Obwohl Wolodymyr Selenkskyj zunächst jede Verantwortung zurückwies, sprachen der Jubel und die Häme der Nationalisten in Kiew für sich (3). Im Westen verhaltene Schadenfreude und zur Entlastung der Ukraine vereinzelt sogar die absurde Vermutung, der Kreml könnte selber mit einer „Antiterroroperation“ hinter dem Anschlag stecken, um „die Zügel innenpolitisch anzuziehen“ (4). Aber was ist davon zu halten, wenn die ukrainische Post eine Sonderbriefmarke mit einem Bild der brennenden Krim-Brücke ankündigte? (5)
Ein Anschlag auf die Brücke war bereits seit längerer Zeit vorgesehen. Unter anderem regte der einflussreiche Parlamentsabgeordnete und ehemalige Vizekommandeur des Asow-Regiments, Igor Mossijtschuk, 2018 vor der Werchowna Rada eine Sprengung der wichtigsten Verbindung der Krim mit dem Festland an (6). Auch die extrem antirussische US-Denkfabrik Atlantic Council rief zu Terroranschlägen auf die Brücke auf:
„Die Ukraine sollte in Betracht ziehen, mit einer Spezialoperation die Brücke zu unterbrechen, die Moskau über die Straße von Kertsch gebaut hat, um die Krim mit Russland zu verbinden.“
Atlantic Council ging noch weiter. Auf dessen Ukraine-Blog schrieb ein sogenannter Russland-Experte:
„Die Ukraine sollte die USA und NATO einladen, eine Flotte bewaffneter Schiffe nach Mariupol zu senden, der größten Stadt am Asowschen Meer, und Russland veranlassen zu schießen oder die NATO davon abzuhalten, ihr Recht auszuüben, ukrainische Häfen zu besuchen. Diese Schiffe sollten bewaffnet sein und über Luftunterstützung verfügen, aber sie sollten instruiert sein, nicht zu schießen, solange sie nicht selbst beschossen würden“ (7).
Es ging also schon im November 2018 darum, Russland zum „ersten Schuss“ zu provozieren, um einen heißen Konflikt mit der USA/NATO zu beginnen.
Dazu kommentiert der Sicherheitsexperte Willy Wimmer, man gewinne den Eindruck, „dass übergeordnete Fragen darüber entscheiden, welche Darstellung vom Anschlagsgeschehen es geben kann“. Er stellte die Frage:
„Werden die dem Angegriffenen bekannten Fakten dazu benutzt, den offenen Krieg zwischen Russland und den USA zu erklären, oder ordnen sich die bekannten Fakten in eine weitere strategische Bedeutung ein, die weit über das Kriegsgeschehen in der Ukraine hinausgeht?“
Das russische Verhalten, „rote Linien sehr flexibel zu handhaben“, lasse ebenso darauf schließen wie die Annahme, dass aufseiten der USA alles unternommen werde, Russland die Verantwortung „für einen direkten Kriegsausbruch zwischen beiden Staaten zuschieben zu können“. Darin, so vermutet Wimmer, „dürfte auch die öffentlichkeitswirksam betriebene Armageddon-Diskussion durch den Präsidenten Joe Biden einzubeziehen sein, mit der nuklearen Dimension inbegriffen“ (8).
Joseph Biden — seit Jahrzehnten eine Gefahr für den Weltfrieden
In der Tat hat sich das Gefahrenpotenzial seit der Präsidentschaft Bidens vervielfacht. War er schon als Senator und Vizepräsident eine ernste Bedrohung für den Weltfrieden, steigerte sich sein aggressives Vorgehen gegen Russland und auch gegen China ins Extrem, sobald er an der Macht war. Es hat den Anschein, als wolle er die Präsidentschaft nutzen, endlich sein Hauptziel zu erreichen, nämlich die monopolare Stellung der USA mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu erhalten und zu festigen. Wobei ihn offenbar völlig kalt lässt, dass den USA inzwischen ein großer Teil der asiatischen, afrikanischen und südamerikanischen Staaten ablehnend bis feindlich gegenüberstehen.
Noch vor dem Anschlag auf die Krim-Brücke hatte Biden mehrmals von atomaren Drohungen des russischen Präsidenten gesprochen und zugleich beschwichtigt: Es gebe keine Erkenntnisse über konkrete Schritte zu einem russischen Atomwaffeneinsatz, der zu einem Armageddon führen könnte. Allerding scherze Putin nicht, wenn er damit drohe (9).
Aber Putin zieht den Einsatz von Atomwaffen erst nach atomaren Drohungen durch die USA und die Ukraine sozusagen als letzte Verteidigungsoption in Betracht. Diese Position bekräftigte nochmals der russische Außenminister Lawrow in einer Stellungnahme am 13. Oktober 2022:
„Der russische Präsident Wladimir Putin hat wiederholt erklärt, dass wir in unserer Nukleardoktrin ausschließlich Antwortmaßnahmen vorsehen, die verhindern sollen, dass die Russische Föderation durch direkte Nuklearschläge oder durch Schläge mit anderen Waffen, die die Existenz des russischen Staates selbst bedrohen, zerstört wird.“ Er hoffe, dass diejenigen, „die ständig über das Thema Atomkrieg und die ‚Organisation von Provokationen‘ seitens der Russischen Föderation mit Massenvernichtungswaffen spekulieren, sich ihrer Verantwortung bewusst sind“ (10).
