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Die Öko-Ignoranten

Die Öko-Ignoranten

Immer mehr Schlauberger fallen auf PR-Lügen herein.

Man wundert sich, wie einige Leute auf die Idee kommen, es gäbe eine „Ökohysterie“. Das mediale Aufkommen des Ökodesasters steht in keinem vernünftigen Verhältnis zu seiner Dramatik.

Bis vor sehr kurzem war für die globale Ökokatastrophe höchst selten Platz in einer Öffentlichkeit, die sich mit Fussballspielern, Heimatministern und dem ewigen Flüchtlingsthema mehr als ausgelastet sieht.

Das gilt leider auch für nahezu alle „alternativen“ Medien. Hier finden ökologische Themen weitaus weniger Beachtung als die neueste Studie über den Einsturz von World-Trade-Center 7.

Jetzt aber wird doch diskutiert über den Zustand des Ökosystems. Waldbrände, eine drohende Missernte, Rekordtemperaturen weltweit, ausbleibender Regen und wegen „Blow-ups“ gesperrte Landebahnen auf Flughäfen sorgen endlich dafür, dass das Ökodesaster zumindest das Sommerloch 2018 erobert hat.

Sofort aber treten massenhaft Leute in Erscheinung, die das planetarische Geschehen wahlweise für keineswegs außergewöhnlich erklären oder doch zumindest jeglichen Einfluss der menschlichen Spezies auf die aktuellen Klimaphänomene strikt bestreiten.

In den digitalen Sphären der „alternativen Medien“ wird der Einfluss des Menschen auf die globale Erwärmung besonders eifrig abgelehnt. Andere bestreiten die Erwärmung des Weltklimas an sich. Etwa wie jener Facebook-„Freund“, der schrieb:

„Wenn man, berauscht von der eigenen, sachlich durch nichts unterlegten Hybris, plakatives Schaulaufen für die allgegenwärtigen Claqueure liefert, dann ist das für mich nicht überzeugend.
Es ist Sommer. Mehr ist nicht.“

Opfer der Desinformation

Ich kündige hiermit das Ende der Höflichkeiten an.

Das tut mir nun leid, denn ich bin sehr für zivile Umgangsformen. Aber es ist mir nicht mehr möglich, derlei Hurra-Ignoranz in gemäßigter Sachlichkeit zu beantworten. Ich tue es immerhin mit einem Zitat von Meister Goethe, aus Wilhelm Meisters Lehrjahren:

„Das Menschenpack fürchtet sich vor nichts mehr als vor dem Verstande; vor der Dummheit sollten sie sich fürchten, wenn sie begriffen was fürchterlich ist; aber jener ist unbequem, und man muss ihn beiseite schaffen, diese ist nur verderblich, und das kann man abwarten.“

Ist das nicht übertrieben, gleich das Ende des gepflegten Meinungsaustauschs einzuleiten? Muss man denn so wütend werden? Immerhin betreiben auch sympathische Friedensbewegte die Sache der Leugnung des menschengemachten Klimawandels. Leute, die man als reflektierte, durchaus um die Wahrheit bemühte Zeitgenossen kennengelernt hat.

Eben drum. Denn es gibt kaum ein hochnotpeinlicheres Phänomen als jene Leute, die sich für „erwacht“ und „kritisch“ halten, weil sie sich von Gläubigen des Mainstreams zu Gläubigen des Internets gewandelt haben und die nicht bemerken, dass sie nichts weiter sind als Opfer und nützliche Idioten einer Desinformationskampagne.

Wie es vielen dieser „alternativen“ Leute gelingt, den guten Dirk C. Fleck als Säulenheiligen zu feiern, der das Ökodesaster seit Jahrzehnten vorhergesagt hat, und gleichzeitig nahezu alles, was der Mann inhaltlich argumentiert und das sich nun dramatisch bestätigt, nicht im Ansatz zu begreifen, bleibt deren Geheimnis.

Stattdessen wird rauf und runter ein Artikel aus der Tageszeitung "Die Welt" verlinkt. Ein geradezu klassischer Propagandatext aus dem Haus Springer aus dem Jahre 2011 wird mit großem Selbstbewusstsein den Ergebnissen der Wissenschaft entgegengehalten.

