In dieser Zeit des Aufbruchs, der Aufruhr und der Spannungen lohnt es, den Blick vom tagesaktuellen Geschehen einmal auszusparen und sich wieder einmal grundsätzlicheren Aspekten des Menschseins und des Zusammenlebens in menschlichen Gemeinschaften zu widmen. Dabei gehe ich nicht der Frage nach, wie Menschen zusammenleben wollen, sondern der Frage, wie Menschen zusammenleben können.
Antworten auf die erstgenannte Frage entspringen unter anderem einem schwer zu durchdringenden und stetig dem Wandel unterliegenden Zusammenspiel aus zeitgenössischen Werten und Moralvorstellungen, Sozialisationserfahrungen und Zukunftsverheißungen und sind somit immer Ausdruck und Produkt einer bestimmten Zeit. Die Antworten auf die zweitgenannte Frage jedoch entgegnen der vorherigen mit den kalten Grenzen der Empirie und zielen dabei auf den Wesenskern des Menschen, der Epochen, Revolutionen und technologische Entwicklungen zu überdauern scheint.
Während die politische Qualität der ersten Frage sich geradezu aufdrängt, ist auch die zweite alles andere als unpolitisch. Jedoch macht sich eine Perspektive, die danach fragt, wie wir in menschlichen Gemeinschaften überhaupt zusammenleben können, nicht die Mühe, die Energie der Aufmerksamkeit auf tagesaktuelles Geschehen zu richten, sondern stellt vielmehr die Frage nach dem Wesen des Menschen im gemeinschaftlichen Zusammenleben. Das Einnehmen dieser sozialanthropologischen Perspektive kann dennoch nur dienlich sein, um auch die Geschehnisse unserer Zeit zu interpretieren.
Überall Demokraten, nirgendwo Demokratie
Zunächst einmal gilt herauszustellen, dass der Mensch überall dort, wo er zusammenkommt, um in Gemeinschaft mit seinen Artgenossen zu leben, in Beziehung zu diesen tritt und dabei etwas ausbildet, was man als soziales Gefüge bezeichnen könnte. Normen bilden sich heraus, um dieses Gefüge zu stabilisieren und die Vorgänge innerhalb seiner selbst zu koordinieren. Eine zentrale Funktion von sozialen Normen ist es, menschliches Verhalten erwartbar zu machen, was der zwischenmenschlichen Interaktion und somit dem System als Ganzes Stabilität verleiht. Ein jeder, der einmal gegen eine offenkundige soziale Norm verstoßen hat, weiß, dass der Kern des Verstoßes darin liegt, die Erwartungen eines anderen nicht zu erfüllen.
Wie vielen anderen Lebensformen, so ist es auch dem Homo sapiens eigen, dass er innerhalb der sozialen Gefüge, in welchen er agiert, Hierarchien ausprägt; seien sie nun formeller oder informeller Art. Sie sind überall zu beobachten und weisen einzelnen Individuen bestimmte Rechte, Zuständigkeiten und Pflichten zu. Das Regelwerk, welches uns unsere Position im jeweiligen Kontext einschreibt, im soziologischen Sinne eine Rolle zuweist, tragen wir stetig mit uns herum. Gehe ich als Kunde in eine Bäckerei hinter die Theke und packe wie selbstverständlich die Brötchen in eine der Papiertüten, so ist mir eine „Zurechtweisung“ — das Wort weist bereits auf die Überschreitung meiner Rechte hin — gewiss; die rechtmäßige Ordnung wird stabilisiert.
Organisationen als Institutionen institutionalisierter Machtverteilung formalisieren diese unterschiedlichen Stellungen der Individuen, indem sie Zuständigkeitsbereiche definieren und Rechte und Pflichten an Positionen und Ämter knüpfen. Der Soziologe Max Weber (1864 bis 1920) hat die Bürokratie unter diesem Gesichtspunkt ausführlich analysiert.
Eines wird hierbei offenkundig:
Hierarchien und Machtverhältnisse durchziehen menschliche Gemeinschaften bis ins Mark, sie sind wirkmächtig in der Familie, bei der Arbeit, im Sportverein, beim Einkauf, überall.
