Im ersten Teil der dreiteiligen Abhandlung beschreibe ich die unklaren Umstände zum Tod des Präsidenten, gehe auf seine Positionen zu Corona ein und hinterfrage die einseitige Darstellung seiner Person in unseren etablierten Medien.
Ein plötzlicher Abschied
John Pombe Magufuli, seit 2015 gewählter Präsident von Tansania, ist tot. Er starb am 17. März 2021 im Alter von 61 Jahren einen plötzlichen und unerwarteten Tod. Gemäß offiziellen Angaben aus Tansania war die Todesursache eine Herzerkrankung. „Gerüchten zufolge soll er jedoch den Folgen einer Covid-Infektion erlegen sein“, setzt Spiegel Online dem Ende März entgegen, ohne konkrete Hinweise dafür zu nennen.
Welche Rolle spielt diese Meldung in unserem gesellschaftlichen Denken? Keine große. Hierzulande hat man nicht viel davon mitbekommen und hat die Meldung wahrscheinlich mehrheitlich unhinterfragt übernommen. Magufulis Tod kam aber überraschend, und die Ursache ist aus meiner Sicht nicht geklärt. Zudem möchte ich die überwiegend respektlose Berichterstattung unserer etablierten Medien über Magufuli hinterfragen. Worum geht es dabei wirklich? Weiter gefasst: Ist der Kolonialismus vorbei?
Eine respektvolle Haltung in Verbundenheit würde uns helfen, Propaganda und Manipulation auf internationaler Ebene zu durchschauen. Mein Text ist ein Nachruf von Herzen und zudem auch ein schonungsloser Rückblick auf das westliche Verhältnis zu Afrika in Schlaglichtern.
Dieser Text ist im April und Mai 2021 entstanden, kurz nach dem Tod des Präsidenten. Er beschreibt die mir zugängliche, gegebene Informationslage nach meinem besten Wissen und Gewissen. Der Wissensstand zu Magufulis Tod kann sich in naher oder ferner Zukunft natürlich ändern.
Im Mai vorigen Jahres machte der Präsident von Tansania Schlagzeilen, weil er Ziegen, Wachteln und Papayas auf Corona testen ließ. Das Ergebnis war in einigen Fällen positiv. Epoche Times zitiert ihn: „Irgendetwas passiert hier. Ich sagte bereits, wir sollten nicht annehmen, dass jede Hilfe gut für das Land ist“, so der Präsident in seiner Rede, die inzwischen auf YouTube gelöscht ist. An die Bevölkerung appellierte er, keine Panik aufkommen zu lassen, und sagte: „Lasst uns zusammenstehen, Gott an erste Stelle stellen, hart arbeiten und keine Angst voreinander haben, sondern uns gegenseitig unterstützen.“
Warum verschwand Magufuli?
In einer eiligst organisierten Ansprache auf dem staatlichen Nachrichtensender TBC erklärte Vize-Präsidentin Samia Suluhu Hassan, dass John Magufuli am Mittwoch um 18 Uhr Ortszeit in einem Spital in der Hauptstadt verstorben sei. „Er ist aufgrund einer Herzerkrankung im Mzena-Krankenhaus in Daressalam verstorben, wo er in Behandlung war“, so die Vize-Präsidentin. Ihr zufolge litt er daran bereits seit einem Jahrzehnt, berichtet Reuters.
Tatsächlich war Magufuli kurz vor seinem Tod wochenlang verschwunden. Der kenianische Nachrichtenkanal KTN News Kenya titelt am 10. März 2021: „Wo ist Magufuli? Spekulationen über Magufulis Verbleib geben Anlass zur Sorge, da Berichte unbestätigt bleiben“. Einigen Medienberichten zufolge sei der Präsident „im Krankenhaus, um sich wegen einer Nicht-Erkrankung behandeln zu lassen“, heißt es hier eingangs. Zugleich hätten „Unbestätigte Berichte (…) darauf hingewiesen, dass der Präsident krank und im Krankenhaus in Nairobi aufgenommen worden sein könnte“.
