Die Eliten haben so ihre Schwierigkeiten mit Elitenkritik. Und — das ist erfreulich — sie merken inzwischen selbst, dass das Misstrauen in der Bevölkerung wächst, dass immer weniger Menschen glauben, dass „die da oben“ es schon richten werden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm den Jahrestag der Wiedervereinigung am 3. Oktober 2019 zum Anlass, gegen ihrer Meinung nach unsachliche Elitenkritik zu wettern: Sie warnte davor, „die Ursache für Schwierigkeiten und Widrigkeiten vor allem und zuerst beim Staat und den sogenannten Eliten“ zu suchen, „denen man sowieso nichts glauben könne und die dem Einzelnen irgendwie nur im Wege sind“.
In ganz Deutschland will Merkel „ein solches Denken“ beobachtet haben. „Setzte sich ein solches Denken durch, führte das ins Elend.“
Die Frage ist jedoch: Besteht das Elend nicht vielmehr darin, dass wir etablierten Politikern und Wirtschaftslenkern zu lange zu viel geglaubt haben? Dies rächt sich jetzt.
Nicht nur, dass wir mit ein paar harmlosen Managementfehlern zu kämpfen haben — das ganze Ökosystem steht infolge der Täuschungsstrategien der Mächtigen und unserer Neigung, diesen auf den Leim zu gehen, vor dem Kollaps. Ein hoher Preis für Gehorsam und Leichtgläubigkeit.
Eine Sache für Profis
Christian Lindner, der FDP-Vorsitzende, erteilte Greta Thunberg Anfang 2019 einen Verweis. „Von Kindern und Jugendlichen kann man nicht erwarten, dass sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das ökonomisch Machbare sehen.“
Das sei vielmehr „eine Sache für Profis“. Wenn man sich aber ansieht, in welchen Zustand Polit-Profis unsere Umwelt gebracht haben, sehnt man sich eher nach Laien mit Herz, einem wachen Instinkt und der Fähigkeit, sich unvoreingenommen zu informieren.
Das Grundproblem mit den „Eliten“ ist: Wir können ihr Verhalten nicht angemessen analysieren, wenn wir ihnen pauschal guten Willen unterstellen, Probleme im Sinne des Gemeinwohls zu lösen.
Ja, es gibt viel Expertenwissen und solides politisches Handwerkszeug, das aber oft gezielt eingesetzt wird, um die Tatsachen zu verschleiern und sich vor den notwendigen Maßnahmen zu drücken.
Unfassbar viel Gehirnaktivität wird aufgewendet — nicht um das Richtige zu tun, sondern um dem dummen Volk das Falsche marketingpsychologisch smart zu verkaufen.
Als größtes Hindernis für eine angemessene Ehrfurcht vor unserem globalen Führungspersonal erweisen sich immer wieder die Eliten selbst.
Deren Verhalten übertrifft oft die schlimmsten Befürchtungen von „Verschwörungstheoretikern“ und könnte als Realsatire belächelt werden, wäre die Sache, um die es geht, nicht so ernst.
Der Manipulationslehrer
Frank Luntz, Jahrgang 1962, ist ein promovierter Politikwissenschaftler, der im Laufe seiner Karriere für eine Reihe von Großkonzernen und Politikern als Berater tätig war. So unter anderem für Newt Gingrich, Silvio Berlusconi, Rudolphe Guiliani, Pat Buchanan und George W. Bush.
1992 gründete er die Luntz Research Companies. Sein bis heute bekanntestes „Werk“ ist das Frank Luntz Memorandum to Bush White House von 2002. Das Papier enthält strategische Vorschläge, wie die Republikanische Partei ihre Position auf verschiedenen Feldern besser verkaufen könnte.
Später wurde es geleakt und kann heute öffentlich eingesehen werden. Das Memorandum ist als Ganzes eine höchst lohnenswerte Lektüre. Für diesen Beitrag genügt es aber, sich auf die Aussagen zur Umwelt- und Klimapolitik zu konzentrieren.
Ziel des Umweltkapitels im Memorandum, benannt „The Environment: A Cleaner, Safer, Healthier America“, war es offensichtlich vor allem, die in der Wissenschaft fast unstrittige These von der menschengemachten Klimaerwärmung öffentlich unglaubwürdig zu machen und so wirksame Maßnahmen zum Schutz des Planeten zu verhindern.