Ist das nun das Ergebnis jahrelanger alternativer "Medienkritik"?

Komplettversagen der „Alternativen Medien“

Die Geschichte der jahrzehntelangen Kampagne gegen die wissenschaftlichen Erkenntnisse einer globalen Erwärmung ist von Nathaniel Rich minutiös recherchiert und in diesem glänzenden Essay aufgeschrieben worden.

Was? Der Text erschien in der New York Times? Ja, genau. Und man muss an dieser Stelle festhalten, dass die Mainstreammedien zwar Jahrzehnte der ökologischen Ignoranz im Schuldregister stehen haben. Momentan aber schneiden sie durchaus besser ab als die meisten der „alternativen“ Medienportale.

Es gab in den vergangenen Tagen eine ganze Anzahl ausgesprochen vernünftiger, das bedeutet: endlich Alarm schlagender Artikel im Spiegel, in der Süddeutschen Zeitung oder auch in der Zeit.

Demgegenüber versagt die alternative Medienszene nahezu komplett.

Es scheint, dass sich selbst KenFM gegenüber dem Druck derer inzwischen sehr vorsichtig verhält, die den Klimawandel oder die Rolle des Menschen darin leugnen. Ein Beitrag von Matthias Broeckers hatte im November 2017 einen Shitstorm und eine gleichberechtigt platzierte Entgegnung ausgelöst.

Seither scheint die Bereitschaft von KenFM, sich zum Klimawandel klar zu positionieren, verdampft. Aber immerhin ist KenFM neben unserem eigenen Magazin noch das Portal, das sich am meisten mit Umweltthemen beschäftigt.

Im Wesentlichen liegt die alternative Szene dominant auf AFD-Trump-Linie: Klimawandel gibt es nicht. Und wenn, dann nicht wegen der Menschheit. Bitte weitergehen! Hier gibt es nichts zu sehen…

Schlauberger im Wandel des Klimas

Auf Facebook tobt die Meinungsschlacht.

Einige haben sich besonders klar und unsäglich positioniert. Ich will hier niemanden namentlich nennen, denn wir wissen ja, wozu das führt. Wir haben es jedoch mit einem Problem solcher Bedrohlichkeit zu tun haben, dass wir uns mit Nichtigkeiten wie der üblichen Personalisierung der Debatte nicht aufhalten dürfen.

Ein friedensbewegter Promi also schreibt in einem symptomatischen Post:

„Ich habe es ja schon mehrfach gesagt: Ich glaube nicht an einen menschengemachten Klimawandel. Ich halte die Theorie für extrem anmaßend. Denn sie behauptet AUCH, wir Menschen würden zu 100 Prozent das Klima machen, es verursachen. Es gibt kein kleines bißchen Klima. Genau so wenig wie ein bißchen schwanger zu sein, es nicht gibt. Entweder komplett oder gar nicht. Das Klima ist das gesamte Klima der Erde. Auf diesen Trick sind die Klimawandel-Überzeugten hinein gefallen.“

Häh? Wer hat das wo und wann je behauptet? Ich zumindest habe diese groteske Behauptung, „wir Menschen würden zu 100 Prozent das Klima machen“, noch nie vernommen. Und was sollte das überhaupt bedeuten? Dass es gar kein Klima auf dem Planeten gab, bevor es vom Menschen „gemacht“ worden ist?

Da wird ein Pappkamerad mit Karacho umgeschossen, den man ganz alleine selbst aufgestellt hat.

Auch der Bezug zur Schwangerschaft stellt einen vor Rätsel. Denn der Vergleich mit der Situation des Weltklimas ist nicht, schwanger oder nicht schwanger zu sein.

Wenn, dann wäre ein korrekter Vergleich der einer werdenden Mutter, der während der Schwangerschaft ständig in den Bauch geboxt wird, und die man gleichzeitig gegen ihren Willen dazu zwingt, dass sie raucht, säuft, Heroin spritzt und sich miserabel ernährt. Genau das ist es, was wir Menschen mit unserer Mutter Erde seit Jahrhunderten veranstalten.

Wenn dann übrigens das Baby tot oder missgebildet auf die Welt kommt, erklärt man der Mutter noch, dass es Totgeburten und behinderte Kinder doch schon immer gegeben habe. Wie sie darauf käme, dass ausgerechnet die Taten ihrer Peiniger daran schuld sein sollten?

