Er hat die Schnauze voll von Lügen und Hass. Im Mainstream.
Der Gründer und Geschäftsführer des angeblichen Anti-Fake-News-Blogs Volksverpetzer, Thomas Laschyk, hat am 9. Dezember 2022 einen öffentlichen Brief geschrieben: „Ich habe die Schnauze voll von Lügen und Hass. Im ‚Mainstream‘.“
Viele Leser des Rubikon teilen diese Emotion vollumfänglich. Nur die Gründe für den Überdruss des Herrn Laschyks sind andere. Der aufmerksame Rubikon-Leser freut sich, dass die Wahrheit sich nun auch ab und zu in den Mainstreammedien zeigt. Dass ein Hauch von Kritik an der Politik der vergangenen Coronajahre durchdringt. Herr Laschyk sieht das völlig anders. Für ihn ist diese Kritik ein Tabubruch, eine Lüge und natürlich Hass, Hetze und rechts. Man fragt sich: Ist der Brief nun gut gemachte Satire oder Ernst? Während man sich Ersteres wünscht, ist bei näherer Betrachtung leider Letzteres wahr.
Hier ist hautnah die Reaktion eines „Zero-COVID“-Radikalen zu beobachten, dessen Narrativ auf der abschüssigen Ebene ins Rutschen gerät. Der es mit wachsender Verzweiflung und Wut weiter verteidigt.
Zweifel, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie richtig, wichtig und angemessen waren, dürfen nicht zugelassen werden. Erst recht nicht in den Mainstreammedien, die doch die letzten drei Jahre so diszipliniert ihren Corona-Einheitsbrei verlautbart haben.
Mittlerweile brechen sich die entstandenen Schäden durch Lockdowns, Social Distancing, Masken und Impfung auf allen gesellschaftlichen Ebenen Bahn. Es setzt sich die „normative Macht des Faktischen durch“, und Laschyk wundert sich, dass der Beifall für seine Arbeit weniger wird.
Der am 9. Dezember 2022 veröffentlichte Brief kündigt sich als „nicht brav“ an, weil der Autor die „Schnauze voll“ hat. Sein Text ist ein einziger Hilferuf: „Ich. kann. nicht. mehr.“ „Und jeden Tag kriege ich das Kotzen.“ „Alles f*cking nutzlos.“ „Ich schreie und keiner hört was.“ Fast macht sich Mitleid breit.
Es gibt so viele Sätze in diesem Text, die jeder unterschreiben kann. Nur die Interpretation fällt gegenteilig aus. Laschyk fragt sich zum Beispiel: „Wie soll man diese Menschen noch mit Fakten erreichen und in die Gesellschaft integrieren?“ Ja, wie oft hat man sich das selbst in den letzten drei Jahren gefragt! Als selbst die evidenzbefreitesten Maßnahmen befolgt wurden, nur weil sie gesetzlich vorgegeben waren. Man denke dabei exemplarisch an das im Winter 2021 erlassene Rodelverbot, im Kreis schwimmen in Bädern, Vorgaben über die Laufrichtung auf Wanderwegen oder die vollkommen sinnfreie Maskenpflicht beim Toilettengang in Restaurants.
Gerade nach diesem öffentlichen Brief von Laschyk stellt sich die Frage besonders dringlich, wie die Gesellschaft wieder zusammenwachsen kann.
Wie kann jemand, der sich so verrannt hat wie der Gründer des Volksverpetzers, wieder Toleranz gegenüber Andersdenkenden und eine gewaltfreie, wertschätzende Kommunikation lernen?
Die herausgebrüllte Verzweiflung Laschyks zum jetzigen Zeitpunkt erinnert an die Verzweiflung eines Bhakdis und eines Wodargs, deren Befürchtungen und Warnungen zu Anfang der Pandemie nicht gehört wurden. Am Ende bleibt die große Frage: Wie ist es möglich, zwar auf dem gleichen Planeten, aber in so vollkommen verschiedenen Welten zu leben?
„Volksverpetzen“ als moralischer Auftrag
Der Blog Volksverpetzer sieht sich als standhaften Kämpfer gegen Fake News, Desinformation und rechts. Er möchte „die Narrative und Behauptungen von Extremist:innen und Verschwörungsideolog:innen entlarven“. Das Motto des selbst ernannten Hüters der einzigen Wahrheit heißt: „Keine Demokratie ohne Fakten.“ Leider klaffen beim Volksverpetzer Selbst- und Außenbild weit auseinander.
