Folgende Ausführungen beruhen gänzlich auf einem Interview von Gilad Atzmon mit einem US-amerikanischem Sender.
Atzmon legt größten Wert darauf, eine sogenannte Debatte über den Holocaust im Namen der Meinungsfreiheit zu entfachen. Man darf wohl fragen, warum das für ihn so wichtig ist. Die Wichtigkeit bestehe für ihn darin, die Zukunft richtig zu beurteilen. Es gibt Organisationen, die tatsächlich für die Meinungsfreiheit als Grundsatz kämpfen, was ich vorbehaltlos unterstütze. Atzmon hingegen geht es in erster Linie um die Freiheit, den Holocaust zu hinterfragen, nicht um das allgemeine Recht auf Meinungsfreiheit.
Atzmon behauptet, dass das einzige Thema der Geschichte, dass man nicht berühren dürfe, der Holocaust sei. Das ist aber falsch. Zunächst ist kein Thema so intensiv und gründlich erforscht und „berührt“ worden wie der Holocaust. Es ist verständlich, dass die Opfer des Holocausts, ihre Kinder und Enkel es nicht dulden, dass man die Ermordung ihrer Familienmitglieder „berührt“ (d.h. hinterfragt und damit das Verbrechen relativiert) und ihre Peiniger damit verschont. Wer würde so etwas dulden? Dass sie ein gesetzliches Verbot der Holocaustleugnung in einigen Ländern durchgesetzt haben, ist verständlich (obwohl ich persönlich nicht viel von solchen Gesetzen halte). Atzmon steht nicht auf die Seite der Opfer, sondern versucht eben das Verbrechen zu verharmlosen. Daher spricht er immer wieder vom „sogenannten Holocaust“, im Sinne „sogenannter Völkermord“. Was er mit „sogenannt“ meint, verschweigt er aus verständlichen Gründen.
So schreibt er ganz im Sinne von klassischen Holocaustleugnern: „Ich denke, dass wir 65 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz das Recht haben müssen, anzufangen, Fragen zu stellen. Wir sollten historische Beweise und Argumente verlangen, anstatt einem religiösen Narrativ zu folgen, das durch politischen Druck und Gesetze aufrechterhalten wird. Wir sollten den Holocaust seines judeozentrischen Ausnahmestatus entkleiden und ihn als historisches Kapitel behandeln, das in eine bestimmte Zeit und an einen bestimmten Ort gehört. Der Holocaust muss wie jedes andere historische Narrativ auch korrekt analysiert werden. 65 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz sollten wir die Frage stellen können: warum? Warum wurden die Juden gehasst?" (Der Wandernde Wer?, S. 210; The Wandering Who, S. 175).
Zweitens verschweigt Atzmon die Unterdrückung eines anderen Themas, nämlich die Hinterfragung der offiziellen Legende von 9/11. Außer einer kleinen Gruppe von berüchtigten Neonazis bestreitet niemand die genozidale Gesinnung Adolf Hitlers, die er schon in „Mein Kampf“ deutlich zum Ausdruck gebracht hat: Die Judenverfolgung, die bereits im Jahre 1933 anfing, die schreckliche Propaganda gegen die Juden vor und im Dritten Reich, die Kristallnacht, ihre Entmenschlichung durch deutsche Gesetzgebung und Verordnungen, ihre massive Enteignung, ihre Ghettoisierung, ihr Abtransporte in Güterzügen aus allen Ecken Europas zu den Konzentrationslagern, die massiven Erschießungen von Juden in Osteuropa und ihre tödliche Ausbeutung als Arbeitsklaven in den KZs. Was bleibt noch zu untersuchen? Das erklärt er nicht.
Von der Unterdrückung der Wahrheit über 9/11 schweigt der Mann aber, obwohl die Aufklärung von 9/11 für die heutige politische Realität viel wichtiger ist, um den Aufbau eines Polizeistaates zu stoppen. Ihn interessiert es nicht, da Israel vom Aufbau eines Polizeistaates in Europa profitiert. Es geht ihm also nicht um konkrete Probleme in Europa, sondern allein um das Ausleben seines persönlichen und pathologischen Hasses gegen „Juden“, darunter auch jüdische Aktivisten für die Rechte der Palästinenser, und um Selbstdarstellung. Daher bezeichnet es sich selbst als einen „Selbsthassenden Juden“.
Auf die Frage, ob ein Holocaust stattfand, antwortet Atzmon ausweichend: Es wäre eine „sehr interessante Frage“, aber: „Ich bin an der Frage nicht besonders interessiert“, ergänzt er. Nach einigen Minuten zeigt er doch sein brennendes Interesse „an dieser Frage“, als er den „Humanismus“ der Nazis schildert, die die überlebenden Juden aus den KZs angeblich zurück in ihre Heimat Deutschland bringen wollten.
