Zur Unmündigkeit animiert
Im öffentlichen Raum und im Netz wird mit Motion-Design-Erklärvideos unablässig versucht, Menschen zu infantilen Wesen umzuprogrammieren.
Der Dauersendung mit der Maus zu entrinnen, ist mittlerweile nahezu unmöglich. Sie läuft überall: im öffentlichen Raum auf digitalen Screens, in Ämtern und Behörden und auf Social Media: Die Rede ist von animierten Motion-Design-Erklärvideos. Von der stilistischen und sprachlichen Aufmachung her wirken sie, als seien sie für Kinder gemacht. Tatsächlich sind die Adressaten aber erwachsene und eigentlich — so sollte man meinen — mündige Menschen. Doch warum werden Erwachsene, die Bürger des Landes, von Politik, Medien und Wirtschaft mit einem kindgerechten Stil adressiert? Ist diese Art von Kommunikationsdesign eines mündigen Menschen nicht unwürdig? Wenn aber genau so verfahren wird, dann gehen die Absender wohl davon aus, dass das Gros der Menschen so infantil sei, dass sie auf diese Art und Weise angesprochen werden müssten. Das wirft dann allerdings die Frage auf, ob diese Infantilität nicht vielmehr das Ergebnis einer solchen Kommunikationsform ist. Eine kritische Auseinandersetzung mit diesen Clips lässt kaum einen anderen Schluss zu, als dass es sich hierbei um ein mächtiges Propaganda-Werkzeug und eine wirkmächtige Waffe in der kognitiven Kriegsführung handelt. Diese Animationen sind dazu geeignet, das kritische Bewusstsein der Menschen zu unterminieren. Dabei können den Adressaten politische, wirtschaftliche und ideologische Vorhaben untergejubelt werden, die ihnen zwar zum Nachteil gereichen, aber in diesen Clips vorteilhaft erscheinen. Solcherlei Erklärvideos sind also weit mehr als nur ein weiteres Propaganda-Tool, mit dem Inhalte geframt, manipuliert und aufgeschwatzt werden. Vielmehr sind sie Teil einer Umprogrammierung der Menschheit hin zu Infantilität und Berechenbarkeit nach dem Willen trans- und posthumanistischer Ideologen mit Herrschaftsanspruch.
„Bruder Jakob /
Bruder Jakob /
schläfst du noch?
Denkst du nicht?
Lass dich endlich impfen! /
Lass dich endlich impfen! /
Piks Piks Piks /
Piks Piks Piks.“
Eine Szene aus dem Kindergarten? Weit gefehlt! Gesungen wurde dieses Pharma-Kinderlied von, rein formell, erwachsenen Menschen – das heißt, Menschen, die bereits lange, lange das 18. Lebensjahr vollendet haben. Präzisierend ist hier von einer Menschengruppe die Rede, die weit über 40 ist. Zugetragen hat sich das Schauerspiel einer sich in Regression befindlichen Menschenmasse im Januar 2022 im Stadtzentrum Buxtehude, in der Hochphase der Fake-Pandemie und der pharmazeutischen Massenschädigung bis hin zur Tötung durch die hochgiftigen modmRNA-Gen-Präparate.
