Wer sich intensiver damit befassen will, wem er das zu verdanken hat, sollte das am 1. Oktober 2021 erschienene Buch mit dem Titel „Greta, Klima und Corona“ (1) lesen, das im gemeinnützigen Verein „Der Politikchronist“ erscheint.
Das Buch beschreibt die Entwicklung der Klimabewegung, nennt die Hauptprotagonisten, und mit welchen Mitteln sie „die Welt retten“ wollen. Es geht also nicht um die Frage, ob CO2 das vom Menschen verursachte größte Problem der Welt ist, sondern darum, wer diese Behauptung wie und warum in die Politik brachte. Dabei spielt zwar Greta Thunberg eine Rolle, aber ganz andere Kräfte definierten diese Rolle.
Hier nun das Kapitel „Umweltschutz als Retter des Kapitalismus?“ als Einblick in die Texte.
In den ganzen, von den „gemeinnützigen” NGOs und Regierungen geförderten Projekten geht es niemals darum, eine Alternative zum auf Wachstum und Ausbeutung angewiesenen Kapitalismus zu diskutieren. Vielmehr soll der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben werden, etwas anderes steht nicht zur Debatte. Außer der Forderung, dass diejenigen, die am wenigsten von der Ausbeutung profitierten, nun am meisten zur Veränderung beitragen sollen.
Am 25. August 2015 konnte man eine typische Zielsetzung der Politik der „Umweltschützer” in den Reihen des Establishments in The Atlantic lesen. In einem Artikel über Al Gore und David Blood heißt es dort:
„Wir schaffen die Voraussetzung für eine lange anhaltende Gier“ („We are making the case for long-term greed“) (2).
Das hört sich eigentlich nicht nach einem Paradigmenwechsel an. Ebenso wenig wie der Rest des Artikels, insbesondere wenn man die wirtschaftlichen Aktivitäten der Protagonisten sieht.
Cory Morningstar (siehe Anmerkung unten) erklärt in Kapitel 3 ihres Buches, dass ein beispielloses Phänomen in der Expansion des Kapitals im Westen zu beobachten ist. Nämlich wie die Macht der Berühmtheit im Rahmen der heutigen globalen Einflussfaktoren voll benutzt werde, um ein Gefühl der Dringlichkeit, hier im Hinblick auf die Klimakrise, zu erzeugen. Die unausgesprochene Realität sei, dass diese Dringlichkeit insbesondere notwendig ist, um eine Marketingstrategie zur Rettung des Kapitalismus zu entwickeln.
In der Financial Times vom 27. Juli 2014 las man die Warnung von David Blood und Al Gore, dass der Kapitalismus auseinanderbrechen könnte.
„‚Jetzt sei der entscheidende Moment für Investoren‘, fährt er fort. ‚Die nächsten fünf bis zehn Jahre sind der kritischste Zeitpunkt, um den Übergang zu einer Wirtschaft mit geringem CO2-Ausstoß zu beschleunigen. Wir denken, dass der Kapitalismus Gefahr läuft, auseinanderzufallen. Infolgedessen planen die Wirtschaftsunternehmen, die in der jüngeren Vergangenheit relativ zurückhaltend hinsichtlich der Mechanismen waren, mit denen Investitionen in Nachhaltigkeit verbunden sind, ihre Sichtbarkeit zu verbessern‘“ (3).
Diese Wirtschaftszweige müssten nun alles auf eine Karte setzen und viel aggressiver werden, weil es ihre Verpflichtung sei, sie es müssten, konnte man lesen.