Unbestätigte Berichte zeigten auch, „dass er in einem Krankenhaus in Daressalam eingecheckt wurde. Das letzte Mal, dass der Präsident gesehen wurde, war am 27. Februar auf einer Inspektionsreise zu Entwicklungsprojekten in Tansanias Handelshauptstadt Daressalam.“
Der Oppositionsführer Tundu Antiphas Lissu twitterte am 9. März 2021:
„Das Wohlbefinden des Präsidenten ist eine Angelegenheit von großer öffentlicher Bedeutung. (…) Was ist mit Magufuli, das wir nicht zu wissen verdienen?“
Eine nachvollziehbare Begründung für das Verschwinden des Präsidenten findet sich hier nicht.
Reuters zufolge war Magufuli seit dem 27. Februar nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen worden, was Gerüchte ausgelöst habe, er sei an Covid-19 erkrankt.
„Offizielle Stellen dementierten am 12. März, dass er erkrankt sei, und am Montag forderte die Vizepräsidentin die Tansanier auf, nicht auf Gerüchte von außerhalb des Landes zu hören und sagte, es sei normal, dass ein Mensch auf Grippe oder Fieber untersucht werde.“
Auch die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) berichtet im März vom Verschwinden des Präsidenten:
„Fakt ist: Ein Präsident, der sich gerne öffentlich zeigt, ist seit drei Wochen unsichtbar.“
Eine Woche zuvor habe Magufuli bei einer Militärzeremonie in der Hauptstadt Dodoma gefehlt. In der Zwischenzeit fütterten Politiker und Diplomaten Medien mit Spekulationen, doch nur „wenige lassen sich namentlich zitieren“.
Bildquelle: YouTube (30:15).
Am 24. Februar 2021 übertrug der swahilische Sender Wasafi Media einen Livestream zu den Feierlichkeiten der Fertigstellung einer Brücke in Ubungo. Magufuli wirkt hier quicklebendig und spricht von wirtschaftlichen Fortschritten und Zukunftsplänen.
Am 27. Februar 2021 sendete der tansanische Fernsehsender ITV Tanzania auf YouTube eine Liveübertragung, in welcher Magufuli bei einem großen öffentlichen Anlass einen Botschafter vereidigt.
Der Guardian verweist auf wieder andere Erzählungen zu Magufulis Verschwinden:
„Letzte Woche sagte der Oppositionsführer des Landes, Tundu Lissu, dass Magafuli in einem Krankenhaus in Indien kritisch erkrankt sei, nachdem er sich mit Covid-19 angesteckt hätte, während Medien im benachbarten Kenia berichteten, dass ein ungenannter afrikanischer Führer in einem Krankenhaus dort an einem Beatmungsgerät wegen Covid-19 behandelt wurde.“
Das St. Galler Tagblatt fasst zutreffend zusammen:
„Zwar mag das Land nun Gewissheit über den Verbleib seines Präsidenten haben, über die wirkliche Todesursache herrscht jedoch Uneinigkeit.“
Der Journalist und Unternehmer Ralph T. Niemeyer war im Oktober 2020 zu Besuch bei John Magufuli in Tansania. Aufgrund von humanitären Wasserprojekten war Niemeyer auf der Inselgruppe Sansibar und sprach dort mit Magufuli über ökologische Meerwasserentsalzung und Trinkwasseraufbereitung. Das Gespräch war also kein Interview und blieb daher ohne Aufzeichnung. Im Gespräch mit Dirk Pohlmann auf ExoMagazin.tv berichtet Niemeyer von dieser Begegnung.
Niemeyer erinnert sich an den Präsidenten als einen gesunden, kraftvollen und humorvollen Mann.
Um sechs Uhr früh nach seinem Tod habe man in der Tagesschau noch von einem Herzversagen gesprochen, berichtet Niemeyer. Ab acht Uhr morgens habe sich das geändert: Nun war die Rede von einer Covid-Erkrankung. Schließlich habe man kombiniert, Covid habe ein Herzproblem hervorgerufen.
