„Niemand kann es sich mehr leisten, keine Zukunftstheorie zu entwickeln. Es sei denn, er oder sie verließe sich darauf, dass Vater Staat oder einstweilen noch Mutti schon irgendwie alles weiter regeln wird, von der Frühverrentung bis zum hundertsten Geburtstag, und dass es genauso wie bisher weitergeht mit Bullshitjobs, Billigfliegern, SUVs auf Pump“ (1).
Aus dieser Perspektive betrachtet kommt ein Systemkritiker wohl nicht umhin, Bill Gates, Klaus Schwab und ihren Weggefährten zuzustimmen, wenn sie sagen und schreiben, dass die Weltwirtschaft eines Neustarts und die Menschheit einer neuen Lebensweise bedürfen. Es lohnt sich jedoch, genauer hinzusehen, was diese unter einer besseren Welt verstehen.
Sven Böttcher widmete sich dieser Aufgabe und trug alles Wissenswerte zur Verschwörung des „Team Bill“, wie er diese Gruppe einflussreicher Gutmenschen nennt, zusammen.
Böttcher klärt uns gleich zu Beginn des Buchs auf, „dass es sich um Verschwörungs-theorien insofern nicht handelt, als eine Verschwörungstheorie mangels vorliegender Fakten erst einmal einer Theorie bedarf über eine geheime Verschwörung. Sind die Fakten bekannt (wie hier), bedarf es keiner Theorie, schon gar nicht, wenn einige der beteiligten Partner ihre Ziele öffentlich kommunizieren“ (1).
Zudem betont er, dass die Verschwörer mit ihren Plänen eine böse Absicht verfolgen müssen, da wir „eine heimliche Verabredung zum Kuchenbacken im kleinen Kreis oder zur Solidarität mit allen Not leidenden Menschen“ gar nicht erst als „Verschwörung“ bezeichnen würden (1).
Warum also spricht er trotzdem von Verschwörungen, wenn er die Pläne der in seinem Buch um die Zukunft spielenden Teams für uns darlegt?
Die Antwort: Böttcher möchte, dass der Leser wachsam bleibt, um „etwaig lauerndes ‚Böses‘“ zu erkennen, auch wenn es im Gewand grün und rosarot lackierter Maschinen mit menschlich wirkendem Antlitz daherkommt.
Welch eine Wohltat zu lesen, wie der Autor die aktuelle Krise mit etwas Humor gewürzt aus einer neuen Perspektive aufschlüsselt, und dabei zu erkennen, dass wir — die Menschen, die sich noch als solche begreifen — uns ebenfalls verschwören und zu einem Team zusammenfinden können. Und vor allem, dafür eine Anleitung mitgeliefert zu bekommen, wie das konkret aussehen kann, wenn wir noch einmal neu anfangen:
- Würde das Schulsystem aussehen wie jetzt?
- Würde das Gesundheitssystem so aussehen wie jetzt?
- Würde die Grundversorgung so aussehen? Gäbe es noch Hartz IV?
- …
Die wichtigste Botschaft des Bestseller-Autors: Selbst, wenn der Worst Case eintritt und die gesamte Weltwirtschaft und Industrie zusammenbrechen, fehlt es uns in einem reichen Land wie Deutschland an nichts. Und so können wir uns, auch wenn die Masse des im Buch nur am Rande erwähnten „Team old“ unbeirrbar in den Untergang rennt, der Gestaltung eines menschlichen und für alle wohltuenden Zusammenlebens widmen, anstatt diese dem „Team Bill“ zu überlassen.
Das Gespräch zwischen Sven Böttcher und Ken Jebsen wirkt wie Balsam auf die Seele: „Nehmt doch mal die Panik raus aus dem Ganzen!“ Und wenn die Angst raus ist, haben wir auch wieder Raum für eigene Gedanken und Vorstellungen.
Sven Böttcher möchte uns zum eigenen Handeln ermuntern. Und weil er zugleich um die Schwächen der Menschen weiß — dass sie manchmal eben doch erst eine Starthilfe benötigen —, nimmt er uns an die Hand und sagt uns genau, was wir jetzt sofort tun können:
- „Findet euch!“: Sucht nach Gleichgesinnten, denn gemeinsam sind wir stark.
- „Zahlen bitte!“: Ein Banker akzeptiert auch keinen Daumen hoch. Unterstützt Projekte, die ihr nützlich findet.
- „Schenkt euch das!“: Schenkt euch Dinge, Geld, einen Kaffee, aber auch Zeit und Aufmerksamkeit.
- „Versorgt euch!“: Wie kommt ihr an Lebensmittel, wenn der Supermarkt keine mehr hat?
- „Es sei Morgen.“: Bedenkt stets, dass das, was wir heute anrichten, das Leben unserer Kinder bestimmt.
- …
Ken Jebsen und Sven Böttcher beim Küchenplausch zu lauschen, ist eine Inspiration für stolze Utopisten. Sein Buch zu lesen, der erste Schritt, den „großen Neustart“ selbst mitzugestalten.
Quellen und Anmerkungen:
(1) Sven Böttcher, „Wer, wenn nicht Bill?“, S. 10/11
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