Klimawandel früher und heute

So dumm ist der gute Mann, den wir hier zitieren, dann freilich nicht, dass er nicht wüsste, dass der Mensch den Planeten und seine Natur auf das Verantwortungsloseste schädigt. Nur halt das Klima, das nimmt er aus. Denn:

„Dass wir Menschen unsere Lebensumwelt negativ beeinflussen, das kann ja niemand bestreiten. Das Klima unterliegt Prozessen, die 100 oder 1000 oder mehrere tausend Jahre zyklisch fortschreiten.“

Ja, sicher: so war das früher. Vor der Industrialisierung der menschlichen Zivilisation. Da unterlag das Klima solch langfristigen Prozessen (wobei auch diese Darstellung zu differenzieren wäre). Der entscheidende Unterschied ist, dass wir es diesmal mit einem Effekt zu tun haben, der innerhalb eines Jahrhunderts eintritt.

Die letzte große Klimaschwankung war ein über 60.000 Jahre verteilter Prozess.

Diesmal reden wir - nach 10.000 Jahren relativer Stabilität - von einer kontinuierlich eskalierenden Steigerung des Temperaturmittels seit 1900. Und diese Entwicklung ist, nebenbei bemerkt, alles nur nicht „zyklisch“. Sie ist exponentiell, sie ist nie dagewesen, sie ist mit dem normalen Gang der Dinge nicht zu erklären.

Welcher bisher unbekannte Faktor soll dafür nun verantwortlich sein, wenn nicht die inzwischen 7,6 Milliarden Menschen, ihre 1800 Nuklearexplosionen seit 1945, der fossile Energiewahnsinn und eine seit den Phoeniziern konsequent betriebene Entwaldungsaktion des Menschen auf allen Kontinenten?

„Es ist nur noch die Rede davon, dass der Mensch schuldig ist und er sich retten muss“, beklagt sich unser Friedensmann bitterlich.

Ja, verdammt. So ist es.

Selbiges gilt für den Plastikwahnsinn, der übrigens ebenfalls zum Klimwandel beiträgt, das Artensterben, das drohende Kippen der Weltmeere, die Verschmutzung der Luft, der Böden, des Wassers.

Wir sind das!

Wir haben das gemacht!

Und wir müssen uns retten!

Ist denn das so schwer zu begreifen?

Von Schlaubergern und Propagandopfern

Unser „kritischer“ Schlauberger fährt nun seine gesammelte kritisch-analytische Recherchequalität auf. Vorsicht Verschwörung! Vorsicht Feind!

„Die Klimawandel-Theorie ist ein geschickter Trick, Gelder in entsprechende Kassen zu spülen. (…) Die Theorie, auf die sich der Klimawandel stützt, ist ebenso fraglich wie die NIST-Theorie vom Einsturz der drei Türme am 9.11.2001.“

Dieser Behauptung sei ein in diesen Kreisen üblicherweise höchst populäres „Cui bono?“ entgegengeschleudert: wem nützt es? Wem gehören diese „entsprechenden Kassen“?

Der 11. September 2001 nützte der ewigen Triade des westlichen Imperialismus: Waffenindustrie, Finanzwirtschaft und fossile Energiemonopole.

Die Ölmultis, die Wall Street und die Kriegsindustrie forderten den Einmarsch in die ressourcenstarken Länder Afghanistan und Irak. Angeführt wurde die Operation von einem Sproß der texanischen Bushfamilie, die seit den 60er Jahren mit der Ölindustrie und den Geheimdiensten verbandelt ist.

Wem nun nützt die Leugnung des immensen Anteils der ölbasierten Energiegewinnung und der Petromobilität am Desaster des globalen Klimawandels?

Der Ölindustrie, selbstverständlich.

Aber auch der Kriegsindustrie!

Daniele Ganser hat in seinem Buch „Europa im Erdölrausch“ erläutert, weshalb eine Beendigung der Abhängigkeit vom Öl auch eine eminente Voraussetzung für eine Ende der globalen Kriege ist. Denn die überragende Mehrheit der Kriege des 20. und 21. Jahrhunderts waren und sind: Ressourcenkriege!

