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Das Eigentor

Das Eigentor

Die Globalisierung hat die US-Wirtschaft nach China verlegt.

Offshoring und Entkapitaliserung sind die wahren Ursachen der wirtschaftlichen Rezession, die die USA schon lange durchmachen.

Das Hauptproblem der US-Wirtschaft ist, dass die Globalisierung sie schon lange auflöst. Die Verlagerung US-amerikanischer Arbeitsplätze ins Ausland hat die US-Produktion, ihre Industrietauglichkeit und die damit verbundene Innovation, Forschung, Entwicklung, Lieferkette, Konsumentenkaufkraft und die Steuerbemessungsgrundlage der Staats- und Kommunalverwaltungen gesenkt. Auf Kosten dieser langfristigen Ausgaben haben Unternehmen kurzfristige Profite gesteigert. Die US-Wirtschaft wird praktisch aus der Ersten Welt in die Dritte Welt verlagert.

Zölle sind keine Lösung. Die Trump-Administration behauptet, die Zölle würden von China bezahlt, aber solange Apple, Nike, Levi und all die anderen ins Ausland verlagerten Firmen nicht von den Zöllen ausgenommen werden, belasten diese die ausgelagerte Produktion von US-Unternehmen für Produkte, die an US-Konsumenten verkauft werden. Die Zölle werden entweder die Gewinne der US-Unternehmen reduzieren oder durch Preiserhöhungen von US-Käufern bezahlt werden. Und sie werden China nur dadurch schaden, dass Arbeitsplätze für Chinesen in der Herstellung von US-Waren für US-Märkte verloren gehen.

Es gibt keinen Handelskrieg

Die Finanzmedien sind voll von Vorhersagen über die Folgen eines „Handelskrieges“ zwischen den USA und China. Es gibt keinen Handelskrieg. Ein Handelskrieg ist es dann, wenn Länder versuchen, ihre Industrien zu schützen, indem sie Zollschranken gegen den Import billigerer Produkte aus dem Ausland errichten. Aber mindestens die Hälfte der aus China importierten Güter sind Importe von US-Unternehmen. Trumps Zölle — oder doch ein großer Teil davon — entfallen auf US-Unternehmen oder US-amerikanische Konsumenten.

Man muss sich schon wundern, dass es keinen einzigen Wirtschaftswissenschaftler in der ganzen Trump-Administration, in der US-Zentralbank oder sonst irgendwo in Washington gibt, der fähig ist, den Sachverhalt zu begreifen, und diese Erkenntnis an Präsident Trump weiterzugeben vermag.

Globale Rezession wegen Trumps Zöllen?

Eine Auswirkung der allumfassenden wirtschaftlichen Ignoranz Washingtons ist das Zusammenbrauen des Märchens vonseiten der Finanzmedien, dass „Trumps Zölle“ nicht nur die US-Amerikaner in die Rezession treiben, sondern die ganze Welt. Irgendwie schicken die Zölle auf Computer und iPhones von Apple, auf Schuhwerk von Nike und Levi Jeans die Welt in die Rezession oder Schlimmeres. Dies stellt eine außerordentliche ökonomische Schlussfolgerung dar, das Denkvermögen ist in den USA jedoch so gut wie verschwunden.

Die Frage der Finanzmedien lautet: Werden Trumps Zölle in den USA oder weltweit eine Rezession verursachen, die ihn seine Wiederwahl kosten wird? Dies ist eine sehr dumme Frage. Die USA befinden sich bereits seit zwei oder mehr Jahrzehnten in einer Rezession, weil ihr Produktions-, Industrie- und Ingenieurspotential ins Ausland verlagert wurde. Die US-Rezession ist bis heute sehr gut für den asiatischen Teil der Welt. Tatsächlich verdankt China seinen überraschend schnellen Aufstieg zur Weltmacht dem Transfer von US-amerikanischen Jobs, Kapital, Technologie und Business-Know-How nach China — und dies nur, damit die Aktionäre Kapitalgewinne erhalten und die US-Manager Boni dafür einstreichen konnten, dass sie eben diese Gewinne durch Senkung der Arbeitskosten ermöglichten.

Offensichtlich können neoliberale Ökonomen — ein Widerspruch in sich — nicht verstehen, dass es die ausgelagerten Produktionsstätten sind, die von dieser Wirtschaftstätigkeit profitieren, wenn US-Unternehmen die Produkte und Dienstleistungen, die sie den US-Amerikanern vermarkten, im Ausland herstellen.

Offshore-Produktion als wahre Ursache für die Rezession

Die Offshore-Produktion begann so richtig mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, als Indien und China ihre Wirtschaft für den Westen öffneten. Globalisierung bedeutet, dass US-Unternehmen mehr Gewinne erzielen können, wenn sie ihre US-amerikanischen Arbeitskräfte im Stich lassen. Was jedoch für das einzelne Unternehmen zutrifft, stimmt nicht für die Gesamtheit. Warum? Wenn viele Unternehmen ihre Produktionsstätten für den US-Markt ins Ausland verlagern, verlieren Arbeitslose oder Arbeiter mit geringem Einkommen die Kaufkraft, um die im Ausland hergestellten Güter zu erwerben.

