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Frischer Wind

Frischer Wind

Die Nutzung von Windkraft ist umstritten, weil neben dem ökologischen Nutzen auch Gefahren festzustellen sind — nun gibt es eine neue, wohl unschädlichere und jedenfalls ökologischere Technologie.

In Deutschland politisch beschlossen ist ein Tempozuwachs beim Ausbau von Windrädern. Demnach sollen im Durchschnitt bis 2030 täglich (!) vier bis fünf Windräder an Land hinzukommen — noch ganz abgesehen von den Offshore-Windparks im Küstenvorfeld der Meere. Dieser „Fortschritt“ soll sogar monatlich kontrolliert werden. Indes — geht die radikale Beschleunigung bei der Aufstellung von Windrädern nicht mit einem Abbau von Schutzrechten für Mensch und Natur einher? Zeichnet sich insofern nicht ein gewisses Minus in ökologischer Hinsicht ab?

Kontroverse ökologische Aspekte der Windkraft

Um die Energie zu erzeugen, die die angestrebte, aber ihrerseits nicht unumstrittene Rundum-Digitalisierung benötigt, sollen immer mehr Windräder herbeigezwungen werden — unter Vernachlässigung bis vor Kurzem geltender Schutzrechte. Es geht insofern gar nicht nur um den Klimaschutz, sondern auch darum, unter Rücksichtnahme auf die Klimakrise doch kapitalistische Wachstumsprogramme am Laufen zu halten. Wird da nicht viel Wind um nichts, nämlich um imgrunde Nichtiges gemacht? Wollen nicht Industrie und Wirtschaft weiter daran verdienen, dass künstlich Wünsche nach eigentlich Überflüssigem geweckt und bedient werden? Wie viel Energie kosten zum Beispiel das Streamen von Musik oder das Spielen im Netz?

Statt gerade hier mit dem Rückbau der Energieverschwendung zu beginnen und fragwürdige Freiheiten einzuschränken, werden wichtige Lebensrechte für Mensch und Natur „ordnungspolitisch“ durchlöchert.

„Platz da für den Windpark“ — nach diesem Motto wird jetzt vielfach vorgegangen. Ökologisch soll das Ganze sein? Dafür werden gesunde Wälder abgeholzt, mächtige, kaum mehr rückbaubare Stahlbeton-Fundamente errichtet und viele, ja immer höhere Windräder aufgestellt, deren Rotorblätter leider meist aus Tropenholz bestehen und bekanntlich Vögel und Insekten schreddern — von Fragen der kaum umweltfreundlichen Entsorgung ganz abgesehen. Und dafür werden bis zum Jahr 2032 zwei Prozent der Landesfläche zur Verfügung gestellt!

Hinzu kommt: Die stets funkenden Windkraft-Anlagen sind selbst nicht ohne Fremdstrom funktionsfähig; sie verbrauchen in gar nicht geringem Maße Betriebsstrom für Mess- und Regeltechnik sowie für den windunabhängigen Betrieb bei Flauten. Manche Kritiker meinen, der Windkraft-Ausbau könnte den Klimawandel sogar noch verstärken, ja womöglich Dürren auslösen — was sich allerdings schwer nachweisen lässt — siehe dazu auch Andreas Urstadt und Tatiana Nikolaevna Romanowa: „Infraschall und Klimawandel“ von 2021.

Infraschall — ein ignoriertes Problem

Ein allzu gern unter den Teppich gekehrtes Problem ist der durch sie erzeugte Infraschall, auf den manche Menschen bekanntlich mit Krankheitssymptomen reagieren. Alles nur Einbildung, bloßer Nocebo-Effekt? DieVerantwortlichen in der jetzigen Regierung denken offenbar heute so, weshalb die Abstandsregeln zu Ungunsten der betroffenen Anwohnerschaft geändert wurden. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte einmal in der ARD-Talkshow Anne Will eingeräumt: „Wenn man da wohnt, sind die Belastungen hoch.“ Doch mittlerweile werden kritische Argumente weitestgehend ignoriert und Problemanzeigen totgeschwiegen.

Zwar verursacht Infraschall laut einer Studie des Umweltbundesamtes in der Regel keine direkten körperlichen Reaktionen: Bei Messungen von Herzfrequenz, Blutdruck und Hirnrinden-Aktivität seien keine statistisch signifikanten Veränderungen festgestellt worden. Gleichwohl schätzte die Behörde die Belästigung immerhin als „etwas“ bis „mittelmäßig“ ein! Zu erinnern ist hier vor allem an ein französisches Berufungsgericht in Toulouse, das 2021 ein bahnbrechendes Urteil zu den negativen Auswirkungen von Windkraftanlagen auf die menschliche Gesundheit fällte. Erstmals wurde da die Existenz und Bedeutung des sogenannten „Windturbinensyndroms“ gerichtlich festgehalten — eben die schädlichen Folgen des von Windrädern ausgehenden tieffrequenten Schalls. Dieser entsteht durch die Veränderung des Luftdrucks im Zuge der Drehbewegung der Rotoren und infolge des Vorbeiziehens von Rotoren am Mast. Menschen spüren oder hören ihn bewusst offenbar nicht oder kaum; doch mitunter spürt ihn der Organismus, weshalb der mit Stresssymptomen reagiert, die auf die Dauer krank machen können. Das sind einschlägige Erfahrungen vieler Betroffener — teils organisiert in dem Verein „Deutsche Schutz-Gemeinschaft Schall für Mensch und Tier“ (DSGS).