Wie kann es sein, dass erwachsene Menschen in einen derartig infantilen Zustand zurückverfallen? Wie ist das möglich in einem Land, welches weltweit für seine Dichtkunst, Philosophie, Ingenieurskönnen und technologische Raffinesse bekannt und geschätzt ist, beziehungsweise war? Wagen wir nachfolgend eine Spurensuche:
Infantilisierung ist kein Zufall, sondern gewollt. So listet der Publizist Johannes Menath sie in seinem Sammelbüchlein über die wichtigsten Propaganda-Methoden:
„Um kritisches Denken zu unterdrücken, kann auch die Methode der Infantilisierung von Nutzen sein, was die Verkindlichung ihrer Adressaten meint. Erwachsene werden hier wie unmündige Kinder betrachtet, die es zu bevormunden gilt. Ihnen wird etwa subtil eingeredet, sie seien nicht in der Lage, politische Entscheidungen zu beurteilen, und zudem versichert, dass sich die Herrschenden schon um alle wichtigen Dinge kümmern werden, was die Menschen davon abhält, politische Mitbestimmung anzustreben. Somit verhalten sie sich unkritisch und autoritätshörig. (…) Eine infantilisierte Person sieht die Regierung und andere Autoritäten als väterliche Macht an, bei der es unvorstellbar ist, dass sie schädlich handeln oder unwahr sprechen könnte. Die Welt wird zum Kampf der guten gegen die bösen Mächte (…). Das Hauptinteresse liegt bei spielerischer Unterhaltung, während man die wichtigen Angelegenheiten für zu komplex hält, um sich damit zu befassen. (…) Indem Propaganda leicht verständliche und emotional zufriedenstellende Interpretationen der Welt anbietet und moralisch zweifelhafte Zusammenhänge durch einfache Darstellung entschärft, befördert sie Infantilisierung.“ (1)
Medial schlägt sich Infantilisierung nirgends so offenkundig und doch so unerkannt nieder wie in den mittlerweile zahllosen Motion-Design-Erklärvideos, die uns Menschen überall im öffentlichen Raum und im Netz behelligen. Gerade im letzten Drittel der 2010er Jahre erlebten diese schrill-quietschbunten, agil-dynamisch und zweidimensional animierten Videoclips mit stets dumm dreinblickenden „Menschen“ eine Hochkonjunktur. Beispiele sind im Quellenapparat (a1) beigefügt. Sie hielten Einzug in den derzeit allerorts installierten Public Screens in Bus, Bahn und öffentlichen Orten. Doch auch Behörden, größere Unternehmen, Medienhäuser und insbesondere supranationale Organisationen und NGOs machten von diesem Kommunikationswerkzeug großzügig Gebrauch – auf Public Screens, bei ihren Webauftritten auf der eigenen Seite und auf Social Media.
In Zukunft wird wohl rückblickend auf die 2010er und 2020er Jahre dieser visuelle Kommunikationsstil als charakteristisch für das Propaganda-Design der damaligen Zeit angesehen werden – so wie die flimmernden, flackernden und wackelnden Texttafeln der Propaganda-Streifen im Kino-Vorprogramm der 1920er und 1930er Jahre charakteristisch für die damalige Propaganda waren.
Um den propagandistischen Gehalt dieser Videoclips herauszuarbeiten, müssen diese auf vier Ebenen betrachtet werden: zum einen die Ebene der Komplexitätsreduktion, zum anderen die Ebene der sedativen Wirkung, dann die Ebene des darin vermittelten Menschenbildes und schlussendlich die Meta-Ebene, nämlich die unentwegte Programmierung der Menschen hin zur Infantilisierung.
Komplexitätsreduktion
In Politik und Wirtschaft erfreuen sich diese Clips großer Beliebtheit. Mit ihnen lassen sich unpopuläre Vorhaben nicht nur leicht vermitteln, sondern in einem Licht erscheinen, welches den Adressaten suggeriert, ebendiese seien zu ihrem Vorteil. Das Gegenteil ist zumeist der Fall. Über das Mittel der Komplexitätsreduktion lassen sich die wenigen oder auch nur die scheinbaren Vorteile herausdestillieren, während die große Bandbreite der damit verbundenen Nachteile ungesehen bleibt.
