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie, einen Internationalen Tag der nichtbinären Menschen, einen Coming-Out-Tag, einen Internationalen Tag der Pronomen, einen Tag der Inter*Solidarität und einen Gedenktag für die Opfer von Transphobie.

Hinter der Genderbewegung steht eine gewaltige Lobby. Allein in Deutschland gibt es 173 Lehrstühle für Genderforschung (2). Erstmals 1997 wurden die Gender Studies an der Humboldt-Universität in Berlin institutionalisiert. Erforscht wird, wie das Geschlecht menschliche Gemeinschaften prägt und wiederum von ihnen geformt wird. Im Gegensatz zum biologischen Geschlecht, englisch sex, bezeichnet der Ausdruck gender das soziale oder psychologische Geschlecht einer Person. Gender, so die Definition, wird als durch Menschen gemachte, soziale Realität gesehen — und nicht als natürlich gegebenes Faktum.

Das Natürliche wird zu etwas Gemachtem, die Biologie zur Soziologie. Innerhalb weniger Jahre wurde eine Bewegung geschaffen, nach der es eine natürliche Bestimmung der Geschlechter nicht gibt.

Alles, was auf geschlechtlicher Ebene zur Legitimation von Diskriminierung herangezogen werden könnte, muss abgeschafft werden. Gender Mainstreaming soll gewährleisten, die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Menschen aller Geschlechter bei allen Entscheidungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen offenzulegen und zu berücksichtigen, um so eine allgemeine Gleichstellung zu bewirken.

Abgedrängt

Freiheit, Gleichstellung, Toleranz, Selbstentfaltung — das klingt fortschrittlich und gut. So ist es in Deutschland heute ganz leicht, mit einer Selbsterklärung beim Standesamt seinen geschlechtlichen Eintrag ändern zu lassen. Gerichtsverfahren, Gutachten oder eine geschlechtsangleichende Operation sind hierfür nicht nötig. Die Wartefrist, bis die Änderung eintritt, betrifft drei Monate. Mit einer jeweiligen Sperrfrist von zwölf Monaten ist es möglich, sein Geschlecht so oft umändern zu lassen, wie man will.

Den Bedenken, dass Männer es so immer einfacher haben, in bisher geschützte Frauenräume einzudringen, begegnet der Gesetzgeber mit dem lapidar dahingeworfenen Argument, dass es keinen Sinn machen würde, aus diesem Grund sein Geschlecht zu wechseln.

Wie immer sind es die Frauen, die den Kürzeren ziehen. Ob in Umkleidekabinen, in Toiletten, in der Sauna, auf dem Sportplatz, bei Misswahlen oder beim Eurovision Song Contest: Transfrauen machen das Rennen.

Auch in Frauenhäusern riskieren Frauen, verdrängt zu werden. Diese Orte des Schutzes, die gewaltbetroffenen Frauen und ihren Kindern Unterkunft, Beratung und Begleitung zu jeder Tages- und Nachtzeit bieten, stehen auch für Transfrauen offen. Für viele Frauen, die eine Gewalterfahrung mit einem Mann hinter sich haben, eine unzumutbare Konfrontation und ein Problem, für das es keine Lösung gibt: Frauenhäuser, die nicht offen für Transfrauen sind, riskieren, finanziell ausgetrocknet und letztlich geschlossen zu werden.

Im Namen des Guten

Im Oktober 2017 erkannte das Bundesverfassungsgericht, das höchste Gericht Deutschlands, an, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt. Damit haben intergeschlechtliche Personen das Recht auf eine positive Anerkennung ihrer Geschlechtsidentität. In einem aktuellen Gesetzesentwurf schlägt die deutsche Bundesregierung umfassende Anpassungen am Abstammungs- und Kindschaftsrecht vor, die die Geburtsurkunde grundlegend verändern würden (3).

Aktuell dokumentiert die Geburtsurkunde die biologische Abstammung und begründet eine elterliche Verantwortung durch eine Mutter und einen Vater. In Zukunft soll es möglich sein, dass die Geburtsurkunde die Biologie außer Acht lässt. Das Sorgerecht soll auf bis zu vier erwachsene Elternteile aufgeteilt werden können, unabhängig von biologischen Verwandtschaften. So kann etwa die Partnerin der leiblichen Mutter als Zweitmutter in die Geburtsurkunde eingetragen werden. Im Zuge der Gleichberechtigung könnten homosexuelle männliche Paare ähnliche Ansprüche anmelden.