Eine gemeinsame gesellschaftliche Realität, die sich auf wissenschaftliche Fakten stützt, ist für das Funktionieren von Demokratie lebensnotwendig. Genau das fehlt aber seit drei Jahren — ein wissenschaftlicher Diskurs, der diesen Namen auch verdient. Gerade in unübersichtlichen, komplexen gesellschaftlichen Situationen ist es wichtig, interdisziplinär mit unterschiedlichen, konträr argumentierenden Experten zu arbeiten. Dabei sollten folgende Sätze tabu sein: „95 Prozent aller Wissenschaftler sind sich einig“ oder: „Diese Regeln dürfen niemals hinterfragt werden“. Auch wissenschaftliche Minderheitenmeinungen müssen gehört werden.
Wären diese in der Geschichte so erfolgreich unter den Tisch gekehrt worden wie in den letzten drei Jahren, würde die Menschheit immer noch nach dem geozentrischen Weltbild leben. Solange Argumente vernünftig, belegt und schlüssig sind, müssen sie gehört und diskutiert werden.
Herr Laschyk hat dagegen schon in seinem Artikel „Gute Wissenschaft vs. Blödsinn“ vom 23.4.2020 klargestellt, wie sich für ihn Expertentum definiert:
„Die Grenze verläuft nicht zwischen ‚Corona-PanikmacherInnen‘ und ‚Corona-VerharmloserInnen‘, sondern zwischen seriösen WissenschaftlerInnen mit guter Forschung und guten Argumenten und QuacksalberInnen, die für Klicks, Geld oder Aufmerksamkeit irgendeinen Mist erzählen, weil sie wissen, dass Leute, die das hören wollen, es unkritisch weiterverbreiten.“
Damit ist seine Haltung klar abgesteckt. Der angebliche Anti-Fake-News-Blog hat mittlerweile so viele Falschinformationen gesammelt, dass es unmöglich ist, diese alle aufzuzählen. Das Ganze unter „Das war Stand der Wissenschaft, man konnte es damals nicht besser wissen“ zu subsumieren, greift zu kurz. Immerhin gab es schon im März und April 2020 reichlich Experten, die auf dem Erkenntnisstand waren, den die Mainstreammedien vielleicht in den kommenden Monaten erreichen werden. Sie wurden halt nur nicht gehört oder ernst genommen. Absurderweise wurde das Ignorieren der abweichenden Meinungen auch noch mit angeblichem „falschem Bias“ gerechtfertigt.
Die eklatanten Fehleinschätzungen des Faktencheckers
Laschyk unterliegt mit seinem Volksverpetzer vielen wissenschaftlichen Fehleinschätzungen. Hinzu kommt eine auffallende Differenz zwischen seiner Selbst- und der Fremdwahrnehmung. Die folgenden vier Fehleinschätzungen sind die eklatantesten:
1. Fehleinschätzung: Die Beiträge sind streng faktenorientiert und wissenschaftlich.
In seinem Brief im Dezember 2022 schreibt Laschyk:
„Was für einen Sinn hat es denn, wenn wir Fakten in den Wind schreien? Wenn wir Studien haben, Argumente, Quellen, wenn wir halt einfach verdammt noch mal recht haben?“
Oder an anderer Stelle: „Ich habe eines auf meiner Seite, was sie fürchten: die Wahrheit.“ Von außen betrachtet wirkt das größenwahnsinnig. Fehlende Expertise wird hier durch Lautstärke ersetzt.
Schon Mitte 2021 erkannte der Blog Achgut.com, dass sich der Volksverpetzer in erster Linie durch eine klare Haltung hervortat. Alle sogenannten Corona-Faktenchecks stützten das vorherrschende Narrativ und richteten sich gegen Kritiker desselben. Hierbei gilt der strenge Vorrang von Ideologie vor wissenschaftlichen Erkenntnissen. Besser als mit dem auf Shirts und Tassen zu findenden Slogan „Lebe stets so, dass die AfD etwas dagegen hat“ kann dies nicht aufgezeigt werden.