Die Herzerkrankung Magufulis war öffentlich bekannt. Magufuli habe seine Ernährung daher umgestellt, offen darüber gesprochen, und so Niemeyer, um seine Tauglichkeit für das Amt zu belegen, öffentlich trainiert.
Magufuli und Corona: Widerstand mit Rückgrat
Magufuli hat nach meinem Kenntnisstand nie behauptet, es gebe keine Coronaviren oder kein Krankheitsbild, welches mit solchen Viren in Verbindung steht. Er wollte den Menschen in Tansania die Angst nehmen und sie stärken, was in seinen Reden deutlich spürbar ist.
Er sprach sich für eine Kombination verschiedener Heilungsansätze aus. In seiner Rede vom 21. Februar 2021 plädierte der Präsident dafür, empfohlene Maßnahmen mit heimischer Heilkunde zu kombinieren.
„Lasst uns Vorsichtsmaßnahmen im Gesundheitsbereich, die empfohlen werden, ergreifen. (...) Es gilt, Gott vorauszuschicken und Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, aber auch das Inhalieren solltet ihr nicht verachten. Es gibt eine Medizin, die heißt Bupiji , es gibt Leute in den Krankenhäusern, die die Medizin angewandt haben und gesundet sind. Es gibt Covidol, es gibt viele Arten von Medizin, die von den Tansaniern genutzt werden.
Ich bitte euch, meine christlichen Brüder und Schwestern und meine tansanischen Brüder und Schwestern, lasst uns die Angst vor Corona besiegen, wir werden weiterkommen. (...) Wenn Gott beschließt, dass deine Zeit gekommen ist, wirst du auch ohne Corona von uns gehen. Auch wegen Malaria kannst du von uns gehen. Auch wegen Krebs kannst du von uns gehen. Auch wegen eines Autounfalls kannst du von uns gehen. Auch wenn du nur spazieren gehst, kannst du von uns gehen. Deshalb ist diese Zeit, die Zeit, in der wir wirklich zu Gott beten müssen…“ (1, 2).
John Magufuli hatte Niemeyer von seinen Tests der Ziegen und Papayas erzählt, und das mit einem „gewissen humoristischen Touch“, erinnert sich der Journalist: „We won‘t participate in that nonesense“, habe Magufuli gesagt. Zu Deutsch:
„‚Als die dann alle positiv zurückkamen, habe ich mich entschlossen, dass wir diesen Quatsch nicht mitmachen.‘ Er sagte das Wort ‚Nonsense‘ in dem Fall. Also, wir werden diesen Quatsch nicht mitmachen. Das waren seine Worte.“
Magufulis getestete Ziegen und Papayas schlugen Wellen. Inzwischen dürfte allgemein bekannt sein, dass der PCR-Test keine Infektionen oder Krankheitsfälle nachweisen kann. Seine Entwicklung diente rein wissenschaftlichen, nicht diagnostischen Zwecken, wie der Erfinder und Nobelpreisträger Karry Mullis selbst betont hat. Da die weltweiten Fallzahlen auf den Ergebnissen des PCR-Testverfahrens basieren, tragen diese zwar leider zur Panikmache bei, aber nicht zur aufrichtigen Information und Vorsorge. Infolgedessen ist es verständlich und sinnvoll, dass Magufuli die auf dem PCR-Test basierenden Zahlen nicht mehr veröffentlichte.
Tansania sei das einzige Land der Welt, das keine Daten mehr über Infektionszahlen erhebt, obwohl es von der Weltgesundheitsorganisation WHO immer wieder dazu aufgefordert werde, berichtet die Süddeutsche Zeitung (SZ) im März 2021.
„Das Land kennt so gut wie keine Einschränkungen des öffentlichen Lebens, Maskenpflicht gibt es bis heute nicht“. Umrahmt von Beschwerden über die fehlenden „Corona-Zahlen“ aus Tansania räumt die SZ immerhin ein:
„Das hat zwar auch dazu geführt, dass Tansania wirtschaftlich nicht ganz so hart von der Pandemie getroffen wurde und der Tourismus weitergeht.“
In vielen Ländern geht es aufgrund der Corona-Maßnahmen um Leben und Tod, beispielsweise, weil viele Tagelöhner ihre Arbeit verlieren. Wirtschaftliche Einbrüche bedeuten dort etwas anderes als bei uns hier. So gesehen kann eine Politik, die die Wirtschaft im Land nicht lahmlegt, auch Leben retten.
