von Peter König
Der von der UN ausgerufene Weltkindertag am 20. November kam und ging ohne Konsequenzen. Es wurden keine Schritte zum besseren Schutz der Kinder unternommen. Nicht einmal die UNO wurde aktiv, Krieg führende Länder zu verpflichten, Kinder ganz besonders zu schützen – und wäre es auch nur aus dem einzigen Grund, dass diese die Zukunft unseres Planeten sind. Sie sind die Bannerträger künftiger Generationen und unserer Zivilisation als Ganzes, wenn wir diese nicht an die Wand fahren. Trotz alledem gehören Kinder zu den verletzlichsten, benachteiligtsten und zu den elendig ausgebeuteten und missbrauchten Spezies der Menschheit.
In der Kultur der Habgier und des unmittelbaren Profits haben weder Kinder noch ihre Rechte Platz. Ebenso wenig gegeben ist ein Aufwachsen im Schutze der Menschenrechte, eine angemessene Ausbildung, Unterkunft und Gesundheitsversorgung. Kinder werden in unserer westlichen Gesellschaft größtenteils als lästig empfunden. Bestenfalls sind sie billige Arbeitskräfte, vor allem, wenn der Westen seine Produktion in arme Entwicklungsländer verlagert, um die Konzernprofite zu maximieren. Die Unternehmen gehen dabei insbesondere in Länder in Asien und Mittelamerika, die so arm sind, dass sie Gesetze gegen Kinderarbeit gar nicht durchsetzen können.
Die Absicht hinter der Absicht
Abgesehen davon schlachtet die vom Westen betriebene Mord- und Kriegsmaschinerie wahllos Kinder ab – durch Hunger, Drohnen, Bomben, Krankheiten und auch durch Missbrauch. Kollateralschäden? Das bezweifle ich. Kinder könnten geschützt werden, selbst in illegalen Kriegen. Aber dem Auslöschen ganzer Generationen durch Tod und Armut in Ländern, die der Westen unterwerfen möchte, liegt eine Absicht zugrunde: Der Wiederaufbau dieser Länder wird dann nicht unter der Aufsicht gebildeter Kinder und Erwachsener stattfinden. Sie würden sich aller Wahrscheinlichkeit nach ihren „Henkern“ widersetzen, also denen, die ihre Häuser und ihre Familien, ihre Dörfer und Städte, ihre Schulen und Krankenhäuser sowie ihre Trinkwasserversorgung zerstört haben und die sie der Cholera und anderen Krankheiten aussetzten, hervorgerufen durch mangelnde Hygiene und sanitäre Einrichtungen. Im Interesse des Imperiums und seiner Marionetten-Verbündeten wird von der Not der Kinder bestenfalls spärlich berichtet, meistens interessiert sich sowieso niemand dafür.
Sehen Sie sich Syrien an. Die von den USA und der NATO angestifteten und von ihren Stellvertretern IS und Saudi-Arabien durchgeführten Gasangriffe – mit dem Ziel, diese dem Präsidenten Bashar al-Assad in die Schuhe zu schieben – wurden des größeren PR-Effekts wegen gegen Kinder gerichtet und auch noch von den falschen Helden, den Weißhelmen, unterstützt.
Können Sie sich das vorstellen – ich bin sicher, das können Sie: Westliche Mächte, die die syrische Regierung unter Assad stürzen wollen, müssen Kinder vergiften und ermorden, weil diese Mächte Assad mit ihrer eigenen Marionette ersetzen möchten, damit sie das Land und schließlich die ganze Region beherrschen können? Ja, Kinder werden geopfert – ein gewaltiges Verbrechen gegen die Menschheit –, um ein weiteres grauenvolles internationales Verbrechen zu begehen, nämlich eine demokratisch gewählte Regierung gewaltsam zu stürzen. So handelt der Westen – und so handelte er wahrscheinlich die letzten 2.000 Jahre.
Das Leid im Jemen
Oder nehmen wir die Lage im Jemen. Hier hat in den letzten dreieinhalb Jahren das Netzwerk des größten Mafia-Mord-Systems der Welt mithilfe von Bomben, Hungersnöten und Cholera – letzteres durch willentlich zerstörte Wasserleitungen und sanitäre Anlagen – vielleicht Hunderttausende von Kindern getötet. Angeführt wurde dieses System von Saudi-Arabien, das als einfältiger und spendabler Akteur die USA und ihre kriminellen Komplizen – Großbritannien, Frankreich, Spanien, viele der Golfstaaten, bis vor kurzem auch Deutschland und viele andere – unterstützt.