Wissenschaft zeichnet sich aber durch Rationalität aus, nicht durch Ideologie. Wie sie missbraucht werden kann, zeigte sich in den Jahren 2020 und 2021 bei der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Sie sollte eigentlich wissenschaftliche Fakten liefern, anhand derer sich politische Entscheidungen treffen lassen. Beim Thema Coronabekämpfung gestaltete sich das mit den regelmäßigen „Ad-hoc-Stellungnahmen“ anders. Der Wirtschaftsethiker Professor Dr. Michael Esfeld kritisierte:
„Diese Stellungnahme verletzt die Prinzipien wissenschaftlicher und ethischer Redlichkeit, auf denen eine Akademie wie die Leopoldina basiert. Es gibt in Bezug auf den Umgang mit der Ausbreitung des Coronavirus keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, die bestimmte politische Handlungsempfehlungen wie die eines Lockdowns rechtfertigen. (…) In einer solchen Situation wissenschaftlicher und ethischer Kontroverse sollte die Leopoldina ihre Autorität nicht dazu verwenden, einseitige Stellungnahmen zu verfassen, die vorgeben, eine bestimmte politische Position wissenschaftlich zu untermauern.“
Wissenschaft sollte nicht normativ, sondern immer deskriptiv sein. Auch der Mathematikprofessor Dr. Stephan Luckhaus fragte: „Totalitäre Wissenschaft — Die Leopoldina als persönlicher ‚Jubelverein‘ für die Bundesregierung?“ Laschyk hat dagegen das Funktionsprinzip von aufgeklärter Wissenschaft, bestehend aus These — Antithese — Synthese, das zwingend einen ergebnisoffenen Diskurs voraussetzt, nicht verstanden.
Jetzt, wo sich langsam die Realität auch in den Mainstreammedien nicht mehr leugnen lässt, bricht für den Volksverpetzer-Gründer eine Welt zusammen. Er kommt mit dem Checken von Fakten nicht mehr hinterher. Es kann angenommen werden, dass sich sein Arbeitspensum in den nächsten Wochen und Monaten noch erhöhen wird.
Exemplarisch und kurz wird im Folgenden aufgezählt, wie falsch sich der Volksverpetzer mit anderen Medien und Faktencheckern zu den Themengebieten Gefährlichkeit des Virus versus Kollateralschäden der Maßnahmen, Impfung und ihre Folgen sowie zur Cancel Culture positionierte.
Gefährlichkeit des Virus versus Kollateralschäden der Maßnahmen
Die Kollateralschäden der Maßnahmen waren und sind ein Desaster. Laschyk bewertete die Situation im Mai 2020 in seinem Artikel „Hört auf, Aluhut-Unsinn zu teilen“:
„Nicht die Maßnahmen schädigen die Wirtschaft, sondern ein tödliches Virus. Wisst ihr, was ‚die Wirtschaft‘ viel stärker kaputt machen würde als ein Lockdown? Millionen Tote, die dann nicht mehr arbeiten und konsumieren.“
Hier werden gleich doppelt Fake News verbreitet. Zum einen war es selbstverständlich die Regierung, welche politische Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung ergriff. Nicht das Virus. Und zum anderen gab es für die dabei bekundete „Alternativlosigkeit‘“ schon im Mai 2020 keine Notwendigkeit. Die Gefährlichkeit von Corona wurde bereits damals massiv überschätzt. Von Millionen Toten war Deutschland immer weit entfernt. Dies zeigte sich auch in der Heinsbergstudie von Professor Dr. Streeck. Die Risikogruppe war ziemlich klar definiert, und es gab eigentlich schon im April 2020 keine Gründe mehr, die Wirtschaft weiter gegen die Wand zu fahren.
Neben den wirtschaftlichen Schäden kamen noch weitere hinzu. Der Oberregierungsrat im Bundesinnenministerium (BMI) Stephan Kohn hat bereits im Mai 2020 das Krisenmanagement bei SARS-CoV-2 als Fehlalarm bezeichnet und versucht, die negativen Auswirkungen der nichtpharmazeutischen Maßnahmen auf die Gesellschaft zu schätzen. Er kam auf das desaströse Ergebnis, dass die Effektivität schon zu diesem Zeitpunkt negativ war. Dieses sogenannte BMI-Leak mit der Einschätzung von Herrn Kohn hätte an diesem Tag eigentlich die Tagesschau eröffnen müssen. Stattdessen wurde es verschwiegen, der Autor sofort öffentlich diskreditiert und seines Amtes enthoben. Laschyk bewertete den Vorgang natürlich gewohnt verächtlich:
„Aus der Geschichte, dass ein Mitarbeiter des BMI, der nicht zum Corona-Krisenstab gehört, privat wirre und nachweislich falsche Thesen auf eigene Faust verfasst hat und missbräuchlich den offiziellen Briefkopf des BMI genutzt hat, wurde in rechten und verschwörungsideologischen Kreisen schnell ein angebliches ‚Leak‘ und eine ‚brisante Analyse‘ eines Whistleblowers.“
Aus der Retrospektive mag sich jeder sein Urteil bilden, wer damals ernsthafter, verantwortlicher, wissenschaftlicher und vor allem näher an der Realität argumentiert hat.