Wütete in Tansania stattdessen nun aber die gefürchtete Seuche?
Eine europäische Ärztin, die in Tansania arbeitet, berichtete am Telefon, dass sie tatsächlich von einem deutlichen Rückgang der Infektionen seit Mitte Juni ausgehe, berichtet die Welt im August 2020. „Vieles ist Spekulation, aber die großen Kliniken besprechen sich wöchentlich, da hätte man schon etwas mitbekommen“, so die Ärztin, „und nach Großveranstaltungen gab es keinen signifikanten Anstieg der Patientenzahlen.“
Vor der Corona-Impfung warnen viele namhafte Experten, das ist keine Neuigkeit. Magufuli widersetzte sich dieser Impfkampagne. Er wollte die Impfstoffe buchstäblich nicht mal geschenkt. „Lassen Sie uns standhaft bleiben. Dieser Impfstoff ist ganz und gar nicht gut“, so Präsident in einem Beitrag von TRT World.
„Bis heute weigert sich Tansania, Impfstoffe bei der Covax-Initiative zu bestellen, die ärmeren Ländern kostenlose Kontingente zur Verfügung stellt“, berichtet die SZ.
Der kenianische News Blog Kahawa Tungu zitiert den Präsidenten:
„Das Gesundheitsministerium muss wissen, dass nicht jede Impfung für unsere Nation sinnvoll ist. Die Tansanier müssen achtsam sein, damit wir nicht für Versuche mit einigen zweifelhaften Impfungen benutzt werden, die ernsthafte Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben können."
Während zuletzt in mehreren afrikanischen Ländern Impfkampagnen angelaufen seien, habe die tansanische Regierung keine solchen Pläne, fasst die NZZ am 14. März zusammen. „Magufuli, ein promovierter Chemiker, hat erklärt, seine Landsleute würden keine Versuchskaninchen für Impfstoffe sein.“ Internationale Ermahnungen, unter anderem durch WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus, seien bisher wirkungslos geblieben.
Magufuli forderte das Gesundheitsministerium auf, mit den im Ausland entwickelten Impfstoffen vorsichtig umzugehen, und stellte infrage, wie Corona-Impfstoffe so schnell hätten entwickelt werden können, berichtet die Berliner Zeitung.
Begründete Zweifel
Mit seiner Skepsis ist Magufuli auf dem afrikanischen Kontinent nicht alleine gewesen. Neben Tansania lehnten auch die afrikanischen Staaten Eritrea, Burundi und Madagaskar die Impfstoffe ab, berichtet TRT World im Februar 2021. Viele der Impfdosen kommen in Afrika nicht zum Einsatz und werden voraussichtlich vernichtet werden müssen.
Am 17. März 2021 fasst Reuters Magufulis Positionen anlässlich seines Todes in einem spürbar herablassenden Tonfall zusammen:
„Magufuli, der den Spitznamen ‚Der Bulldozer‘ wegen seines Rufs erhielt, politische Maßnahmen gegen alle Widerstände durchzusetzen, frustrierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) während der Pandemie, indem er die Bedrohung durch Covid-19 herunterspielte (...). Der ehemalige Chemielehrer machte sich über Coronavirus-Tests lustig, prangerte Impfstoffe als Teil einer westlichen Verschwörung an, um Afrikas Reichtum an sich zu reißen, und lehnte Maskentragen und Social Distancing ab.“
Inzwischen zeichnet sich ab, dass das Tragen von Masken eher das Gegenteil vom gewünschten Effekt bewirkt. Erkennen kann man das unter anderem am nachweislich drastischen Anstieg von Infektionen mit Rhinoviren (normale Erkältungsviren) seit ihrer Einführung (3). Auch das längerfristige Social Distancing, also Abstand zu halten und alleine zu bleiben unter gesunden Menschen, zeigt sich eher zerstörerisch als nützlich für unsere Gesundheit, insbesondere Kinder und alte Menschen betreffend. Die Idee, ein Virus gänzlich aus dem Land oder vom ganzen Planeten wegzubekommen, ist an sich absurd.