Die Aufgabe, die sich den Manipulierenden dabei stellte, war nicht leicht. Die Wissenschaft wurde über Jahrzehnte in der Öffentlichkeit quasi zum Fetisch aufgebaut und genießt hohe Reputation, auch bei Menschen mit wenig wissenschaftlichem Verständnis.
So wichtig Wissenschaft den Eliten aber auch sein mag — wichtiger ist ihnen stets der Profit. Ihm gegenüber hat die Wissenschaft — wie auch Politik und Kunst — eine dienende Funktion einzunehmen. Wirksamer Klimaschutz ist aber kaum denkbar, ohne das Wachstumsdogma anzugreifen, was beträchtliche Geschäftsinteressen berührt.
Deshalb rät Frank Luntz den Republikanern, sich selbst quasi als die besseren Wissenschaftler darzustellen. Als besonnene politische Kraft, die sich nicht zu übereilten Entscheidungen hinreißen lässt, bevor die Frage der menschengemachten Klimaerwärmung nicht restlos geklärt ist, die Wissenschaft also nicht vollständig mit einer Stimme spricht.
Mit Blick auf die für die Klimaskeptiker fast verlorene Schlacht schreibt Luntz:
„Die wissenschaftliche Debatte ist dabei, sich zu schließen, aber sie ist noch nicht geschlossen. Es gibt noch eine Chance, die Wissenschaft in Frage zu stellen. (...) Die Wähler glauben, dass es innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft keinen Konsens über die globale Erwärmung gibt. Sollte die Öffentlichkeit zu der Ansicht kommen, dass die wissenschaftlichen Fragen geklärt sind, dann werden sich ihre Ansichten bezüglich der globalen Erwärmung entsprechend ändern.“
Im Zweifel gegen die Umwelt
Jede Unsicherheit, jeder noch bestehende Zweifel innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinde spielt den Republikanern in die Hände. Er hilft ihnen, abzuwiegeln und Zeit zu schinden.
„Fahrt damit fort, das Fehlen wissenschaftlicher Sicherheit zum Kernaspekt in der Debatte zu machen, (...) betont die Wichtigkeit, erst dann zu handeln, wenn alle Fakten bekannt sind. (...) Das wichtigste Prinzip ist euer Bekenntnis zu solider Wissenschaft.“
Luntz empfiehlt also, nach dem Motto: „Im Zweifel gegen die Umwelt.“ vorzugehen. So lange nicht letzte Sicherheit gegeben ist, soll nichts unternommen werden. „Deshalb ist es für Sie wichtig, weiter den Mangel an wissenschaftlicher Gewissheit zum Hauptthema der Debatte zu erklären.“
Der politische Kontext des Memorandums war eine damals aktuelle Auseinandersetzung mit den Demokraten, die noch unter Bill Clinton einige für die Wirtschaft unbequeme Umweltschutzrichtlinien beschlossen hatten — etwa strengere Maßnahmen für die Arsenkonzentration im Trinkwasser.
Auch das im gleichen Jahr verabschiedete Kyoto-Protokoll, eine Reaktion auf die schon damals bekannte Klimaerwärmung in Form eines internationalen Rahmenabkommens, war unmittelbarer Anlass für das Memorandum. Luntz schreibt hierzu:
„Der Kern der Argumentation der Demokraten läuft darauf hinaus, dass Regulierungsmaßnahmen aus Washington der beste Weg seien, um die Umwelt zu schützen. Wir stimmen dem nicht zu.“
Hier scheint der Autor den Freiheitsimpuls des „Land of the free“ gegen zentralistische „Regulierungswut“ in Stellung bringen zu wollen.
Gekonnte Simulation von Warmherzigkeit
Republikaner sollen vermeiden, als kaltschnäuzig und ignorant gegenüber der Umwelt wahrgenommen zu werden, so sein Rat. Eine Charme-Initiative soll die Partei in einem rosigen Licht erscheinen lassen und vermeiden, dass die Republikaner als kaltschnäuzige Umweltignoranten wahrgenommen werden.