In keinem der beschriebenen sozialen Zusammenhänge werden Sachverhalte für gewöhnlich auf eine Art geregelt, die man demokratisch bezeichnen könnte, keineswegs werden bedeutungsvolle Entscheidungen einem Mehrheitskonsens unterworfen.
Die Idee, ein jeder Mitarbeiter eines Unternehmens — unabhängig von seiner Stellung innerhalb der Unternehmenshierarchie — habe denselben Einfluss auf grundlegende strategische Entscheidungen, würde man ohne Weiteres als realitätsfremd bezeichnen. Denn, unterschiedliche Positionen innerhalb einer Hierarchie werden weithin als selbstverständlich akzeptiert.
Egal in welche Ecken und Winkel unseres Lebens man blicken mag, die sozialen Prozesse sind durchtränkt von Machtverhältnissen und hierarchischen Strukturen.
Wie sonderbar wäre es nun, wenn die Organisationsform unserer Gemeinschaft als Ganzes auf demokratischen Strukturen und Prinzipien beruhen würde? Wie können wir erwarten, dass unsere gesellschaftliche und staatliche organisierte Ordnung demokratischen Prinzipien entspreche, wo wir doch Tag für Tag in den verschiedensten sozialen Systemen das Gegenteil praktizieren und diese Ordnung — mitunter aus nachvollziehbaren Gründen sogar — gutheißen? Wie können wir erwarten, dass ein jeder dasselbe Maß an Einfluss über grundlegende politische Entscheidungen nehmen kann, wenn uns dies nicht einmal in den trivialsten alltäglichen Situationen möglich ist.
Wir stellen uns die Frage, ob wir in einer Demokratie leben. Dabei müssten wir uns die Frage stellen, ob wir Demokratie leben.
Dennoch hält sich der Gedanke, dass die Organisationsform, die wir unserer Gesellschaft gegeben haben und tagtäglich durch unser Handeln reproduzieren, jene der Demokratie ist, erstaunlich rigide in den Köpfen der Menschen.
Obschon wir täglich damit konfrontiert sind, dass sämtliche sozialen Prozesse, in welche wir beiläufig involviert sind oder die wir aktiv tragen, undemokratisch organisiert sind, transferieren wir diese Erkenntnis nicht auf unsere gesamtgesellschaftliche Organisationsform. Wir huldigen der Demokratie und zugleich der Autorität der Minister. Dies ist die Absurdität schlechthin.
Es bedarf dem öffentlichen Bekenntnis zur Demokratie, um eine soziale Mindestlegitimation der politischen Teilhabe zu erlangen, obschon die Welt, die wir uns errichtet haben vor undemokratischen Strukturen und Prozesse geradezu nur so strotzt. Man bekennt sich zu einem Ideal, gegen das man täglich verstößt. Dies führt zu der paradoxen Situation, dass wir überall selbst ernannte Demokraten, doch nirgendwo Demokratie haben. Sich dem Zeitgeist anpassend öffentlich zur Demokratie zu bekennen und im gleichen Zuge mittels des verlässlichen Machtflusses durch hierarchisch organisierte Strukturen hinweg zu regieren, scheint eine Spielart des menschlichen Wesens zu sein.
Die Theoriegeschichte des gedanklichen Konstrukts der Demokratie hat ihren Ursprung unter anderem in dem sehnlichen Wunsch nach Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit der Menschen innerhalb der Gesellschaft — ein Wunsch, welcher zu keiner Zeit erfüllt wurde.
Der Mensch ist kein rationales Wesen
Doch warum kann der Mensch mit diesen Widersprüchlichkeiten, die durchaus eine kognitive Dissonanz begründen könnten, so scheinbar leichtfüßig umgehen? Wie kann er den Namen der Demokratie mit den Mitteln der Despotie verteidigen, ohne seiner Ignoranz habhaft zu werden?
Eine erste Erklärung könnte sein, dass der Diskurs um die Geltung der Demokratie, produziert durch Medien, Politik und gesellschaftliche Kommunikation selbst, so tief die Menschen durchdringt, dass er in die Grundlage ihres Denkens und Handelns diffundiert; er beinahe eine Episteme im Sinne Michel Foucaults darzustellen scheint. Sieht man den Menschen als emergentes Produkt des Diskurses, so entpuppt sich das Bild vom rationalen, analytisch handelnden Wesen als Trugbild — ein Trugbild, welches sich jedoch seit Jahrhunderten durch die Wissenschaften trägt.