Die Ablehnung solcher Maßnahmen seitens Magufuli — oder vielmehr das Beibehalten von Freiwilligkeit hierzu im Land — empfinde ich als Ausdruck von staatlicher Souveränität und von Menschenwürde, nicht als Grund für eine mediale Hetzjagd.
Magufuli empfahl zuletzt in seiner Rede vom 21. Februar, anstelle importierter Masken lokal produzierte Masken zu nutzen.
Wortwahl und Ausdrucksweise im oben zitierten Reuters-Artikel sind diffamierend: Die Autoren sprechen dem Präsidenten sein Recht auf Meinungsbildung und Positionierung zum Thema Corona indirekt ab. Magufuli war nicht nur ehemaliger Chemielehrer, sondern promovierter Chemiker. Er hat beides in sich vereint, sowohl die Naturverbundenheit zu seiner Heimat als auch die Wissenschaft. Er wuchs auf einer tansanischen Farm auf, studierte in Tansania und in England und promovierte in Chemie. Man kann ihn somit auch in keine Schublade stecken, wo man von den Errungenschaften der westlichen Medizin oder Wissenschaft keine Ahnung hat.
Diffamierung in unseren etablierten Medien
Genau das wird aber in den westlichen Mainstream Medien versucht, und das nicht vereinzelt, sondern eher flächendeckend. „Das Volk hofft auf ‚Mama Samia‘“ titelt Spiegel Online im April und setzt dazu: „Verstorbener Magufuli: Der engstirnige Alleinherrscher war vor allem unter den Armen sehr beliebt“. Das Foto zum Artikel zeigt Magufuli bei seinem Amtsantritt mit einem Speer und einem bunten Schild. In Kombination mit dem zitierten Untertitel ist das Foto dazu geeignet, ihn als unwissenschaftlich zu diskreditieren.
Mit dem gleichen Foto versehen titelt der Guardian: „Es ist Zeit für Afrika, Tansanias Anti-Impf-Präsident zu zügeln“ und zeichnet einen Lebensgefährder: „John Magufulis leichtfertige Missachtung der Auswirkungen von Covid in der Region der Großen Seen heizt Verschwörungen an und gefährdet Leben“. Magufuli müsse „offen und direkt herausgefordert werden“, heißt es weiter unten im Text. Der Artikel wurde veröffentlicht unter der Rubrik Global Developement und somit teilweise finanziert von der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung.
Reuters berichtet am 27. Januar in einem kurzen Videobeitrag von Magufulis kritischer Haltung den Impfungen gegenüber. Auffallend ist, dass gleich zu Beginn das Bild inhaltlich nicht zum Kommentar passt. Es zeigt Magufuli bei einer öffentlichen Veranstaltung mit Tanz- und Sporteinlagen beim Conga (Fasstrommel) spielen. Darauf textet der Kommentar:
„Tansanias Präsident John Magufuli hat den Nutzen von Impfstoffen zurückgewiesen und gesagt, dass in seinem Land kein Lockdown geplant ist.“
Während das Congaspiel und der gezeigte Tanz mit der Entscheidung über Impfstoffe überhaupt nichts zu tun haben, können diese Aufnahmen dem unbewussten Zuschauer das Bild eines unwissenschaftlichen, abgeschotteten oder übermäßig traditionellen Präsidenten vermitteln.
Angesichts seines Hintergrunds sowie der zahlreichen nationalen und internationalen Infrastrukturprojekte, welche Magufuli voranbrachte, ist dies mehr als unzutreffend. Bemerkenswert empfinde ich die im Folgenden gezeigten Liegestützen des Präsidenten, der zum Zeitpunkt dieser Feierlichkeiten offenbar bei guter Gesundheit war.
