„Jeder weiß, dass die Massenvernichtungswaffen, die als Vorwand für den Irakkrieg 2003 genannt wurden, nie gefunden wurden. Es gab sie nicht.“
Mit diesen Worten beginnt ein kurzes Video, das der Journalist Peter Hitchens von der britischen Mail on Sunday vor wenigen Tagen per Twitter verbreitete.
„Wenn das heute passieren würde, glauben Sie, dass Sie jemals erfahren würden, dass es diese Massenvernichtungswaffen nie gab? Vermutlich nicht. Denn was mit Medien und Politik seit dem Irakkrieg passierte ist, dass solche Sachen einfach nicht mehr bekannt werden.
Es ist einige Wochen her, dass ich in der Mail on Sunday einen unglaublichen Bericht darüber veröffentlichte, wie Untersuchungen über einen angeblichen Giftgasangriff in Douma, Syrien, im April 2018 zu dem Ergebnis kamen, dass es sehr unwahrscheinlich war, dass es dort einen Giftgasangriff gegeben hatte. Und wissen Sie was? Kaum eine Zeitung, Nachrichtenagentur, Rundfunk oder Fernsehen hat diese absolut katastrophale Geschichte aufgegriffen. Dabei ist diese Sache sehr wichtig, weil der angebliche Angriff mit Chemiewaffen der Vorwand für einen Raketenangriff von Großbritannien, Frankreich und den USA war.
Die Organisation, die an der Untersuchung beteiligt ist, könnte eines Tages eine zentrale Rolle bei der Frage spielen, ob wir erneut einen Krieg anfangen. Und diese ganze, überaus wichtige Angelegenheit wird Millionen Menschen vorenthalten, obwohl sie darüber informiert sein müssten“ (1).
Peter Hitchens spricht über die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen, OVCW, die 1997 gegründet wurde und ähnlich wie die Vereinten Nationen aufgebaut ist (2).
Diese Organisation hat die Aufgabe, Vorwürfe über Herstellung, Besitz oder Einsatz von chemischen Waffen zu überprüfen. Dafür schickt die OVCW von Experten geführte Untersuchungsteams los, die am Ort des tatsächlichen oder angeblichen Geschehens Proben nehmen und Interviews mit Augenzeugen führen. Anschließend werden die Proben chemisch und toxikologisch in Labors untersucht, die bei der OVCW registriert sind. Die dann vorhandenen Analysen werden im Untersuchungsteam besprochen, erneut geprüft und in einem Zwischenbericht zusammengestellt. Meist dauert es mehrere Monate, bis dann der offizielle OVCW-Abschlussbericht erscheint.
In Syrien ist das anders. Bei den zahlreichen tatsächlichen oder angeblichen Einsätzen von giftigen und chemischen Waffen in Syrien — die Rede ist von Sarin, Senfgas und nicht näher bezeichneten Chemikalien — wurde 2014 eine neue Struktur, die der „Fact Finding Mission“, FFM, eingeführt. Danach war nicht nur ein FFM-Untersuchungsteam vor Ort, sondern ein weiteres FFM-Untersuchungsteam wurde parallel in ein „Land X“ geschickt, um dort die gleichen Untersuchungen vorzunehmen. Das war möglich, weil in dem „Land X“ die Oppositionellen selbst gesammelte Proben übergeben und Augenzeugen vorstellen konnten. Deren Angaben wurden den Angaben der syrischen Regierung quasi gleichgestellt.
Und noch etwas ist anders bei Untersuchungen in Syrien. Die FFM-Teams sind einer speziellen Aufsicht unterstellt. Während bei der Arbeit der normalen OVCW-Untersuchungsteams verschiedene Abteilungen quasi als Korrektiv einbezogen werden können, untersteht die FFM direkt der OVCW-Spitze: dem Generaldirektor, dessen „Kabinettschef“ und dem Leiter der „Fact-Finding-Mission“ (3).
Ein Blick zurück
Im September 2013 — nachdem im Umland von Damaskus mehr als 1000 Menschen durch einen angeblichen Chemiewaffeneinsatz starben — verabschiedete der UN-Sicherheitsrat in New York die Resolution 2118, die den Rahmen für die Vernichtung aller Chemiewaffen in Syrien vorgab.
USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland beschuldigten die syrische Regierungsarmee, Chemiewaffen gegen das eigene Volk eingesetzt zu haben. Syrien wies die Anschuldigung zurück und übergab sein gesamtes Chemiewaffenarsenal der OVCW zur Vernichtung unter internationaler Aufsicht. Am 18. August 2014 war die Zerstörung der syrischen Chemiewaffenbestände außerhalb des Landes beendet und offiziell erklärte die OVCW am 6. Januar 2016, dass alle syrischen Chemiewaffenbestände zerstört worden seien.
Daraufhin nahmen die Anschuldigungen gegen die syrische Regierung und Armee, Chemiewaffen gegen das eigene Volk einzusetzen, erst richtig zu. Nicht identifizierte Geheimdienstquellen berichteten, Syrien habe noch drei Tonnen Chemiewaffen in einem unterirdischen Bunker verstaut, und hielte das geheim. Ankläger angeblicher Giftgasangriffe waren meist oppositionelle Gruppen, allen voran die vom Westen finanzierten „Weißhelme“. Über Facebook und Twitter verbreiteten sie entsprechende Videos, westliche Regierungen übernahmen deren Darstellung und beschuldigten ebenfalls die syrische Regierung.
Auch die syrische Regierung berichtete von Angriffen mit chemischen Waffen und forderte, jeden Fall zu untersuchen. Nicht immer war das der Fall, dennoch waren sich die USA bald so sicher, dass sie nach einem angeblichen Chemiewaffenangriff in Khan Scheichun im April 2017 und ein Jahr später nach dem angeblichen Chemiewaffenangriff in Douma, Damaskus, 7. April 2018, Bombenangriffe auf syrische Armeestellungen und andere staatliche Institutionen verübte. Bei der Bombardierung am 14. April 2018, nach dem Ereignis in Douma, schlossen sich Großbritannien und Frankreich den Angriffen an. Die deutsche Bundeskanzlerin lehnte zwar eine Teilnahme der Bundeswehr an dem Angriff ab, bezeichnete die Bombardierung aber als „notwendig und angemessen“.
Es gab keine Beweise, es gab keinen Beschluss des UN-Sicherheitsrates. Die drei westlichen Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat, die drei westlichen Atomwaffenmächte nahmen das Recht in die eigenen Hände. Ein Bruch des Völkerrechts.
Zum Zeitpunkt des Angriffs der USA, Großbritanniens und Frankreichs auf Syrien am 14. April 2018 befand sich das FFM-Untersuchungsteam in Beirut, auf dem Weg nach Damaskus. Aus OVCW-internen Sicherheitsgründen konnte das Team erst eine Woche später Douma aufsuchen. Man nahm Proben, machte Fotos, prüfte Zeugenaussagen und mehr. Das Team reiste zurück nach Den Haag, den Sitz der OVCW und begann mit der Arbeit.
Dann begannen die Merkwürdigkeiten, denn das FFM-Team wurde mitsamt seinem vorläufigen Zwischenbericht kalt gestellt. Ein neuer Zwischenbericht tauchte auf, der durch Auslassungen und nicht weiter erläuterte Analysen zu einem gegenteiligen Ergebnis dessen kam, was das ursprüngliche Douma-Team herausgefunden hatte.
Entstanden war der neue Bericht offenbar unter Leitung des Generaldirektors. Bedenken, die Inspektoren des ursprünglichen Douma-Teams vorbrachten — was den Inspektoren internen Regeln zufolge zusteht — wurden nicht gehört und in dem am 6. Juli 2018 veröffentlichten Zwischenbericht nicht erwähnt. Der Abschlußbericht erschien am 1. März 2019 und kam zu dem Schluss:
„Hinsichtlich des angeblichen Einsatzes von giftigen Chemikalien als Waffe am 7. April 2018 in Douma, Syrische Arabische Republik, haben die Auswertung und die Analyse aller Informationen, die von der FFM, das heißt Fact Finding Mission, zusammengetragen wurden, ausreichende Begründungen erbracht, dass eine giftige chemische Substanz als Waffe eingesetzt wurde. Diese giftige chemische Substanz enthielt reaktives Chlor. Die giftige Chemikalie war vermutlich molekulares Chlor.“
Komplette Umkehr der Douma-Untersuchungen
Darüber sprach kürzlich der Leiter des FFM-Untersuchungsteams in Douma, Ian Henderson bei einem Treffen vor dem UN-Sicherheitsrat in New York.