„Zuerst überzeugen Sie Ihr Publikum, das es Ihnen am Herzen liegt, die Umwelt ‚zu bewahren und zu beschützen‘, dass dies aber ‚auf klügere und effektivere Weise geschehen‘ könne. (Führen Sie auf keinen Fall zuerst ökonomische Argumente ins Feld.) Erzählen sie ihnen eine persönliche Geschichte aus Ihrem Leben. Da viele Amerikaner glauben, dass sich Republikaner nicht um die Umwelt scheren, wird es Ihnen nie gelingen, Ihre Ideen zu akzeptieren, so lange Sie sich diesem Verdacht nicht stellen und ihn entkräften.“
Die Republikaner sollten dem Volk klar machen, dass sie beispielsweise leidenschaftlich für sauberes Wasser einträten, lediglich nur sichergehen wollten, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen auch wirklich notwendig seien, um den erwünschten Effekt zu erzielen.
Das läuft auf Verschleppen und Zeitschinden hinaus. Die Leitsätze, die Luntz einführt, lauten: „Nur handeln, wenn man alle Fakten in Händen hält.“ Und: „Die richtige Entscheidung treffen, nicht die schnelle.“
Augenzwinkernd rät Luntz seinen Auftraggebern, ökonomische Argumente erst mal außen vor zu lassen. Es scheint zwar klar — dies jedenfalls meine Interpretation —, dass das Überleben des Ökosystems gegenüber dem Profit der Konzerne das Argument von geringerem Wert ist. Dies müsse man dem Volk jedoch nicht unbedingt auf die Nase binden. Was der Politikberater vielmehr vorschlägt ist eine Art Warmherzigkeits-Simulation.
Dem gewieften Strategen ist durchaus bewusst, dass viele die Ökologie wie auch die „soziale Frage“ als Schwachstellen der Republikaner wahrnehmen. Achtsamkeit gegenüber der Natur wäre nicht so „ihr Ding“.
„Ich muss Sie nicht daran erinnern, wie oft Republikaner als kalt, achtlos, ruchlos oder sogar ausgesprochen antisozial verachtet worden sind. Diese Angriffe schüren Ressentiments und Ängste. Da sie primär emotionaler Natur sind, können sie auch nicht einfach durch Logik oder Statistik entkräftet werden.“
Dies könne jedoch durch wiederholte Beteuerungen, wie sehr ihnen die Umwelt am Herzen liege, kompensiert werden.
„Sobald wir den Menschen aber klarmachen, dass wir unser Herz auf dem rechten Fleck haben, und sie dazu bewegen, uns gern zuzuhören, hat der konservative, am freien Markt orientierte Zugang zur Umwelt in der Tat das Potenzial, sehr populär zu werden.“
Gerade die konservative Seele der republikanischen Klientel liebe ja intakte Wälder, saubere Luft und Gewässer. An dieser Mentalität speziell der Landbevölkerung könne man andocken.
„Amerikaner lieben ihre Natur. (…) Die Menschen verstehen nicht die technischen Einzelheiten der Umweltgesetze — was sie dagegen verstehen, ist, wie wichtig es ist, das Wasser, das Land und die Luft zu schützen. Die Republikaner sollten sich daher mehr auf jene Segnungen konzentrieren, die die Öffentlichkeit erwartet, und weniger Zeit auf Debatten über Prozesse verwenden, denen sowieso niemand gern folgt.“
Was Luntz hier also vorschlägt, ist Populismus in Reinform, der dem Publikum vermeintlich zu komplizierte Denkvorgänge erspart und lieber an ihre Emotionen appelliert.
Patriotismus zieht immer
Vergleichbar mit der aktuellen Debatte in den „alternativen“ deutschen Medien wird sogar die Wertschätzung für Meinungsfreiheit gegen rasche und wirksame Maßnahmen zum Schutz des Klimas ins Feld geführt: „Amerikaner wünschen eine freie und offene Diskussion.“
Ebenfalls hoch aktuell ist der Versuch, verantwortungsbewusstes Handeln zu verzögern — durch den Appell an das Vertrauen der Menschen in die technische Innovationskraft der eigenen Nation.
