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Die Welt ohne uns

Die Welt ohne uns

Öko-Aktivisten behaupten oft, der Mensch sei kein unentbehrlicher Teil der Natur, eher ein Störenfried — sie verkennen unsere spezifische Aufgabe innerhalb des Kosmos.

Störfaktor Mensch?

Es gilt mehr oder weniger als ausgemachte Sache, dass die Natur älter ist als der Mensch, hat sie doch den Menschen hervorgebracht und wird ihn irgendwann wieder einschmelzen oder abschütteln, und ihr unvordenklicher Strom wird weitergehen, immer weiter, nur ohne den Menschen. Der verschwindet dann, als hätte es ihn nie gegeben.

Viele begrüßen dieses Verschwinden des Menschen, jedenfalls theoretisch oder, besser gesagt, ideologisch. Die Natur kann wieder erblühen, wenn der Störfaktor Mensch nicht mehr da ist, der alles ruiniert.

So weit, so gut. Oder eben nicht gut. Diese Sichtweise impliziert die Sinnlosigkeit des Menschen und dass es mit ihm weiter nichts auf sich hat. So wäre es besser, wenn er sang- und klanglos verschwände. Die Natur wird es uns danken. Gemeint ist hier zunächst die Natur auf der Erde, die als Oase im Meer des als tot und lebensfeindlich imaginierten Alls treibt. Letztlich als leeres Treibgut ohne tiefere Bedeutung. Das zu postulieren gilt als Wissenschaft, der Rest als schlechte Poesie.

Überall der Mensch?

Wenn man die gegenteilige Prämisse setzt, also von der Sinnhaftigkeit der menschlichen Existenz im Universum ausgeht, die dann im Prinzip überall gegeben sein müsste, rückt der Mensch in einen komplett anderen Seinsstatus. Das Leben fühlt sich dann anders an, schwingt anders, wird wesentlich, ist nicht zu denken ohne kosmische Verantwortung. Der Mensch wird zum rundum gemeinten Wesen, ja er konstituiert geradezu den Kosmos. Das Universum ist nur durch und über den Menschen ein wirklicher Kosmos, der umfassend lebendig und derart eingebettet ist in ein unendliches und all-lebendiges Sinngefüge.

Natur — was ist das eigentlich?

Doch gehen wir erst einmal einige Schritte zurück und stellen Fragen, die uns helfen, unseren Standort zu finden und ihn mit Leben und Verantwortung zu füllen. Was ist eigentlich Natur? In der griechischen Antike finden wir eine wunderbare Definition des Menschen innerhalb der Natur. Natur galt als ein komplexes Ineinander und Nebeneinander von Ursprung (Arche), Ziel (Telos), dem Prozess des kosmischen Werdens vom Anbeginn bis zum End- und Höhepunkt und dem ihm innewohnenden Sinn. Damit war ein großer Bogen des Seins gespannt, in den der Mensch eingeordnet war und der in der Gesamtheit des durch und durch sinnvollen Kosmos wurzelte.

Bei den Römern geschieht eine Verlagerung der Sinngebung im Rahmen einer natürlichen Seinsordnung. Der Ausgangspunkt alles Natürlichen war „nasci“, also geboren werden. Und das schwang stets mit, wenn von „natura“ die Rede war. Also noch immer haben wir einen lebendigen und sinnerfüllten Naturbegriff, der immerhin letzte Restbestände des altgriechischen Kosmos enthielt.

Die tote Außenwelt und der Siegeszug des Nihilismus

Die neuzeitliche Denkbewegung hat dann einen völlig anderen Naturbegriff etabliert. Der alte Kosmos war gleichwohl in Teilen noch lebendig. So in der Naturphilosophie, vor allem der des Unendlichkeitsphilosophen Giordano Bruno, der wie kein anderer die Lebendigkeit des Weltalls heraufbeschwor.

Die abendländische Naturwissenschaft und rationale Philosophie postulierte dann „Natur“ als bloße Außenwelt ohne ein Innen, als die Bühne unseres Seins, die sich mathematisch vermessen ließ und dem kalten Rasterblick des analytisch-reduktionistischen Geistes unterworfen werden konnte, ja sollte.