„Die Ergebnisse im FFM-Abschlussbericht waren widersprüchlich und eine komplette Umkehrung von dem Ergebnis, zu dem das Team gemeinsam während und nach der Douma-Untersuchung — vor Ort — gekommen war. Zu dem Zeitpunkt, als der Zwischenbericht im Juli 2018 veröffentlicht wurde, waren wir zu der Ansicht gekommen, dass wir ernsthafte Zweifel hatten, dass es überhaupt einen chemischen Angriff gegeben hatte“ (4).
Henderson sprach am 20. Januar 2020 im Rahmen eines sogenannten „Arria-Treffens“ (5).
Das Arria-Format, benannt nach dem venezulanischen UN-Botschafter Diego Arria von 1991 bis 93 ist ein informelles Treffen bei dem UN-Sicherheitsratsmitglieder einzelne Aspekte über umstrittene Themen, Entwicklungen und Ereignisse grundlegend erörtern können, die den internationalen Frieden gefährden. Anders als bei den sonstigen Treffen des UN-Sicherheitsrates können bei einem Treffen im „Arria-Format“ außen stehende Experten sprechen. Die Treffen sind öffentlich für Nichtregierungsorganisationen und Journalisten, die bei der UNO in New York akkreditiert sind.
Eingeladen hatte die Russische Föderation, die neben den USA, Großbritannien, Frankreich und China zu den fünf ständigen Veto-Mächten im UN-Sicherheitsrat gehört. Im Mittelpunkt stand der „Bericht der OPCW Fact Finding Mission zu Douma“ (6).
Ian Henderson sprach per Videolink, weil ihm das US-Innenministerium kein Visum für die Einreise erteilt hatte. Hier Auszüge aus seiner Erklärung:
„Ich heiße Ian Henderson. Ich bin ein ehemaliger Gruppenleiter der OPCW-Teams und habe etwa 12 Jahre dort gearbeitet. Ich habe von diesem Treffen gehört und wurde von […] der Chinesischen UN-Vertretung eingeladen. Unglücklicherweise konnte ich [….] nicht anreisen. Daher habe ich eine schriftliche Erklärung übermittelt, der ich jetzt noch eine kurze Einleitung hinzufügen möchte.
Ich muss zunächst klarstellen, dass ich kein „Whistleblower“ bin. Ich mag diesen Ausdruck nicht. Ich bin ein ehemaliger OPCW-Experte, der konkrete Bedenken hat, und ich halte dieses Forum für legitim und angemessen, um meine Bedenken erneut zu erläutern.
Zweitens muss ich klarstellen, dass ich die OPCW außerordentlich schätze, ebenso wie die Sachkenntnis der Mitarbeiter, die dort tätig sind. Die Organisation ist nicht zerstört, ich muss das betonen. Meine Bedenken beziehen sich auf einige besondere Führungsmethoden bei bestimmten sensiblen Missionen.
Diese Bedenken beziehen sich natürlich auf die FFM Untersuchung des angeblichen chemischen Angriffs am 7. April 2018 in Douma, Syrien. Meine Bedenken, die von einigen der anderen Inspektoren geteilt werden, beziehen sich auf die Blockade durch die Verwaltung und die Methoden, die nach der Untersuchung vor Ort bei der späteren Analyse und Fertigstellung des Abschlußberichts angewandt wurden. […]
Die stärksten Bedenken beziehen sich auf die Ankündigung im Juli 2018, wonach ein neues Konzept eingeführt wurde, das sogenannte FFM-Kernteam. Das führte schließlich zur Entlassung aller Inspektoren, die dem Team angehörten, das in Douma Untersuchungen durchgeführt hatte und die ihre Untersuchungsergebnisse und Analysen ausgearbeitet hatten.
Die Ergebnisse im FFM-Abschlussbericht waren widersprüchlich und eine komplette Umkehrung von dem Ergebnis, zu dem das Team gemeinsam während und nach der Douma-Untersuchung vor Ort gekommen war. Zu dem Zeitpunkt, als der Zwischenbericht im Juli 2018 veröffentlicht wurde, waren wir zu der Ansicht gekommen, dass wir ernsthafte Zweifel hatten, dass es überhaupt einen chemischen Angriff gegeben hatte.