Umwelt-Alarmisten sollen für ihr „mangelndes Vertrauen in unsere kollektive Fähigkeit“ gescholten werden, „allen Herausforderungen zu begegnen, vor die uns eine Veränderung der Umweltbedingungen stellt“. Das Prinzip der Freiwilligkeit sei zentralistischer Regulation vorzuziehen:
„Wir müssen betonen, dass Innovation und Experimentieren auf freiwilliger Basis einer bürokratischen internationalen Intervention und Regulierung vorzuziehen sind.“
Eine weitere Bauernfänger-Methode ist der Appell an den Patriotismus der Amerikaner. Republikanische Politiker sollen es als ungerecht darstellen, dass ausgerechnet ihr Land seinen Bürgern der Umwelt zuliebe Opfer abverlangt, während viele andere Länder nichts unternehmen. Das Schlagwort hierfür lautet „Internationale Fairness“.
Frank Luntz schreibt hierzu:
„Wenn man sie fragt, werden die Amerikaner verlangen, dass alle Nationen ihren Beitrag zu einem Vertrag die globale Erwärmung betreffend leisten. Länder wie China, Mexiko und Indien müssten so eine Vereinbarung unterzeichnen, bevor auch die Mehrheit der Amerikaner sie unterstützen würde.“
Luntz suggeriert also, die Amerikaner sollten lieber abwarten, bis möglichst alle anderen Nationen strenge Umweltauflagen erlassen hätten, bevor sie selbst nachziehen können. „America last“ — zumindest in der Klimafrage.
Schließlich könne allzu eifriges Voranpreschen beim Klimaschutz die vaterländische Wirtschaft im globalen Wettbewerb schwächen und ungeliebten Konkurrenten wie China Vorteile verschaffen. Das darf natürlich nicht sein.
In diesem Geiste nehmen die USA bis heute eine abwartende Haltung ein. Die Einstellung, die das Luntz-Papier erkennen lässt, ähnelt dem Lavieren der europäischen Länder bei der Frage der Aufnahme von Flüchtlingen:
„Warum sollen ausgerechnet wir…? Wir wären ja schön blöd! Sollen doch erst mal die anderen…!“
In einem brennenden Haus will niemand der erste sein, der einen Eimer mit Wasser herbeischafft — aus Angst, übervorteilt zu werden und als der Dumme dazustehen.
Plötzlich sozial
Besonders absurd, speziell bezogen auf die Partei der Republikaner, erscheint eine weitere PR-Strategie, die Luntz seinen Kunden vorschlägt. Sie sollten in ihren öffentlichen Äußerungen herausarbeiten, dass es gerade die weniger Betuchten seien, die unter Umwelt-Regulierungsmaßnahme zu leiden hätten.
Dass das kalte Herz der vielleicht mächtigsten Unterstützer-Partei der neoliberalen Globalisierung jetzt ausgerechnet für die Armen schlägt, dient dabei einem klaren manipulativen Ziel:
Der „einfache“ Amerikaner soll gegen Maßnahmen zum Umweltschutz eingenommen werden, vor allem dort, wo diese höhere Preise zur Folge hätten. „Ja, die Tatsache, dass das Kyoto-Protokoll besonders das wirtschaftliche Wohlergehen der Alten und Armen betreffen würde, ist besonders relevant.“
Allerdings hält sich Luntz nicht sehr lange bei diesem Programmpunkt auf: „Das wirtschaftliche Argument ist jedoch weniger wichtig als die anderen Argumente, die ich oben aufgeführt habe.“
Wir sollten bei diesem Programmpunkt von Luntz’ Memorandum dennoch besonders hellhörig sein.
Was die Republikaner in den 1990ern noch als Nebenargument abgetan hatten, wird besonders von vielen Linken in Deutschland zur Hauptsache erhoben. Immobilität aufgrund hoher Benzinpreise und — Gott bewahre! — ein Tofu-Zwang infolge überhöhter Fleischpreise würde speziell auch diejenigen Menschen treffen, die hart arbeiten und jeden Cent im Portemonnaie dreimal umdrehen müssen. Also lassen wir doch lieber alles beim Alten!
Solange niemand die Pfründe der Konzerne anzutasten wagt und die „Eliten“ ein soziales Ausgleichsprogramm scheuen wie der Teufel das Weihwasser, bleiben tatsächlich nur diese Alternativen: der Kollaps unseres Ökosystems oder erhebliche Nachteile für die Ärmeren.