Die Motion-Design-Erklärvideos sind für die sie nutzenden Akteure die eine Hälfte einer Doppelstrategie: Über-Komplexierung des Kerns der Sache einerseits, und die Komplexitätsreduktion der äußeren Verpackung andererseits. Wird beispielsweise eine neue Verordnung erlassen, eine „Reformation“ forciert oder ein neues Gesetz auf den Weg gebracht, dann kann das zugrundeliegende Vertragswerk oder der Gesetzestext absichtsvoll verkompliziert und aufgebläht werden, sodass der einfache, das heißt, juristisch nicht geschulte Bürger es unmöglich vermag, diesen Vertrag, diese Neuerung oder dieses Gesetz in seinem wahren Kern mitsamt all der damit verbundenen Folgen für ihn und seine Mitmenschen zu verstehen. Wo dem Adressaten aufgrund der konfusen Über-Komplexität nur Fragezeichen im Kopf bleiben, können ihm die Akteure die gewünschten Antworten vermittels der Motion-Design-Erklärvideos liefern, die eben mit Komplexitätsreduktion operieren – das heißt, dass der komplexe Gehalt einer Sache auf ein einfach zu verstehendes und zu schluckendes Sujet runtergebrochen wird.
„Diese neue Sache kommt jetzt als Lösung für dieses und jenes Problem, welches wir zwar selbst geschaffen haben, um euch unsere Lösung anzubieten – aber psst! –, und eure Bedenken sind vollkommen unbegründet, denn wir nennen hier noch eine halbgare Beschwichtigung, um Kritiker mundtot zu machen.“
So in etwa lautete die ehrliche Subbotschaft, würde man diese Clips decodieren.
Wenn diese Clips neben der primären Verwendung von Icons mit textlicher Ebene arbeiten, dann sind die darin eingefügten Texte zumeist keine Texte im eigentlichen Sinn, das heißt, keine vollständigen Sätze, sondern lediglich groß aufploppende Buzzwords, Slogans, besser gesagt eingängige Parolen, die schnell ins Gehirn rein- und nur schwer wieder rausgehen. Das Wesentliche, welches sich aus dem Kleingedruckten des Kerntextes ergibt und die Parolen in einem anderen Licht erscheinen lassen würde, bleibt entweder gänzlich außen vor oder erscheint in einer Art, sodass das Kleingedruckte eben genau das bleibt: kleingedruckt. Kleingedruckt und damit außerhalb der Wahrnehmungsschwelle der allermeisten Menschen. Vielfach zu beobachten ist das auch bei Werbeplakaten im öffentlichen Raum, deren Kleingedrucktes am unteren Rand selbst für Nicht-Brillen-Träger kaum entzifferbar ist, ganz abgesehen davon, dass man sich hierfür bücken müsste.
Die Absender, die für solcherart Botschaften Motion-Design-Clips verwenden, verfahren wie ein Narzisst: Erst wird dem Adressaten mit gespieltem Einfühlvermögen das Blaue vom Himmel versprochen und das Erkennen von dessen Bedürfnissen suggeriert. Nachdem der Adressat den Köder geschluckt hat, kommt der Kerngehalt der unter falschem Deckmantel transportierten Sache zum Tragen und unterjocht den anfänglich durch Love Bombing verblendeten Botschaftsempfänger. Wenn dieser das bemerkt, ist es längst zu spät.
Skizzieren wir das einmal anhand eines Beispiels: Derzeit läuft die Propaganda für die elektronische Patientenakte (ePA) auf Hochtouren. Auch hier bedienen sich die Krankenkassen Motion-Design-Erklärvideos. Zuerst werden die Bedürfnisse der Adressaten angesprochen: Wer mag schon langes Ausharren in den Wartezimmern, Doppelbehandlungen oder falsche Abstimmung von Medikationen – übrigens ein durch Einsparung und Privatisierung im Gesundheitswesen politisch selbst fabriziertes Problem. Danach wird von den Problemverursachern eine eigene Lösung (ePA) angeboten, verbunden mit dem Versprechen, ebendieses Problem damit zu lösen. Die dystopischen Folgen einer Zentralisierung von Gesundheits- und Krankheitsdaten werden in diesen Clips unter den Teppich gekehrt: die Vollendung biopolitischer Allmachtsfantasien, die vollumfängliche Erfassung, Auswertung und Kontrolle über den menschlichen Körper, verbunden mit all dem dadurch machbaren Schindluder: Gedankenkontrolle, Steuerung der Vitalfunktionen oder auch das Sperren und Freischalten der Fruchtbarkeit. Alles keine Science-Fiction!