Was im FFM-Abschlussbericht nicht deutlich wird — und damit auch nicht die Ansichten der Teammitglieder reflektiert, die in Douma im Einsatz waren — vor diesem Forum kann ich tatsächlich nur für mich selber sprechen — was der Bericht nicht erklärt ist, dass die neuen Ergebnisse, Fakten, Informationen, Daten oder Analysen sind, die bei der Befragung der Augenzeugen, der toxikologischen Untersuchungen, der chemischen Analysen sowie der technischen und/oder ballistischen Untersuchungen dazu geführt haben, dass es zu einer kompletten Umkehr der Situation gegenüber dem gekommen ist, wie es die Mehrheit des Teams, des gesamten Douma-Teams im Juli 2018 verstanden hat.
Was mich betrifft, ich habe diese Zylinder weitere sechs Monate technisch und ballistisch untersucht, und die Ergebnisse daraus untermauern die Ansicht, dass es dort keinen chemischen Angriff gegeben hatte.
Das muss ordentlich ermittelt werden und zwar unserer Meinung nach mit der Präzision von Wissenschaft und Technik. Für mich ist das keine politische Debatte. Mir ist sehr klar, dass es um dieses Geschehen eine politische Debatte gibt“ (7).
Die Debatte
Bei der ausführlichen Präsentation in New York kamen neben Ian Henderson, dem syrischen UN-Botschafter Bashar al Jaafari und dem Politologen Maxim Gregoriev auch der russische Botschafter bei der OVCW, Alexander Shulgin zu Wort (8). Die Vorträge bestätigten die Aussage von Henderson, erbrachten weitere Augenzeugen und Beweise, die in dem offiziellen „bearbeiteten“ Douma-Bericht ausgelassen waren. Der Saal war voll, alle Botschafter des UN-Sicherheitsrates und weitere darüber hinaus äußerten sich in der Veranstaltung, die mehr als drei Stunden dauerte. Alle betonten die Bedeutung der OVCW und die Notwendigkeit, gegen chemische Waffen vorzugehen. Die OVCW müsse gestärkt werden.
Der chinesische Botschafter erklärte:
„China hat Ihren Erklärungen genau zugehört. Sie enthalten wertvolle Informationen, die größere Aufmerksamkeit verdienen. China unterstützt eine konzentrierte Diskussion des Berichts der Fact Finding Mission über den Vorfall in Douma. Das wird dazu beitragen, dass alle Seiten die Fakten und die Wahrheit besser verstehen. Seit der Veröffentlichung des Berichts hat es viele Zweifel gegeben, die zu großen Meinungsverschiedenheiten geführt haben. […] Wichtige Experten haben im öffentlichen Fernsehen die Schlussfolgerungen des Berichts in Frage gestellt. […] Die UN-Sicherheitsratsmitglieder und insbesondere die OPCW sollten ernsthaft auf die Fragen eingehen, die von Mitgliedsstaaten vorgebracht wurden. […] Absichtlich eine Diskussion über die Zweifel zu verhindern, wäre nur kontraproduktiv […].“
Wenig konstruktiv dagegen waren die Einlassungen der Botschafter der drei Staaten, die den angeblichen Chemiewaffenangriff in Douma zum Vorwand genommen hatten, Syrien zu bombardieren. Der Botschafter Frankreichs, die Botschafterinnen der USA und Großbritanniens gingen nicht auf die Präsentation ein, sondern warfen Russland vor, das Forum des Sicherheitsrates zu nutzen, um von eigenen Schandtaten abzulenken. Die Richtung gab die US-Botschafterin vor:
„Die USA weisen kategorisch […] den dreisten Versuch Russlands zurück, dieses UN-Sicherheitsratstreffen zu benutzen, um die Glaubwürdigkeit der OPCW und seiner Untersuchungsergebnisse über den Douma-Angriff zu schwächen. Dies ist eine unverschämte Desinformationskampagne im Vorfeld der bevorstehenden Veröffentlichung des ersten Berichts des OPCW-Untersuchungs- und Identifikationsteams. Es entspricht auch dem ständigen Muster, wie Russland den Sicherheitsrat benutzt, um seine eigenen politischen und militärischen Absichten in Syrien zu verfolgen. Dabei unterstützt Russland einen mörderischen Diktator gegen das syrische Volk. Wenn Russland und Syrien die Ergebnisse der UN oder der OPCW nicht mögen, nutzen sie solche Treffen, um die OPCW und deren Untersuchungsergebnisse zu untergraben. Wir müssen die Glaubwürdigkeit der OPCW und der UNO und deren Berichte gegen die Desinformation verteidigen.“
