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Begegnung statt Spaltung

Begegnung statt Spaltung

Gewaltfreie Kommunikation könnte helfen, dass die Konfliktparteien in der Coronafrage aufeinander zugehen. Teil 2.

Zur Spaltung unserer Gesellschaft habe ich bereits im August 2020 einen Artikel verfasst. Hier nun eine Erweiterung meiner Gedanken mit dem Wunsch, wir als Gesellschaft und als Menschheitsfamilie mögen 2021 wieder „zueinanderfinden“.

Neun Monate gehen wir nun schon mit „dem Virus“ um. Neun Monate, in denen sich ein Teil der Bevölkerung immer tiefer in die Starre und Freudlosigkeit der Angst hinabbegeben hat, während der andere Teil aufbegehrt und seiner Wut und seinem Frust Ausdruck verleiht — größtenteils friedfertig und gewaltlos, aber immer müder werdend.

Neun Monate, in denen die Spaltung der Gesellschaft immer weiter getrieben wurde, ob nun gewollt und beabsichtigt oder nicht — durch Lockdown, Maske und Unsocial Distancing. Ich nenne es Unsocial Distancing, denn das „Social Distancing“ ist ja eine geschickt gewählte Formulierung. Im Englischen kann man es tatsächlich auch schlicht mit „Distanzierung innerhalb des Gesellschaftslebens“ übersetzen — ohne jegliche moralische Wertung; im Deutschen hat „social“ die Konnotation, „moralisch“, „sozial“ zu sein, also rücksichtsvoll dem anderen gegenüber, vielleicht sogar selbstlos im Sinne eines Opfers für die Gemeinschaft. Das sogenannte „Social Distancing“ ist jedoch tatsächlich und in höchstem Grade *un*sozial, weil es die Gesellschaft aufbricht, weil es vereinzelt, isoliert, traumatisiert und letztlich zu schweren psychischen Beeinträchtigungen wie Depressionen, Schlaflosigkeit und Angstzuständen führen kann und führt.

Neun Monate auch, in denen die einen voller Unverständnis auf jene blicken, die noch immer darauf bestehen, keine Maske zu tragen — „Rücksichtsloses Pack!“ —, während die anderen den Kopf schütteln über so viel Obrigkeitshörigkeit des Großteils der Bevölkerung. Der Graben wird immer tiefer.

Wollen wir diese Spaltung aufheben, dürfen wir nicht damit weitermachen, uns gegenseitig „Fakten“, Zahlen, Daten und Statistiken an den Kopf zu werfen. Wir müssen aufhören, Abstrakta ins Feld zu führen, die wir aus dieser oder jener Quelle haben. Denn Quellen sind, so haben wir es in den vergangenen Monaten erlebt, entweder Herrschaftsinstrument oder mit dem Stempel der Unglaubwürdigkeit versehen, wenn sie dem herrschenden Narrativ widersprechen. Für Letzteres sorgen unter anderem sogenannte „Faktenchecker“, die uns zu unmündigen Bürgern herabsetzen, die des eigenen Denkens und Nachforschens nicht fähig sind.

Wir müssen uns auf einer anderen Ebene begegnen — einer Ebene der Empathie, der Einfühlung, auch des „Über-den-eigenen-Schatten-Springens“. Hierfür bedarf es keiner Fakten, keiner Statistiken, keiner Daten. Hierfür bedarf es eines echten Zuhörens, eines Interesses am anderen.

Sehen wir uns solche Faktendialoge im Gegensatz zu „Begegnungsdialogen“ einmal genauer an:

A: „Wir müssen unbedingt alle impfen — gestern sind in Stadt X wieder drei Menschen an Corona gestorben.“

B: „Man weiß doch gar nicht, ob sie an Corona gestorben sind — und außerdem ist die Sterblichkeit noch total im Rahmen, nicht schlimmer als bei der Grippe vor zwei Jahren!“

Hier reden beide aneinander vorbei, sie finden keine gemeinsame Basis. Diese beiden Menschen werden aller Wahrscheinlichkeit nach auseinandergehen, ohne sich „berührt“ zu haben.