Der Spiegel-Artikel „Eine Chance für Tansania“ vom 27. März lässt kein gutes Haar an Magufuli. Der Text erweckt den Anschein, das Land sei von einem bösen Tyrannen erlöst worden. „Präsident Magufuli leugnete Corona und starb vermutlich daran“, heißt es darin.
Die unzutreffende Wortgruppe „Corona leugnen“ ist aktuell in den etablierten Medien sehr beliebt. Sie ist aber generell unzutreffend: Das Einschätzen oder Einstufen der Gefährlichkeit eines Virus oder auch der Ursachen eines Krankheitsbildes hat nichts mit dem Verneinen von etwas zu tun, was jemandem oder einer Gruppe Menschen zutreffenderweise zur Last gelegt wird, und wodurch der Leugnende sich zumindest moralisch schuldig macht. „Corona leugnen“ ist ein Dysphemismus, der emotional sehr stark aufgeladen ist. Dieser ist dazu geeignet, die so betitelten Menschen intellektuell und emotional zu diskreditieren und infolgedessen mindestens auszugrenzen, wenn nicht gar zu kriminalisieren.
„Seine Nachfolgerin Samia Suluhu Hassan soll nun Wirtschaft und Demokratie retten“, heißt es weiter im Spiegel-Artikel, „inmitten einer außer Kontrolle geratenen Pandemie. Kann sie das schaffen?“ Abschließend wird der Ostafrika-Direktor von Human Rights Watch mit einer vernichtenden Äußerung zitiert: „Der Tod Magufulis sei eine Chance für Tansania.“
Auch der Standard berichtet voller Hohn: „Doch dann kam die Corona-Pandemie — und Magufulis absurder Versuch, sie aus der Welt zu beten. Vermutlich fiel der wiedererweckte Christ der tragischen Posse selbst zum Opfer.“
Die Bloggerin Jenny Lee hielt sich zum Zeitpunkt von Magufulis Tod bereits mehrere Monate in Tansania auf und berichtet am 19. März von der Stimmung im Land:
„Ich war heute den ganzen Tag unterwegs und habe mit sehr vielen verschiedenen Menschen gesprochen (…). Was sie alle gemeinsam hatten: Keiner von ihnen wollte vor die Kamera und über das Thema sprechen.“
Die Leute wollten sich entweder politisch nicht dazu äußern, oder sie seien tatsächlich zu emotional aufgewühlt gewesen.
„Die meisten waren wirklich kurz davor zu weinen, oder haben wirklich auch geweint. (…) Alle, mit denen ich gesprochen habe, sind tatsächlich sehr verbunden mit Magufuli, also lieben ihn als Mensch, als Person, als Präsidenten, und sind davon überzeugt, dass er wirklich sehr viel Gutes für die Bevölkerung getan hat.“
Natürlich sei er nicht perfekt gewesen, und manche Entscheidungen wurden kontrovers diskutiert. Im großen und ganzen habe Magufuli die Entscheidungen getroffen, die langfristig der Bevölkerung dienten, so das Stimmungsbild.
Bei africanews sind einige Stimmen aus der Bevölkerung zu Magufulis Tod zu hören. „Ich bin sehr traurig und leide, denn wir hatten unseren Staatschef, unseren Präsidenten demütig geliebt, und er liebte uns, die Armen. Wir erfuhren die Nachricht mit tiefem Schock. Der Tod von unserem geliebten Präsidenten John Pombe Magufuli.“ Ein zweiter Bürger bestätigt das: „Er war der Präsident der weniger Privilegierten. Wir haben für ihn gestimmt, und nun, da er uns verlassen hat, sind diejenigen, die für ihn gestimmt haben, in tiefem Schmerz.“
Der Frame vom Verschwörungstheoretiker
Als Frame wird in der Kognitionsforschung ein gedanklicher Deutungsrahmen bezeichnet. Unabhängig davon ist eine Verschwörungstheorie genau genommen nichts anderes als eine Arbeitshypothese. Jeder Kriminalbeamte muss mit Hypothesen arbeiten. Um kritische Journalisten und Wissenschaftler mundtot zu machen, wird der Begriff in den etablierten Medien regelmäßig in einem unseriösen bis gefährlichen Zusammenhang gebracht.