Der deutsche UNO-Vertreter ging ebenfalls auf keine der vorgetragenen Tatsachen ein und trug auch keinen Vorschlag vor, wie die Widersprüche um den Douma-Bericht geklärt werden könnten. Gegenüber dem russischen UN-Botschafter Vasily Nebenzya merkte er an:
„Als ich Ihrer Präsentation zugehört habe, musste ich an Alice im Wunderland denken. In der Literatur gehört das in das Genre von Phantasie und Absurdität. Doch Alice im Wunderland ist große Dichtung, was wir im Gegensatz dazu heute gehört haben, ist eine sehr traurige Dichtung.“
Dazu gehöre, dass „das syrische Regime chemische Waffen gegen sein eigenes Volk eingesetzt hat“ und „bis jetzt die Chemiewaffenkonvention nicht einhalte und sein Chemiewaffenarsenal nicht erklärt“ habe.
Shooting the Messenger
Vor wenigen Tagen nun, am 6. Februar 2020 legte der Generaldirektor der OVCW — der trotz Einladung zu der Präsentation in New York nicht erschienen war — ihre Sicht der Dinge dar (9).
Es habe eine „unabhängige Untersuchung“ gegeben, bei der „möglicher Geheimnisverrat“ geprüft worden sei. Nach dem Motto „Shooting the Messenger“ werden „zwei ehemalige OVCW-Mitarbeiter“ beschuldigt, gegen den Schutz vertraulicher Informationen zu der FFM-Douma-Untersuchung verstoßen zu haben. Es werde ein internes OVCW-Verfahren gegen sie eröffnet. Beiden Personen — Inspektor A und Inspektor B — wird mangelnde Kenntnis der Douma-Untersuchung bescheinigt. A habe der FFM gar nicht angehört, B sei gar nicht vor Ort in Douma gewesen. Beide seien „Individuen, die es nicht akzeptieren konnten, dass ihre Ansichten nicht von Beweisen untermauert wurden.
Als sich herausstellte, dass ihre Ansichten sich nicht durchsetzen würden, nahmen sie die Angelegenheit in ihre eignen Hände und missachteten ihre innerorganisatorischen Verpflichtungen. Ihr Verhalten ist umso ungeheuerlicher, als sie nur unvollständige Informationen über die Douma-Untersuchung hatten. Ihre Schlussfolgerungen sind daher irreführend, unwissend und falsch. Wie nicht anders zu erwarten.“
Wer die Dokumente liest, die seit einem Jahr über die Internetplattform WikiLeaks öffentlich gemacht wurden, wer die Informationen kennt, die bei der Präsentation im UN-Sicherheitsrat am 20. Januar 2020 erläutert wurden, muss sich fragen, was in der OVCW vor sich geht (10).
Wie viele Personen auch immer interne OVCW-Informationen über das Douma-Geschehen an die Öffentlichkeit brachten, sie hatten ihre guten Gründe. Ihre Bedenken wurden nicht gehört, ihr Zwischenbericht wurde „bearbeitet“, sie wurden aufgefordert, Korrespondenzen zu löschen, sie wurden ohne Angabe von Gründen von der Arbeit ausgeschlossen und schließlich bedroht.
Anstatt die vorgebrachten Bedenken ernst zu nehmen, darauf einzugehen, sie zu klären, werden die betroffenen Inspektoren diffamiert und für unglaubwürdig erklärt. Sie werden als Boten wichtiger, aber unbequemer und schlechter Nachrichten zwar nicht „erschossen“, wie es in dem geflügelten Wort „Shooting the Messenger“ heißt, aber es soll ihnen der Prozess gemacht werden. Auch das kann eine Art von Hinrichtung sein. Besonders weil die Nachrichtenagentur Reuters und auch die New York Times darüber sofort berichteten (11).
