Bevor wir uns die finanzielle Struktur des neuen Magazins Republik einmal näher anschauen, möchten wir zunächst den Mann betrachten, der schon mehrfach dadurch aufgefallen ist, vermeintliche Verschwörungstheoretiker zu enttarnen. Professor Michael Butter gibt sich als Aufklärer, als einer der die Tricks der „miesen Kartenspieler“ durchschaut hat und im „vermeintlichen“ Auftrag der Öffentlichkeit vor ihnen warnt. Er tut dies allerdings nur dann, wenn er in einem gesicherten Rahmen ohne die Möglichkeit einer Kritik an ihm selbst auftreten kann. In einem dbate-Interview auf YouTube (1) sagte Butter:
„Das Internet ist natürlich auf dem Prinzip von Verschwörungstheorien aufgebaut.“
Wie bitte, Herr Professor? Weil’s so schön klingt noch einmal: „Das Internet ist natürlich auf dem Prinzip von Verschwörungstheorien aufgebaut.“ Aha, das Internet würde es also ohne Verschwörungstheoretiker beziehungsweise -theorien gar nicht geben, also ist das Internet selbst eine einzige Verschwörungstheorie?
Oder meint Butter vielleicht: Wenn sich diejenigen artikulieren, die nicht in Amt und Würden sind, nicht zwingend über Macht und Einfluss verfügen, dann ist das immer dumm und falsch? So klingt der Satz nämlich.
„Verschwörungstheoretiker gehen davon aus, dass alles miteinander verbunden ist und das ist natürlich genau das Prinzip, nachdem das Internet funktioniert“, so Butter weiter.
Dazu hätte ich als Autor dieses Artikels eine kurze, sehr präzise investigative Frage an den Herrn Professor: „Hä?“ Betrachten wir die Welt also immer nur in kleinen Scheibchen! Nie hängen Ereignisse miteinander zusammen, Herr Professor? Wer dies anders sieht, ist per se ein „Verschwörungstheoretiker“?
Der YouTube-Zuschauer Jörg Fechner beschreibt seine Eindrücke so:
„Sehr gut bezahlte Marionette des amerikanischen Exzeptionalismus.... es gibt keine Machtinteressen auf dieser Welt, Herr Butter? Eventuell könnte Nachhilfe bei einem RICHTIGEN Professor helfen... Professor Dr. RAINER MAUSFELD“ (2).
Und auch in einem anderen Gespräch auf higgs.ch wird Michael Butter nicht präziser (3). Dort postuliert er souverän: „Hätte man die Anschläge von 9/11 inszeniert, wären sie perfekter.“ Der Friedensaktivist Bodo Schickentanz kommentierte diese Aussage unter seinem Synonym Mainz FreeTV direkt unter dem YouTube-Video mit den Worten:
„Zwei Irrgläubige (Anm. d. Red.: Moderator und Professor Butter) bestätigen sich gegenseitig in ihrem Irrglauben und glauben dadurch noch fester an ihren Irrglauben. Man könnte es auch Selbstbefriedigung vor einem Publikum von Unwissenden nennen, die deswegen auch nicht merken, wie sehr sie hier, zwar sehr eloquent, aber dennoch mit absolutem SCHWACHSINN zugeschüttet werden“ (4).
Hier wird eindeutig versucht, kritische Meinungen unter dem Vorwand der wissenschaftlichen Betrachtung von Verschwörungstheorien zu unterdrücken.
Und je mehr ich mich mit Butter beschäftige, umso mehr frage ich mich: Was treibt diesen Mann an, als Wissenschaftler einen derartig unwissenschaftlichen Nonsens zu verbreiten, der sogar die Leser in den Kommentaren zahlreich enttarnen? So schreibt etwa Jörg W. über Butters Buch auf Amazon:
„Man kann so nicht über Verschwörungstheorien schreiben. Butter argumentiert immer auf der Metaebene. Verkürzt: Wären die Anschläge (Anm. d. Red.: 9/11) gefälscht, wären sie perfekter. Das ist in dem Bereich "Hätte, hätte, Fahrradkette". Tatsächlich sollte er sich stattdessen auf den Bereich der Fakten konzentrieren. Nur weil etwas undenkbar scheint, ist es doch noch lange nicht wirklich unwahr“ (5).
Und auch der User Espeloer G. ist von Butters Werk irritiert:
„Ich habe es nicht geschafft, das ganze Buch zu lesen, denn es ist an Banalität kaum zu überbieten. Medienkompetenz ist sicherlich erstrebenswert, aber die Lektüre eines solchen Buches trägt nicht dazu bei“ (6).