Atzmon bestreitet ganz offen, dass der Holocaust eines der best dokumentiertesten Ereignisse sei. Er ignoriert schlicht die Fülle von wissenschaftlichen Studien, Gerichtsverfahren, Dokumenten und Zeugenaussagen über den Holocaust, die er auch ohne Deutschkenntnissen studieren kann. Wer das monumentale Standardwerk von Raul Hilberg „Die Vernichtung der europäischen Juden“ nicht mal als Quelle erwähnt, sollte am besten über den Holocaust schweigen. Der Mann kann aber nicht schweigen. Atzmon, der sich anmaßt, das offizielle Narrativ über den Holocaust in Frage zu stellen, hat meines Wissens nie eine wissenschaftliche Arbeit über den Holocaust veröffentlicht und gibt zu, kein Historiker zu sein.
Auf die Frage, ob irgendwelche Juden durch die Nazis gestorben seien, sagt Atzmon: „das ist eine völlig unerhebliche Frage“. Wieso unerheblich? „Weil ich kein Historiker bin", sagt er. Starben Menschen an 9/11? „Die Frage ist unerheblich, da ich keine Historikerin bin“, sagte Alice in Wonderland.
Als er gefragt wurde, ob es nicht genug Beweise für den Holocaust gebe, antwortete der Fuchs: „Wir haben genug Beweise, dass Hitler nicht die Juden mochte und dass es rassistische Gesetze gegen Juden gegeben hat, und so weiter“. Das „und so weiter“ sollte den Anschein erwecken, dass er damit die Vernichtung von Millionen Menschen meinte, aber darüber wollte er nicht sprechen, dass Adolf jedoch Juden nicht „mochte“, scheint ihm wesentlich. Welche Verharmlosung!
Laut Atzmon war die erste Aktion der Nazis die „ethnische Säuberung“ der Juden aus Deutschland. Eine „ethnische Säuberung“ der Juden aus Deutschland gab es aber nicht. Das ist Atzmons Erfindung. Im Gegenteil, die deutsche Juden mussten im Dritten Reich zur Auswanderung einen Antrag stellen. Nicht alle konnten auswandern.
Da Atzmon kein Historiker ist, konnte er ohne schlechtes Gewissen behaupten, die Nazis hätten die Todesmärsche der Überlebenden aus den KZ organisiert, um sie wieder nach Deutschland zurückzubringen, quasi aus Menschlichkeit! Daraus ergebe sich, laut Atzmon, dass die Nazis nicht die Juden vernichten wollten. Nach einer so kümmerlichen Erklärung stellt sich die Frage, ob der Mann bei Verstand ist. Die Realität sah etwas anders aus: Am 17. Januar 1945 „wurde die Evakuierung der Häftlinge [aus Auschwitz] beschlossen. Als man aus den Befehlen, die alle paar Stunden anders lauteten, schlau geworden war, wurden diejenigen, die imstande waren, fünfzig Kilometer zu Fuß zurückzulegen, von denen getrennt, die nur bis zum Auschwitzer Bahnhof gehen konnten, und diese schließlich von denen, die überhaupt nicht mehr laufen konnten…In den folgenden Tagen wurden 58000 Gefangene – bis auf wenige zu Fuß – bei eisiger Kälte aus dem Lager geführt. Am 20. gab Obergruppenführer Schmauser den Befehl, die zurückgebliebenen Insassen zu liquidieren. Ein SS-Trupp erschoß 200 jüdische Frauen und sprengte dann die Gebäude, in denen die Krematorien I und II untergebracht waren.“ (Hilberg, S. 1050). „Nach dem Ende der Vernichtungslager wurden vormalige Auschwitzinsassen, Deportierte aus Ungarn und Gefangene aus aufgelösten Arbeitslagern in die Konzentrationslager des Reichs gepfercht. In Gleiwitz wurden etwa 14000 Häftlinge, darunter zu Fuß aus Auschwitz Gekommene sowie Insassen aus Nebenlagern (vier von ihnen befanden sich in Gleiwitz selbst), auf Züge verladen und nach Buchenwald, Sachsenhausen, Groß-Rosen und Mauthausen gebracht; aus den beiden letztgenannten Lagern, die bereits voll waren, wurden sie nach Dachau, Dora (Mittelbau) und Ravensbrück weiterverschubt. Die Fahrzeit dauerte zwischen drei Tagen und einer Woche. Auf einigen Zügen wurden die Gefangenen in offene Güterwaggons mit niedrigen Wänden gepfercht, in denen sie Schnee aßen und aus denen sie die unterwegs Gestorbenen herauswarfen.“ (Hilberg, S. 1051-2).