Die Kläger in Frankreich waren davon überzeugt, dass ihre Beschwerden — Kopfschmerzen, Schwindel, Herzrasen, Tinnitus, Übelkeit, Nasenbluten und Schlafstörungen — mit der Zeit durch den Betrieb der Windkraft-Anlagen ausgelöst wurden, und zwar bei einer Entfernung zwischen 700 und 1300 Metern von ihren Häusern.

Sie hatten früher keine derartigen gesundheitlichen Auffälligkeiten gekannt und waren dem Bau der Windkraftanlagen zunächst auch keineswegs kritisch gegenüber gestanden. Ihre dann aber aufgetretenen gesundheitlichen Beschwerden verschwanden, wenn sie den Wohnort für mehrere Tage verließen. Das Gericht sprach ihnen 128.000 Euro Schadensersatz zu.

Zu erinnnern ist auch an die WDR-Sendung „Windkraft — Naturgewalt und Zukunftstechnologie“ vom 31. März 2022: In ihr erklärte Professor Christian- Friedrich Vahl von der Universität Mainz, wie er nach anfänglicher Skepsis dann doch zu Forschungsergebnissen kam, wonach vieles dafür spricht, dass der durch herkömmliche Windräder erzeugte Infraschall auf Menschen durchaus Wirkung haben könnte. Was Betroffene zur Sache überlegen, lässt sich hier nachlesen. Lesenswert ist zudem die Dokumentation von Wolfgang Müller „Krankmacher Windkraftanlagen? Auswirkungen des Infraschalls auf unsere Gesundheit“ (2019).

Wie gut sind neue Windkraft-Ideen?

Vernachlässigt oder ignoriert wird die Infraschall-Problematik oft auch dann, wenn Start-UP-Unternehmen neue Varianten entwerfen, um Windkraft zu nutzen. Da geht es ideenreich etwa um Windturbinen an Hauswänden, die aus einer Reihe von rotierenden Blättern bestehen. Wenn diese sich windbedingt drehen, werden mehrere Minigeneratoren angetrieben, die so viel Strom produzieren können, dass der Verbrauch wenigstens eines Haushalts gedeckt wird. Oder es wird versucht, den Wind vorbeifahrender Autos an Autobahnen energetisch umzusetzen, sodass sich mit dem dadurch erzeugten Strom Lichtmasten an der betreffenden Autostrecke versorgen lassen. Allerdings berücksichtigen diejenigen, die solche und ähnliche Ideen entwickeln, ihrerseits offenkundig wenig oder gar nicht die möglichen biologischen Effekte auf Menschen und vielleicht auch auf Insekten in der nahen Umgebung. Genauere Untersuchungen hierzu scheinen umweltpolitisch nur wenig zu interessieren.

Die auf beschleunigten Ausbau zielende Verkürzung der umwelt- und artenschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren hat der Naturschutzbund Deutschland (NABU) in einem Rechtsgutachten scharf kritisiert. Tatsächlich lässt sich solche Verkürzung von einer hinterfragbaren Absolutsetzung politischer Zielvorgaben leiten, die nunmehr von oben nach unten durchgesetzt werden sollen. Gewiss kann und muss man über solche Zielvorgaben diskutieren; aber von einem Diskurs, der seinen Namen verdiente, kann wohl schwerlich die Rede sein. Solch ein Vorgehen nennt man mit Fug und Recht ideologisch; und das gilt auch dann, wenn es von der EU-Politik gefördert wird.

Alternativen entstehen

Gerade Bürgermeister und Gemeinderäte vor Ort sollten bei der Abwägung von Argumenten und Beschlüssen jedenfalls möglichst umfassend über die Windkraft-Problematik informiert sein. Dazu gehört nicht zuletzt das Wissen um technische Alternativlösungen. So werden bereits „vertikale“ Windräder entwickelt, die nicht horizontal zum Wind laufen und angeblich keinen Infraschall erzeugen. Oder es werden flexible Säulen ohne Rotorblätter entwickelt, die also weder zu Schattenschlag führen, noch Vögel töten und ebenfalls keinen Infraschall erzeugen. Hier entsteht die Energiegewinnung durch Wackel- und Drehbewegungen geschlossener Säulen. Der Flächenverbrauch fällt bei diesen neuen Technologien ebenso geringer aus wie der Betriebsstromverbrauch. Schöner mögen sie nicht gerade sein, aber die optischen Effekte sind mit Blick auf die ökologische Gesamtlage in der Tat nicht der entscheidende Faktor. Unter ethischen Gesichtspunkten sollte klar sein: Ästhetische Argumente dürften in Sachen Windkraft keinesfalls im Vordergrund stehen. Eigentlich selbstverständliche Schutzrechte für Mensch und Natur müssen wieder mehr Berücksichtigung finden.


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