Dabei sind doch gerade Verschwörungstheorien Butters Spezialgebiet, dazu darf er sich sogar ab und zu in Brüssel äußern, denn auch bei der EU schätzt man seine „messerstumpfen“ Analysen, die, so sagen viele Kritiker, oftmals blanker Unsinn sind. In einem weiteren Kommentar über Michael Butters Buch schreibt der investigative Journalist Paul Schreyer auf seinem Blog:
„Auf diesem Fundament baut Professor Butter sodann ein Gedankengebäude auf, das immer wieder durch radikal-dogmatische Behauptungen irritiert: Verschwörungstheorien seien „immer falsch“, „noch nie“ habe sich eine Verschwörungstheorie als wahr herausgestellt. Große Worte — und offenkundiger Unsinn. Denn naturgemäß und im ganz direkten Wortsinn ist jede Ermittlungshypothese von Polizei und Staatsanwaltschaft, die von einer geheimen Absprache mehrerer Täter ausgeht, eine Verschwörungstheorie. Mit jedem abgeschlossenen Fall, in dem die Ermittler ihre These belegen können, hat sich eine weitere Verschwörungstheorie als wahr herausgestellt“ (7).
Wer sich mit Butter beschäftigt, kommt schnell zu dem Ergebnis, das etwas nicht stimmen kann. Butter agiert, wie Menschen es tun, die etwas zu verbergen haben: Er schießt scharf und unsachlich, aber wer ihm konkrete Fragen stellt, bekommt keine Antwort.
So hatte das Schweizer Online-Magazin Infosperber im vergangenen Jahr versucht, dem Herrn Professor doch noch ein paar konkrete Antworten auf Anschuldigungen seinerseits zu entlocken (8). Vergeblich, Michael Butter erklärte, er habe Angst vor weiteren Hassmails und deswegen werde er sich nicht äußern. Ein Aufklärer, der Angst vor Beschimpfungen hat? Müsste der Aufklärer, wenn er denn wirklich im Sinne der Menschen und des Friedens aufklären würde, nicht mit Dank und Liebe überschüttet werden? Warum kann Michael Butter aus Angst vor Hass und Häme seine angebliche Wissenschaft nicht verteidigen wie ein Mann, der aus tiefster Überzeugung hinter dem steht, was er da auf Kosten des Steuerzahlers wissenschaftlich herausgefunden hat?
Es scheint, als lebe der 41-jährige Amerikanist in einer Parallelwelt, in einer, in der ihm die falschen Freunde applaudieren, wenn er seine verbalen Angriffe auf Wissenschaftler startet, die eben nicht die Interessen des großen Kapitals sondern die des weltweiten Friedens vertreten.
Umso absurder ist es, was der Tübinger Professor in seinem Republik-Artikel über Daniele Ganser schreiben darf:
„Finanziell geschadet hat es ihm nicht. 2011 gründete Ganser das Swiss Institute for Peace and Energy Research (SIPER), das, anders als der Name suggeriert, kein Ort der Forschung ist, sondern nur dazu dient, seine Vorträge und Bücher zu vermarkten. Da Ganser nicht immer nur über 9/11 reden kann, bediente er in den letzten Jahren zunehmend weitere Verschwörungs¬theorien. Er behauptet, der Anschlag auf das Satire-magazin ‚Charlie Hebdo’ könnte eine false flag operation gewesen sein; er beschuldigt die USA, hinter dem Putsch in der Ukraine zu stecken; und er hat angedeutet, auch der versuchte Putsch in der Türkei könnte von der CIA initiiert worden sein. Bei seinem Publikum kommen diese Thesen gut an. Gansers zahlreiche Vorträge, die meist um die 30 Euro Eintritt kosten, finden in großen Hallen statt und sind fast immer ausverkauft“ (9).
Man muss kein Psychologe sein, um aus diesen Zeilen herauszulesen, wie viel Neid hier eine Rolle spielt, wie wenig die Auseinandersetzung Michael Butters mit dem Phänomen Daniele Ganser tatsächlich von wissenschaftlicher Tiefe geprägt ist. Wie kommt ein Professor sonst zu so einer solch diffamierenden Aussage, SIPER sei kein Ort der Forschung? Vermutlich war er niemals persönlich dort. Wie kann er also für sich beanspruchen, Wissenschaft zu betreiben, wenn er sich gar kein Wissen darüber angeeignet hat, worüber er sich dezidiert äußert? Dann betreibt er jedenfalls keine Wissenschaft, sondern eine Vermutungs-schaft oder eine Spekulations-schaft, die kein Fundament hat.
