Warum wollt ihr unbedingt sterben?
Unter dem Begriff „Fatalismus“ konnte ich mir nie viel vorstellen, im Gegensatz zu anderen Wörtern mit lateinischer Wurzel, etwa Optimismus: Da erschien mir schon als kleinem Buben die noch unsichtbare Sonne hinter den Bergen, die mit Sicherheit aufgehen und mich wärmen würde, mochten Pessimisten noch so sehr beschwören, dass nun wahrscheinlich doch endlich mal aller Tage Abend eingetroffen und alles verloren sei — was manchmal indes ebenfalls recht charmant sein konnte, wenn man zum Beispiel beim Fußball null zu sechs verloren hatte, mit gesprengter Gelenkkapsel sowie zwanzig Donald-Duck-Heften auf dem Sofa lag und von schönem Wetter sowieso nichts gehabt hätte. Auch der Realismus ließ ein klares, scharf geschnittenes, selbst in düstersten Lagen inwendig leuchtendes Bild einer Welt aufscheinen, die vielleicht nicht die beste aller denkbaren, sicher aber besser als alle anderen möglichen Welten ist, wenn man sich auf sie einlässt und sich als wesentlichen Teil ihres Fortgangs begreift.
Aber „Fatalismus“? Den brachte ich höchstens mit dem alljährlichen Zahnarztbesuch vage in Verbindung: Da muss man halt hindurch, damit es danach genauso schlimm oder schön ist wie zuvor. „Es hilft nichts“, pflegte meine Oma zu sagen, die weitaus schlimmere Zeiten überstanden hatte als eine halbe Stunde widerwärtiges Herumgestocher in entzündeten Nervenwurzeln. Auch diesen Satz verstand ich nicht ganz: Was ist das „es“, das nichts hilft, oder gibt es dieses „es“ gar nicht explizit, sondern wollte sie sagen, dass überhaupt nichts hilft und die Dinge — welche auch immer — sich schon von selbst wieder zum Guten wenden, so wie es keine Berge geben kann, hinter denen die Sonne sich versteckt oder von grummeligen Naturgeistern versteckt wird, wenn dazwischen nicht Täler herumliegen?
Etwas klarer wurde mir der Begriff „Fatalismus“ erst mit dem Amtsantritt des seltsamen Bundeskanzlers Olaf Scholz und seiner noch viel seltsameren Antrittsrede, in der er in einer Art schwarzen Parodie den einstigen britischen Regierungschef Churchill und dessen „Blut, Schweiß und Tränen“-Demagogie nachzuäffen schien: Unvermeidbar nötig sei eine „Zeitenwende“ und der kollektive Marsch in die Dunkelheit, in Leid, Entbehrung, Zwang und Krieg.
Seltsam war daran erstens, dass er mit keinem Wort erwähnte, warum und wozu das nötig sei, zweitens dass er die Hölle, auf die er sein Volk einschwor, nicht etwa als Phase, sondern als Zweck und Ziel an und für sich zu betrachten schien, und drittens, dass er damit offensichtlich selbst keinerlei Hoffnung oder wenigstens Aussicht auf irgendwas verband. Das, was nun komme und was wir erleiden müssten, schien er zu sagen, sei zwar scheiße, aber anders gehe es nun einmal nicht, weil dies so sei.
Folgerichtig legte sich von da an auf das Land und seine Menschen eine Art Mehltau, der alles zu überziehen schien: Es ist zwar scheiße, schienen mit einem Mal alle zu denken, zu fühlen und zu glauben, aber anders gehe es halt nicht, wir müssen da nicht etwa hindurch, sondern einfach nur hinein, ohne irgendeinen Anhaltspunkt, dass es danach wieder hinausgehe in was auch immer — dass es überhaupt ein „Danach“ gebe oder möglicherweise irgendwann geben werde.
Dass jemand so etwas mit sich machen lässt, erschien mir fast noch irrealer als die Ankündigung selbst: Mag sein, dass Medizin manchmal bitter schmeckt. Mag sogar sein, dass ihre Bitterkeit ein Gradmaß für die heilende Wirkung ist. Aber wer würde sich denn vorsätzlich selbst vergiften oder vergiften lassen, nur um endlich krank zu werden? Und sich hinterher sagen zu lassen, nun, wo man so weit sei, müsse man aber konsequent weitermarschieren und als Nächstes den eigenen Selbstmord einleiten?