Die Impfung und ihre Folgen
Noch im September 2021 fragt Herr Laschyk verzweifelt unter der Überschrift „USA, Israel & UK zeigen: Impfung enorm effektiv — das kann kein Impfgegner widerlegen“: „Warum denken Impfgegner:innen quer? Impfgegner:innen nutzen meistens nur bestimmte Daten, die sie aus dem Kontext reißen, um ihren Mythos zu stützen, dass die Impfung gar nicht wirke.“
Nun wird aktuell viel in den Leitmedien über die Schäden und das dadurch verursachte Leid berichtet. Aber der enttäuschenden Effektivität der Impfung wird noch immer sogleich deren Wichtigkeit gegenübergestellt wie „Ohne meine drei Impfungen würde es mir jetzt mit meiner Coronaerkrankung viel schlechter gehen.“ Auch die vielen negativen Impffolgen tauchen jetzt immer öfter in den Medien auf: „Das sind nur sehr seltene Einzelfälle.“
Der Versuch einer Quantifizierung wurde auf der Pressekonferenz der AfD am 12. Dezember 2022 gemacht. Hier sind die vom Datenanalysten Tom Lausen ausgewerteten Kodierungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zu Sterbefällen vorgestellt worden. Das Ergebnis ist desaströs: Mit Beginn der Massenimpfungen (2021) stiegen die Zahlen der „plötzlich und unerwartet“ verstorbenen Menschen um mehr als das Vierfache im Vergleich zu denen der letzten fünf Jahre (2016 bis 2020). Diese Ergebnisse könnte man jetzt zur Kenntnis nehmen und weiter forschen. Oder einfach nur die gleiche Disziplin beim Erfassen der Impftoten aufbringen wie beim Erfassen der an und mit dem Coronavirus Verstorbenen. Aber nein: Es wird weiter geschwiegen. Und es wird weiter geimpft.
Thomas Laschyk sieht das in seinem Artikel „AfD blamiert sich plötzlich und unerwartet mit Lügen über Impffolgen“ naturgemäß ganz anders:
„Die ganze Konferenz, das ganze gelogene ‚Plötzlich und unerwartet‘-Gerede war einfach nur viel heiße Luft ohne Fakten. Denkt daran: Corona war gefährlich, die Impfung ist sicher. ‚Querdenker‘ und die AfD verbreiten ständig Lügen und Falschinformationen. So schafft sich jeder die Fakten, die er braucht.“
Aber wer in seinem Shop Shirts mit dem Motto „Impfgegnergegner“, Hoodys mit „Achtung impfiziert“ oder Tassen mit „Faster, Harder, Booster“ anbietet, möchte vielleicht auch nicht so genau wissen, ob Menschen durch diese Propaganda zu Schaden kommen.
So schafft sich halt jeder die Fakten, die er braucht. Da hat er wohl recht, der Herr Laschyk.
Cancel Culture
„Cancel Culture“ existiert für den Volksverpetzer nicht. Im Gegenteil: „Die Meinungsfreiheit ist vielleicht so frei wie nie.“ Das gilt natürlich nicht (!) für die „sektenartigen Strukturen“ der Verschwörungsmythenverbreiter.
„Diese Strukturen müssen aufgebrochen und kritisiert werden. Die darin Verantwortlichen von der Gesellschaft identifiziert, etwa von Kabarettist:innen persifliert und in besonders harten Fällen von der Öffentlichkeit geächtet werden. Hier ist keine falsche Toleranz für die Intoleranz gefragt, sondern im Zweifelsfall das konsequente Einstehen für Demokratie, Wissenschaft und Anstand.“
So viel Dissonanz in einem Kommentarabschnitt muss erst mal verarbeitet werden.
