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Das schaffende Prinzip

Das schaffende Prinzip

Mithilfe unserer Imagination können wir in der derzeit schwierigen Situation positive Impulse für die Zukunft setzen.

„Der einzelne Mensch muss durch die Kraft seines Geistes die Zukunft denken lernen, sie in ein Sein führen und sie dann als Kulturkraft manifestieren“ (Heinz Grill).

Die Sehnsucht nach einer friedlichen, beziehungsfreudigen Zukunft ist wohl in dieser spannungsgeladenen „Coronazeit“ besonders groß.

Unsere Gegenwart ist beladen mit Ängsten: Angst vor Krankheit und Tod, vor Gesundheitsdiktatur und Verlust der Freiheit oder Angst vor wirtschaftlichen Ruin und Armut. Eine nicht enden wollende Propaganda mit irrationalem Sicherheitswahn, unlogischen Maßnahmen, die bedingungslosen Gehorsam fordern, Kontrollen, Strafkatalog und Zensur, Fremdbestimmung statt Selbstbestimmung und Selbstverantwortung. Der Dialog und die Auseinandersetzung mit allen, auch regierungskritisch wissenschaftlichen und medizinischen Meinungen und Argumenten findet nicht statt. Dieses Geschehen schwächt nicht nur das Immunsystem, es drückt die Menschen in eine Schwere mit Hoffnungslosigkeit, Traumen und Spaltungen.

Wie soll nun in solchen Zeiten eine ästhetische neue Kultur entstehen?

Alles Geschaffene, ob es ein Haus, ein Kunstwerk, ein Raumschiff ist, begann mit einem Gedanken und einer Vorstellung. Das heißt, am Anfang steht die Idee, der Gedanke, der Geist des Menschen.

Die gesamte Gedankenkraft zu zentrieren, zu bündeln, das üben Menschen in der Meditation. Bereits Platon spricht vom Vorgang des Definierens, vom objektiven Eindringen in die Wirklichkeit der Phänomene.

Die Kraft des Geistes findet auch im Faust-Monolog seinen Ausdruck, wenn Goethe seinen nach Erkenntnis strebenden Protagonisten die Worte sprechen lässt:

„Ob mir durch Geistes Kraft und Mund nicht manch Geheimnis würde kund (...) dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält.“

Friedrich Schiller schrieb „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“:

„Dadurch allein, dass wir die ganze Energie unseres Geistes in einen Brennpunkt versammeln und unser ganzes Wesen in eine einzige Kraft zusammenziehen, setzen wir dieser einzelnen Kraft gleichsam Flügel an und führen sie künstlicherweise weit über die Schranken hinaus, welche die Natur ihr gesetzt zu haben scheint.“

Interessanterweise rückt zeitgleich mit „Corona“ auch dieses Thema der Meditation in die öffentliche Aufmerksamkeit, auch durch die von Kai Stuht ins Leben gerufene Ignorance-Meditation. Hier demonstrieren Menschen öffentlich und auf friedliche Weise gegen die Ignoranz der Politik, gegen Impfzwang und für das Grundgesetz in dem sie friedlich im Freien sitzen und meditieren, eine ruhige, gewaltfreie Art den eigenen Standpunkt kundzutun.

Allgemein wird in unserer westlichen Welt diese Praxis aber gerne zur Entspannung, zum Stressabbau, für Ruhe und Gelassenheit und wegen ihrer positiven gesundheitlichen Wirkungen genutzt. Doch die Bedeutung, vor allem der sogenannten „gegenständlichen Meditation“ geht weit über diese Aspekte hinaus.

Blicken wir auf die Geschichte dieser Tradition, so sehen wir verschiedene wertvolle Formen.

Eine der ältesten buddhistischen Meditationen ist das Vipassana, die Achtsamkeitsmeditation, die auf ein nicht wertendes Gewahrsein im Hier und Jetzt gerichtet ist, auf den Atem, die Körperhaltung, Gefühle und mentale Inhalte, meist auf die mehr persönliche Sphäre. Ein Zustand völliger Ruhe, die Befreiung von Illusionen und die Überwindung des Leidens sind das Ziel.