Doch damit nicht genug: Wieso nennt Butter die Höhe der Eintrittspreise von Gansers Veranstaltungen und vor allem, woher weiß er, dass all das „Ganser finanziell nicht geschadet hat?“ Kennt er etwa seinen Kontostand?
Wenn es nicht so traurig wäre, dass öffentliche Gelder für so einen Nonsens unter dem Deckmantel der Wissenschaft vergeudet werden, könnte man darüber herzhaft lachen. Doch das Lachen bleibt im Halse stecken, weil sich das Phänomen Michael Butter wie ein roter Faden durch unsere vom Kapitalismus verseuchte Gesellschaft zieht. Mit Geld lässt sich heutzutage alles und (fast) jeder kaufen, eben auch Wissenschaftler, besonders wenn sie am Ende wieder dem großen Kapital dienen.
Und da wären wir auch bei der Ausgangsfrage dieses Artikels angekommen: Was ist eigentlich die Republik? Ein neues alternatives, überparteiliches Online-Medium oder der verzweifelte Versuch des Mainstreams, auch dieses Segment zu besetzen?
Bei den Recherchen stoße ich auf eine bemerkenswerte Zahl: die Finanzierung der Republik wurde mit 3,5 Millionen Schweizer Franken gestartet, das Geld stammt von den Brüdern Meili und der St. Gallener Immobiliengesellschaft Mettis AG, die gemeinsam mit den Initiatoren und Journalisten Constantin Seibt und Christof Moser diesen Betrag aufbrachten. Darüber hinaus fördern angeblich rund 18.000 Abonnenten dieses crowdfinanzierte Projekt.
3,5 Millionen Schweizer Franken zum Start sind eine bemerkenswerte Summe für ein alternatives Medium, über die wir beim Rubikon nur staunen können. Für mich ergibt sich aus diesem immensen Betrag allerdings eine grundsätzliche Frage: Schreiben die Autoren in so einem Magazin wirklich für die Menschen, die in unserer Gesellschaft keine Stimme mehr haben, die am Existenzminimum leben, deren existenzielle Probleme endlich einmal Aufmerksamkeit verdient hätten? Stellen sie wirklich die kritischen Fragen, die uns endlich auf unserem Planeten voranbringen würden, wenn es darum geht, Kriege zu beenden, die Umwelt zu schützen und das Vermögen gerechter zu verteilen? Auf der Internetseite der Republik heißt es:
„Es ist Zeit, dass sich die Journalisten unabhängig machen und der Journalismus unabhängig von den Großverlagen existieren kann. Und ein Modell dafür schafft man nur gemeinsam — oder gar nicht“ (10).
Wenn es also um unabhängigen Journalismus geht, warum darf dann Michael Butter auf so einem Portal gegen Wissenschaftler hetzen, die gegen den Strom des Mainstream schwimmen? Warum wird nur seine Seite abgebildet und nicht auch die von Daniele Ganser? Wäre das nicht unabhängiger Journalismus?
Vielleicht war es einfach nur ein Fehler der Republik, Michael Butter ein Forum zu geben. Fehler sind menschlich und auch Rubikon ist nicht davor gefeit. Vielleicht müssen wir aber zukünftig noch genauer auf den „Packungsinhalt“ achten und schauen, wer es wirklich gut mit der Menschheitsfamilie meint. Und nicht nur das nachplappert, was ohnehin jeden Tag auf allen Seiten der NATO- und Mainstream-Postillen zu lesen ist.
Quellen und Anmerkungen:
(1, 2) https://www.youtube.com/watch?v=BA9gkifO_WU
(3, 4) https://www.youtube.com/watch?v=_YmCE-jqQTg
(5) https://www.amazon.de/gp/customer-reviews/RNF0GHLRPBO12/ref=cm_cr_arp_d_rvw_ttl?ie=UTF8&ASIN=3518073605
(6) https://www.amazon.de/gp/customer-reviews/R68ODIKD1FRLA/ref=cm_cr_arp_d_rvw_ttl?ie=UTF8&ASIN=3518073605
(7) https://paulschreyer.wordpress.com/2018/03/18/verschwoerungstheorien-alles-ist-wie-es-scheint/
(8) https://www.infosperber.ch/FreiheitRecht/Michael-Butter-Spezialist-von-Verschworungstheorien-kneift
(9) https://www.republik.ch/2019/04/13/die-methode-ganser
(10) https://project-r.construction/
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