Entkapitalisierung der Unternehmen

Seit Jahren berichte ich bereits, dass US-Arbeitsplätze keine Mittelklasse-Jobs mehr sind. Bezüglich des Mehrwerts und der Bezahlung verschlechtern sich diese Jobs bis heute — und mit dieser Verschlechterung nimmt auch die Gesamtnachfrage ab. Bewiesen wird dies durch die Tatsache, dass US-Unternehmen jahrelang ihre Profite nicht in neue Fabriken und die maschinelle Ausstattung gesteckt, sondern damit ihre eigenen Aktienanteile zurückgekauft haben. Jedem Ökonomen, der diese Bezeichnung verdient, sollte sofort aufgehen, dass Unternehmen, die lieber ihre Anteile zurückkaufen, als zu investieren, keine Nachfrage nach mehr Produktion sehen. Demzufolge plündern sie ihre Unternehmen aus — für Boni — und entkapitalisieren sie auf diese Weise. Man weiß durchaus, was da gerade vor sich geht und dass dies mit einer wachsenden Wirtschaft unvereinbar ist.

Selbiges trifft für die Erwerbsquote zu. Normalerweise führt wirtschaftliches Wachstum zu einer steigenden Erwerbsquote, wenn Menschen ins Erwerbsleben eintreten, um von den Arbeitsplätzen zu profitieren. Durch den ganzen angeblichen Wirtschaftsboom hindurch ist jedoch die Erwerbsquote gesunken, weil es einfach keine Arbeitsplätze gibt.

Die USA wurden im 21. Jahrhundert entkapitalisiert und der Lebensstandard ist gesunken. Eine Zeit lang wurde das System durch einen Anstieg der Schulden am Leben erhalten, aber das Verbrauchereinkommen konnte damit nicht mithalten und der Anstieg der Konsumentenschulden hat seine Grenzen erreicht.

Geld treibt die Produktion nicht an

Das „Sturzsicherungsteam“ der Bundesreserve (Fed) beziehungsweise des Finanzministeriums kann den Aktienmarkt durch den Kauf von Standard and Poor’s-Finanztermingeschäften (S&P Futures) aufrechterhalten. Die Fed kann mehr Geld ins System pumpen, um die Preise der Vermögenswerte in die Höhe zu treiben. Geld jedoch treibt keine Produktion in die Höhe, weil die Arbeitsplätze und die wirtschaftlichen Aktivitäten, die die Arbeitsplätze repräsentieren, ins Ausland verlagert wurden. Die Globalisierung hat also die US-Wirtschaft nach China verlegt.

Wie aus Inflation Wirtschaftswachstum wird

Echte statistische Analyse zeigt im Gegensatz zu der offiziellen Propaganda, dass das glückliche Bild einer boomenden Wirtschaft eine Illusion ist — verursacht durch statistische Irreführung. Die Inflation wird unterbewertet; wenn also eine Deflation beim nominellen Bruttoinlandsprodukt stattfindet, werden in der Folge höhere Preise als ein Zuwachs im Output gesehen — Inflation wird so zu echtem Wirtschaftswachstum. Die Arbeitslosigkeit wird zahlenmäßig nicht berücksichtigt; wenn man in den letzten vier Wochen nicht auf Arbeitssuche war, zählt man offiziell weder als Arbeitskraft noch als arbeitslos. Die Regierung erhebt auf so außergewöhnliche Art und Weise Zahlen zur Arbeitslosigkeit, dass ich mich frage, warum die USA nicht eine Arbeitslosenquote von Null haben.

Wie erholt sich ein Land, wenn es seine Wirtschaft an ein Land abgegeben hat, das es nun als Feind dämonisiert? Gibt es ein besseres Beispiel für eine völlig inkompetente herrschende Klasse als eine, die ihre Wirtschaft gefesselt und geknebelt einem Feind übergibt, nur damit ihre Unternehmerfreunde kurzfristige Reichtümer einstreichen können?

Wir können dies nicht Trump anlasten. Er hat das Problem geerbt und verfügt über keine Berater, die ihm dabei helfen könnten, das Problem zu verstehen und eine Lösung zu finden. Solche Berater existieren unter neoliberalen Ökonomen nicht. Mir fallen nur vier Ökonomen ein, die Trump helfen könnten, und einer davon ist Russe.

Schlussfolgernd kann man sagen, dass die USA auf einem Weg festgefahren sind, der direkt in die Dritte Welt vor 60 Jahren führt. Und Präsident Trump kann nichts dagegen unternehmen.


Paul Craig Roberts, Jahrgang 1939, ist ein US-amerikanischer Ökonom und Publizist. Er war von 1981 bis 1982 Abteilungsleiter für Wirtschaftspolitik im Finanzministerium der Regierung Reagan und ist als Mitbegründer des wirtschaftspolitischen Programms der Regierung Reagan mit dem Namen „Reaganomics“ bekannt. Er war Mitherausgeber und Kolumnist des Wall Street Journal und Kolumnist von Business Week. Bei über 30 Anlässen wurde er im Kongress um seine Expertise zu Themen der Wirtschaftspolitik gebeten.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „What Globalism Did Was To Transfer The US Economy To China". Er wurde von Gabriele Herb aus dem ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert.


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