Verpackte Leichen liegen im Massengrab aufgereiht, Personen in Ganzkörper-Schutzanzügen und Uniformierte laufen herum. Dieses Foto wurde Anfang 2020 auf Facebook und Twitter massenhaft geteilt, wie die Nachrichtenagentur AFP damals in einem „Fact Check“ mitteilte. Den chinesischsprachigen Posts zufolge sollen dort Coronatote zu sehen sein, die ihrer hohen Zahl wegen nicht anders hätten bestattet werden können. AFP entlarvte das Bild als Täuschung, es entstammt dem amerikanischen Kinofilm „Contagion“ (deutsch: Ansteckung beziehungsweise Seuche) von 2011.
Abbildung 1: Screenshot aus dem Film „Contagion“ in einem Facebook-Post, Quelle.
Dabei fällt mehrerlei auf: Zum einen erinnert es daran, dass offizielle „Faktenchecker“ Anfang letzten Jahres noch gegen Panikmache in Sachen Corona vorgegangen sind. Inzwischen versucht man hauptsächlich, Kritiker der Coronapolitik und -impfungen als irrig hinzustellen. Zum anderen illustriert es Vermutungen, von chinesischer Seite sei Angst geschürt worden, um durch „die global einsetzende Panik vor dem Corona-Killervirus sowie das Narrativ einer erfolgreichen chinesischen Pandemiebekämpfung“, wie es Aya Velasquez formuliert, den „Export ihres Hygiene-und Überwachungsregimes“ voranzutreiben beziehungsweise den Westen zu schwächen.
Aber damit nicht genug. Hinter dem Foto steckt ja ein ganzer Spielfilm. Ein vor zehn Jahren von einem großen Studio vertriebener, kommerziell erfolgreicher Hollywood-Katastrophenfilm. Es geht um ein Atemwegsvirus, das das Gehirn angreift, sich rasend schnell global verbreitet und eine behauptet hohe Sterblichkeit — im zweistelligen Prozentbereich — mit sich bringt. Regie führte Steven Soderbergh, der unter anderem „Oceans Eleven“ und mehrere Folgefilme gedreht hat. Zum hochkarätigen Starensemble gehören Matt Damon, Gwyneth Paltrow, Lawrence Fishburne und Marion Cotillard.
Produziert hat „Contagion“ die Firma Participant, die dem Tech-Milliardär Jeff Skoll gehört — einst der erste Ebay-Chef. Das Unternehmen hat sich seit den 2000er-Jahren an über 100 Filmen beteiligt. Darunter fallen „Eine unbequeme Wahrheit“ mit Al Gore über den Klimawandel und „Food, Inc.“ gegen moderne Landwirtschaft. Themen also, bei denen Silicon-Valley-Reiche und kulturell tonangebende Kalifornier gerne dem Pöbel seine „Unersättlichkeit“ vorhalten, ob beim Energieverbrauch oder beim Essverhalten. Skoll, Spender für die US-Demokraten, widmet sich auch der Warnung vor Pandemien, ähnlich wie Bill Gates.
So war es nur konsequent, die Reihe der von ihm finanzierten volkspädagogischen Filmwerke um eines zu dieser Thematik zu erweitern. Das fiktive Virus MEV-1 entsteht in China aus einer genetischen Kombination von Fledermaus (!) und Schwein — nicht etwa in einem Labor — und erobert von Macau aus die ganze Welt. Wie gut, dass es bei der amerikanischen Gesundheitsbehörde Centers for Desease Control and Prevention (CDC) heldenhafte, fast selbstlose Mediziner gibt, die unter Einsatz ihres Lebens der Pandemie den Kampf ansagen. Freundlicherweise unterstützten die CDC auch die Entstehung des Films. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hilft ebenfalls — der Deutsche Armin Rohde spielt einen dort tätigen Funktionär.
Die drastischen Krankheitsverläufe und Todesfälle führen zu diversen Maßnahmen; um sich die Ausmaße der heutigen Coronapolitik in Gänze auszumalen, hatte es Drehbuchautor Scott Z. Burns („Das Bourne Ultimatum“) allerdings an dystopischer Fantasie gefehlt.Immerhin wird „das Berühren dämonisiert“, schreibt Roland Rottenfußer im Rubikon, „Kontakt ist gefährlich, Nicht-Kontakt geboten.“
In kurzer Zeit wird ein Impfstoff entwickelt. Aber es gilt auch einen Bösewicht zu bekämpfen:
Während Staat und Mainstreammedien weitestgehend korrekt handeln, versündigt sich ein böser Blogger, dargestellt von Jude Law, an der Menschheit, indem er Kritik übt.
Er weist auf Narkolepsie als Nebenwirkung der Schweinegrippen-Impfung hin — war damals gerade aktuell — und empfiehlt ein Naturheilmittel. Selbstverständlich ist er in dubiose Geschäfte verwickelt, und sein unseriöses Tun kostet wohl Menschenleben. Umgekehrt bringt die Impfung die Erlösung von Angst, Masken und Isolation. Glücklich, wessen Geburtsdatum bei der Impflotterie früh gezogen wurde — er gelangt schneller an die verheißungsvolle Spritze und das dazugehörige Armband, das ihn als gerettet ausweist. Und so kommt für die Überlebenden der Seuche schließlich alles wieder gut. Danke an die regierungsamtlichen Weißkittel für dieses Happy End!
Weniger als ein Jahrzehnt später wurde die Prophezeiung endlich wahr. Gewiss, im Vergleich zum Filmvirus geht Covid-19 nur als laues Lüftchen durch. Die Reaktionen lassen aber an Heftigkeit nichts zu wünschen übrig. Und der Film verkaufte sich 2020 hervorragend, Jeff Skoll konnte diverse coronabezogene Spenden verteilen, und einige Filmbeteiligte traten in Spots auf, wo sie zum Händewaschen und Zuhausebleiben rieten. Marion Cotillard sprach sich zudem mit vielen anderen Promis — wie Madonna und Robert de Niro — in einem „sehr knapp gehaltenen Aufruf für mehr Armut“ aus, wie es Thilo Spahl bei Novo ausdrückt, „verantwortlich für alle Übel dieser Welt seien Konsum und Produktivität“. Die eigene Verarmung dürfte freilich nicht auf dem Plan stehen, denn die Corona-Isolation will doch nobel verbracht sein.
Dem britischen Gesundheitsminister diente der Streifen nach eigener Aussage als Inspirationsquelle für seinen impfpolitischen Ansatz, was die Wichtigkeit des Impfstoffes und die Nachfrage danach betrifft. Übrigens steht der von Regisseur Soderbergh, Drehbuchautor Burns und Darsteller Law 2013 erstellte Film „Side Effects — Tödliche Nebenwirkungen“ damit in keinem Zusammenhang.
Das Leben imitiert nicht die Kunst, sagte Woody Allen, es imitiert schlechtes Fernsehen. Aber der hat’s dieser Tage etwas schwerer in der Filmindustrie. Die es ihrerseits wiederum auch nicht gerade einfach hat durch die Coronapolitik.
Wie dem auch sei, Jeff Skoll wird ein paar Cent übrig behalten und könnte vielleicht mal „Contagion 2“ erwägen — mit Benedict Cumberbatch als Christian Drosten.
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