Stattdessen weiß es der nächste Alternativschlauberger auf Facebook schon wieder besser:

„Ich bin dafür, im Einklang mit der Natur zu leben. Doch ich bin gegen eine ‚Klimakampagne‘, auf dessen Zug mal wieder die Konzerne aufspringen, weil sie nach dem großen Geld sabbern.“

Erneut versagt mir die Höflichkeit: diese Leute, erwacht, kritisch, medienkompetent und alternativ wie sie zu sein glauben, sind nichts weiter als treudumme Schafe, Propagandaopfer, nützliche Idioten und Papageien einer großangelegten Desinformationskampagne.

Wenn nämlich die „nach dem großen Geld sabbernden Konzerne“ eine Rolle gespielt haben, dann nur die eine: die Erkenntnisse der Wissenschaft jahrzehntelang zu konterkarieren, zu diffamieren und mit gefälschten Studien zu „widerlegen“.

Und das ist keine Vermutung.

Es ist eine historisch bestens belegte Tatsache.

Desinformation der Ölmultis

Besonders gut ausrecherchiert ist die Rolle des Ölmultis Exxon in der globalen Desinformationskampagne zur Leugnung des menschengemachten Klimawandels. Hier sind die Ergebnisse auf Deutsch zusammengefasst.

Bei Exxon wusste man demnach bereits im Jahre 1977 sehr genau über die Folgen des eigenen Geschäftsmodells Bescheid. Lange Jahre, bevor das Thema eine breitere Öffentlichkeit erreichte, hatte man den Klimawandel und seine Ursachen intern analysiert. Man ließ sich von den besten Wissenschaftlern beraten, man gab Millionen für eigene Forschungsprojekte aus.

Die Ergebnisse waren eindeutig: die weltweite Vernutzung fossiler Brennstoffe löst eine weltweite Erwärmung mit potentiell katastrophalen Folgen aus.

Die Reaktion bei Exxon bestand in der Vertuschung der eigenen Erkenntnisse - sowie in einer pseudowissenschaftliche Kampagne, mehrere Hundert Millionen Dollar schwer, um die Warnungen seriöser Wissenschaftler zu diskreditieren und effektive Gegenmaßnahmen zu erschweren.

Diese Kampagne umfasste in den folgenden Jahrzehnten psuedowissenschaftliche Studien und Gutachten, von der Öllobby finanzierte vermeintlich unabhängige Wissenschaftler und Forschungseinrichtungen und eine weltweite Operation der gezielten Meinungsmache.

Bevor diese Maßnahme aber greifen konnten und Millionen Schlauberger erreichten, wäre es fast zu spät gewesen. Die Welt kam bis auf einige letzte Unterschriften an ein weltweites Klimaabkommen heran, das das jetzige Desaster gestoppt hätte, wie Nathanial Rich in oben bereits zitiertem Aufsatz zeigt.

Mit Ronald Reagan kam dann aber gerade rechtzeitig der Mann ans US-amerikanische Staatsruder, um diese bis heute aussichtsreichsten Anlauf für ein weltweites CO2-Moratorium zum Scheitern zu bringen.

Und es gibt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dreißig Jahren neoliberaler Wirtschaftsdiktatur und drei Jahrzehnten weitgehender Blockade effektiver Maßnahmen zum Schutz der Biosphäre - sowie es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Expansion des Industrialismus und der Erwärmung der globalen Durchschnittstemperatur und der Zunahme extremer Wetterphänomene gibt.

Erneut: was hier referiert wird, ist keine Vermutung. Zahlreiche Memos aus dem strategischen Zentrum dieser Desinformationskampagne der fossilen Energieriesen sind inzwischen zugänglich und gut aufbereitet in diesem [Dossier]((https://www.ucsusa.org/sites/default/files/attach/2015/07/The-Climate-Deception-Dossiers.pdf).

Die Herren der Desinformation benennen darin auch, was das Ziel ihrer Kampagne ist. Ein Sieg sei dann erreicht, wenn jeder und jede zumindest Zweifel daran habe, ob der Klimawandel auf menschliches Handeln zurückgehe.

Dieses Ziel haben sie annähernd erreicht.

Auch dank einer Freiwilligenarmee einfältiger Schlauberger.


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