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Brandstifter als Feuerwehr

Brandstifter als Feuerwehr

Die Kriegsherren inszenieren sich als Friedensbringer.

Der Brandstifter als Feuerwehr
von Caitlin Johnstone

“Wir müssen was wegen Syrien unternehmen!”, lautet die gängige Forderung des Westens.

Nein, eigentlich nicht.

“Was? Du meinst also, wir sollen einfach die Hände in den Schoß legen?”, so die gängige Antwort.

Ja, in der Tat, das wäre toll. Bitte entfernt euch so weit wie möglich von Syrien, danke.

Zu behaupten, die Kriegsmaschine des Westens sei dazu geeignet, Frieden und Gerechtigkeit zu stiften, ist so, als behaupte man, ein Bulldozer sei ein nützliches Werkzeug für eine Gehirn-OP. Zu behaupten, die Kriegsmaschine des Westens sei dazu geeignet, Frieden und Gerechtigkeit in Syrien zu stiften, ist, als behaupte man: Man kann das Benzin, mit dem man das Haus in Brand gesteckt hat, auch zum Löschen verwenden.

Das kitschige Märchen, das man von treuen Anhängern des Imperiums zu hören bekommt, klingt so: Friedliche Proteste verwandelten sich allmählich in einen Kampf zwischen der syrischen Regierung und verschiedenen terroristischen Gruppen, wobei der Westen die Terroristen erst recht spät in dieser Auseinandersetzung unterstützt hat.

Das stimmt nicht.

Im letzten Oktober gestand der frühere katarische Premierminister Hamad bin Jassim bin Jaber al-Thani im Fernsehen ein, dass die USA und ihre Verbündeten schon zu Beginn des Krieges im Jahr 2011 aktiv daran mitwirkten, Waffen an gewalttätige extremistische Gruppen in Syrien zu liefern. In einem Artikel mit der Überschrift „The day before Deraa“ im amerikanischen Herald Tribune dokumentiert Steven Sahiounie, wie von der CIA unterstützte ausländische Söldner/Terroristen schon vor dem Ausbruch der Gewalt im März 2011 an Ort und Stelle bereitstanden. Es ist inzwischen eine offen eingestandene Tatsache, dass sowohl die CIA als auch die US-Verbündeten bekannte Terrorgruppen in Syrien ausgerüstet haben. Wer etwas von der CIA und der Kriegsmaschine des Westens weiß, wird hiervon allerdings nicht überrascht sein.

Die aktuelle Gewalt in Syrien ist das direkte Resultat einer bewussten, fortlaufenden Destabilisierungskampagne durch das westliche Imperium gegen eine Nation, die es schon sehr lange für einen Regime Change auserkoren hatte. Die Kriegsmaschine, die dieses Feuer entfacht hat, arbeitet daran, öffentliche Unterstützung dafür zu erheischen, das Feuer mit Benzin zu löschen.

Ich bin keine Isolationistin. Ich bin nicht gegen NATO-Interventionen aufgrund irgendeiner paläo-konservativen Haltung, die den Aufbau eines Staates und Interventionskriege deshalb vermeiden will, weil sie teuer sind und Flüchtlingskriege erzeugen.

Ich lehne US-geführte Interventionen mit dem Ziel eines Regime Changes ab, weil das Imperium den syrischen Krieg begonnen hat und nun Lügen und Propaganda benutzt, um Unterstützung für den Einsatz weiterer militärischer Gewalt zu produzieren.

Ihr Ziel dabei ist es, Syrien und seine Verbündeten davon abzuhalten, das Land zu stabilisieren. Diese händeringenden „Warum denkt denn niemand an die Kinder?“-Interventionsbefürworter rufen nach noch mehr Töten und Zerstörung durch eben das Imperium, welches das Töten und die Zerstörung überhaupt erst angefacht und aufrechterhalten hat.