An dieser Stelle sei kurz auf eine Anekdote verwiesen, welche man Steve Jobs, dem Gründer von Apple, zuschreibt: Im Gespräch mit Arbeitskollegen soll Jobs diese gefragt haben, wer der mächtigste Mensch der Welt sei. Eine Reihe unterschiedlicher Antworten wurden geäußert, auch einige Namen fielen. Jobs antwortete:
„Ihr liegt alle falsch. Der mächtigste Mensch der Welt ist der Geschichtenerzähler. Der Geschichtenerzähler setzt die Vision, die Werte und Agenda für eine komplette Generation.“
Jobs hatte erkannt, dass derjenige, der ein Narrativ errichtet und wirkmächtig durchsetzen vermag, als maßgeblicher Gestalter des Diskurses auftritt und hierdurch Macht ausüben kann. Wer die Menschen von der eigenen Interpretation der Dinge überzeugen kann, gewinnt an Einfluss.
Wie aber lassen sich Menschen von der eigenen Interpretation überzeugen? Das Selbstverständnis des modernen Menschen, eines Menschen, der die Aufklärung durchschritten habe, legt nahe, dass sich Menschen heutzutage insbesondere durch wissenschaftliche Erklärungen und die analytische Darstellung von Fakten überzeugen lassen. Vertrauen werde jenem entgegengebracht, welcher seine dargestellte Interpretation auf eine wissenschaftliche Basis stellen kann, ihr also das Fundament geben kann, das gemeinhin als menschliche Ratio bezeichnet wird. Aus diesem Selbstbild heraus entspringt auch das Menschenbild des Homo oeconomicus, dessen Grundlagen die Lehrbücher der Wirtschaftswissenschaftler füllt.
Zweifellos kann der immense Einfluss konstatiert werden, welchen die Epoche vom 17. und 18. Jahrhundert, die mittlerweile als Aufklärung bezeichnet wird, für die hiesige Kulturgeschichte und das Denken insbesondere im europäischen Raum hatte. Innerhalb jenes Zeitraums wurde mit Traditionen und Gewohnheiten gebrochen, und es spielten sich bahnbrechende Entwicklungen in den Naturwissenschaften ab.
Dieser, menschheitsgeschichtlich betrachtet, relativ kurze Abschnitt brachte auf vielen Ebenen des menschlichen Lebens Veränderungen mit sich, welche wir aus heutiger Sicht größtenteils als fortschrittlich bezeichnen. Ohne der Epoche der Aufklärung diese Errungenschaften absprechen zu wollen, muss jedoch festgehalten werden, dass die Aufklärung ebenso Ursprung eines Menschenbildes ist, welches nicht nur gravierende Unzulänglichkeiten aufweist, sondern auch eher den Überlegungen einer Philosophieelite des 17. und 18. Jahrhunderts und weniger empirischen Beobachtungen zuzuschreiben ist. Befunde aus den Sozialwissenschaften machen dies deutlich.
Die Sozialwissenschaften weisen eine reichhaltige und interessante Historie auf, welche menschliches Verhalten dokumentiert und sinnkonstruierend erzählt. Viele der Verhaltensweisen, welche dermaßen tief in der Gattung Homo sapiens verankert zu sein scheinen, stellen das Menschenbild eines aufgeklärten und an kritischer Vernunft orientierten Wesens grundlegend infrage.
Um diese Behauptungen mit empirischen Belegen zu ergänzen, könnte auf unzählige Beispiele rekurriert werden, an dieser Stelle soll daher auf wenige Beispiele abgestellt werden, deren politische Relevanz eindeutig ist.
Die Konformitätsexperimente von Solomon Asch in der Mitte des 20. Jahrhunderts weisen beispielsweise nach, dass Menschen offenkundige Wahrheiten zu leugnen bereit sind, um nicht einer Mehrheitsmeinung zu widersprechen (1). Neuere Forschungen zeigen, dass unser Gehirn bereits nach 200 Millisekunden registriert, wenn unsere Meinung von jener der Gruppe abweicht (2).