Das führt zu Missmut. Und Missmut führt bei zunehmender Verbreitung dazu, dass jemand das Grollen anfängt. Und dann verbreitet sich das Grollen weiter, wird hier und da zum lauten „Pah!“, womöglich gar zu vereinzeltem Zeigefingerhub versprengter Querdenker, die behaupten, das alles müsse gar nicht so sein und man könne was dagegen tun.
Das wiederum macht fatalistischen Führern wie dem Scholz und seinen windigen Finsterlingen schon als bloße Möglichkeit Angst. Die sehen sich dann plötzlich wie in einem dichten Wald umstellt und umlauert von „Hass und Hetze“, die scheinbar wie böse Pilze aus dem dumpfen Grund ploppen und sprießen, ohne dass irgendwer die Sporen verstreut hätte.
Noch paradoxer ist, was ihnen als vermeintliches Gegenmittel einfällt: Hass und Hetze nämlich, und zwar mit einer solchen Vehemenz, Lautstärke und Allgegenwart, dass „Hass und Hetze“ einfach nicht mehr durchkommen — gegen Gift, so scheint man zu meinen, hilft nur noch mehr Gift, noch viel mehr Gift.
So wie gegen Armut bekanntlich nur noch mehr Kürzung, Streichung und Verarmung hilft, gegen Lärm nur noch viel mehr Getöse, gegen Ausbeutung nur weitere, völlige Unterwerfung, gegen Krieg nur noch mehr Krieg. Und wenn der dann — weil von vornherein aussichtslos — endgültig verloren ist, hilft nur noch ein „Siegesplan“. Es ist ein Jammer, alles insgesamt und überhaupt. Aber das — und dass es angeblich sein muss — hatten wir ja schon.
Und was sagen die solcherart Beherrschten und Ruinierten dazu? Da gibt es sozusagen regionale Unterschiede: Die Franzosen jagen ihre Herrscher, Könige und „gemäßigten“ Makronen traditionell immer mal wieder zum Teufel, die Italiener wurden ihren Duce, der sich in seinem kreuzblöden Größenwahn an den Hitler getackert hatte, ebenfalls einigermaßen rechtzeitig selber los. Die Iren lassen sich erbkranke Blutegeldynastien noch weniger gern gefallen als die Schotten; Schweden und Weißrussen pfeifen im Zweifelsfall sogar auf den Weltgeldkaiser und seine „Health“-Mafia, und sowieso haben derzeit mindestens zwei Drittel der Welt keine Lust mehr, dem Dollarimperator die Zehennägel zu küssen.
Nur die Deutschen, ach. Die ließen sich unter einem Kaiser in ein „zweites“ Reich zwingen, als die meisten anderen den Quatsch längst aufgegeben hatten oder kurz davor standen, obwohl nicht mal der Kaiser selbst von diesem Reich begeistert war. Danach gründeten sie gleich noch ein „drittes“, und als dieses nach dem Versuch, halb Europa auszurotten, endlich zum rauchenden Dunghaufen zusammengekracht war, beschworen sie noch monatelang wie die Irren den „Endsieg“. Aus dem wurde aber auch nichts, weshalb sie sich nun schon zum dritten Mal in gut hundert Jahren in den absehbaren Untergang treiben lassen.
Die nehmen es hin, dass ihre wahnsinnigen Führer ihre irren Parolen nicht etwa in schalldichten Hinterzimmern schmettern, sondern in Funk- und Fernsehmikrophone hinein. Die lassen sich die Städte vollhängen mit Reklame für Krieg, Mord und Militär, auf denen kleine Buben in Uniform gezeigt werden, die man ihnen nun wegnehmen will, damit sie sich an der Ostfront — Verzeihung: „-flanke“ — zerfetzen lassen beziehungsweise, falls sie großes Glück haben, als mentale, seelische und körperliche Krüppel ein paar Jahrzehnte lang durch die Hölle der Traumata und des Elends humpeln, anstatt ihr Leben zu genießen, das so schön hätte werden können, wenn sie nur ein einziges Mal aufbegehrt und die bösen Führer zum Teufel gejagt hätten, anstatt sie auch noch zu wählen.