Besonders schräg und vermessen ist die Argumentation des Volksverpetzers gegenüber Wissenschaftlern, die ihm fachlich um Längen überlegen sind. So hat sich Laschyk zum Buch „Corona Fehlalarm?“ des emeritieren Professors der Medizinischen Mikrobiologie Dr. Bhakdi geäußert: „Die größten Fakes im Bhakdi-Buch: Wir haben ‚Corona Fehlalarm?‘ gelesen, damit ihr es nicht müsst.“ Er offenbart sich damit als großer Verfechter des betreuten Denkens. Gleichzeitig findet sich in seinem Text eine schwer aushaltbare Arroganz und Hybris. Zum Umweltmediziner Dr. Wodarg sonderte er im Dezember 2020 Folgendes ab:
„Wodarg macht sich inzwischen nur noch einen Namen, indem er pseudowissenschaftlichen Unsinn über Corona und die Impfungen verbreitet. Der Lungenarzt scheint völlig Argumente, Studien und Fakten zu ignorieren, die seine Behauptungen widerlegen, und verbreitet unbeirrt weiter haltlose Spekulationen.“
Ist das noch übersteigertes Selbstbewusstsein oder schon Größenwahn?
Bis jetzt hat Laschyk mit der Abwertung dieser Menschen nur Gratismut bewiesen, da er sich des Beifalls vieler sicher war. Wenn aber etablierte Wissenschaftler und Kritiker der Coronamaßnahmen auf diese Art und Weise lächerlich und mundtot gemacht, gecancelt und abgestraft werden, wenn sie Jobs, Freunde und Reputation verlieren und gesellschaftlich geächtet werden, hat das Auswirkungen auf den Wissenschaftsbetrieb. Der Mao zugeschriebene Spruch „Bestrafe einen, erziehe Hunderte“ funktioniert auch in der heutigen Zeit tadellos.
So freute sich ein Gastautor des Volksverpetzers noch im Oktober 2022 darüber, dass die Privatuniversität Witten/Herdecke ein Symposium über „Die Würde des Menschen — (un)antastbar?“ abgesagt hatte. Der Grund: „Ikonen der Querdenker-Szene sollen bei Tagung an Hochschule in Witten sprechen.“ Eingeladen waren der Finanzwissenschaftler Stefan Homburg und die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot, welche über „Perspektivenvielfalt in Wissenschaft und Gesellschaft“ in der Coronadebatte diskutieren wollten. Das ist für den Volksverpetzer „False Balance (…), falsche Ausgewogenheit“. Den „Impfskeptiker:innen und Corona-Verharmloser:innen“ darf laut Gastautor keine Bühne geboten werden.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich die Beiträge im Volksverpetzer zwar einen wissenschaftlichen Anstrich geben, aber nur die Fakten heranziehen, die in sein politisches Weltbild passen.
2. Fehleinschätzung: Die Beiträge sind differenziert.
Der selbst ernannte Faktenchecker betrachtet seine Beiträge als differenziert: „Ja nichts Falsches oder Missverständliches schreiben.“ Noch im selben Satz wird die Differenzierheit à la Volksverpetzer genauer dargelegt, Ziel und Feinde werden klar definiert:
„Nicht nur, weil wir unserem Selbstanspruch gerecht werden wollen — und es halt das Richtige ist —, sondern weil unsere Feinde — die eben die Feinde der offenen Gesellschaft sind — sich gnadenlos auf jedes Details stürzen, um uns zu vernichten.“
Für einen Blog, der mit dem sprichwörtlichen Holzhammer auf alle Argumente, Fakten und Meinungen eindrischt, die sich außerhalb seines selbst definierten Meinungsspektrums befinden, sind dies große Worte.
Es muss festgestellt werden, dass Laschyk seinem Selbstanspruch nicht im Ansatz gerecht wird. Egal welchen Artikel man in dem Blog anklickt, es finden sich sofort Beispiele für undifferenzierten Hass und pauschale Hetze. Er nutzt folgende Begriffe beinahe synonym — die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit: Für ihn ist ein Maßnahmenkritiker ein Coronaleugner, ein Nazi, ein Antisemit, ein Reichsbürger, ein Impfgegner, ein Demokratieverächter, ein Lügner, ein Russlandversteher, ein Schwurbler, ein Egoist, ein Maskenverweigerer, ein Realitätsleugner, ein AfDler, ein Verschwörungstheoretiker, ein Rassist, ein Klimaleugner, ein Aluhutträger, ein Volksverhetzer, eine Fake-News-Schleuder, ein Pandemieleugner und ein Extremist.
Unter der „differenzierten“ Überschrift „Nazis & Querdenker jubeln“ gibt ein Autorenteam mit dem Namen „Gegen die AfD“ vor, das „gesamte Neonazi-Umfeld der Querdenken-Bewegung auszuleuchten“. Aus der Künstler-Aktion „ALLESDICHTMACHEN“ wird total „differenziert“ die „Brüggemann-Verschwörung“. Es werden „immer mehr Querdenker-Verbindungen“ enthüllt. Dabei wurde in den von bekannten Schauspielern gedrehten Videos lediglich ironisch Kritik an den paternalistischen Coronamaßnahmen geübt.