Am 8. September 2015 las man in einem Artikel im Institutional Investor, dass David Blood und Al Gore die nächste Generation erreichen wollten. Es wurde bekannt gemacht, dass das „California State Teachers' Retirement System” (CalSTRS: die Rentenversicherung der Lehrer, welche mit 191 Milliarden Dollar der zweitgrößte öffentliche Fonds in den USA ist) der erste institutionelle Anleger sei, der in „Generation Investment Management” investierte (4). CalSTRS ist die Rentenversicherung der Lehrer und mit 191 Milliarden Dollar der zweitgrößte öffentliche Fonds in den USA. Jack Ehnes, der CEO von CalSTRS ist auch im Vorstand von Ceres (5). Ceres (6) ist eine gemeinnützige Organisation mit einflussreichen Investoren und Firmen, die nachhaltige Investitionen fördern.
Der gleiche Artikel beleuchtet die treibende Kraft hinter den Umwelt-NGOs, die den gemeinnützigen Industriekomplex und die Netzwerke von Vorständen und Aufsichtsräten umfassen, die den gemeinnützigen Industriekomplex (NPIC) mit der Finanzwelt der Unternehmen verschmelzen:
„‚Ich würde Leuten, die sich von fossilen Energieträgern trennen wollen, raten, einen Blick auf Generation Investment Management zu werfen‘, sagt Larry Schweiger, ein langjähriger Naturschützer und Vorstandsmitglied des Climate Reality Project, einer von Gore gegründeten gemeinnützigen Organisation zur Förderung von Bildung und Initiativen zum Klimawandel. Schweiger war von 2004 bis 2014 Präsident und CEO der National Wildlife Federation; unter seiner Leitung wurde der NWF zu einem Investor bei Generation Investment Management. ‚Es war eine der leistungsstärksten Anlagen in unserem Portfolio‘, sagt er“ (8).
Und so steigerten sich die Aktionen im Laufe der Zeit. Schauen wir in das Jahr 2018. Al Gore durfte einen Artikel in der Financial Times mit dem Titel „Nachhaltigkeit ist die größte Geschäftsmöglichkeit in der Geschichte” veröffentlichen. Wobei die „Geschäftsmöglichkeit” nicht für uns gemeint war, sondern für jene, die vorher die Umwelt zerstörten, während wir nun dafür zahlen sollen.
„Generation Investment Management zählt große öffentliche Investoren zu seinen Kunden, wie CalSTRS, den 223 Milliarden Dollar schweren kalifornischen Lehrerpensionsplan, den staatlichen Pensionsplan mit einem Volumen von 192 Milliarden Dollar und den Pensionsfonds der britischen Umweltbehörde. Sie verwaltet auch Geld für vermögende Privatpersonen, hat sich aber noch nicht für Privatanleger geöffnet. Fast alle seine Vermögenswerte werden in Aktienmandaten verwaltet, allerdings sind 1 Milliarde USD in privates Beteiligungskapital (Private Equity) investiert“ (9).
Dass die Investitionschancen nicht für den Normalverbraucher geöffnet werden, der ja in erster Linie als Steuerzahler die Profite finanzieren soll, könnte der folgende Text verraten:
„Ich rief Generation Income an und stellte fest, dass ihre Investitionsmöglichkeiten begrenzt sind. Sie haben zwei Investmentfonds — Global Equity und Asia Equity. Der Global Equity Fonds ist derzeit geschlossen — es gibt eine mehrjährige Warteliste, die ebenfalls geschlossen ist. Die Mindestinvestition beträgt 1 Million Dollar, und Sie müssen eine Superakkreditierung erhalten. Der Fonds scheint sich an institutionelle Investoren zu richten — nicht an Einzelpersonen. Der Asia Equity Fund ist offen, aber es gelten die gleichen Mindestanforderungen (mindestens 1 Mio. USD)“ (10).
Morningstar erklärt, dass die Vorstände von Generation Investment Management unter anderem ökologische Lichtgestalten wie Mary Robinson sind, ehemalige Präsidentin Irlands und Gründerin der gemeinnützigen Mary Robinson Foundation. Robinson arbeitet außerdem in Richard Bransons B Team mit, das von Purpose, dem PR-Arm von Avaaz, gemanagt wird.