Deutschland 2024 ist so etwas wie das Weltreservat des Fatalismus. Man wartet ergeben auf den großen Knall, schluckt mit einem Achselzucken die schlimmsten Prognosen, lässt die Kriegstreiber und Demagogen willenlos gewähren, hängt sich womöglich sogar noch einen Staubfilter ins Gesicht und lässt sich eine sechste Dosis modRNA spritzen — viele Monate nachdem das Jahrhundertverbrechen des „Corona“-Schwindels endgültig aufgeflogen ist.
Wovon die Deutschen aber auch nichts wissen wollen, selbst wenn sie vor lauter Herzentzündung und Thrombosen kaum noch eine Treppe hinaufkommen. So ist das halt, es hilft ja nichts, da müssen wir hinein, weil’s anders nicht geht.
Wie das alles geschehen konnte und kann, ist ein großes Rätsel. Ich kann es mir nur so erklären: Gerade der völlig fehlende Elan, die vielmehr vollkommene Freudlosigkeit und Drögheit, das stumpfe Sich-Fügen ins unvermeidliche Unheil, die absolute Leere, die Olaf Scholz so perfekt verkörpert wie vor ihm höchstens der Zombie Bombie in der klassischen Donald-Duck-Geschichte „Wudu-Hudu-Zauber“ von Carl Barks — gerade diese plakativ unter der impliziten, zu einem Drittel schon vorab geäußerten Reklamebotschaft „Verachtung ist Respekt“ propagierten Nichteigenschaften, gerade die wirken offenbar so ansteckend, dass sich ihnen zumindest ein Teil der Bevölkerung zumindest zeitweise nicht entziehen kann oder konnte.
Das Echo von Angela Merkels Befehlparole „Glauben Sie (…) nur den offiziellen Mitteilungen“ hallt darin durchs Land wie ein akustisch-psychologischer Schimmelpilz, dessen Wachstum durch die unübersehbare und unüberhörbare Absurdität der regierungsamtlichen Lügen befördert wurde, die im Tages-, nein: im Stunden- und Fünfminutenrhythmus auf die Bevölkerung einprasseln wie ein herbstlich dunkelgrauer Dauerregen.
Eine Absurdität, die mit der „Zeitenwende“ in den düsteren Abgrund und der Ernennung des größten pathologischen Dauerlügners der Welt zum Gesundheitsminister vollendet war — wobei sich bezeichnenderweise gerade in dieser Bezeichnung, in dem Wort „Gesundheitsminister“ diese gesamte Absurdität so perfekt konzentriert, als hätte es George Orwell selbst erfunden, in einem Moment der poetischen Luzidität.
So ist es halt, mag man denken: Wie der Herr, so das Gescherr, wie die Führer, so ihr Volk; es strahlt halt aus. Was oben fault, fault unten bald auch — und was es da noch so an Sprichwörtern und Redensarten geben mag. Man meldet: Hier Milliarden, da Milliarden, dort Milliarden, Krankenhäuser gehen pleite, Züge fahren nicht mehr, Menschen schlafen unter einstürzenden Brücken. Kann man nichts machen; Hauptsache, wir liefern genug Panzer an die Ostfront — Verzeihung: -flanke. Solange dort noch jemand lebt, den man hineinsetzen kann. Sonst setzen wir halt unsere eigenen Schneeflöckchen hinein. Volkssturm muss sein, letztes Aufgebot für den Endsieg. Kann man nichts machen, Regierung hat’s beschlossen.