Die Natur büßte ihre Lebendigkeit ein; der technisch-imperiale Geist triumphierte auf ganzer Front. Irgendwann verdampfte alles Lebendige in den Köpfen. Der Nihilismus trat seinen Siegeszug an, der bis heute andauert.

Damit verschob sich die anthropologische Frage, also die Frage: Was ist der Mensch, und zwar in seinem Wesen, seiner Essenz? Was spricht denn überhaupt dafür, dass wir eine kosmisch gemeinte und sinnerfüllte Seinsform darstellen? Viele bezweifeln das sowieso beziehungsweise halten diese Annahme für eine irgendwie schöngeistige Fiktion, mit der man sich nicht ernsthaft beschäftigen muss.

Schlachtfeld Menschenbild

Was wir heute auf unserem Planeten erleben, ist ein erbitterter geistiger Kampf um das Bild des Menschen, der sich einem finalen Showdown zu nähern scheint. Die Fraktion der „Menschenleugner“ ist stark — ich benutze jetzt diesen Begriff, halb ironisch, in Anlehnung an dogmatische Formeln, in denen das Leugnen tabuisierter Phänomene zum Tragen kommt. Machtvolle Bataillone haben sich um sie versammelt, die sich nicht so ohne Weiteres geschlagen geben.

Ihr zentrales Credo hinsichtlich des Menschen lässt sich wie folgt skizzieren: Mit dem Menschen hat es wenig auf sich; eine wie auch immer geartete metaphysische Substanz kann ihm nicht zugesprochen werden. Er ist ein höheres Tier, das sich megalomanisch aufbläht, um letztlich im nihilistischen Nirgendwo zu verschwinden.Der Mensch wird als belebtes Nichts vorgestellt. Vorangepeitscht von Wahnideen und dumpfen Egoismen, umschnürt vom Korsett einer nihilistischen Zwangsjacke, die ihm den höheren Atem raubt. Zu dieser Zwangsjacke gehört als notwendiges Pendant die Vorstellung eines sinnleeren, lebensfeindlichen und rundum monströsen Universums, in dem gewalttätige Phantasmen wie die sogenannten Schwarzen Löcher ihr quasifaschistisches Unwesen treiben. Ein Albtraum … Merkwürdig, dass sich so wenig Widerstand dagegen regt, den man doch eigentlich erwarten müsste.

Die involvierten Forscher wähnen sich auf Du und Du mit dem Weltgeist und lassen sich entsprechend bewundern und feiern. Die Transhumanisten imaginieren sich selbst als Weltgeist; sie dienen nicht dem Weltgeist, sondern sie sind es selbst beziehungsweise glauben, sich als dieser zu inkarnieren.

Sind wir allein und isoliert im All?

Die „Menschenleugner“ stellen sich die bange Frage: „Sind wir allein im Universum?“ Allein durch diese Frage haben sie sich als „kosmische Idioten“ entlarvt — um einen suggestiven Begriff von Peter Sloterdijk zu verwenden —, denn kein halbwegs intelligenter Mensch würde die Auffassung vertreten, dass diese seltsame Mannschaft auf dem Raumschiff Erde allein und isoliert durch das All rast oder schwebt. Die ängstlich Fragenden fürchten, ihnen überlegenen Wesen zu begegnen, die sie lächerlich erscheinen lassen könnten. In der Tiefe wissen sie, dass ihre Intelligenz nicht weit reicht, auf die sie dennoch irgendwie stolz sind. Sie halten sich für die Speerspitze irdischer Geisteskraft. Verblüffend eigentlich …

Ist der Kosmos intelligent?

„Menschenleugner“ sind in gewisser Weise auch Kosmosleugner. Sie leugnen die metaphysische Tiefe des Menschen und des Kosmos selbst, der sie trägt und umgibt. Sie halten den Kosmos für wenig intelligent, andernfalls würden sie nicht derartig absurde Weltbildvorstellungen favorisieren. Wer glaubt den selbst ernannten Kosmologen? Ich jedenfalls nicht.

