Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
ich wende mich heute mit einer wichtigen Nachricht an Sie. Wie Sie wissen, haben wir seit dem Frühjahr 2020 alles in unserer Macht Stehende unternommen, um das Coronavirus zu bekämpfen und unschädlich zu machen. Letzteres ist uns nicht gelungen. Das Virus ist unter uns und wird, wie es scheint, mindestens dieses Jahr, womöglich aber auch noch mehrere Jahre lang Teil unseres Lebens bleiben. Auch die Impfstoffe, die unsere Wissenschaftler in unglaublich kurzer Zeit entwickelt haben, scheinen dies nicht verhindern zu können, auch wenn manche dies nach wie vor hoffen. Das Verhalten des Virus bleibt rätselhaft, es scheint sich von unseren massiven Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens nicht aufhalten zu lassen.
Dies ist mein Befund nach einem Jahr größter Anstrengungen, Corona zu besiegen. Viele bedrängen mich, die bisherigen Maßnahmen noch länger aufrechtzuerhalten oder gar zu verschärfen, aber ich möchte unserem Land und Ihnen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, nicht noch mehrere Monate Lockdown zumuten. Ich fürchte, das würde große Teile unserer Wirtschaft und auch viele von Ihnen persönlich über den Rand des Zusammenbruchs hinausführen. Wir müssen nämlich auch damit rechnen, dass wir mit den Impfungen das Virus nicht so schnell besiegen.
Es ist nicht auszuschließen, dass zu den bereits aufgetretenen Problemen neue hinzukommen, und wir können auch nicht sicher sein, dass es keine Mutationen gibt, die von den Impfstoffen nicht wirksam bekämpft werden können. Wenn wir realistisch bleiben, müssen wir in Rechnung stellen, dass es noch lange dauern kann, bis wir einen zuverlässigen Schutz vor SARS-CoV-2 haben — es sei denn, wir erreichen aufgrund der vielen Infektionen, die wir derzeit beobachten, bald eine breite Immunität.
Was wir getan haben, haben wir nach unserer besten Überzeugung getan, um den Schaden für unser Volk so gering wie möglich zu halten. Unser Gesundheitsminister war aber schon im März 2020 so weitblickend, dass er sagte, dass wir uns später vielleicht einmal für vieles entschuldigen müssten, was wir falsch gemacht haben. Für mich ist jetzt, vor dem zweiten Osterfest mit Corona, die Zeit dazu gekommen. Ich möchte es aber nicht bei Worten belassen, sondern habe eine politische Entscheidung getroffen, die ich Ihnen im Folgenden erläutere.
Wir wissen zwar immer noch fast nichts über dieses rätselhafte Virus, vor allem nicht darüber, wie es sich genau verbreitet und im Körper verhält und warum dies so ist, aber wir wissen inzwischen doch einiges darüber, wie gefährlich es insgesamt ist und wie gefährlich es für bestimmte Bevölkerungsgruppen ist. Vor allem wissen wir, dass es viel weniger gefährlich ist, als wir im Frühjahr befürchtet haben. So wissen wir heute, dass SARS-CoV-2
- bei Kindern so gut wie keine Krankheiten auslöst;
- bei gesunden Jugendlichen und jungen Erwachsenen in sehr vielen Fällen gänzlich symptomlos verläuft und in den meisten anderen Fällen nur leichte Symptome verursacht, die nach wenigen Tagen wieder abklingen und meist ganz verschwinden;
- bei älteren Erwachsenen, die ansonsten gesund sind, in vielen Fällen einer leichten bis mittelschweren Grippe ähnelt, in seltenen Fällen aber auch schwere Symptome auslöst, die oft lange nicht verschwinden und, dies allerdings nur in ganz wenigen Fällen, auch zum Tode führen können; in Ausnahmefällen kann dies auch bei Jüngeren vorkommen, wobei die Gründe dafür nach wie vor unbekannt sind;
- bei 60- bis 80-Jährigen die Fallzahl derer, die stärker betroffen sind, deutlich erhöht, was aber auch damit zusammenhängen dürfte, dass wir in dieser Altersgruppe viel mehr Menschen mit anderen Erkrankungen haben, die durch das Virus verschlimmert werden können oder dazu beitragen, dass die Abwehrkräfte schwächer sind. Hier sind dann auch die Todesfälle häufiger, aber längst nicht so hoch, wie wir im vergangenen Frühjahr befürchtet haben;
- erst bei den über 80-Jährigen das Risiko, an einer COVID-19-Erkrankung zu sterben oder bleibende Schäden zu behalten, sehr deutlich und schnell ansteigen lässt.