Wenn man je auf der richtigen Seite der Geschichte stehen möchte, was die Außenpolitik angeht, sollte man sich vor Augen führen, wofür die neokonservativen Denkfabriken und die liberalen Interventionsbefürworter eintreten. Und zwar um sich dann für das genaue Gegenteil stark zu machen. US-geführte Interventionen mit dem Ziel eines Regime Changes verschlimmern die Lage immer, erreichen nie das Ziel, das seine Vertreter erreichen zu wollen vorgeben, töten noch mehr unschuldige Menschen, fügen ihnen noch mehr Leid zu und nutzen immer den Reichen und Mächtigen des westlichen Imperiums.

Und wenn die Intervention sich nicht so auswirkt, wie ihre Befürworter es versprochen haben, was buchstäblich immer der Fall ist, sagen sie „es wurden Fehler gemacht“ und machen das Missmanagement desjenigen dafür verantwortlich, der zu der Zeit zufällig das Sagen hatte.

Es ist im Grunde ein wirklich brillanter Plan: All diese Räuber mussten sich nur der Genehmigung des Kongresses in Form der Authorization for Use of Military Force Against Terrorists versichern, ein Gesetz, das nach den Angriffen vom 11. September beschlossen wurde. Und nun kann das Imperium mit seiner US-Zentrale dauerhafte Militärlager an allen strategischen Standorten errichten, indem sie die Gegend einfach mit Terroristen fluten. Genau das hat es auch in Syrien getan und jetzt haben die USA dort eine dauerhafte Militärpräsenz mit dem erklärten Ziel, einen Regime Change herbeizuführen.

Nie ging es darum, “Kinder zu retten” – vielmehr geht es um Geld, Macht und Ressourcen, was für das Imperium letztlich auf dasselbe hinausläuft. Russland, dem langjährigen Rivalen der USA, wurden vor kurzem die Exklusivrechte für die Öl- und Gasproduktion in Syrien zugesprochen, weil es seinem langjährigen Verbündeten zur Seite gesprungen war und sich bemüht hat, den Regime Change zu stoppen – ein absehbarer Schritt im Kampf um die Vorherrschaft über die fossilen Brennstoffe in der Region.

Wegen des syrisch-israelischen Grenzstreites über die Golanhöhen hat Israel allen Grund, an der Destabilisierung Syriens festzuhalten – nicht nur, weil es in den Golanhöhen Öl gibt, sondern weil zudem ein Drittel des von Israel genutzten Wassers von dort stammt. Außerdem hat Bashar al-Assad 2004 seine, wie er es nannte, Fünf-Meeres-Vision angestoßen: Eine Strategie, um Syriens einzigartige geographische Lage dafür zu nutzen, eine wirtschaftliche Supermacht zu werden. Ein solcher Plan passte dem US-Hegemon nicht, der seine Vormachtstellung nur aufrechterhalten kann, indem er andere Nationen kleinhält.

“Wenn der Wirtschaftsraum zwischen Syrien, der Türkei, dem Irak und dem Iran einmal integriert wird und so das Mittelmeer, das Kaspische Meer, das Schwarze Meer und der Arabische Golf miteinander verbunden werden, werden wir nicht länger nur im Nahen Osten von Bedeutung sein“, so erklärte Assad bekanntermaßen im Jahr 2009. „Wenn diese Meere miteinander verbunden sind, werden wir zur Schnittstelle der weltweiten Investitionen, des weltweiten Transports und weiteres mehr.“

Unschwer lässt sich vorstellen, wie die Imperialisten plötzlich auf die Dringlichkeit pochten, Assad zu entfernen, sobald er anfing sich so zu äußern. Man versuche nur einmal, vor 2009 eine Verurteilung Bashar al-Assads in den westlichen Mainstreammedien auszumachen. Stattdessen wird man einige positive Äußerungen finden, so hatte Premierminister Tony Blair vorgeschlagen, ihn in den Ritterstand zu erheben. Interessant, wie er sich dann urplötzlich und über Nacht in einen blutrünstigen Sadisten verwandelte, der sich an der grundlosen Vergasung von Kindern aufzugeilen pflegt.

