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Das Ende der Entspannungspolitik

Das Ende der Entspannungspolitik

Nach Kündigung des Washingtoner Vertrages über nukleare Mittelstreckensysteme sollte Europa für den Frieden aktiv werden.

Den Vertrag zu erneuern, so wie er als Abkommen zwischen den USA und der Sowjetunion seinerzeit geschlossen wurde, käme der Erneuerung einer geplatzten Illusion gleich. War doch der Vertrag ohnehin nur ein vorübergehendes Entspannungsgeschenk zur Beruhigung Europas, das die Trump-Regierung jetzt zurückgezogen hat, um Europa in ihre Konfrontationspolitik gegenüber Russland neu einzubinden.

Die strategischen Dimensionen des atomaren Patts waren von diesem Vertrag ohnehin nicht berührt. Er wurde zudem nicht mit Europa, sondern über dessen Souveränität hinweg zwischen den Großmächten geschlossen. Diese Situation würde sich nur wiederholen, wenn jetzt gegenseitige Kontrollen zwischen den USA und Russland über die Einhaltung des Vertrages vereinbart würden und selbst wenn die NATO eine Kontrolle der in Rumänien und Polen stationierten Abschussrampen zugestände. Europa, die EU wäre in dem Falle nicht Vertragspartner, das heißt, Europa bliebe — wie schon 1987 — als Objekt außen vor.

Einen erneuerten Vertrag auf alle Länder ausweiten zu wollen, die inzwischen über landgestützte Mittelstreckenraketen verfügen oder zur Zeit danach streben, scheitert an den Staaten, deren Potential wesentlich auf landgestützten Systemen beruht. China beispielsweise wäre erst dann bereit, sich einem solchen Vertrag anzuschließen, wenn zuvor die interkontinentalen Langstreckenpotenzen, allen voran diejenigen der USA, aber auch Russlands abgebaut würden.

Das ist eine klare Logik, denn ein einseitiger Abbau von landgestützten Mittelstreckenraketen bei Beibehaltung der interkontinentalen Suprematie der USA und Russlands käme einer nuklearen Entwaffnung und Unterordnung Chinas gleich. Das ist von Peking nicht zu erwarten. Aus Chinas Sicht müsste vor jeder Ausweitung nuklearer Kontrolle nach Art des INF mit der Reduzierung der interkontinentalen Potenzen begonnen werden. Ähnliches gilt notwendigerweise für die anderen kleineren Atommächte.

Bleibt die ersatzlose Versenkung des Vertrages. Das wäre angesichts der realen Bedeutungslosigkeit, was die waffentechnische Überholtheit des Vertrages im strategischen Kräfteverhältnis betrifft, „eigentlich“ kein Problem — wenn seine Abschaffung nicht zum Vorwand für eine neue Runde, sagen wir, eines kleinen zusätzlichen Rüstungswettlaufs genommen werden könnte, dessen einziger erkennbarer Zweck dann die Vertiefung der Konfrontation zwischen EU und Russland wäre mit dem Ziel, Russland so wie seinerzeit die Sowjetunion totzurüsten und Europa in der Konfrontation mit Russland zu erschöpfen.

Aus dieser Situation kann nur eine Politik herausführen, die Abschied nimmt von der Feinderklärung gegenüber Russland.

Zwei unterschiedliche, sich gegenseitig ergänzende Maßnahmen wären notwendig:

  • Die Aufnahme von Verhandlungen für die Ersetzung des bilateral zwischen den Großmächten Sowjetunion und USA seinerzeit geschlossenen INF-Vertrages durch einen Rüstungskontrollvertrag zwischen Russland und der Europäischen Union, statt nur zwischen Russland und den USA. Er hätte die Aufstellung von landgestützten Mittelstreckenraketen zwischen Russland und der Europäischen Union zu untersagen und unter ein klares Kontrollregime dieser beiden Seiten zu stellen. Seine Aufgabe bestünde darin — unabhängig von der strategischen globalen Situation — der weiteren Entfremdung zwischen EU und Russland entgegenzuwirken, indem durch ihn endlich die Vorschläge eines einheitlichen Sicherheitsraumes von Lissabon bis Wladiwostok aufgegriffen würden.
  • Initiativen der deutschen Bundesregierung in Brüssel und über Brüssel hinaus, die in die Vereinten Nationen zur Erneuerung der allgemeinen Rüstungsbeschränkungen eingebracht werden. Gelegenheit dazu gibt das START II-Abkommen zwischen den USA und Russland zur Begrenzung strategischer Interkontinentalraketen, das 2021 ausläuft. Es muss erneuert und um weitere Partner und um die Erfassung neuer Waffensysteme ergänzt werden. Das betrifft insbesondere die neuen Methoden der digitalen Kriegführung, die auf die Lähmung und Schädigung ziviler Infrastruktur zielt.

Die gegenwärtig zu beobachtende Aufweichung an der deutschen und europäischen Sanktionsfront gegen Russland gibt Hoffnung, dass die Notwendigkeit, sich von der Kündigung nicht noch tiefer in eine Feindschaft zu Russland treiben zu lassen, von weitsichtigeren politischen Kräften erkannt wird.

Letztlich ist aber klar, dass eine solche Politik nur möglich ist, wenn sie von einer aktiven Friedensbewegung aus der Mitte der Bevölkerung getragen wird.


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