Unschwer lässt sich ein Dialog zwischen jenen Protagonisten vorstellen, die vielleicht während einer Kaffeepause beim jährlichen Bilderberg-Treffen beisammensitzen: ein Dialog zwischen Mediacrat (Vertreter der Mediakratie), Psyops (Spezialist für psychologische Kriegsführung), Politiker und Think Tanker (Mitglied einer Denkfabrik).
Mediacrat: Wir wissen, dass unsere Schafherde (also unser Publikum, A. d. Ü.) doof ist und alles glaubt, was wir ihr gebetsmühlenartig wiederholen.
Psyops: Das klappt immer. Alles, was irgendwie bekannt klingt, wird für bare Münze genommen. So funktioniert Lernen.
Mediacrat: Nur ist etliches von dem, was wir den Leuten verklickern, so bekloppt, dass selbst einige der Bedauernswerten, der normalen Leute also, schon ins Grübeln kommen. Massenvernichtungswaffen, alle paar Jahre ein neuer Hitler, der kaltgestellt werden muss. Und je mehr Billionen wir für unsere Verteidigung ausgeben, desto mehr werden wir bedroht. Es ist nicht mal klar, ob wir die Regime des Mittleren Ostens nun für oder gegen die islamischen Terroristen stürzen. Natürlich hat keiner einen Schimmer, wo all diese Länder sind, aber wirklich Sorge macht mir die Handlung der Geschichten, die wir erzählen – die wirkt mittlerweile etwas verworren.
Politiker: Komm schon, was schert uns denn, was die einfachen Menschen denken? Solange wir das Geld von den Oligarchen kriegen, gewinnen wir jede Wahl.
Mediacrat: Schon klar, aber diese Zweifel bei den einfachen Leuten verderben uns das Geschäft. Die Leute kaufen keine Zeitungen mehr, manche von ihnen suchen sogar anderswo nach Informationen. Außerdem – wenn es so ist, dass man mit Geld Wahlen gewinnt, dann liegt es auch daran, dass wir für das Geld sprechen! Wir geben dem großen Geld seine Stimme! Wir tun mehr dafür, dass ihr gewählt werdet, als ihr selbst.
Politiker: Das ist jetzt aber nicht fair. Ich lüge schließlich mindestens so viel wie ihr, ja eher noch mehr.
Think Tanker: Moment mal. Eigentlich bin ich ja derjenige, der die meisten der wirklich wichtigen Lügen aus dem Boden stampft. Wo wäret ihr denn alle ohne meine lebhafte Phantasie? Wie würdet ihr denn auf all diese dramatischen Vorwände kommen, die wir brauchen, damit die Kriegswirtschaft weiterhin wie geschmiert läuft.
Psyops: Ihr rechnet mir meine Verdienste nicht hoch genug an, aber lasst uns nicht miteinander streiten. Um die Weltherrschaft fest im Griff zu behalten, müssen wir die USA als glanzvolle Stadt auf dem Hügel inszenieren, als Heimstatt der Demokratie, die einen Kreuzzug führt, um dem Rest der undankbaren Welt ihre Segnungen angedeihen zu lassen. Wenn die Menschen nun massenweise zu erkennen geben, dass sie nicht an unsere einzigartige Einheit in Vielfalt glauben, dürfte das einen schlechten Eindruck auf unsere Satelliten machen.
Politiker: Dann bombardieren wir sie eben.
Think Tanker: Wir können doch nicht alle auf einmal bombardieren. Immer nur ein paar gleichzeitig, um das System schön am Laufen zu halten.
Mediacrat: Bomben alleine reißen auch nicht alles. Wir müssen auch einen Konsens herstellen. Dafür haben wir Hollywood, CNN, die New York Times und die Washington Post, die alle ihr Bestes geben. Bis vor kurzem konnten sie darauf zählen, dass keinerlei Widerspruch laut wurde. Aber jetzt braut sich da was zusammen – das Internet, Blogs, Russia Today…
Politiker, Psyops, Think Tanker (im Chor): Russia Today! Genau, jetzt haben wir’s!
Psyops: Genau, Russia Today ist sowohl das Problem als auch die Lösung.
Think Tanker: Ah, ich weiß, worauf du hinauswillst...
Psyops: Also, seht mal – RT hat unsere Demokratie massiv beeinträchtigt, indem es den amerikanischen Intellektuellen und Journalisten, die wir jahrzehntelang systematisch an den Rand gedrängt haben, eine Stimme gibt.
Mediacrat: Genau. RT bietet echten unabhängigen Amerikanern eine Plattform, wo sie sagen können, was sie von den USA und ihrer Außenpolitik halten. Keiner dieser Amerikaner könnte sich je als Leitartikler bei der Washington Post halten. Newsweek würde jeden einzelnen von ihnen feuern. Sie könnten dem Pentagon, dem Außenministerium und dem Weißen Haus nie auch nur einen Piep entlocken. Wie kann ein Journalist bitteschön über US-Politik berichten, ohne durch anonyme offizielle Quellen unterrichtet zu werden? Lachhaft.