Wie anders wäre folgender Dialog:

A: „Wir müssen unbedingt alle impfen — gestern sind in Stadt X wieder drei Menschen an Corona gestorben.“

B: „Du machst dir also Sorgen um deine und die Gesundheit deiner Mitmenschen?“

A: „Ja! Mir macht das Angst. Ich fühle keine Sicherheit mehr, traue mich fast nicht mehr aus dem Haus.“

B: „Du würdest dich also sicherer fühlen, wenn alle geimpft wären?“

A: „Ja, genau!“

Jetzt kann man in einen wirklichen Austausch eintreten. Der andere ist nun — im Idealfall — bereit, zuzuhören, sich einzufühlen. Eine Kommunikation im obigen Sinne zielt in erster Linie nicht darauf ab, den anderen von seiner eigenen Meinung zu überzeugen, sondern darauf, sich wirklich zu begegnen. Dies kann sich auch körperlich äußern: Während meiner Ausbildung in Gewaltfreier Kommunikation habe ich bei solchen Dialogen oft erlebt, dass mein Gegenüber plötzlich die Schultern fallen lassen konnte, tief aufgeseufzt hat oder gar Tränen in den Augen hatte, weil er/sie sich „gehört“ fühlte.

Haben wir in den vergangenen Monaten dem anderen wirklich gehört? Haben wir Verständnis für seine Ängste, Wünsche und Überzeugungen aufzubringen versucht? Hatten wir wirklich Interesse an seinen Sorgen und Gedanken?

Um der Ausgewogenheit willen nun ein Beispiel „andersherum“:

A: „Das 3. Bevölkerungsschutzgesetz ermöglicht eine Impfpflicht durch die Hintertür!“

B: „Na und? Ist doch richtig, wenn sich alle impfen lassen müssen — das ist der einzig richtige Weg, das Virus in den Griff zu bekommen. Sicherheit vor Freiheit!“.

Auch hier wird dem anderen nicht richtig zugehört, sondern die eigene Überzeugung mit Gewalt durchzusetzen versucht. Das Problem an dieser Art des Dialogs ist auch, dass eine Art Hierarchie geschaffen wird — „Du hast unrecht und ich habe recht“; ich oben, du unten. Ein Gleichgewicht, eine Begegnung auf Augenhöhe könnte durch folgenden Dialog hergestellt werden:

A: „Das 3. Bevölkerungsschutzgesetz ermöglicht eine Impfpflicht durch die Hintertür!“

B: „Meinst du, dass man in Bezug auf die Impfung nicht mit offenen Karten spielt?“

A: „Ja, das macht mich wütend, weil ich mich so ohnmächtig fühle.“

B: „ Wieso ohnmächtig? Fürchtest du, man könnte dich zu einer Impfung zwingen?“

A: „Ja — und nicht nur das; ich fürchte auch mögliche Nebenwirkungen“
und so weiter.

Sehr hilfreich in solchen Gesprächen ist es, von eigenen Erfahrungen auszugehen. Damit betreten wir eine andere Ebene des Wissens — eines Wissens, das sich aus Beobachtungen speist. So subjektiv sie auch sein mögen, Beobachtungen sind „echt“. Beobachtungen führen zu Gefühlen, die uns wiederum Aufschluss über unsere Bedürfnisse geben können.

Nun kann man sagen, Beobachtungen seien nicht nur subjektiv gefärbt, sondern auch selektiv — ein Kritiker der Maßnahmen wird seine Beobachtungen anders gewichten als ein Befürworter. Dennoch denke ich, dass aufgrund unserer Beobachtungen ein besserer Boden für ein kommunikatives Miteinander geschaffen werden kann als durch „sachliche Argumente“, da Letztere wie oben beschrieben eine Gewichtung nicht von innen, sondern von außen erfahren und somit ein Ungleichgewicht in der „Glaubwürdigkeit“ oder „Wertigkeit“ erfahren.

Das, was ich beobachte, ist wahr für mich — es erfährt eine Gewichtung aus mir selbst heraus und kann deswegen nicht widerlegt werden. Wenn mir jemand von seinen/ihren Beobachtungen erzählt, muss ich diese zunächst einfach annehmen, wahrnehmen. Ich kann mir anhören, was diese Beobachtung in diesem Menschen bewirkt, warum sie ihn/sie berührt, interessiert, verstört, erfreut, verärgert, fröhlich oder traurig oder wütend macht. So kann eine Begegnung stattfinden, die durch ein gegenseitiges „Fakten-um-die-Ohren-Hauen“ nicht möglich ist.

Ich versuche nun stets, Gespräche zum Thema Corona mit Beobachtungen zu beginnen. Diese Beobachtungen schaffen einen Raum, der wertfrei und hierarchielos ist — selbst wenn diese Beobachtungen subjektiv und selektiv sind. Mein Gegenüber muss diese Beobachtungen nicht abwerten, bekämpfen, widerlegen. So wie auch ich die Beobachtungen meines Gegenübers einfach „hören“ und dann versuchen kann, mich in die Gefühle und Bedürfnisse meines Gegenübers einzufühlen.

