Die Außenwelt — Mysterium 1
Wir können in Politik und Gesellschaft unser Verständnis erweitern, Zusammenhänge erkennen und Ursachen für Entwicklungen herausfinden. Es gibt eine Reihe von Medien, Autoren und Büchern, die uns dabei behilflich sind. Besonders seit 2020 sind viele wichtige Beiträge erschienen. Aber nehmen wir einmal an, wir haben weitgehend verstanden, welche Kräfte in der Welt auf welche Weise arbeiten, um die Gesellschaft — nicht nur in Deutschland — in eine autoritäre oder gar totalitäre Richtung umzubauen.
Was fangen wir mit diesen Erkenntnissen an?
Ja, wir können sie im Bekanntenkreis weitergeben, oder wir können publizieren. Verglichen mit den globalen Machtzentren sind unsere individuellen Möglichkeiten aber begrenzt. Und es ist viel Geduld nötig, um anderen Menschen die Ideale der Aufklärung näherzubringen.
Die letzten Jahre haben gezeigt, dass sich nur wenige Menschen für Freiheit und Selbstbestimmung einsetzen. Falls es überhaupt eine Entwicklung in diese Richtung gibt, scheint sich dieser Fortschritt eher in Jahrhunderten zu bemessen, mit gelegentlichen Rückschlägen. Derzeit fährt der große Tanker immer weiter in Richtung Totalitarismus. Und offensichtlich entwickeln sich neue Technologien schneller als der Reifegrad der Menschen. Dies ist keine neue Erkenntnis, allerdings sind die Möglichkeiten des Missbrauchs von Technologien zur Überwachung und Kontrolle der Bürger mittlerweile enorm gestiegen. Wir sollten uns der Möglichkeit stellen, dass die Welt trotz unserer Bemühungen dunkler wird.
Wir stehen vor der Herausforderung, mit zunehmendem Wissen immer klarer zu sehen, dass wir mit unserem Schiff auf einen Wasserfall zufahren. Aber die Mehrheit der Menschen in Deutschland sieht es leider — noch — nicht. Der Kapitän aus Berlin will davon auch nichts hören und scheint ohnehin Befehle per Funk von jenseits des Atlantiks zu erhalten. Große Teile der Energieversorgung des Schiffes wurden gesprengt, was aber auf der Kommandobrücke auch niemanden kümmert.
Nun sitzen wir also in diesem Schiff mit Schlagseite und wundern uns, warum so wenige Menschen den Kurs hinterfragen. Aussteigen ist auch keine leichte Option. In dieser schwierigen Situation ist es hilfreich, sich dem zweiten Mysterium zuzuwenden.
Die Innenwelt — Mysterium 2
Im täglichen Lärm der Welt um uns herum vergessen wir oft, dass wir selbst eines der größten Wunder dieser Welt sind: Wesen mit Bewusstsein. Aber was ist dieses „wir selbst“? Was ist Bewusstsein?
Der Vorteil der Hinwendung nach innen ist, dass uns diese Möglichkeit immer zur Verfügung steht. Sie ist nicht abhängig von politischen Gegebenheiten. Einsichten über uns selbst kann uns niemand wegnehmen. Sie bilden ein Fundament, eine Orientierung. Deshalb sind sie eine dauerhafte Quelle der Kraft.
Im Inneren begegnen wir vielen Dingen, die uns im Außen stören.
Wie können wir uns zum Beispiel für Frieden im Außen einsetzen, wenn in uns selbst ständig Kämpfe toben?
Frieden beginnt in uns selbst. Ein großer Teil unserer inneren Kämpfe dreht sich darum, dass wir die Welt ständig anders haben wollen, als sie ist. Im politischen Bereich begründen wir dies mit unseren Wertvorstellungen, die wir in der Welt vermissen und deshalb verwirklichen möchten. Aber wissen wir genau, was gut ist für alle anderen Menschen? Was diese Menschen gerade benötigen für ihre Entwicklung? Oder wäre etwas Demut angebracht? Der freie Wille eines Menschen beinhaltet auch die Möglichkeit, sich für ein Leben in Unfreiheit zu entscheiden.