Was man sagt und was man nicht sagt
Warum sperrt sich die OVCW, die Berichte der erfahrenen Inspektoren und von Augenzeugen zu erörtern? Warum setzen sich hoch dotierte UN-Botschafter, Vertreter der drei westlichen Veto- und Atomwaffenmächte USA, Großbritannien, Frankreich und auch Deutschlands nicht mit dem ursprünglichen Douma-Bericht und dem, was die Inspektoren zu sagen haben, auseinander?
Warum berichten international angesehene Tageszeitungen, Rundfunk- und Fernsehsender, die jedes Video der „Weißhelme“ aus den letzten Jahren über angebliche Chemiewaffenangriffe in Syrien verbreitet haben, nicht über das, was ernsthafte Wissenschaftler der OVCW bei der Untersuchung in Douma im April 2018 herausgefunden haben? Warum berichten sie nicht über die auf WikiLeaks veröffentlichten Dokumente, warum nicht über die Präsentation im UN-Sicherheitsrat?
Weil „die Glaubwürdigkeit der OPCW und der UNO und deren Berichte“ gegen „eine unverschämte Desinformationskampagne“ Russlands verteidigt werden muss, wie die US-Botschafterin es am 20. Januar 2020 im UN-Sicherheitsrat sagte?
Oder könnte es damit zu tun haben, dass es sich bei dem ursprünglichen Bericht des Douma-Untersuchungsteams, bei den Dokumenten und dem, was der ehemalige OVCW-Inspektor Ian Henderson sagt, um die Wahrheit handelt? Vieles spricht dafür, dass es keinen Chemiewaffenangriff in Douma gegeben hat. Sollte dem so sein, müsste ganz anderen der Prozess gemacht werden. Dann wären nicht nur diejenigen, die falsches Zeugnis ablegten, zur Rechenschaft zu ziehen, auch die US-amerikanisch-britisch-französischen Luftangriffe auf Syrien am 14. April 2018 wären völkerrechtswidrig und kämen auf die Anklagebank.
Hören wir noch einmal Peter Hitchens, der auf Twitter (12) über die Erklärung von Ian Henderson vor dem UN-Sicherheitsrat spricht:
„Wissen Sie, wie viele Zeitungen und Nachrichtensender darüber berichtet haben? Genau gesagt: keine. Sie sollten sich mehr Sorgen darüber machen, was man Ihnen sagt und was man Ihnen nicht sagt.“
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://twitter.com/MailPlus_/status/1221719348861132800?s=20
(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Organisation_f%C3%BCr_das_Verbot_chemischer_Waffen
(3) https://www.rubikon.news/artikel/die-fakten-leugner
(4) https://leukefeld.net/wp-content/uploads/2020/02/200206-jw-Wahrheit-unterdr%C3%BCckt.pdf
(5) Das Arria-Format, benannt nach dem venezulanischen UN-Botschafter Diego Arria (1991/93), ist ein informelles Treffen bei dem UN-Sicherheitsratsmitglieder einzelne Aspekte über umstrittene Themen, Entwicklungen und Ereignisse grundlegend erörtern können, die den internationalen Frieden gefährden. Anders als bei den sonstigen Treffen des UN-Sicherheitsrates können bei einem Treffen im „Arria-Format“ außen stehende Experten sprechen. Die Treffen sind öffentlich für Nichtregierungsorganisationen und Journalisten, die bei der UNO in New York akkreditiert sind. (kl)
(6) (Videolink) http://webtv.un.org/search/united-nations-security-council-arria-formula-meeting-implementation-of-unscr-2118-opcw-ffm-report-on-douma/6125087582001/?term=&lan=english&page=19
(7) https://www.youtube.com/watch?v=ZknLgDXuaBg
(8) https://russiaun.ru/en/news/opcw200120
(9) https://www.opcw.org/media-centre/news/2020/02/opcw-independent-investigation-possible-breaches-confidentiality-report
(10) https://wikileaks.org/opcw-douma/
(11) https://www.reuters.com/article/us-syria-security-chemicalweapons/chemical-weapons-agency-employees-leaked-information-inquiry-finds-idUSKBN2002RS
(12) https://twitter.com/MailPlus_/status/1221719348861132800?s=20
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