Es fragt sich also, was Biden beabsichtigte, als er das Thema der Atomkriegsgefahr in den Vordergrund schob. Zuzutrauen ist ihm alles, auch die Anzettelung eines Atomkrieges gegen Russland, wie es schon mehrmals erwogen wurde. Entsetzlich genug, wenn es zu einem konventionellen Krieg der USA/NATO mit Russland käme. Aber vor der direkten Konfrontation wich Wladimir Putin trotz der überschrittenen roten Linien erst einmal taktisch klug zurück, und er ignoriert bis dato, dass sich die USA/NATO — wenn auch nicht offiziell, so doch de facto — bereits im Krieg mit Russland befinden. Offensichtlich wollte er, die US-Kongresswahlen im Auge, abwarten, wie sich die Lage weiter entwickelt.
Bidens vorrangiges Ziel, in Moskau subversiv sowie mithilfe der missbrauchten Ukraine einen Regime Change herbeizuführen, um dann weiter gegen den erstarkenden Konkurrenten China vorzugehen, folgt einer hochgefährlichen Strategie.
In Russland, das durch die Bedrohungen in seiner Entwicklung zurückgeworfen wurde, ist neben Putin und seinen Unterstützern ein nationalistisches Führungspersonal entstanden, das den Dreistigkeiten, Beleidigungen und permanenten Aggressionen durch die USA ein Ende mit Schrecken setzen könnte. (…)
Die Einsicht, dass westlich gesteuerte Terroranschläge nur noch größere Verwüstungen und noch mehr Menschenleben zur Folge haben würden, fehlt bei den führenden Politikern völlig. Nur hier und da sind Bedenken zu vernehmen und die Aufforderung, zu verhandeln. Aber in der Ukraine sowie auch im Westen sind Psychopathen am Werk, Kriegstreiber, die sich gegenseitig bestätigen und zu denen an vorderster Front Joseph Biden, Wolodymyr Selenskyj, die im Oktober 2022 gescheiterte britische Premierministerin Liz Truss und Annalena Baerbock gehören.
Niemanden interessiert, dass Donezk und Luhansk acht Jahre lang bombardiert wurden, Krieg gegen Serbien, Libyen und den Irak geführt wurde und gegen Syrien und den Jemen immer noch Krieg mit entsetzlichen Opfern und Zerstörungen geführt wird. Fast alle Politiker und Journalisten gehen darüber hinweg, als sei das unwesentlich und kein Wort wert. Anstatt zu deeskalieren, wird in den Medien noch mehr gehetzt: „Putin, der gefährliche Despot“ (ZDFinfo), „Putins Terror ist teuer“ (FAZ), „Weizen als Waffe“ (Tagesschau 24), „Russland eskaliert den Ukraine-Krieg“ (ZDF-heute-journal).* Die USA und im Gefolge Westeuropa mit der „Speerspitze“ Deutschland gehen weiter in die Konfrontation. (…)
Angela Merkel wollte Krieg.
Krieg mit Russland war die Absicht, die der sogenannte Wertewesten von vornherein in und mit der Ukraine verfolgt hat. Das geht aus Interviews hervor, die Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel am 24. November 2022 und am 8. Dezember 2022 dem Spiegel und der Zeit gegeben hat. Offenbar um sich gegen Vorwürfe zu wehren, sie sei in ihrer Russland-Politik zu naiv und russlandfreundlich gewesen, sagte sie, das Minsker Abkommen von 2014 sei unterzeichnet worden, um der Ukraine „Zeit zu geben“, und die Kiewer Regierung habe die Zeit genutzt, „um stärker zu werden“ (11). Nachdem die Kiewer Ukraine — offensichtlich im Einvernehmen mit den USA — 2014 vor der Haustür Russlands Feuer gelegt hatte, wurde der Bürgerkrieg im Donbass so weit angeheizt, dass es zu einem Krieg mit Russland kommen musste. Demnach haben Deutschland, Frankreich, die Ukraine und die USA in den Jahren vor dem russischen Einmarsch doppeltes Spiel getrieben, das heißt intrigiert, gelogen und Kriegsvorbereitungen getroffen.
Der russische Präsident Wladimir Putin zeigte sich tief enttäuscht. Er beklagte einen Mangel an Ehrlichkeit und erklärte am 9. Dezember 2022 auf dem Gipfel der Eurasischen Wirtschaftsunion in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek:
„Nach solchen Aussagen stellt sich die Frage: Wie können wir uns einigen? Und gibt es jemanden, mit dem man sich einigen kann? Welche Garantien gibt es?“ Er fügte hinzu: „Das Vertrauen ist natürlich fast auf dem Nullpunkt (…), aber letztendlich muss eine Einigung erzielt werden (…) Ich habe schon oft gesagt, dass wir zu einer Vereinbarung bereit und offen sind“ (12).
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