Wenn wir gemäß unseren Werten handeln und akzeptieren, dass die Mehrheit der Menschen diesem Pfad nicht folgt, so führt das zu innerem Frieden. Durch unser authentisches Sein und Tun geben wir ein anschauliches Beispiel für andere. Was die Welt daraus macht, liegt nicht in unserer Hand. So üben wir uns auch in Geduld und Mitgefühl — nicht nur mit anderen Menschen, sondern auch mit uns selbst.
Es gibt einen Unterschied zwischen Handeln gemäß den eigenen Wertvorstellungen und dem Erschaffen psychologischer Zeit, das heißt, die Welt anders haben wollen, als sie ist, gedanklich dagegen angehen, sich sorgen, sich ängstigen, etwas bedauern. Ersteres stärkt uns und Letzteres schwächt uns. Deshalb ist es wichtig, unsere Gedanken und Gefühle zu beobachten und nicht in Endlosschleifen zu verweilen. Das würde nur unnötig Energie verschwenden.
Man könnte entgegnen, dass diese Lebensweise vielleicht bei schönem Wetter funktioniert, in den normalen westlich-dekadenten Lebensumständen, jedoch nicht bei existenziellen Krisen wie zum Beispiel Krieg.
Aber ist das so? Möglicherweise werden wir das in nicht allzu ferner Zukunft selbst herausfinden.
Im Folgenden seien drei praxisorientierte Wegweiser als Inspirationsquellen genannt.
Bruce Lee war nicht nur ein legendärer Meister der Kampfkunst, sondern auch ein inspirierender Philosoph. Er trainierte nicht nur seinen Körper, sondern auch seinen Geist. Vielleicht hätte er das als „geistiges Kung-Fu“ bezeichnet. Seine Tochter Shannon Lee hat 2020 ein wunderbares Buch über seine Erkenntnisse veröffentlicht: „Be water, my friend — The true teachings of Bruce Lee“. Dieser Weg ist sehr anschaulich und praxisorientiert. Bruce Lee kommt, ausgehend vom Körper und der Kampfkunst, zu immer tieferen Erkenntnissen, die auf jeden Menschen anwendbar sind.
Carlos Castaneda beschrieb in Bestseller-Büchern seine Begegnungen als Anthropologie-Student mit einem indianischen Lehrer aus Mexiko. Vieles erscheint uns fremdartig, aber die Bücher enthalten eine Fülle von praktischen Ratschlägen. Exemplarisch sei „Reise nach Ixtlan“ genannt.
Eckhart Tolle ist ein zeitgenössischer Weisheitslehrer. Sein Buch „Jetzt — Die Kraft der Gegenwart“ ist ein sehr hilfreicher Ratgeber. Er äußert sich ausführlich zum Erschaffen von psychologischer Zeit und dem Leid, welches wir dadurch hervorrufen.
Obwohl alle drei Menschen aus sehr unterschiedlichen Richtungen kommen, haben sie viele gemeinsame Einsichten: Sie betonen das Mysterium des Bewusstseins, jenseits von Gedanken und Emotionen, und die Ausrichtung auf das Jetzt. Und sie identifizieren das reflexhafte Urteilen über alles Mögliche als eine Krankheit des außer Kontrolle geratenen Verstandes.
Fazit
Das Sein (Innenwelt) ist die Basis für das Handeln (Außenwelt). Ohne gefestigtes Sein fehlt unserem Handeln die Kraft und Ausdauer. Dies wird aber notwendig sein, denn die autoritäre und gesichtslose globale Maschine läuft auch im Jahr 2024 immer weiter.
Schauen wir uns beide Bereiche genauer an, zeigt sich, dass beide kaum voneinander zu trennen sind. Sie fließen ineinander.
Wo beginnt „außen“? Wo hört „innen“ auf? Ist nicht das angebliche Außen ein Wahrnehmungskonstrukt in uns selbst? Bin ich in der Welt oder ist die Welt in mir?
Solange wir beides noch getrennt wahrnehmen, empfiehlt sich, eine gesunde Balance zu finden, was die Aufmerksamkeit für das Innen und Außen betrifft.
Die Entfaltung des Bewusstseins ist ein großes Wunder. Jeder von uns trägt einen Teil dazu bei, mit einer ganz individuellen Reise und Perspektive.
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