Beim völlig ruhigen Sitzen in der Zen-Meditation gilt es im gegenwärtigen Augenblick präsent zu sein, das Wahrnehmen des Moments, das Denken und Handeln. Auch hier ist der Blick mehr an das eigene Subjekt und die eigene Welt gerichtet.

In verschiedenen Yogazentren wird gerne die Mantra-Meditation ausgeübt. Dabei sucht man mithilfe des Rezitierens und durch die Kraft des Klanges den Geist zur Ruhe zu bringen, und durch das Versinken in den meditativen Zustand letztendlich ein Verschmelzen mit dem Unendlichen und Ewigen.

Auch in der Zeit der Mystik, in der der Mensch oft als Eremit oder Einsiedler sehr zurückgezogen von der Welt und ihren sozialen Bedingungen lebte, war die Verbindung mit dem Göttlichen bis zur ekstatischen Vereinigung Ziel der Meditation. Es war mehr eine Weltenflucht, eine tiefe Versenkung ins eigene Innere, in die subjektive Welt, mit absoluter Hingabe und Askese. Die Erkraftung des Gedankenlebens wurde jedoch dadurch nicht wirklich gefördert.

Eine ganz aktive, lebendige Beziehungsaufnahme zur Welt, ihren Bedingungen und Erscheinungen zeichnet die gegenständliche Meditation aus.

Sie ist an keine religiöse oder weltanschauliche Orientierung gebunden. Sehr anschaulich und ausführlich wird sie von Heinz Grill, Geistforscher, Philosoph und Autor, in seinem Buch „Übungen für die Seele“ geschildert.

Das Bewusstsein richtet sich nach außen zu einem Objekt aus, sei es eine Naturerscheinung, ein Mensch, ein wertvoller Gedanke oder ein Ideal. Darauf wird die gesamte Beobachtung und Aufmerksamkeit gerichtet. Persönliche Emotionen, Wünsche, Ängste, Kümmernisse und Sorgen müssen dafür schweigen. Sie werden für die Zeit der Übung entschieden zurückgewiesen, damit der mentale Raum zwischen Objekt und Betrachter frei bleibt und die Wahrnehmung nicht beeinträchtigt wird. Anfangs bedeutet dies eine gewisse Herausforderung, denn das unruhige Gemüt des Alltags macht oft nur widerwillig Platz.

Das Gedankenleben allerdings wird nicht zum Schweigen gebracht. Im Gegenteil: Es wird nun ganz aktiv, lebendig und schöpferisch, sammelt alle zugehörigen Aspekte, reflektiert, denkt es weiter in seiner Bedeutung und Art, und kreiert schließlich ein logisches, konkretes und wahres Vorstellungsbild zu seinem gewählten Objekt. Durch dieses Studium entsteht eine größere Nähe, ein tieferes Verständnis, eine große Klarheit. Schließlich wird nun die gesamte Konzentration und Gedankenkraft in dieses Bild zentriert. Bei Durchhaltevermögen, Spannkraft und Wiederholung entsteht aus dem Konzentrationsobjekt heraus eine feine Empfindung und letztendlich auch eine Erkenntnis.

Richtet sich mein Anliegen in die Zukunft, zum Beispiel in eine neue ästhetische Kultur, in ein beziehungsfreudiges soziales Miteinander, so wähle ich mein Meditationsobjekt nach diesen aus. Was ist die Würde des Menschen? Was ist eine würdevolle Tat? Was ist Selbstbestimmung, Selbstverantwortung, Freiheit? Was ist freie Spiritualität? Wie entsteht Verbindung statt Spaltung zwischen den Menschen? Ergründe ich diese Begriffe bis in ihre Tiefe und Zusammenhänge und nehme sie wiederholt in die Konzentration, so können sie sich schließlich ganz praktisch in das Leben integrieren. Sie werden sich durch den Menschen ausdrücken.

Die gegenständliche Meditation flieht die Erde mit ihren Widrigkeiten und Krisen nicht, sie geht hinein in das schaffende Prinzip, in die Lebensgestaltung, in die Lebensführung, in die Entwicklung neuer Perspektiven für die Zukunft, immer mit dem Blick auf das universal Wahre und Beste zur Entwicklung der Menschheit. So schenkt sie dem Übenden Ruhe, Stabilisierung und auch heilende Kräfte und ist gleichzeitig eine Gabe für die Welt.


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