Verloren in der Himmelswüste

Man kann den Naturbegriff auf das Universum übertragen. Dann ist alles Seiende selbst Natur. Natur ist das, was der Mensch nicht ist, wenn wir ihn aus dem Naturzusammenhang herausnehmen. So wird es meist gesehen.
Ist der Mensch Natur oder steht er irgendwie außerhalb derselben? Wie ist das Ganze gebaut und konstelliert? Wenn wir nur Natur wären, im Sinne der auch materiell fassbaren Weltbühne, dann wären wir verloren. Dann gäbe es keinen Ausweg aus der allenthalben imaginierten Himmelswüste.

Gestaltung, Umgestaltung

Ich glaube, dass der Mensch unter bestimmten Bedingungen überall im Kosmos heraustritt, dass wir umgeben sind von unvorstellbarer Seinsfülle, zu der auch immer der Anthropos gehört, der eigentlich gemeinte Mensch. Gestirne sind die Träger menschlichen Lebens, überall und seit dem Abgrund der Ewigkeit. Also sind Menschen Ewigkeitswesen, verankert im kosmischen Sein, in der Unendlichkeit in Raum und Zeit. Ewig, ewig, ewig … Oder, wie Goethe sagt:

*„Gestaltung, Umgestaltung, / des ewigen Sinnes ewige Unterhaltung.“ *

Wir wachsen auf Gestirnoberflächen heran, um irgendwann das alles hinter uns zu lassen, um einzutauchen in die göttliche Ursubstanz, deren Teil wir sind — wenn diese halb religiöse Formel hier gestattet ist.

Intelligentes Leben — im Prinzip überall?

Überall Leben, überall Intelligenz, überall Bewusstsein, verkörpertes zunächst, karmisch geformt und durch Leid und Tod hindurchgegangen. Getragen und durchdrungen werden die Gestirne von gewaltigen Raumenergiefeldern, die im Gegeneinanderwirken das kosmische Licht erzeugen.

Der Kosmos als Spiegel

Wir betrachten das Weltall — wie auch anders! — nach Maßgabe unseres lebendigen Bewusstseins, nicht nach Maßgabe technischer Geräte und Messinstrumente, mit denen wir den engen Zirkel der materiellen Dinge und Formen niemals verlassen können. „Der Kosmos ist wie ein Spiegel“, lautet ein altpersischer Weisheitssatz. „Schaut ein Esel hinein (…).“ Ich muss wohl die Esel hier um Verzeihung bitten, dass ich sie so heranziehe.

Wir sind auch Angeblickte

Wir sind nicht nur die Blickenden, nicht nur die mit gigantischen Fernrohren Bewaffneten, sondern zugleich die Angeblickten, die immer Gemeinten, die auf offener karmischer Bühne agieren (müssen) — wir können uns nicht verstecken; was wir sind, liegt offen zutage.

Gefangen im irdischen Dunstkreis

Die Erdlinge haben es mehrheitlich nicht geschafft, den irdisch-sinnlichen Dunstkreis zu durchstoßen. So waren beziehungsweise sind sie nicht in der Lage, die unerschöpfliche Fülle des Menschlichen im Universum zu erfassen. Sie fühlen sich allein und ahnen nicht, dass sie sozusagen in gleißendem Licht stehen und agieren, umtost vom Sturmwind des Karma, dem niemals zu entgehen ist. Sie stoßen ihre Fernrohre in die schwarze Nacht und hoffen, derart zu echten Erkenntnissen zu gelangen. Das Projektive ihrer Forschungsbemühungen bleibt ihnen verborgen.

Teil oder umfassende Essenz?

Der Mensch entwickelt sich überall im Weltall aus der Natur heraus. In gewisser Weise ist er nicht deren Teil, sondern deren Essenz; er inkarniert das Ganze des natürlichen Seins. Und nur weil dies so ist, kann er sich zu sich selbst hinentwickeln. Das führt zu Erkenntnisfragen fundamentaler Art, denen nicht auszuweichen ist. Am Anfang der Welterfahrung beziehungsweise des In-der-Welt-Seins steht, meist unbewusst, die Frage nach der Erkenntnis überhaupt. Was kann erkannt werden, wo habe ich sicheren Boden, wo projiziere ich und so weiter?