Immer wieder betont Atzmon, er sei kein Historiker und ihn interessiere der Holocaust nicht, nur das Recht, über das Holocaust zu debattieren, als hätte ihm jemals jemand das Recht verweigert, seine Meinung zu veröffentlichen. Der Nicht-Historiker maßt sich aber an ganz genau zu wissen, dass die Überlebenden der KZs nicht ausgehungert waren, sondern wegen einer schrecklichen Typhusepidemie, die aus dem Zusammenbruch der Logistik am Ende des Krieges entstand, so mager waren. Dies habe „nichts, aber wirklich nichts mit dem Ereignis zu tun, dass als Holocaust bekannt ist“: Ein „Ereignis“?
Als er gefragt wurde, wie viele Juden im Holocaust gestorben sind, sagte Atzmon „Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht. Das möchte ich aber wissen.“ Dann fügte er hinzu: „Es gibt Menschen, die behaupten, sie wüssten es, aber sie schweigen.“ Er sagte nicht, wer diese seien. Weiter: „Nein, es gibt keine Historiker, die tatsächlich der Sache nachgehen. Ich aber bin kein Historiker. Historiker sind Menschen, die unsere Vergangenheit untersuchen, so dass wir die Zukunft verstehen.“ Dass der Frage über die Anzahl von Holocaustopfern nicht von Historikern nachgegangen wurde, ist eine schiere Lüge. Über Schätzungen der Opferzahlen gibt es zahlreiche Studien von Historikern. Das kann jeder in Sekunden im Internet finden. Wissenschafter können zwar nicht die exakte Anzahl der ermordeten Juden im Holocaust feststellen, sind sich jedoch einig, dass die Zahl zwischen 5,1 bis 6 Millionen schwankt. Wer solche Zahlen verharmlost, hat seinen moralischen Kompass anscheinend verloren. Diese Zahl kann weder durch die Verbrechen der USA (Hiroshima, Vietnam, Irak) verharmlost noch damit verglichen werden. Die industrielle, systematische Ausrottung von Millionen Menschen ist in ihrer Banalität des bürokratischen Mordes einmalig.
Über den israelischen Angriff auf die humanitären Flotilla in Richtung Gaza sagte Atzmon: Dieser Angriff „war [ideologisch gesehen] eine Wiederholung der Tötung von Jesus Christ.“ Damit wollte sich der Propagandist anscheinend bei christlischen Antisemiten anbiedern.
Zum dritten Reich sagte Atzmon: „Was in Deutschland geschah [in der Nazizeit], war zum erheblichen Teil eine deutsche Gegenmaßnahme gegen die Infiltrierung von Juden in deutsche Banken und Politik.“ Wer bis hier noch nicht die Gesinnung des Mannes erkannt hat, mag vielleicht jetzt verstanden haben, wes Geistes Kind er ist.
Die Protokolle der Weisen von Zion werden bekanntlich von allen Antisemiten als „Beweis“ herangezogen, um eine angebliche jüdische Kontrolle der Welt zu belegen. Man kann daher von jedem echten Antisemiten erwarten, dass er diese Legende irgendwann einmal erwähnt. Das gilt genauso für Gilad Atzmon. Im Jahre 2015 bestätigte Atzmon seine Aussage, dass „US-amerikanische Juden die Debatte über die Echtheit der Protokolle der Weisen von Zion unerheblich machen. US-amerikanische Juden kontrollieren [bereits] die Welt“. Er zog diese Aussage keineswegs zurück, sondern versuchte im Gegenteil, diese Aussage nachzuweisen. Dafür zählte er alle mächtigen Juden in den USA in gleicher Weise auf, wie dies die Nazis mit den mächtigen Juden damals getan haben. Der Mann scheint nie etwas vom Imperialismus als der höchsten Stufe des Kapitalismus gehört zu haben und versucht uns zu überzeugen, dass alle Multimilliardäre der USA entweder Juden sind, vor jüdischen Milliardären Angst haben oder dem Zionismus (nicht dem Streben nach Rendite) folgen. Auch die Streitkräfte der USA, die Waffenindustrie, die CIA, die Ölindustrie sind angeblich von Netanyahu und seinen Freunde gesteuert. Die Juden sollen also göttliche Fähigkeiten besitzen. Sie sind also wegen ihrer übernatürlichen Fähigkeiten berechtigt, laut der Logik von Gilad Atzmon, die Welt zu beherrschen. Der Zirkel der Absurdität schließt sich mit einem verdeckten Halleluja an die Omnipotenz der Juden.
Wer nach diese Lektüre behaupten will, Gilad Atzmon sei ein echter Mitkämpfer für Gerechtigkeit, Wahrheit und Frieden, soll sich bitte bei mir melden.
Als langjähriger Antizionist werde ich es nicht dulden, dass unser Kampf für einen gerechten Frieden in Palästina von psychopathischen Antisemiten zersetzt wird, noch werde ich Menschen als Genossen betrachten, die die schrecklichen Theorien einer jüdischen Weltverschwörung verbreiten. Diese Theorie hat uns schon Millionen von Leichen beschert.
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