Think Tanker: Ihr Medien bleibt genauso wie wir auf der Spur, indem ihr osteuropäische Emigranten anstellt, die auf das US-Militär zählen, um die historischen Rechnungen zu begleichen, die sie noch offen haben. Diese Leute hätten ihr Vergnügen daran, wenn Moskau bombardiert würde!
Psyops: RT berichtet nicht viel über Russland, für Russland interessiert sich eh niemand. Aber sie interviewen regelmäßig äußerst wortgewandte Amerikaner, viele von ihnen sogar, die dem offiziellen Narrativ widersprechen und völlig verkehrt über Dinge berichten, die in den USA passieren. Das kann Verwirrung stiften.
Politiker: Das wissen wir.
Think Tanker: Glücklicherweise hören nur wenige Menschen in den USA auf RT, sein Erfolg beschränkt sich vor allem auf Amerikaner, die es aufmuntert, wenn sie Leute sagen hören, was sie selbst denken, was sie aber nie im Fernsehen zu hören hofften.
Mediacrat: Aber Leute, die nicht das Richtige denken, müssen unbedingt isoliert bleiben. Außerdem kommen viele Leute durch Internetseiten wie Truthdig, Consortium News, The Intercept, CounterPunch, Global Research, das Ron Paul Institute, Paul Craig Roberts – die Liste ist endlos – mit Darstellungen der Realität in Kontakt, die unsere Version zunehmend ziemlich weit hergeholt wirken lassen.
Psyops: Da haben wir’s. RT bietet ein alternatives Narrativ. Und die genannten Websites ebenso. Also sind die alternativen Websites genauso wie RT, ja, sie arbeiten für RT, und RT steht im Dienste des Kremls!
Politiker: Der Kreml – das ist gut, klingt wie das kommunistische Reich des Bösen.
Psyops: Das ist der springende Punkt. Wir bringen irgendeinen Kongress-Ausschuss dazu, zu verkünden, dass RT Putins trojanisches Pferd ist, um Amerika zu zerstören. Nichts leichter als das. Die Schafe – zumindest die älteren unter ihnen – sind ja schon daran gewöhnt zu hören, dass der Kreml Amerika zerstören will. Das schlucken die ohne weiteres. Um Amerika zu zerstören, benutzt der Kreml RT (und Sputnik News), die eine alternative Realität schaffen sollen. Diese alternative Realität nennen wir „fake news“. Weil sie nicht der offiziellen Lesart entsprechen, können sie nur ein Fake sein. Und jetzt aufgemerkt: Die alternative Realität, respektive Fake News, hat große Ähnlichkeit mit dem, was alternative Internetseiten Blogs et cetera schreiben. Also ist das alles eine kommunis… – äh, pardon, Putin-Verschwörung.
Mediacrat: Wir sollten uns ranhalten und diese Message rüberbringen, bevor noch mehr Leute anfangen, RT zu gucken.
Politiker: Wir haben keine Zeit zu verlieren. Ich hab’s! Wenn die Kriegspartei eine Wahl verliert, dann ist RT schuld!
Think Tanker: Das ist nicht eben besonders glaubwürdig, angesichts des doch recht überschaubaren Publikums von RT in den USA.
Politiker: Schön, aber wir können ja schlecht warten, bis sich deren Reichweite vergrößert, oder? Lieber holen wir zum Präventivschlag aus und beschuldigen sie jetzt.
Think Tanker: Endlich spricht jemand meine Sprache!
Psyops: Guckt mal, wir schlagen all diese Fliegen mit einer Klappe. Erst verklickern wir der breiten Masse, dass Moskau wieder zum Reich des Bösen mutiert ist. Alles, was es tut, tut es aus reiner Boshaftigkeit, und dient einzig dem Zweck, unsere herrliche Demokratie zu zerschlagen. Typisch Reich des Bösen eben. Und sobald die Leute davon überzeugt sind, dass Russland Quell alles Bösen ist und RT das Instrument des Bösen und hinterhältiger ausländischer Agent, kommt der nächste Schachzug. Dann machen wir deutlich, dass auch alle anderen alternativen Sites bloß Fake News sind, die das Reich des Bösen geschaffen hat. Auf die Weise machen wir die alternativen Kommentatoren, Journalisten und Intellektuellen auch zu ausländischen Agenten. Dann wird niemand wagen, auf sie zu hören. Fertig ist der Lack!
Politiker: Ganz nach meinem Geschmack. Jeder, der gegen mich ist, ist ein ausländischer Agent. Los, lasst uns Neuwahlen ausschreiben!
Mediacrat: Bloß, was machen wir mit diesen amerikanischen Journalisten – äh, ich meine ausländischen Agenten? Feuern können wir die nicht, weil wir die ja nie angestellt haben.
Psyops: Nun, ich will ja nicht zu weit gehen, aber in Guantanamo gibt es massig Platz dieser Tage…
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