Mir scheint da ein grundsätzliches Missverständnis vorzuliegen: ein Irrtum nämlich in Bezug auf die „Regierung“ und darauf, was dieses Wort bedeutet. Das hat seinen Grund: Hat man uns nicht schon in der Schule anhand übersichtlicher Schaubilder eingeschärft, dass in dem Staatssystem, das man heute „Unseredemokratie“ nennt, ganz oben die Regierung steht, darunter als sie unterstützende Instanzen Parlament, Justiz und Presse, unter diesen wiederum alle möglichen Behörden und ganz unten endlich der Einzelmensch, das Würstchen, von dem es heißt, es sei ohne all das da oben drüber verloren im Sturm der Weltgewalten? Remember Maggie Thatcher: „There is no such thing as a society!“
Das, könnte man sagen, ist das zwangsläufige Ergebnis des beschriebenen Fatalismus. Das ist es, was herauskommt, wenn man ihn zu Ende denkt und führt. Und genau das ist absolut und vollständig falsch. Keines der gängigen Schaubilder zeigt das, was eigentlich gemeint ist: nämlich erstens ganz oben eine Wesenheit, die man seit vielen Jahrhunderten „Souverän“ nennt und die früher mal in Königen, Kaisern, Päpsten und ähnlichen Hampelmännern regelrecht verkörpert war — „Der Staat bin ich“, soll Ludwig XIV. gesagt haben. Die aber im Sinne einer wie auch immer gedachten Demokratie — mit oder ohne Anführungszeichen, jedenfalls ohne den Markenzusatz „Unsere“ — niemand anderer sein kann als die Gesamtheit der angeblich macht- und hilflosen Einzelwürstchen. Man kann dazu „Volk“ sagen, wenn man mag. So steht es auch im Grundgesetz, übrigens. Man kann „Bevölkerung“ sagen, oder „Gesellschaft“, meinetwegen „offene“ oder wie oder was auch immer — fest steht jedenfalls: Zweitens gibt es in dieser Ordnung kein „oben“ und folglich auch kein „unten“.
Die Regierung ist nicht dazu da, das Volk zu regieren. Das darf sie überhaupt nicht. Sie darf das nicht einmal wollen, und wenn sie es tut oder zu tun sich anschickt, muss sie sofort und „alternativlos“ gestürzt und davongejagt oder behelfsweise eingesperrt werden.
Die Regierung ist nichts anderes als eine von den Repräsentanten der Einzelwürstchen in deren Auftrag beauftragte Arbeitsgruppe, die in der Tat „regieren“ soll und muss — und zwar: den Staat, nämlich all die vielen Behörden, Ämter und Instanzen, Organisationen und Institutionen, die nichts anderes tun dürfen als die Wünsche der Einzelwürstchen umsetzen, ihre Bedürfnisse erfüllen, ihre Nöte lindern, Schaden von ihnen wenden und so weiter. Tut sie das nicht oder gelingt es ihr trotz eifrigem Bemühen nicht, muss sie ebenfalls umgehend gestürzt, entlassen, davongejagt und durch fähigere Dienstleister ersetzt werden.
Eine Regierung, die behauptet, das Volk regieren zu dürfen oder gar zu müssen, delegitimiert sich automatisch selbst. Wenn sie gar meint, es sei ihre unabdingliche Pflicht, den Menschen, denen sie dienen soll, zu schaden, sie zu unterwerfen, zu dressieren, zu erziehen, zu belehren oder gar im Sinne eines höheren Zwecks oder Ziels in den Untergang zu treiben, ist das ganze System im Eimer und der Staat, in dem so etwas stattfindet, auf den Kopf gestellt und in der faschistischen Latrine versenkt. Wir hatten so etwas schon, weltgeschichtlich betrachtet. Hätten wir es nicht schon gehabt, gäbe es nicht mal das Wort „Demokratie“ und schon gar keine Vorstellung davon, was das eventuell sein könnte.
Leider haben wir das offenbar komplett vergessen und sind genau da gelandet oder zumindest auf dem besten Weg dahin, wo wir nie landen wollten und auch nicht dürfen. Da sind wir jetzt und marschieren weiter, unaufhaltsam hinein ins Dunkel.
Was man dagegen tun könnte, ist eine schwierige Frage, auf die es vorläufig viele Antworten gibt. Eines aber sollte jedem, wirklich jedem Betroffenen — und das sind wir buchstäblich alle — klar sein: „Fatalismus“ — Unterwerfung, mitmachen, sich fügen — ist so ziemlich das Einzige, was nicht hilft. Also: weg damit. Weg damit und weg mit allem, was ihn trägt, diesen Fatalismus, was ihn verbreitet und propagiert. Weg damit. Dann bleibt: ein Vakuum. Und das füllen diesmal wir, bevor es sich wieder von selbst füllt mit dem alten schwarzen Krempel.
Belästigungen #29 - Warum wollt ihr unbedingt sterben?
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