Laut Save the Children könnten bereits 85.000 Kinder unter fünf Jahren an Hunger gestorben sein – wohlgemerkt, in einer bewusst und willentlich verursachten Hungersnot, weil saudi-arabische und Golf-Mächte den Hafen von Hudeidah zerstört und blockiert haben, der Hafen, über den etwa 80 bis 90 Prozent der importierten Nahrungsmittel das Land erreichen. Die verletztlichsten Opfer sind Kinder und Frauen, wie in jeder menschengemachten Katastrophe.
Schon vor einem Jahr warnte die UNO, dass der Ausbruch der Cholera im Jemen die sich am schnellsten ausbreitende Cholera-Epidemie seit Beginn der Aufzeichnungen sei und dass sie mindestens eine Million Menschen, darunter mehr als 600.000 Kinder, betreffen würde. Nun ist ein Jahr vergangen – wie viele von ihnen sind gestorben? Extreme Nahrungsmittelknappheit, zerstörte Unterkünfte und Krankenhäuser, der Mangel an Arzneimitteln, weil auch Medikamente an den Eingangszollstellen „hängen bleiben“ – all dies hat zu einer weiteren Schwächung des natürlichen Immunsystems der Kinder beigetragen.
Straffreiheit
Stellen Sie sich dieses Leid vor, das nicht nur den Kindern, sondern ihren Eltern, Familien, Gemeinschaften zugefügt wird. Für das, was der Westen hier verbricht, gibt es keine Worte. Es ist mehr als verbrecherisch – und all die dafür verantwortlichen „Anführer“ (sic) werden sich höchstwahrscheinlich nie vor einem Gericht rechtfertigen müssen, weil sie selbst alle wichtigen Justizsysteme der Welt in der Hand haben. Natürlich kann kein Gericht der Welt das Töten und das Elend wiedergutmachen. Es könnte aber zumindest zeigen, dass die Täter weltumfassender Verbrechen – wie es der Krieg im Jemen und viele andere Kriege sind, die aus Habgier und Machtgelüsten geführt werden – nicht ungestraft davonkommen.
Das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR berichtet, dass weltweit etwa 70 Millionen Flüchtlinge unterwegs sind oder sich in Flüchtlingslagern aufhalten. Bei dieser Berechnung ist eine hohe Dunkelziffer unberücksichtigt geblieben, sie liegt wohl um etwa ein Drittel höher. Die meisten Flüchtlinge entstehen durch vom Westen verursachte Kriege im Nahen Osten; Kriege, die auf dem scheinbar unaufhaltsamen Weg in die absolute Weltherrschaft aus Habgier, wegen Rohstoffen, für die Kontrolle über eine geopolitisch und strategisch wichtige Region geführt werden.
Mindestens zwei Drittel der Flüchtlinge sind Kinder. Sie haben keine Gesundheitsversorgung, erhalten keine Bildung, hausen mit lediglich notdürftigem oder ganz ohne Obdach, sind mangelernährt oder bereits am Verhungern, werden vergewaltigt, missbraucht, versklavt – was auch immer.
Das Auslöschen einer ganzen Generation
Wohin gehen all diese Kinder? Was für eine Zukunft haben sie? Es wird Gesellschaften geben – im Jemen, in Syrien, Irak, Libyen, Afghanistan –, in denen eine ganze Generation fehlen wird. Unter den gebildeten Menschen in diesen Ländern wird es eine Lücke geben – eine mutwillig herbeigeführte Lücke, die den Wiederaufbau und die Entwicklung der Länder, wie sie ihnen gemäß ihrer Souveränität zusteht, wahrscheinlich verhindern wird. Solche Länder kann man besser kontrollieren, unterwerfen und versklaven.
Stellen Sie sich vor: Viele der verlorenen Kinder bleiben in den Statistiken unberücksichtigt. Viele von ihnen sind vollkommen alleine, ohne Eltern, ohne Familie, ohne jemanden, der sich um sie kümmert, ohne jemanden, der sie liebt. Sie werden auch unbemerkt sterben, in der Gosse, unbekannt, anonym. Wir – der brutale Westen – lassen das zu.