Für Laschyk konnte die viel zitierte Verschwörung „meistens durch logisches Denken richtige Antworten finden“. Für die Kritiker der Maßnahmen stellten sich durch logisches Denken einfach immer mehr Fragen. Warum Querdenker so agierten, war für den selbst ernannten Faktenchecker auch schnell geklärt: „damit sie sich besonders fühlen können“.
Dieser unterkomplexen Argumentation kann nur noch mit Sarkasmus begegnet werden. Ja, wer wollte sich nicht schon mal besonders fühlen und diffamiert, geächtet und aus der Gesellschaft verbannt werden? Wer freut sich nicht darüber, engste Freunde, ja sogar Familienmitglieder im kritischen Diskurs zu verlieren? Wer träumte nicht schon immer heimlich davon, auf Demonstrationen von Wasserwerfern oder brutal prügelnden „Robocops“ hinweggefegt zu werden? Wer hat sich noch nicht gefeiert, wenn er endlich nicht mehr am öffentlichen Leben teilnehmen durfte wegen eines falschen Impfstatus? Endlich geschafft — endlich besonders!
Entgegen seinem Selbstverständnis sind die Beiträge des Volksverpetzers hochgradig undifferenziert.
3. Fehleinschätzung: Medien und Politik befinden sich mit ihrer derzeitigen Kritik auf einem populistischen Holzweg.
In den vergangenen drei Jahren einheitlicher Coronapanik auf fast allen Kanälen fühlte sich der Volksverpetzer von den Medien gut unterstützt. Der Mainstream hat laut Laschyk „auf die Fakten und Experten gehört“. Jetzt dreht sich scheinbar der Wind; „seit einiger Zeit hat die Aluhut-Kernschmelze unserer Gesellschaft angefangen, denn wir haben offenbar einen kritischen Punkt überschritten“. Während die Kritiker der Coronamaßnahmen sich über zarte Ansätze einer kritischen Berichterstattung in den etablierten Medien freuen, grenzt dies für Laschyk an Verrat an seinen hehren „Zero-COVID“-Zielen:
„Corona mag bald endemisch werden, aber das Virus der Fake-News-Pandemie grassiert gefährlicher denn je. Während wir in einer Mischung aus Triumph (Impfungen) und Kapitulation (Durchseuchung) vor dem Virus nach und nach die letzten Maßnahmen aufheben, verspüren die Hass-Verseuchten merkwürdigerweise Aufwind.“
Besonders stört den Volksverpetzer-Gründer dabei, dass sich die — aus seiner Sicht falschen — Fakten und Erkenntnisse langsam den Weg aus den Telegramkanälen der sogenannten Verschwörer in die großen Tageszeitungen bahnen: „Die Lügen werden gerade Mainstream.“ Laschyk kommt noch nicht einmal auf die Idee, dass er vielleicht inhaltlich falsch gelegen haben könnte: „Der Wind hat sich endgültig gedreht. Der Hass und die Lügen haben Fuß gefasst.“ Er sieht sich zunehmend selbst in die argumentative Diaspora rutschen:
„Denn wenn ‚etablierte‘ Medien, Parteien und Politiker anfangen, diese Lügen, diesen Hass, diese Narrative — wenn auch meistens subtiler — zu bedienen, dann sind diejenigen, die das wie zuvor auch anprangern, plötzlich nicht mehr die gefeierten Kämpfer für die Wahrheit. Dann geht man auf Abstand. Dann darf ich nicht mehr die Wahrheit schreiben, weil die Wahrheit dann unangenehm ist. Und dann muss ich zum Schweigen gebracht werden.“
Nachdem er fast drei Jahre mit ausgeprägtem Gratismut gehetzt und diffamiert hat, weht ihm jetzt der Gegenwind schärfer um die Nase.
„Aber während alle sich gerne von den Aluhut-Spinnern in Telegram distanziert haben, als es nichts gekostet hat, wird jetzt oft geschwiegen.“
Die vorsichtige, differenzierte Betrachtung der Situation ist für Laschyk ein Verrat an seinem Narrativ. Er ahnt, dass das kippende Narrativ für ihn Folgen haben könnte. Hat Laschyk sich doch besonders engagiert aus dem falschen Fenster gelehnt.