Gezeigt wird das in diesen Clips natürlich nicht. Sie dienen der Beschwichtigung. Womit wir zur nächsten Ebene kommen:
Sedative Wirkung
Wesensmäßig für Motion-Design-Erklärvideos ist die freundlich-friedliche Ausgestaltung: Helle Farben, alles dreht und bewegt sich schnell und dynamisch, eine harmlose Dudel-Musik trällert im Hintergrund, und eine Sprecherin oder ein Sprecher erklärt den Sachverhalt in einem ruhigen Erklärbär-Duktus, wie wir ihn aus der „Sendung mit der Maus“ oder neuerdings auch aus der „Tagesschau in einfacher Sprache“ kennen.
Dadurch, dass der gesamte Clip so freundlich und harmlos ausgestaltet ist, schwingt durchgehend die Subbotschaft mit, dass das doch gar nicht von sinistren Kräften kommen kann, die irgendetwas Böses im Schilde führen.
Jemand, der böse ist, kann doch nicht so freundlich-harmlose Videos erstellen, denkt sich der regressiv zurückversetzte Mensch, der seinen Halt im Glauben an die Autoritäten findet. So lassen sich über derlei Clips hochgefährliche Gen-Präparate, wirtschaftliche Selbstvernichtung zwecks „Klimaschutz“ und bald auch Kriegseuphorie vermitteln.
Dass Motion-Design-Erklärvideos in Deutschland auch oder gerade bei Erwachsenen auf geistig fruchtbaren Boden fallen, lässt sich mitunter durch die Sendung-mit-der-Maus-Sozialisation erklären. Diese wird seit 1971 allsonntäglich ausgestrahlt und liefert stets das, was den „Schwurblern“ unentwegt unterstellt wird: einfache Antworten auf komplexe Themen. Menschen, die mit der Sendung mit der Maus aufgewachsen sind, können durch ähnlich gestaltete Videoclips wieder in die Kindheit zurückversetzt werden, in die gute alte Zeit, da einem die beruhigende Stimme aus dem Fernseher erklärte, wie die Welt funktioniert.
So gesehen können Motion-Design-Erklärvideos als mentale K.-o.-Tropfen für die Massen betrachtet werden. Sie geraten in einen Dämmerzustand, in dem ihnen alles Mögliche eingeflößt werden kann, was de facto zu ihrem Nachteil ist, ihnen aber erscheint, als gereiche es ihnen zum Vorteil.
Vermitteltes Menschenbild
Auf der dritten Ebene werfen wir einen Blick auf die Menschen in diesen Clips, beziehungsweise auf die reduzierten Abbilder derselben. Wir haben es hier mit minimalistischen 2D-Animationen zu tun, die dem ein „Gesicht“ geben, was Herbert Marcuse in seinem gleichnamigen Werk (2) als den „eindimensionalen Menschen“ beschrieb: Ein machtloses, zur Revolution unfähiges, von langen Arbeitszeiten erschöpftes, durch Sprache manipuliertes Subjekt, welches die ihm von den Massenmedien eingetrichterten Konsumbedürfnisse für seine ureigenen hält. In diesen Clips wird genau dieser eindimensionale Mensch plastisch. Wir sehen hier Karikaturen von Menschen, die im Gegensatz zu echten Menschen aus Fleisch und Blut im Schemenhaften verbleiben. Klischeehafte Klamotten symbolisieren dessen berufliche Zugehörigkeit, die Bewegungen wirken robotisch, und ganz entscheidend ist die Reduktion des mimischen Ausdrucks.
Die Menschen in diesen Clips kennen und können nur wenige Gesichtsausdrücke, die bestimmte Emotionen stark vereinfacht und stereotyp zum Ausdruck bringen: froh, wütend, traurig, verwundert oder ganz ausdruckslos.