Nun könnte man annehmen, dass die Investmentfirma Generation Investment Management, die angetreten ist, um Finanzmittel für besonders nachhaltiges Wirtschaften bereitzustellen, Vorhaben wie Windparks, Sonnenenergieproduktion und Ähnliches finanziert. Tatsächlich investiert die Firma in ungefähr 125 Firmen auf der ganzen Welt, wobei die Auswahl in erster Linie auf „der Qualität des Geschäftes und des Managements” basiert. Was die Firma auch ganz locker und frei preisgibt (11).
Morningstar weist darauf hin, dass das Portfolio von Generation Investment Management multinationale Konzerne wie Amazon, Nike, Colgate oder MasterCard beinhaltet. Außerdem die Chipotle Restaurant-Kette (12) und zahlreiche Werte im Bereich von Gesundheit und Technologie (13). Da alle diese Firmen in fossile Energie investierten oder von ihr abhängig sind, ist schwer zu erkennen, wie das eine Investition in „Nachhaltigkeitswirtschaft” sein soll.
„(Gore) und seine Kollegen zielen auf ein kleines Publikum in der Finanzwelt, das den Kapitalfluss steuert, und auf die politischen Autoritäten, die die Regeln für das Finanzsystem festlegen. ‚Es stellt sich heraus, dass im Kapitalismus die Menschen mit dem wirklichen Einfluss diejenigen mit dem Kapital sind!‘ Das hat mir Gore bei einem unserer Gespräche in diesem Jahr erzählt. Die Botschaft, von der er hofft, dass sie die Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird, wäre die des Erfolgs von Generation Investment Management. Es wäre eine, welche die Investoren der Welt nicht ignorieren können: Sie können mehr Geld verdienen, wenn sie ihre Praktiken in einer Weise ändern, die gleichzeitig auch den ökologischen und sozialen Schaden reduziert, den der moderne Kapitalismus anrichten kann“ (14).
Quellen und Anmerkungen:
Cory Morningstar ist eine unabhängige investigative Journalistin, Autorin und Umweltaktivistin, die sich auf den globalen ökologischen Kollaps und die politische Analyse des „gemeinnützigen“ Industriekomplexes konzentriert. Sie wohnt in Kanada. Ihre jüngsten Veröffentlichungen finden sich bei Wrong Kind of Green, The Art of Annihilation, Political Context, Counterpunch, Canadians for Action on Climate Change und Countercurrents.
(1) https://www.politikchronist.org/index.php/hikashop-menu-for-categories-listing/product/55-greta-klimaschutz-und-corona.html
(2) https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2015/11/the-planet-saving-capitalism-subverting-surprisingly-lucrative-investment-secrets-of-al-gore/407857/
(3) https://www.ft.com/content/9fe06a2a-11b7-11e4-8279-00144feabdc0
(4) https://www.institutionalinvestor.com/article/b14z9wt9vk3ycy/david-blood-and-al-gore-want-to-reach-the-next-generation
(5) https://www.institutionalinvestor.com/article/b14z9wt9vk3ycy/david-blood-and-al-gore-want-to-reach-the-next-generation
(6) https://www.calstrs.com/profile/jack-ehnes
(7) https://www.ceres.org/index.php/about-us
(8) https://www.institutionalinvestor.com/article/b14z9wt9vk3ycy/david-blood-and-al-gore-want-to-reach-the-next-generation
(9) https://www.ft.com/content/1757dc40-486f-11e8-8ee8-cae73aab7ccb
(10) https://aiofinancial.com/generation-investment-management/
(11) https://www.institutionalinvestor.com/article/b14z9wt9vk3ycy/david-blood-and-al-gore-want-to-reach-the-next-generation
(12) https://finance.yahoo.com/news/already-48-2018-bill-ackman-040808960.html
(13) https://www.bloomberg.com/news/articles/2019-01-04/genetic-analysis-firm-gets-77-million-to-fund-growth-eyes-ipo
(14) http://www.resilientinvestor.com/al-gore-sri/
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