„Und ich habe Angst. Ich weiß nicht weiter. Ich bin nur ein Typ, der genau das macht, was er die ganze Zeit macht, weil er es für richtig hält: Hass, Lügen und Verschwörungsmythen anprangern. Aber wenn diese Dinge in der WELT stehen, die dann nicht nur von AfD & Co. geteilt werden, sondern von CDU-Politikern oder aus der FDP, ist das absurd.“
Hilfe — mein Narrativ kippt! Der Autor bekommt eine leise Ahnung, wie sich das Argumentieren in der Minderheit anfühlt. Laschyk hat aktuell noch nicht verstanden, dass er selbst Opfer des missinterpretierten „falschen Bias“ geworden ist. Wahrscheinlich wird er sich nie eingestehen können, dass er eventuell den falschen Experten vertraut hat und die Querdenker den richtigen:
„Viele Experten haben mir gesagt, sie haben die Antworten und Erklärungen. Aber niemand will sie hören. (…) Unsere Gatekeeper sind mit schuld.“
Dieser Satz lässt auch bei ihm auf einen hohen Vertrauensverlust gegenüber den Medien schließen. Schlussfolgern könnte man daraus, dass eine Minderheit in der Gesellschaft sich anscheinend immer nicht angemessen medial vertreten fühlt. Erst waren es die Coronakritiker, jetzt werden die Coronagläubigen abtrünnig.
Für den Volksverpetzer ist dies ganz anders zu erklären:
„Nur die lauten, schamlosen Hetzer sind es, die die Nachrichten dominieren. Denn sie müssen nicht recht haben, und sie interessieren sich einen Scheißdreck dafür, ob die Leute, die es besser wissen, ihnen glauben oder nicht. Denn sie haben viel Geld und viel Macht, um ihre Weltanschauung mit Gewalt durchzusetzen.“
Schade, dass er auf diese Erklärung nicht im April 2020 kam, als Bill Gates in den Tagesthemen fast zehn Minuten Werbezeit für sein geplantes Impfpräparat zur Durchimpfung der ganzen Menschheit bekam!
Die Medien stellen sich zunehmend der Realität. Was die Gründe dafür sind, ist nicht ganz klar. Ist es Opportunismus oder ein Rest journalistischer Sorgfaltspflicht, oder lassen sich die Fehleinschätzungen der letzten drei Jahre nicht mehr leugnen? Laschyk sieht auf alle Fälle zu Recht Probleme auf sich und seine Argumentationslinie zukommen.
4. Fehleinschätzung: Der Volksverpetzer ist ein Kämpfer für Demokratie und gegen Hass und Hetze.
Laschyk sieht sich als guten Mensch mit sehr viel Anstand. Vor lauter Moralbesoffenheit wird ihm dabei nicht bewusst, wie sehr er die gleichen Taktiken gegen seine ausgemachten Feinde und Kritiker anwendet, die er bei ihnen anprangert:
„Wir wollen doch fair sein, aber wenn die Gegenseite nicht fair spielt, wird das nichts.“ Sein Selbstbild ist nur mit kognitiver Dissonanz erklärbar. Ernsthafte Reflexion über sein Handeln und sein Schreiben fehlt völlig. Laschyk jammert, wenn es aus dem Wald herausschallt, wie er hineinruft: „Beleidigt werden ist für mich, für uns Alltag. Morddrohungen sind für mich ganz normal. (…) Weil ich Wahrheiten ausgesprochen habe, die diese Leute nicht wahrhaben wollen.“
Auch in die allgegenwärtige Impfpropaganda ist der Blogschreiber mit unverhohlener Aggressivität eingestiegen. Schon im September 2021 wandte er sich an die Ungeimpften. Für ihn war es ein Appell. Der Ton konnte aber durchaus als Drohung verstanden werden: „Liebe Ungeimpfte: Unsere Geduld ist aufgebraucht!“ Für die moralisch richtige Sache dürfen auch mal gute Kommunikationsumgangsformen vergessen werden.
Sein Bild von Andersdenkenden ist von erschreckender Einfachheit:
„Nein, ihr seid keine ‚Erwachten‘, kein erlesener Kreis aus Leuten, die ‚noch selbst denken‘, ihr seid nicht ‚kritisch‘. Ihr seid keine ‚Widerstandskämpfer‘ oder ‚Aufklärer‘, ihr seid einfach nur peinlich. Ihr blamiert euch gewaltig und merkt es nicht einmal.“
Eigentlich finden sich in fast allen seiner Artikel genau die Hetze und der Hass, die er zu bekämpfen vorgibt. Laschyk verbreitet in seinem Blog offen faschistoide, demokratiefeindliche und totalitäre Ideen. Er diskriminiert und diffamiert unter dem Deckmantel der Moral.