Damit ändert sich grundsätzlich die Frage nach dem Kinderwunsch. Wäre es nicht ungerecht, wenn nur weibliche Paare eigene Kinder bekommen können? Eifrig setzt sich die Initiative Men having Babies dafür ein, dass auch Männern ermöglicht werden soll, eigene Kinder zu haben (4).

Da sie ihren Kinderwunsch jedoch nur über eine Eizellenspende und eine Leihmutter erfüllen können, öffnet sich damit die Tür für gleich zwei bisher in Deutschland verbotene Praktiken: Frauen- und Kinderhandel.

Business as usual

Bisher hatte die Frau ihren Körper für die Prostitution zur Verfügung gestellt. Heute gibt sie auch ihre Gebärfähigkeit gegen Geld. Fertilitätstourismus ist bereits zu einer Routine geworden. Die Eizelle kommt aus Japan, der Samen aus Südafrika, und in Thailand gibt es Leihmütter, die die Embryonen austragen. Was damit begann, den Kinderwunsch unfruchtbarer Paare zu erfüllen oder Embryonen aufgrund bestimmter genetischer Dispositionen zu selektieren, hat sich zu einem globalen lukrativen Geschäft entwickelt.

Menschliche Brutkästen werden eingekauft, Körper gezielt verbessert und unerwünschte Merkmale aussortiert. Augenfarbe, Körperbau, Eigenschaften — bis ins Detail können die neuen Babys der Menschheit designt und den Ansprüchen der Kunden angepasst werden. Schon wird öffentlich über maschinelle Babyzucht nachgedacht (5).

So wird eine Agenda verfolgt, die die liebevolle Vereinigung zweier Menschen durch Bioengineering und Künstliche Intelligenz ersetzt.

Gleichzeitig werden Begriffe wie „Mutter“ und „Muttermilch“ durch „gebärende Person“ und „Milch vom stillenden Elternteil“ ersetzt. Auch technisch, so zeigt es der Dokumentarfilm Future baby, wird es zunehmend möglich, die Mutter abzuschaffen (6). Der künstlichen Erzeugung des Lebens steht nichts mehr im Wege. Die Firma Renewal Bio etwa erzeugt künstliche Embryonen aus Stammzellen (7), und die Firma Colossal Biosciences verspricht, ausgestorbene Arten wieder zum Leben erwecken zu können (8).

Männlich? Weiblich?

Indem ich solche Sachen schreibe, mache ich mich verdächtig. Sollten Sie bis hierher gelesen haben, ohne sich über mich zu empören, riskieren auch Sie, als TERF dazustehen: als trans-ausschließende Radikalfeministin, die transgender Personen und insbesondere Transfrauen diskriminiert.

Da mein Ruf eh schon ruiniert ist, setze ich ungeachtet der Tatsache, dass Gendern das biologische Geschlecht außen vor lässt, noch ein paar Sahnehäubchen auf die Torte: Wie ist es eigentlich, sich männlich oder weiblich zu fühlen — oder eben nicht männlich oder weiblich? Und was ist das überhaupt, männlich und weiblich? Was fühlen Menschen, die sich heute als Mann, morgen als Frau und übermorgen als etwas dazwischen fühlen?

Wie ist es, einen Penis zu haben und sich als Frau zu fühlen, sich mit einer Vagina als Mann zu fühlen, oder ein biologisches Geschlecht zu haben und sich als gar nichts zu fühlen? Woher weiß ein Mann, wie sich eine Frau fühlt? Woher weiß eine Frau, wie sich ein Mann fühlt? Wie kann ein Mann weibliche Lust empfinden? Was weiß ein Mann von dem Unterschied zwischen klitoralem und vaginalem Orgasmus? Was weiß er von Monatsblutung, von Schwangerschaft und Geburt, um sich weiblich fühlen zu können?

Zwei Seelen in einer Brust

Auch wenn die Genderdebatte für viel Verwirrung und Unfrieden sorgt, so hat sie dies für sich: Sie bringt uns dazu, darüber nachzudenken, was es eigentlich bedeutet, Mann oder Frau zu sein. Die diesbezüglich bekannteste Philosophie ist das chinesische Yin und Yang. Demnach stehen sich männlich und weiblich als ergänzende Prinzipien gegenüber.