So bedauerlich jeder Todesfall und jede Erkrankung mit langdauernden Folgeschäden im Einzelfall ist, so muss ich als Bundeskanzler doch das Ganze im Auge haben und diese Schäden gegen die Schäden abwägen, die eine massive Einschränkung des öffentlichen Lebens, der Berufsausübung und der Freiheit jedes einzelnen von Ihnen mit sich bringt — nicht nur im wirtschaftlichen, sondern auch im gesundheitlichen, vor allem im psychischen Bereich.
Auch wenn dazu naturgemäß noch keine wissenschaftlichen Daten vorliegen, da die psychischen Folgeschäden erst später, im Falle von Kindern und Jugendlichen vielleicht erst in Jahrzehnten, offen zutage treten, so müssen wir nach aller psychologischen Erfahrung davon ausgehen, dass hier massive Schäden wahrscheinlich sind, wenn die derzeitigen Beschränkungen noch mehrere Monate, vielleicht sogar noch das ganze Jahr über, aufrechterhalten würden. Diese Schäden dürften mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch gesundheitlicher, ja tödlicher Natur sein und sind nicht geringer einzuschätzen als die gesundheitlichen Bedrohungen, die von dem Virus ausgehen. Schon heute hören wir beängstigende Nachrichten über Verzweiflung und häusliche Gewalt, schwere Depressionen, eine massive Zunahme von Drogenkonsum, Einlieferungen in psychiatrische Einrichtungen sowie Suizide. Die Hoffnung, dass ein weiterer kurzer, harter Lockdown endlich eine dauerhafte Lösung bringen könnte, hat uns zu oft getrogen, als dass ich mich darauf noch verlassen möchte.
Deshalb nehme ich, soweit es in meinem Einflussbereich als Bundeskanzler liegt, alle einschränkenden Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus ab sofort zurück. Soweit es um Befugnisse der Länder geht, bitte ich die Ministerpräsidenten, dies ebenfalls zu tun.
Angesichts von sehr vielen symptomfreien „Infektionen“ oder leichten Krankheitsverläufen und der relativ geringen Gefahr schwerer Gesundheitsschäden und von Todesfällen für den weitaus größten Teil der Bevölkerung halte ich dies für vertretbar. In den Fällen, wo es nur einen positiven Test, aber keine Krankheitssymptome gibt, dürfte man korrekterweise nicht von „Infizierten“ sprechen, da kein Infekt im Sinne einer Krankheit vorliegt. Ob die Betreffenden dennoch für andere ansteckend sind, wissen wir nicht sicher, daher ist Vorsicht geboten. Zugleich bieten diese symptomfreien oder milden Verläufe die große Chance, dass sich bei großen Teilen der Bevölkerung, insbesondere bei den Jüngeren, eine recht breite Immunität entwickelt, die dazu führen könnte, dass sich die Epidemie auch ohne Impfstoff nach diesem Winter deutlich abschwächt.
Daher sollten wir den Schwerpunkt unserer Aufmerksamkeit auf die tatsächlichen Krankheitsfälle richten und sie so gut wie möglich behandeln, anstatt die „Infektionen“ zu verhindern. Zugleich möchte ich Sie alle bitten, das Virus ernst zu nehmen und entsprechend vorsichtig und rücksichtsvoll gegenüber anderen zu sein. Wie Sie dies tun, möchte ich Ihnen als erwachsenen Menschen jedoch nicht weiter vorschreiben.
Im Einzelnen:
- Jeder mag selbst entscheiden, ob er eine Maske trägt oder nicht. In engen Räumen wie etwa in Bussen und Straßenbahnen halte ich persönlich dies für sehr sinnvoll. Für bestimmte Einrichtungen wird es dazu gesonderte Vorschriften geben. Bitte respektieren Sie sowohl diejenigen, die Masken tragen, als auch die, die darauf verzichten.