Neurowissenschaftler wollen mittlerweile sogar nachgewiesen haben, dass unsere Gehirne unsere Wahrnehmung derart manipulieren, dass sie diese innerhalb von Sekundenbruchteilen revidieren, quasi umprogrammieren, um mit einer sozial dominanten Interpretation zu einem Sachverhalt übereinzustimmen (3, 4). Oder wie der Neurobiologe Robert Sapolsky es ausdrückt: „Den Gewinnern (in diesem Falle im Feld der öffentlichen Meinung) kommt es zu, die Geschichtsbücher zu schreiben und alle anderen überarbeiten die ihrigen besser entsprechend“ (5).
Obschon die tatsächliche Aussagekraft dieser Ergebnisse nüchtern zu reflektieren ist, so machen diese zweifelsohne deutlich, dass es für uns als geistige und soziale Wesen eine Herausforderung darstellt, sich gegen eine Mehrheitsmeinung zu stellen — oder gegen eine soziale Norm zu verstoßen. Wir schätzen soziale Harmonie oftmals mehr als das, was wir als Wahrheit erkannt haben und damit auch mehr, als die Freiheit Wahrheit zu sprechen. Es ist Tatsache, dass selbst jenes Werkzeug, welches die Grundlage für unsere analytisch und kritisch-rationalen Fähigkeiten darstellt, in höchstem Maße sensibel für die sozialen Einflüsse um uns herum ist und entsprechend auf unsere Wahrnehmung einwirkt.
Sehen wir uns einen weiteren empirischen — und politisch höchst interessanten — Befund aus den Sozialwissenschaften an, welcher das Selbstbild vom kritisch rationalen Wesen Lügen straft.
In einer jeden Gesellschaft werden Führungspersönlichkeiten für die Gemeinschaft erkoren. Doch welche sind die Kriterien, nach denen Millionen Menschen ihre Stimme geltend machen möchten in der Zuweisung von Amt und Würden?
Hierzu gibt es Studien, die untersuchten, welche Kriterien oder Verhaltensweisen ein aussichtsreicher Kandidat für ein bedeutendes politisches Amt aufweisen muss, um in die Gunst von Wählern zu gelangen. Wäre der Mensch ein rationales Wesen, so könnte man zurecht davon ausgehen, dass er seine Entscheidung für oder gegen einen Kandidaten beispielsweise auf den bereits getroffenen politischen Entscheidungen des Kandidaten basiert, also ein politisches Profil bewertet. Doch von einer solch logischen Herangehensweise ist der Homo sapiens weit entfernt.
Er zieht andere Kriterien zurate, um Menschen in Positionen mit immensem Einfluss zu hieven: Eine kompetente Ausstrahlung (6) und ein attraktives Äußeres (7) können mitunter von Vorteil sein, denn gut aussehenden Menschen werden höhere moralische Standards, bessere Persönlichkeiten als auch eine höhere Vertrauenswürdigkeit zugeschrieben. Sie werden als ehrlicher, freundlicher und netter bewertet. Wer seine Chancen, in ein politisches Amt gewählt zu werden, zudem erhöhen möchte, sollte in öffentlichen Reden einen möglichst inflationären Gebrauch vom Plural der ersten Person machen, denn wir als Homo sapiens scheinen dies mit der entsprechenden Stimmabgabe zu goutieren (8).
Man mag es gutheißen oder nicht, doch wir sind Lichtjahre davon entfernt, rationale Wesen zu sein. Natürlich hält uns dies nicht davon ab, unsere Entscheidungen nachträglich in das Gewand der Logik zu hüllen, um unser in den vergangenen Jahrhunderten gewonnenes Selbstbild nicht weiter zu irritieren.
Moralische Kommunikation ohne Werte
Was aber bedeutet für uns die Tatsache, dass wir keine rationalen Wesen sind, dass wir soziale Harmonie der Wahrheit vorziehen? Und was vor allem bedeutet es, dass wir das falsche Selbstbild des rationalen Wesens mit uns herumtragen?
Hannah Arendt hat in ihrem Werk Wahrheit und Lüge in der Politik ausführlich beschrieben, dass es in der Politik um Meinungen geht und nicht um die Wahrheit oder die Suche nach dieser; dass es der systeminhärenten Logik der Politik entsprechend gar nicht um Wahrheit gehen kann (9).
