Die Charta der Vereinten Nationen billigt den Einsatz von Gewalt nur dann, wenn ein angegriffener Staat sich verteidigt oder der UN-Sicherheitsrat den Militärschlag genehmigt hat. Beides war beim Angriff von Trump auf Syrien nicht der Fall.
Auch die Vorgänger von Trump haben illegale Kriege geführt. Barack Obama hat 2014 Syrien ohne Mandat der UNO bombardiert. Darum ist Obama ein Kriegsverbrecher. George Bush Junior hat 2003 ohne Mandat der UNO den Irak angegriffen. Darum ist Bush ein Kriegsverbrecher. Bill Clinton hat 1999 ohne Mandat der UNO Serbien bombardiert. Darum ist Clinton ein Kriegsverbrecher.
Neutrale Schweiz?
Die Schweiz ist ein neutrales Land. Wir sind nicht Mitglied der NATO. Wir beteiligen uns nicht an Angriffskriegen. Und wir haben keine Sympathien für Kriegsverbrecher.
Umso erstaunlicher ist es, dass die führende Tageszeitung der Schweiz den illegalen Angriff von Trump auf Syrien vor einem Monat lobend unterstützt hat.
Es handele sich um eine „notwendige Strafe für Assad“, lautete der Titel der NZZ auf der ersten Seite am 7. April 2017. Obschon in keiner Weise geklärt ist, wer für den Giftgasanschlag Tage zuvor verantwortlich war, schob die NZZ die Schuld Assad in die Schuhe und stellte sich hinter den US-Angriff. Trump habe „überraschend schnell und entschlossen auf das mit größter Wahrscheinlichkeit vom syrischen Regime verübte Giftgas-Massaker im Rebellengebiet von Idlib reagiert“, schrieb NZZ Redakteur Andreas Rüesch anerkennend.
Herr Rüesch ist seit 1996 Mitglied der Auslandsredaktion der NZZ und zuständig für die Dossiers zu den USA, Russland und Zentralasien. Er hat wie ich Geschichte studiert. Und er hat wie ich einen Doktor in Geschichte erworben. Daher ist er ohne Zweifel sehr gut über die internationale Zeitgeschichte informiert. Rüesch kennt natürlich auch das Gewaltverbot der UNO. Er weiß, dass dieser Angriff von Trump illegal war, unabhängig davon, wer für den Giftgasanschlag verantwortlich ist.
Ist man mit der NZZ gut informiert?
Noch vor 25 Jahren, als ich an der Universität Basel studierte, sind wir Studenten ganz stolz mit der NZZ unter dem Arm durch die Universitätsbibliothek gelaufen. Internetzeitungen wie Rubikon, NachDenkSeiten oder Infosperber gab es damals noch nicht. Niemand hätte bestreiten wollen, dass die NZZ zu diesem Zeitpunkt die beste Zeitung der Schweiz war. Und wer sie unter dem Arm trug und darin las, signalisierte allen anderen Studentinnen und Studenten klar: Ich bin gut informiert.
Natürlich gibt es weiterhin gute Journalisten und gute Artikel in der NZZ. Aber gerade bei den Themen Krieg und Terror, zu denen ich selber intensiv forsche, bin ich von der NZZ enttäuscht. Die offenen Fragen zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und zum WTC7 werden in der NZZ kaum behandelt. Man folgt seit 16 Jahren blind der Geschichte von Präsident Bush.
Und nach dem Angriff auf Syrien frage ich mich verwundert:
Warum unterstützt die NZZ den illegalen Angriffskrieg von Trump? Warum werden niemals Politiker von NATO-Staaten als Kriegsverbrecher bezeichnet, sondern immer nur Politiker aus Staaten außerhalb der NATO?
Es ist nicht so, dass die NZZ Trump immer gelobt hätte. Das ist überhaupt nicht der Fall. Nach der Wahl von Trump erklärte die NZZ am 9. November 2016, er sei der „falsche Präsident“. Es sei eine „Schreckensnachricht“, dass die USA einen „Demagogen“ gewählt haben. Erst als Trump Syrien bombardierte und damit zum Kriegsverbrecher wurde, begann die NZZ ihn zu loben.
Die Zeitung kostet stolze 816 Franken pro Jahr. Die Leser erwarten eine neutrale und unabhängige Berichterstattung sowie Schweizer Qualität. Aber entspricht es Schweizer Qualität, dass man Angriffskriege lobt und gleichzeitig das bestehende UNO-Gewaltverbot den Leserinnen und Lesern verschweigt?
Mediennavigator
Der Mediennavigator der Website Swiss Propaganda Research zeigt, dass die NZZ als NATO-konform einzustufen ist.
Dies bedeutet, dass der Leser und die Leserin erwarten muss, dass Angriffskriege von NATO-Staaten auf andere Länder von der NZZ nicht kritisiert, sondern unterstützt werden. Die Daten zum Angriff von Trump auf Syrien vor einem Monat bestätigen dieses Muster.
Das Problem ist: Viele NZZ-Leser wissen das nicht, und erwarten eine neutrale und objektive Darstellung der internationalen Politik.
Ich empfehle jedem, dass er immer wieder den Medien-Navigator konsultiert, um zu sehen, aus welcher Perspektive die Zeitung schreibt, welche er gerade liest.
Zudem empfehle ich, immer wieder verschiedene Marken zu lesen. Denn das Diktum von Friedrich Nietzsche gilt: Es gibt nur perspektivisches Sehen. Keine Zeitung kann alle Perspektiven abdecken.
Die verkaufte Auflage der NZZ beträgt derzeit noch 104.000 Stück. Wie viele andere Tageszeitungen befindet sich die NZZ in der Krise. Noch 2005 betrug die Auflage 150.000 Stück. In nur einer Dekade hat die NZZ, einst die wichtigste Tageszeitung der Schweiz, ein Drittel ihrer Abonnenten verloren. Die Digitalisierung und die laufende Medienrevolution haben auch die NZZ erfasst.
Angriffskriege zu unterstützen, scheint mir keine kluge Strategie, um Neuleser zu gewinnen.
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