- Bestimmen Sie selbst, wie viel Nähe Sie anderen gestatten, und respektieren Sie den Abstand, den andere zu Ihnen halten wollen.
- Jeder hat das Recht zu riskieren, dass er krank wird oder gar stirbt. Was das Ansteckungsrisiko für andere betrifft, können diese anderen selbst entscheiden, ob sie mit Ihnen nähere Kontakte zulassen oder nicht. Es gilt das Prinzip der Selbstverantwortung.
- Falls Sie bei sich die inzwischen hinreichend bekannten Symptome wahrnehmen, die auf eine Corona-Ansteckung hinweisen könnten, haben Sie die Pflicht, dies ärztlich abklären zu lassen und gegebenenfalls einen Test zu machen. Solange Sie nicht negativ getestet sind, sind Sie verpflichtet, zu anderen Personen Abstand zu halten und eine Maske zu tragen, wenn andere in der Nähe sind.
- Natürlich können Sie sich weiter impfen lassen. Trotz einzelner Probleme sind unsere Experten weiterhin der Auffassung, dass dies der beste Schutz gegen Corona ist. Ich kann Ihnen aber nicht mehr versprechen, dass die Impfungen gesundheitlich unbedenklich sind. Im Grunde befinden wir uns hier, ich sage es ganz offen, in einem Experiment, denn wir hatten nicht die Zeit, die Sicherheit der Impfstoffe wie gewohnt zu prüfen. Wir haben dieses Experiment zwar so gut wie möglich vorbereitetet, aber es bleibt ein Experiment.
- Es ist eine schwere Last für mich, dass wir Menschen zur Impfung gedrängt haben und dass dabei einige gesunde junge Menschen gestorben oder schwer erkrankt sind. Auch wenn dies nur wenige waren: Da waren wir zu vorschnell. Wir haben diese Menschen in den Tod getrieben. Auch wenn dies aus Sorge fürs Ganze und im Vertrauen auf die Zusicherungen der Hersteller und Experten geschah, trifft mich dies doch sehr. Ich muss hier die Betroffenen und die Angehörigen der Verstorbenen um Verzeihung bitten.
- Für mich bedeutet dies, dass ich niemanden mehr zur Impfung drängen möchte. Wir halten das Impfangebot aufrecht, aber es bleibt ein Angebot, dessen Nutzung in Eigenverantwortung erfolgt. Das bedeutet auch, dass es, soweit dies in meinem Einflussbereich steht, keine Nachteile für Menschen gibt, die sich nicht impfen lassen. Ich appelliere an Sie alle, hier die jeweilige persönliche Entscheidung zu respektieren.
Lassen Sie mich zum Schluss und zum besseren Verständnis dieser Anordnung noch etwas zu den soeben genannten Bevölkerungsgruppen sagen.
- Zunächst zu den Kindern. Wir haben unseren Kindern sehr viel zugemutet, vielleicht zu viel. Sie sind die Zukunft, sie haben ihr Leben noch vor sich, und wir sollten ihnen diese Zukunft nicht unnötig schwer machen. Das Virus schadet ihnen selbst nicht, deshalb braucht niemand sie zu schützen. Und wir sollten ihnen auch nicht die Last auferlegen, die Erwachsenen und die Älteren schützen zu müssen. Das darf man Kindern nicht zumuten. Sie sollten ihre Kindheit so unbeschwert wie möglich leben können. Ich möchte auch nicht, dass Kinder geimpft werden, solange das Virus für sie nicht lebensgefährlich ist. Wenn sie sich anstecken, kann ihr Immunsystem sich auf natürliche Weise auf das Virus einstellen lernen.
- Ähnliches gilt für die Jugend. Sie ist eine Zeit des Ausprobierens, des Austestens von Nähe und Distanz, der geschlechtlichen Annäherung und auch des unbeschwerten geselligen Zusammenseins und des Feierns. Dazu gehört auch eine gewisse Ausschweifung. Da die Jugendlichen mit alldem sich selbst und ihresgleichen nicht mehr gefährden als ohne Corona, sollte man ihnen all dies nicht verwehren. Im Gegenteil: Der Beitrag der Jugend wie auch junger Erwachsener zur Eindämmung der Krankheit könnte aus meiner Sicht darin liegen, dass sie sich in den Kontakten untereinander NICHT einschränken, sondern das Risiko einer Infektion eingehen und damit zu einer schnelleren Herdenimmunität beitragen. Wenn Ältere sich dadurch gefährdet sehen, bleibt es ihnen unbenommen, sich selbst zu schützen, indem sie allzu nahe Kontakte mit jungen Menschen meiden oder Masken tragen und auf ihre Hygiene achten.