Im Männlichen ist das Weibliche enthalten und im Weiblichen das Männliche. Beide halten sich gegenseitig im Gleichgewicht, beide sind notwendig für das Gleichgewicht der Welt.

Carl Gustav Jung, Begründer der analytischen Psychologie, prägte die Begriffe Animus und Anima. Sie gelten als Archetypen: als im kollektiven Unbewussten angelegte und von individueller Erfahrung unabhängige Vorstellungen und Gefühle. Beide gelten als Teile der menschlichen Seele. Anima ist das weibliche Prinzip in der inneren Einstellung des Mannes. Als unbewusster Anteil wird es nicht im Inneren der Person ausgelebt und praktiziert, sondern als Ergänzung einer fehlenden inneren Weiblichkeit nach außen projiziert.

Unbewusst verdrängt oder verleugnet der Mann dieses lebendige Potenzial in sich und sieht es als etwas Fremdes, Feindseliges und Bedrohliches, das bekämpft werden muss. Gleichzeitig wünscht er sich von der Frau, die Verkörperung des Verdrängten zu sein.

Animus ist die unbewusste männliche Kraft in der Frau. Statt ihre eigenen ihr innenwohnenden Kräfte zuzulassen und sich selbst diese Ressourcen anzueignen, projiziert sie ihren Wunsch nach einem erfolgreichen, faszinierenden, exotischen Liebhaber nach außen, der sie auf sexuelle oder romantische Weise erobern soll. Die unbewusste Schattenseite bemüht sich, den unausgelebten Anteil durch den Partner zu ergänzen. So spiegeln sich zwei unvollkommene Personen gegenseitig wider, was dem jeweils anderen fehlt.

Gemeinsam wachsen

Die Konflikte, die hieraus entstehen können, bergen ein großes Entwicklungspotenzial (9). Das Ziel einer Partnerschaft sollte es nicht sein, das polarisierende Bild zu pflegen und die verdrängten eigenen Schatten auf das Gegenüber zu projizieren, sondern sich gegenseitig zu fördern und zu unterstützen, um mit der eigenen Schattenseite in den Dialog zu kommen. In der Öffnung für das eigene Unbewusste kann sich das egozentrische Handeln auflösen. Der Partner wird nicht mehr als getrenntes Objekt wahrgenommen, sondern tritt mit dem liebenden Subjekt in eine sich ergänzende Verbindung. Aus dem Ich wird ein Wir. Aus kindlicher Bedürftigkeit erwächst ein erwachsenes Verantwortungsbewusstsein.

In der Beliebigkeit des Geschlechtlichen verschwindet diese Möglichkeit, aneinander zu wachsen. Wer sein Geschlecht an seinem sozialen Verhalten festmacht, riskiert, an der wichtigsten Frage, die sich ein Mensch stellen kann, vorbeizuleben: Wer bin ich?

Statt um das Sein geht es um Rechtschreibung. Statt der Suche nach Einheit und Ganzheit gibt es Selbstdarstellung, statt Empathie Egoismus — und statt Liebe und Verbindung einen Kampf der Geschlechter.

Vieles steht auf dem Spiel. Egal welchen Geschlechts wir sind: Wir alle riskieren letztlich unsere Menschlichkeit zu verlieren. Denn am Ende steht der künstlich erschaffene Mensch. Nicht nur seine Größe und seine Augenfarbe werden vorbestimmt sein, sondern auch seine politische Korrektheit, seine Folgsamkeit und seine Einstellung zu allem Künstlichen. Texte wie diesen wird er jedenfalls nicht mehr schreiben können.


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Quellen und Anmerkungen:

(1) https://www.aktion-kig.eu/2012/12/schweden-geschlechtsneutrale-erziehung/
(2) https://www.matriarchiv.ch/matriarchatsforschung/geschichte-und-forschung/
(3) https://www.bmj.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/0116_Reform_Abstammung_Kindschaft.html
(4) https://menhavingbabies.org/
(5) https://www.youtube.com/watch?v=O2RIvJ1U7RE
(6) https://www.futurebaby.at/
(7) https://www.renewal.bio/
(8) https://colossal.com/
(9) https://www.aerzteblatt.de/archiv/192828/Psychodynamik-und-Paartherapie-Anima-und-Animus

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