Hier einige meiner Beobachtungen:

  • Ich beobachte Menschen, die nicht mehr lächeln.
  • — Das macht mich traurig, weil ich Freude als eine Grundvoraussetzung für körperliches und seelisches Wohlbefinden empfinde und weil Menschen ohne Freude nicht ihr wahres Potenzial entfalten können.
  • Ich beobachte Kinder, die mit ängstlichen Augen in die Welt blicken.
  • — Das macht mich sehr traurig, weil ich diesen kleinen Menschen ein Urvertrauen wünsche, das sie die Schwierigkeiten des Lebens besser meistern lässt.
  • Ich beobachte, wie Menschen vor mir zurückweichen, wenn ich ihnen zu nahe komme — und dieses „zu nahe“ entspricht nicht dem persönlichen, jedem Menschen eigenen persönlichen Schutzraum, sondern hat sich in den vergangenen Monaten auf bis zu zwei Meter ausgeweitet.
  • — Das macht mich traurig und wütend, weil ich, um mich wohlzufühlen, auf ein Gefühl der Gemeinschaft und der Zugehörigkeit angewiesen bin, und das beinhaltet für mich auch räumliche Nähe.
  • Ich beobachte, wie ich mich ängstliche umsehe, ob Polizei in der Nähe ist, wenn ich einen mir lieben Menschen umarme.
  • — Das macht mich traurig und wütend gleichermaßen, weil ich in meinen sozialen Kontakten frei sein und meine Zuneigung ausdrücken möchte. Auch ist mir körperliche Nähe wichtig: Umarmungen, sich mal drücken, steigern mein Wohlbefinden ungemein.
  • Ich beobachte, wie mir beim Ansehen einer Filmszene mit vielen Menschen ohne Abstand und Maske der Gedanke in den Kopf springt: „Oh, oh! Das gibt Ärger!“ — so konditioniert bin auch ich bereits.
  • Ich beobachte, wie Freundschaften zerbrechen, wie sich tiefe Risse durch Familien ziehen, wie Liebende sich entfremden — weil sie unterschiedliche Meinungen über das Virus sowie die Maßnahmen dagegen haben.
  • Ich beobachte, wie sich Polizisten respektlos und gewalttätig ihren Mitbürgern gegenüber verhalten — sie wie unmündige Kinder behandeln, schikanieren und misshandeln.
  • Ich beobachte, wie die Menschen um mich herum immer freudloser und müder werden, wie jeder Tag eine Anstrengung darstellt.
  • Ich beobachte, wie vieles, das gemeinschaftsstiftend und somit Freude und Sicherheit vermittelnd ist, nicht mehr stattfinden darf — gemeinsames Tanzen, Singen, aber auch der gemeinsame Gottesdienst, Familienfeiern, Weihnachten …
  • Ich beobachte, wie gespalten viele Menschen sich verhalten — in der Öffentlichkeit „folgen“ sie aus Angst vor Strafen und Repressalien den Maßnahmen; im Privatleben, hinter verschlossenen Türen missachten sie diese Maßnahmen.
  • und so weiter …

Übt das mal, wenn ihr wollt. Beobachtungen führen zu Gefühlen, die wiederum Rückschlüsse auf Bedürfnisse zulassen. So lernt ihr eure Mitmenschen besser kennen. Für mich ist es jedoch so, dass ich mir dadurch auch selbst näher komme.

Das ist gewaltfreie Kommunikation … aber Vorsicht: Diese Art der Kommunikation ist keine Methode, um ganz soft, sozusagen „durch die Hintertür“, doch seine eigene Überzeugung durchzudrücken.

Sie setzt voraus, dass man sich wirklich mit dem anderen auseinandersetzt, um einander näherzukommen — eigentlich klasse, oder? auseinandersetzen, um sich näherzukommen …

In diesen Dialogen gibt es weder Verlierer noch Gewinner, sondern im Idealfall nur Gewinner. Und wenn man eine Verbindung von Herz zu Herz hergestellt hat, kann man ja spüren, ob da noch mehr geht. Wenn nicht — auch gut!

Hauptsache, wir überwinden die Spaltung und begegnen uns wieder von Seele zu Seele.

Natürlich dürfen wir die wichtigen Themen — Grundrechtsabbau, Impfung, Bargeldabschaffung, Totalitarismus und viele mehr — nicht vernachlässigen, aber wenn wir uns immer weiter nur in unserer eigenen Echokammer bewegen — immer die gleichen Menschen auf Kundgebungen ansprechen, die sowieso schon unserer Meinung sind — bringt uns das nicht weiter. Wir brauchen eine breite Bewegung von unten und die wird nur möglich, wenn wir auf all jene zugehen, die noch in der Angst vor dem Virus und/oder den Repressalien stecken — mit Verständnis und Respekt.

Lasst uns die Spaltung und somit das „Divide et impera“, das uns entmündigt und versklavt, überwinden.


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