Verschwörungstheoretiker ist somit ein Kampfbegriff, welcher dazu dienlich ist, vom Regierungskurs abweichende Meinungen zu diskreditieren. Diese Tradition ist alt, wie ich in „Der Medien Dschungel“ bereits dargelegt habe. Um die Kommunikation im Land einfacher zu machen zu jenen Fragen, die wir nicht auf Anhieb beantworten können, habe ich dazu noch eine Anregung.
Immer wieder höre ich auch von Menschen, welche den Corona-Maßnahmen sehr kritisch gegenüberstehen, den Satz: „Ich glaube nicht an Verschwörungstheorien, aber…“.
Zunächst einmal ist das natürlich völlig in Ordnung. Niemand muss irgendetwas glauben, um Kritik an einer anderen Sache zu üben. Es ist wichtig, Kritik angesichts offensichtlicher Ungerechtigkeiten oder offensichtlichem Leid zu äußern, auch wenn man es nicht erklären kann oder will.
Bei näherer Betrachtung ergibt sich hier dennoch ein Widerspruch, den wir einfach auflösen können: Wenn ich also sage, „ich glaube nicht an Verschwörungstheorien“, befinde ich mich gedanklich innerhalb des oben dargelegten einengenden Frames. Die Inspiration wäre nun, daraus auszusteigen, ohne deshalb irgendetwas Zusätzliches glauben zu müssen.
Es ist in dem Satz nicht klar ausgedrückt, woran man nun genau nicht glaubt. Eher spiegelt sich darin eine — für mich verständliche — Angst, nicht von jemandem in irgendeine gedankliche Schublade gepresst zu werden. Der Kampfbegriff Verschwörungstheoretiker ist dazu geeignet, eine Spaltung in der Gesellschaft hervorzurufen, die wir weder brauchen noch wollen. Wir sollten diese Angst voreinander abbauen.
Außerhalb des medial festgelegten Frames, ohne geistige Begrenzung, könnte die oben genannte Aussage dann also auch lauten: Ich glaube an sehr viele kursierende Verschwörungstheorien nicht. Oder alternativ: Ich nehme nicht alle verbreiteten Verschwörungstheorien ernst. Damit habe ich mich zumindest teilweise aus der medialen Bevormundung befreit und nehme die Verantwortung dafür zu mir selbst zurück, was ich meine und denke. Weiter gedacht könnte die obige Aussage dann auch lauten: „Ich hinterfrage alle Medien. Ich hinterfrage die dargelegten Erklärungsmodelle und Korruptionsvorwürfe und nutze die Medien eigenverantwortlich.“
Wenn ich hingegen bei der Aussage bleibe: „Ich glaube nicht an Verschwörungstheorien“, dann wäre das gleichbedeutend mit: Ich glaube nicht, dass es böse Absichten gibt, welche umgesetzt werden. Ich glaube nicht an Kriminalität mit mehr als einem einzelnen Täter.
Und zudem: Ich glaube nicht an Korruption. In letzter Konsequenz würde es auch bedeuten: Ich glaube nicht, dass die Terroranschläge vom 11. September menschengemacht waren. Es muss eine Naturkatastrophe gewesen sein. Wer kann das allen Ernstes von sich behaupten?
Viele Menschen beginnen, den Begriff zu hinterfragen und stellen fest, dass es Theorien gibt, welche der Aufklärung von Verbrechen dienen. Die Medienlandschaft wandelt sich derzeit fast stündlich. YouTube-Kanäle werden gelöscht, dezentrale Plattformen gehen online. Es bleibt spannend. Wenn wir miteinander statt übereinander kommunizieren, wird es sicher auch erkenntnisreich.
Quellen und Anmerkungen:
(1) Original von MwanaHALISI TV, siehe https://youtu.be/AEKErScIdjI.
(2) Das Bupiji Öl enthält Zitronengrasöl, Nelkenöl, Eukalyptus Öl und Basilikumöl.
(3) Das Video ist im Text eingebettet. Minutenangabe: 13:30. Das YouTube-Video des Interviews wurde bereits zensiert.
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