Vom Fluch der geopolitischen Wichtigkeit
Und der Weltkindertag der UN kam und ging – und nichts hat sich verändert. Es wird sich auch nichts ändern, solange der Westen aus reiner Habgier wahllos Länder, Städte und Dörfer zerstört. Jemen, Syrien, Irak, Libyen, Afghanistan haben nie die USA bedroht und natürlich auch nicht Israel. Aber sie besitzen Rohstoffe, auf die der Westen versessen ist, oder sie sind geopolitisch oder strategisch von Bedeutung, um Schritt für blutigen Schritt der Weltherrschaft näher zu kommen.
Laut UN gehen weltweit etwa 300 Millionen Kinder nicht zur Schule. Auch hier ist die Dunkelziffer vermutlich doppelt so hoch oder noch höher, vor allem wenn man all jene Kinder mit berücksichtigt, die nur sporadisch zur Schule gehen. Viele der Kinder werden entführt, versklavt oder prostituiert, für medizinische Versuche eingesperrt, von blutrünstigen Geheimgesellschaften in geheimen Orgien benützt. Oder sie dienen mafia-ähnlichen Organisationen als unfreiwillige Organspender. Der Vorwurf des Organhandels wird gegen Israels Streitkräfte erhoben, die tausende von Kindern in Israels Freiluftgefängnis und Vernichtungslager – genannt Gaza – ermorden, sowie gegen die Nazi-Regierung in Kiew in der Ukraine.
Wussten Sie, dass 60 Prozent aller Kinder in Gaza infolge des israelischen Krieges gegen die palästinensische Bevölkerung verstümmelt und amputiert wurden? Und die Welt sieht zu und wagt es nicht zu protestieren und sich gegen diese kriminelle Nation – das von Gott erwählte Volk – zu erheben.
Während ich diese Zeilen schreibe, werden an der US-mexikanischen Grenze Flüchtlingskinder und ihre Mütter von US-Polizei und US-Streitkräften mit Tränengas-Kanonen beschossen, damit sie keinen Fuß in Trumps Heiliges Land setzen könnten – die Großartigen Vereinigten Staaten von Amerika.
Angriff auf menschliche Werte
Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan, der 2001 den Friedensnobelpreis erhielt, sagte in Bezug auf die entsetzliche Belagerung Aleppos und um ein internationales Handeln zur Beendigung des Krieges zu fordern: „Der Angriff auf Aleppo ist ein Angriff auf die ganze Welt. Wenn Krankenhäuser, Schulen und Wohnhäuser willkürlich bombardiert und damit Hunderte von unschuldigen Kindern getötet und verstümmelt werden, stellt dies einen Angriff auf unsere gemeinsamen, fundamentalen menschlichen Werte dar. Unser gemeinsamer Ruf nach einem Eingreifen muss von allen, die an diesem furchtbaren Krieg beteiligt sind, gehört werden – und es muss entsprechend gehandelt werden.“
Wie könnte jedoch die heutige Welt besser beschrieben werden als in Caitlin Johnstones neuem Gedicht „Willkommen auf dem Planeten Erde“, in dem es heißt: „Willkommen auf dem Planeten Erde (…) wo Kinder, die nicht wissen, wie man lebt, ihren Kindern beibringen zu leben; wo Kinder mit einem Wunderwerk von Verstand um Wunder flehen, mit gefalteten Wunderwerken von Händen, wo Kinder sich auf die Suche nach Gott machen, mit von Gott gemachten Füßen, und die mit von Gott gemachten Augen blicken.“
Wo sind nur all die Kinder hin?
Peter König ist Wirtschaftswissenschaftler und geopolitischer Experte. Als Spezialist für Wasservorkommen und Ökologie arbeitete er über 30 Jahre weltweit bei der Weltbank und der WHO in diesen Bereichen. Er lehrt an Universitäten in den USA, Europa und Südamerika und schreibt regelmäßig für Global Research, RT, Sputnik, TeleSUR und andere. In seinem Buch Implosion – An Economic Thriller about War, Environmental Destruction and Corporate Greed hat er seine weltweiten dreißigjährigen Weltbank-Erfahrungen verarbeitet.
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Children - Civilization´s Future, Victims of Western Brutality“. Er wurde vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert.
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