Wer die Bevölkerung derart in die Enge treibt, nur zwei Alternativen vorgibt und einen dritten Weg leugnet, wird es wohl in jedem Land leicht haben, eine Mehrheit gegen das Ökosystem zu organisieren.
Dies würde immerhin noch theoretisch die Hoffnung nähren, auf verbrannter Erde und inmitten verseuchter Luft weiter mit dem Auto zur Würstchenbude fahren zu können.
Die Luntz-Mentalität lebt weiter
Ist dieses 17 Jahre alte Papier für uns heute überhaupt noch relevant? Nun, seither hat sich viel verändert — zum großen Teil jedoch zum Schlechteren. Während ein Frank Luntz noch nach dem Motto „Es gibt viel zu tun, sollen die anderen erst mal anfangen.“ agierte, leugnet Donald Trump sogar, dass es überhaupt etwas zu tun gibt. In der Ära Bush jedoch wurden wesentliche Grundsteine für die Trump’sche Klimapolitik gelegt.
Das Luntz-Memorandum ist älteren Datums und bezieht sich nur auf eine bestimmte Partei in einem bestimmten Land der Erde. Wer daher annehmen will, dergleichen sei heute und in Deutschland — etwa bei den momentanen Regierungsparteien — nicht möglich, kann gern weiterträumen. Für alle anderen besagt dieses höchst aufschlussreiche Dokument mindestens zweierlei:
Die „Eliten“ in den westlichen Industrienationen wussten schon sehr früh von der Klimaerwärmung und ihren Gefahren. Nicht erst Greta Thunberg war es also, die sie davon in Kenntnis setzte. Die öffentliche Meinung hat ohnehin eine extrem lange Reaktionszeit. Obwohl die Angelegenheit mittlerweile wirklich dringlich ist, versuchen die Zauderer und Abwiegler noch zu dieser späten Stunde, die notwendigen Maßnahmen zu verhindern oder zu verschleppen: „Bitte erst ein bisschen später, alles mit der Ruhe, und um Himmels willen nicht zu radikal!“
Zwischen dem, was Politiker sagen, und dem, was sie denken beziehungsweise in inneren Zirkeln besprechen, tut sich eine breite Kluft auf. Wir wussten zwar längst, dass Politiker die Dinge nicht immer richtig sehen, konnten aber mit ein bisschen Wohlwollen annehmen, dass sie das, was sie behaupten, wenigstens selber glauben. Ein Dokument wie das Luntz-Memorandum zeigt jedoch: Sie lügen bewusst. Sie können sich und einander eigentlich nicht vertrauen. Politische Kommunikation ist in diesem Lichte nichts als eine Verkaufsstrategie, um Käufern defekte Waren aufzuschwatzen — um ein ästhetisch gestaltetes Etikett auf eine Flasche mit einer giftigen Substanz zu kleben.
Die Vorgehensweise von Politikern und ihren „Beratern“ ist abgrundtief zynisch. Sie treiben Schindluder mit unseren Träumen und instrumentalisieren selbst noch liebenswerte Eigenschaften wie Naturliebe, soziales Bewusstsein und Heimatliebe für ihre destruktiven Zwecke.
Auch Eigenschaften, die aufgeklärte Menschen auszeichnen — Widerspruchsgeist, der Versuch, differenziert zu denken und begründete Zweifel zu äußern — verwandeln sich unter den Händen der Manipulationsprofis in eine Waffe, mit deren Hilfe unser Ökosystem sturmreif geschossen wird.
Ich finde es daher nicht wirklich überraschend, dass das Vertrauen in solche „Eliten“ schwindet. Selbst wenn sich noch der eine oder andere treue Anhänger findet — vor allem in den eigenen Reihen, wie das Beispiel Angela Merkel zeigt. Am Luntz-Memorandum können wir konkret festmachen, was viele bisher nur dumpf ahnten: Wir werden verschaukelt.
Aber auch abgesehen von dem allgemeinen Misstrauen, das das Dokument gegenüber der politischen Kaste und ihren Beratern schürt: Sich diese Argumente anzuschauen, ist für die aktuelle Klimadebatte sehr hilfreich. Wir begegnen ihnen überall — manchmal sogar in unserem eigenen Kopf.
arte: „Die Erdzerstörer“
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