Jedes Mal, wenn sich ein entscheidender Konflikt in Syrien entfaltet, bei dem die Regierung versucht, die brutalen Extremisten zu bekämpfen, die das Imperium dieser Nation aufgezwungen hat, werden wir überzogen mit der Propaganda davon, wie gerne Assad Kinder ermorde. Ende 2016 war es Aleppo, über das wir umfassend belogen wurden. Und jetzt ist es Ostghouta.

Wir sehen, wie die treuen Establishment-Loyalisten vom Guardian und Mother Jones jeden angreifen, der Zweifel an den Narrativen des Establishments anmeldet. Zugleich befeuern sie weiter die Schlagzeilenmaschinerie: „Wollen wir darauf warten, bis Putin und Assad die Menschen ausgehen, die sie töten können? Ist das wirklich unser Plan?“

Ein Großteil der Opfer dieser psychologischen Kriegsführung glaubt, dass der Westen in Syrien „etwas tun“ sollte. Schließlich muss doch jemand diese armen Kinder retten.

Doch in Wirklichkeit ist ihre eigene Regierung für die Erzeugung und die endlose Fortsetzung dieser Gewalt verantwortlich. Sie glauben das, was sie in Bezug auf Syrien glauben, nur, weil die Oligarchen ja schlecht aus der Deckung kommen und zugeben können „Wir müssen diese Region destabilisiert halten oder einen Regime Change bewirken, um die Kontrolle über die Ressourcen dort zu sichern und um unsere Rivalen geopolitisch zu dominieren.“

Die Täter tun so, als ginge es darum, Kinder zu retten. Doch die Wahrheit würde jeden anständigen Menschen kotzend zusammenbrechen lassen.

Man muss sich einmal klar machen, was man da eigentlich verlangt, wenn man sagt, „wir müssen etwas wegen Syrien unternehmen“. Damit sagt man nämlich nicht, wir müssen dorthin gehen, die Kinder umarmen und Schirme über den Köpfen der Zivilisten aufspannen, damit sie nicht im Kreuzfeuer in die Luft gesprengt werden.

Damit sagt man, wir müssen da reingehen und jeden töten, der im Wege steht: syrische Soldaten töten, Assad töten und die Kontrolle über das Volk übernehmen, so dass niemand außer ein paar reiche Eliten davon profitieren und dabei noch schlimmere zivile Opfer erzeugen, als derzeit dort erleidet werden, weil der Krieg ja nun mal so ist. Danach also ruft dieses affektierte, kleine „Wir müssen etwas tun, um die Kinder zu retten“-Gefühl.

Dies einzuräumen macht einen nicht zum “Assad-Fan” oder zur „Putin-Marionette“ oder zum verrückten Verschwörungstheoretiker.

Nein, es macht einen zum normalen, gesunden Menschen. Die Kriegsmaschine des Westens hat eine ausufernde Historie im Einsatz von Lügen, Operationen unter falscher Flagge und Propaganda, um Unterstützung für lukrative Militärinterventionen zu organisieren, und auch heute belügt sie uns unzweifelhaft über Syrien. Das einzige gerechte Ergebnis dieses Konfliktes liegt darin, der syrischen Regierung und ihren Verbündeten zu erlauben, der Region wieder zu Stabilität zu verhelfen und den Schaden wiedergutzumachen, den der Westen angerichtet hat.

Die Tatsache, dass die USA und ihre Verbündeten inzwischen offen zugeben, bekannte Terroristengruppen in Syrien bewaffnet zu haben und uns trotzdem noch um unser Vertrauen bitten, sollte uns dazu bringen, sie aus vollem Halse auszulachen.

Vor jedem Bürger eines NATO-Landes, sollte man zurückschaudern, wenn er meint, „wir müssen wegen Syrien was unternehmen“ – genauso wie man vor einem bekannten Kindervergewaltiger zurückschaudern würde, der meint, er wolle gern auf unsere Kinder aufpassen.

Nein, westliches Imperium, du musst in Syrien nichts „unternehmen“.

Du sollst dich nur verpissen und dich gefälligst raushalten.


Caitlin Johnstone ist Journalistin, Dichterin und Utopistin, die regelmäßig auf Medium schreibt.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Resisting Calls to Do Something about Syria". Er wurde vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert.


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