Wo leben wir?

Letztlich geht es um die Frage aller Fragen: In welcher Welt leben wir eigentlich? Und: Wie sind wir da hineingekommen — hineingestürzt vielleicht? Der Mensch, sagt Novalis, sei „eine Analogienquelle für das Weltall“. Die Welt enthält also den Menschen als ihren integralen Teil, wobei dieses Teil-Sein in der existenziellen Tiefe eigentlich gar nicht existiert.

Der Mensch repräsentiert das Ganze, weil er in die Grundsubstanz der Welt verwoben ist und ihr zugehört. Er fokussiert und bündelt als kosmisches Wesen schlechthin das Ganze und kann nur deshalb dieses Ganze in seiner Grundstruktur auch erkennen. Im Kern erkennt er nur sich selbst, weil er das welthaltige Wesen schlechthin ist.

Das hat schon die idealistische Philosophie, etwa die von Schelling, ausdifferenziert und kaum widerlegbar zur Darstellung gebracht: Ich bin die Welt. Ich erkenne die Welt, weil ich sie bin, weil ich sie inkarniere und von ihr konstituiert bin, zugleich aber auch sie in Gänze konstituiere. Anders lässt sich Erkenntnis, die diesen Namen verdient, nicht fundieren oder verstehen.

Noch einmal zu den vier Komponenten der Natur

Ich will zurückkommen auf die vier Komponenten der altgriechischen Naturidee oder Naturkonzeption: Ursprung, Ziel, Prozess und Sinn dieses Prozesses. Das berührt auch die Frage nach dem Menschen, ja ist davon gar nicht zu trennen. Ursprung = Arche, Ziel = Telos. Insofern sind wir arche-teleologische Wesen. Und das heißt auch: Zeitwesen. Wir sind das, was wir waren und was wir sein werden. In dieser zeitübergreifenden Ganzheit sind wir gehalten. Sie trägt uns, verbürgt uns, lässt uns dem kosmischen Anthropos entgegenwachsen, wenn wir darin unsere Vollendungsstufe finden, also das, was auch als Buddhaschaft verstehbar ist.

Bewusstseinsringen

Überall ringen Menschen im Weltall um hohes Bewusstsein und Seinserfüllung.
Wir sind umgeben von tosendem Leben. Die Leblosigkeit der modernen Kosmologie ist ein Wahn, der uns alle in den Irrsinn treibt. Merkwürdig, dass die meisten Menschen auf dieser Erde das alles hinnehmen, als könne es gar nicht anders sein — um das noch einmal zu betonen.

Das strahlende Firmament

Dabei ist die Pathologie dieser Vorstellungen mit Händen zu greifen. Das nächtliche Firmament in seiner strahlenden Majestät ermöglicht oder induziert zumindest ein Ahnen, dass überall Leben und Intelligenz existiert, jedenfalls für eine gewisse Spanne, die gestirnbezogen und variabel ist.

Was verbergen die samtene Pracht und die Sterne auf deren Grund? Sinnleere Ödnis sicher nicht; diese wohnt eher in den Hirnen der fehlgeleiteten Erdlinge. Warum sich am Sinnlosen hochziehen, wie es viele tun, nur weil die kosmologischen Modelle so sind, wie sie eben sind, also trostlose Konstrukte und Höllen?

Man kann alles anders sehen und interpretieren, wenn man von anderen Prämissen ausgeht. Das habe ich über Jahrzehnte hinweg immer wieder zu zeigen versucht. Durchaus nicht ganz ohne Erfolg.Es sind andere Denkhorizonte, die ich ins Spiel bringe; diese sind durchaus in der Lage, als Gamechanger zu fungieren, auch wenn es zur Stunde nicht danach aussieht.

Zum Schluss ein weiteres und durchaus ermutigendes Wort Goethes:

„Ist’s denn so groß das Geheimnis, was Gott, der Mensch und die Welt sei? Nein! Doch niemand hört’s gerne. So bleibt es geheim.“


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