Während Arendt diese Haltung dem Politiktreibenden zuspricht, möchte ich sie darin ergänzen, dass es auch dem Wählenden nicht um Wahrheit geht. Vielmehr scheint der Homo sapiens nicht sonderlich an der Aufrichtigkeit seiner politischen Vertreter interessiert zu sein, sondern akzeptiert systematische Lügen als Teil des politischen Lebens, welches sich nun einmal nach Sachzwängen richtet und nicht nach Platons philosophischem Anspruch des Wahren, Guten und Schönen.
In der Politik hat schon immer der Zweck die Mittel geheiligt und die Wählenden scheinen das akzeptiert zu haben.
Würde es dem Gros der Wähler um die Aufrichtigkeit und eine ethische Haltung der Politiktreibenden gehen, so wären die Zustände grundlegend anders. Es würden sich nicht immer wieder Mehrheiten auf jene vereinigen, die eine Politik gegen die Mehrheit vertreten und diese hinters Licht führen; auf jene, die sich für den eigenen Vorteil korrumpieren lassen und dabei den Nachteil der vielen in Kauf nehmen. Nein, wenn es den Menschen um Wahrheit ginge, so wären diese Vorkommnisse Ausreißer und nicht die Regel.
Das eigentlich Tragische an dieser Feststellung ist jedoch weniger, dass die Menschen Wahrheit nicht als eigenen Wert anerkennen und bereit sind, diesen zu verteidigen. Vielmehr ist es die Tatsache, dass das Geringschätzen der Wahrheit symptomatisch ist für den Menschen ohne stabiles Wertegerüst — und ein solcher Mensch ist immer leicht politisch zu führen. Denn ein Mensch ohne stabiles Wertegerüst gibt sich beliebig den Sachzwängen und Erfordernissen der aktuellen Zeit hin, er wandelt beliebig seinen Standpunkt und passt sich der Situation an, sei es, um beruflich erfolgreich zu bleiben, um weiterhin im Schoß der Gemeinschaft verweilen zu dürfen oder um einfach nur nicht aufzufallen. Es sind in Teilen jene, die Erich Fromm meint, wenn er schreibt, ihr Gewissen sei identisch mit Pflichterfüllung (10).
Die derzeitige moralische Kommunikation, derer man sich im Privaten wie im Öffentlichen kaum entziehen kann, scheint kaum wertegebunden zu sein, da sie doch in den meisten Fällen mehr das Anbiedern an die zeitgenössische Sitte und deren Diskursregeln dokumentiert, anstatt diese selbst zum Reflexionsgegenstand zu machen. Was der Soziologe Niklas Luhmann (1927 bis 1998) bereits erkannt hatte, offenbart sich auch heutzutage wieder als aktuell: Ethik hat vor der Moral zu warnen.
Quellen und Anmerkungen:
(1) Asch, Solomon: Studies of independence and conformity: I. A minority of one against a unanimous majority. Psychological Monographs: General and Applied 70 (9), 1956, Seiten 1 bis 70.
(2) Shestakova, Anna et alii: Electrophysiological Precursors of Social Conformity. Social Cognitive and Affective Neuroscience 8, 2013, Seite 756.
(3) Berns, Gregory et alii: Neurobiological Correlates of Social Conformity and Independence During Mental Rotation. Biological Psychiatry 58, 2005, Seite 245.
(4) Zaki, Jamil et alii: Social Influence Modulates the Neural Computation of Value. Psychological Science 22, 2011, Seite 894.
(5) Sapolsky, Robert M.: Behave: The Biology of Humans at Our Best and Worst. New York: Penguin Press, 2017.
(6) Todorov, Alexander et alii: Inferences of Competence from Faces Predict Election Outcomes. Science 308, 2005, Seite 1623.
(7) Tsukiura, Takashi; Cabeza, Roberto: Shared Brain Activity for Aesthetic and Moral Judgments: Implications for the Beauty-Is-Good Stereotype. Social Cognitive and Affective Neuroscience 6, 2011, Seite 138.
(8) Steffens, Niklas K.; Haslam, S. Alexander: Power Through ‚Us‘: Leaders’ Use of We-Referencing Language Predicts Election Victory. PLOS One 8, 2013, Seite e77952.
(9) Arendt, Hannah: Wahrheit und Lüge in der Politik. Zwei Essays, München/Zürich: Piper, 1987.
(10) Fromm, Erich: Haben oder Sein. Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft, München: dtv, 1979.
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