- Die Älteren können, soweit sie nicht in Alten- und Pflegeheimen leben, selbst entscheiden, wie sie sich verhalten. Das Risiko, mit dem Virus infiziert zu werden, ist hinreichend bekannt, ebenso wie die Orte, die dafür besonders geeignet sind. Wichtig ist, dass das jeweilige Verhalten des Einzelnen, soweit es nicht übergriffig ist, von den anderen respektiert wird. Die Bundesregierung möchte hierzu keine Elternrolle mehr einnehmen, da wir Sie alle als mündige Bürger ansehen. Dazu gehört es, dass wir Ihnen nicht vorschreiben, wie Mündigkeit im Einzelfall auszusehen hat. Sie sollten auch selbst entscheiden, in welcher Weise Sie Umgang mit Ihren Angehörigen, insbesondere mit Ihren Enkelkindern, pflegen.
- Eine besondere Sorgfaltspflicht haben wir gegenüber denjenigen, die in Pflege- und Altenheimen leben, da sie sich oft selbst nicht hinreichend schützen können. Für sie gilt, dass wir dafür Sorge tragen, dass die Betreuungspersonen regelmäßig getestet werden und nur insoweit körperlichen Kontakt mit ihnen haben, wie dies für die Betreuung notwendig ist.
Ich möchte es dabei allerdings nicht belassen, sondern mich mit einem sehr offenen Wort direkt an Sie, liebe alte Mitbürgerinnen und Mitbürger, wenden, und ich hoffe sehr, dass Sie mir meine Offenheit nicht verübeln:
Sie sind entweder sehr alt oder so krank und pflegebedürftig, dass Sie sich nicht mehr selbst helfen können. So oder so: Das Ende Ihres Lebens ist nah. Ich denke, es kommt nicht so sehr auf die Zeit an, die Sie noch haben, sondern darauf, dass diese Zeit möglichst gut für Sie ist. Deshalb bitte ich alle Verantwortlichen, auch in Coronazeiten das Bestmögliche zu tun, um Ihnen das Leben so gut wie möglich zu gestalten. Dazu gehört es auch, dass wir es nicht um jeden Preis vermeiden, dass Sie sich anstecken könnten, und ebenso, dass wir nicht um jeden Preis versuchen, Ihr Leben zu verlängern.
Es sollte auch möglich sein, dass im Falle einer COVID-Erkrankung oder Ihres Sterbens Ihre Angehörigen bei Ihnen sein können, wenn Sie das möchten. Ich denke, die Einrichtungen können Mittel und Wege finden, die dies möglich machen. Die zusätzlichen Geldmittel dafür wird der Staat übernehmen. Sie selbst sollten, soweit Sie es noch können, zusammen mit Ihren Angehörigen und den verantwortlichen Betreuern und Ärzten entscheiden, was im Einzelfall zu tun ist. Wenn Sie dies nicht mehr können, sollten die Angehörigen das letzte Wort haben.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger: Ich weiß nicht, ob diese Anordnungen richtig sind. Sie sind sicher nicht alternativlos. Was richtig ist, weiß niemand, auch kein Wissenschaftler. Jeder schaut aus einer anderen Perspektive und hat daher eine andere Sicht. Als Bundeskanzler muss ich abwägen zwischen der Sicherheit des Landes und der Freiheit des Einzelnen. Dazu gehört auch, dass ich es für meine Pflicht halte, einer Spaltung unseres Landes in „gute“ und „schlechte“ Bürger vorzubeugen und dabei selbst mit gutem Beispiel voranzugehen. Hier wurden sicher Fehler gemacht, die ich bedaure.
Diese Entscheidung treffe ich in Unsicherheit, wie auch jeder von Ihnen seine eigenen Lebensentscheidungen treffen muss, ohne letztendlich zu wissen, was richtig ist. In diesem Sinne ist meine Entscheidung das, was mir in der gegenwärtigen Lage als das Sinnvollste erscheint.
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