Er wird in nächster Zeit viel über das Leben lernen müssen. Je mehr sein Narrativ ins Rutschen gerät, desto instabiler werden seine Gewissheiten. Die Realität ist nun mal nicht schwarz oder weiß, sondern es gibt viele Graustufen dazwischen.
Der Brief endet mit einer verstörenden Aufforderung:
„Aber vielleicht ist es mal an der Zeit, aufzuhören zu versuchen, ‚brav‘ zu sein. Denn das hat ja bisher auch nichts genützt.“
Ist das jetzt ein Aufruf zu Gewalt? Wie würde wohl Laschyk über diese Aussage urteilen, wenn ein Querdenker so etwas öffentlich schreiben würde?
Karma is a bitch!
Der Gründer des Volksverpetzers darf nun am eigenen Leib erleben, wie sich die Kritiker der Coronamaßnahmen in den letzten drei Jahren gefühlt haben. Es ist nicht einfach, mit einer abweichenden Meinung einer medialen Konsenswand gegenüberzustehen und dafür im normalen Leben ausgegrenzt und diffamiert zu werden. Man fühlte sich wie in der Erzählung „Die Nashörner“ von Eugène Ionesco. In dieser verwandelten sich alle Menschen um den Protagonisten herum langsam in Nashörner. Nur er blieb unverändert ein Mensch. Auf die heutige Zeit bezogen müssten sich die Nashörner dann noch darüber beklagen, wie sehr sich der Mensch verändert und radikalisiert hat.
Herrn Laschyk steht noch ein langer Weg bevor. Er hat sich weit aus dem Fenster gelehnt.
Durch seine aggressive und totalitäre Sprache vielleicht zu weit. Ganz klar ist, er hat mitgemacht. Er hat Hass und Hetze verbreitet, gelästert, Minderheiten attackiert und sich selbstgerecht positioniert. Langsam holt ihn die Realität ein. Und anstatt zu reflektieren, ob er eventuell Fehler begangen haben könnte, vermisst er den Rückhalt seiner abtrünnigen ehemaligen Weggefährten.
Darüber können auch die Coronakritiker Lieder singen. Übrigens auch über die Verzweiflung, dass ein unhaltbarer gesellschaftlicher Zustand droht und man nicht durchdringt mit seiner Warnung. Wenn man täglich in den Tisch beißen möchte ob der Entwicklung oder nur noch schreien mag. Übrigens auch die Müdigkeit, die nach mehr als zwei Jahren Kampf auftritt. Das stellt auch Laschyk fest: „Die Kämpfer für die Wahrheit sind ausgebrannt.“ Ein Satz, den wohl jeder unterschreiben kann — egal, wo er sich auf der Gaußschen Normalverteilungskurve befindet. Der Volksverpetzer sollte die zurzeit erlebte Diffamierungserfahrung nutzen, um sich in wahrer und echter Toleranz zu üben. Dann besteht Hoffnung für Laschyk.
Keine Demokratie ohne Fakten. Darauf können wir uns einigen. Ob Volksverpetzer, Querdenker, Linksgrün-Versiffter, Aluhutträger, Gutmensch, Schwurbler, Schlafschaf oder AfD-Wähler. Es scheint doch einen kleinsten gemeinsamen Nenner in der Gesellschaft zu geben. Jetzt muss nur noch Kommunikation neu erlernt werden. Und dass andere Meinungen sowohl gehört wie auch akzeptiert werden müssen. Ergebnisoffene Debatten führen, um einen politischen Konsens herbeizuführen, ist für eine Demokratie unerlässlich. Die Gesellschaft kann nicht befriedet werden, wenn eine Minderheit dauerhaft aus dem Diskurs ausgeschlossen wird.
Wer nach diesem Text einen Gute-Laune-Booster braucht, kann sich mit dem Video von Nikolai Binner „Die Zerstörung des HETZPORTALS Volksverpetzer“ von März 2021 wieder in bessere Stimmung bringen: „Der damalige Stand der Wissenschaft, der (…) darf sich jetzt nicht ändern. Nur weil da jetzt neue Forschungsergebnisse da sind. Wenn Nachforschungen einmal unserem Weltbild entsprechen, dann (...) haben die auch gefälligst so zu bleiben.“ Oder: Hilfe — mein Narrativ kippt!
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