Wenn Motion-Design-Erklärvideos im öffentlichen Raum laufen, etwa auf Ströer-Werbe-Leinwänden, dann blicken wir in gewisser Weise in eine digitale Version von Platons Höhle. Wir sehen dort nämlich ebenfalls schattenartige Abbilder des echten Menschen. Der verfügt nämlich – etwa auf Ebene der mimischen Ausdrucksvielfalt – über eine enorme Bandbreite an Ausdrücken. Hierbei können schon die kleinsten Nuancen in den Gesichtszügen zu Urhebern schwerwiegender Missverständnisse in der nonverbal-zwischenmenschlichen Kommunikation werden. Der Mensch hat allein im Gesicht 50 Muskeln, von denen 17 für das Formen eines Lächelns zuständig sind.
Die mimische Monokultur der animierten Menschen hingegen trägt dieser Komplexität nicht im Ansatz Rechnung, sondern sorgt auch noch dafür, dass das Ausdrucksartensterben in der Realität abseits der digitalen Screens Einzug hält. Nicht zuletzt begünstigt durch die zwei Jahre anhaltende Mimik-Verschleierungspflicht mit den nutzlosen und gefährlichen Gesichtsmasken, die den Menschen durch Gesichtsraub entmenschlichten – und die eine neue, soziopathische Generation herangezüchtet hat, die das Lesen von Mimik gar nicht oder nur sehr begrenzt gelernt hat. Diese Mimik-Lesefähigkeit entspricht dann ungefähr dem Ausdrucksspektrum der Karikaturen. Diese Entwicklung fügt sich nahtlos in das, was Thomas Bauer in seinem gleichlautenden Buch die „Vereindeutigung der Welt“ (3) bezeichnete, also das Verschwinden von Ambiguitäten. Statt unzähliger Nuancen gibt es nur noch wenige, klar zuordenbare Gesichtsausdrücke, vergleichbar mit Emojis.
Spätestens hier, auf dieser dritten Ebene, ist zu konstatieren, dass die Motion-Design-Erklärvideos mehr sind als nur die propagandistische Vermittlung von Inhalten. Es handelt sich dabei um eine Programmierung des Menschen. Und damit kommen wir zur vierten Ebene, der Meta-Ebene.
Metaebene: Allgegenwärtige Infantilisierung
„Das Medium selbst ist die Botschaft“, erkannte der kanadische Medientheoretiker Marshall McLuhan schon vor Jahrzehnten. Was mit diesen Motion-Design-Erklärvideos vermittelt wird, verdient natürlich Beachtung. Aus der Vogelperspektive sind die vermittelten Inhalte jedoch nur zweitrangig. Entscheidend ist die sublime Botschaft auf der Meta-Ebene, die da lautet: „Du, kleiner Mensch, bist unmündig und auf unsere wohlwollende Führung angewiesen. Du brauchst jemanden, der dich an die Hand nimmt und dir zeigt, wie die Dinge laufen.“ Ein weiterer Bestandteil der Subbotschaft ist die Zementierung eines vereinfachten, mechanistisch-reduktionistischen Menschenbildes; schließlich identifizieren sich Menschen mal mehr, mal weniger mit dem, was die Screens zeigen.
Durch die vorhin skizzierte Ausdrucksarmut, die durch die Dauerausstrahlung der Clips manifestiert wird, verfestigt sich die mechanistische Ideologie der Technokraten, Trans- und Posthumanisten, wonach der Mensch ein entseeltes Subjekt sei, das Zufallsprodukt aus leblosem Sternenstaub, welches zu biologisch begrenzter Lebzeit gemäß seinen in ihm ebenso zufällig angelegten, biochemischen Prozessen handle.
Entsprechend sind Gesichtsausdrücke in dieser Weltanschauung auch nichts weiter als ein berechenbares Zeichensystem, das wiederum als Ausdruck biochemischer Prozesse zu sehen ist. Die Vereinfachung und Reduktion der Gesichtsausdrücke sind dann schlicht Mittel zur Optimierung von Informationsaustausch. Warum noch groß das Mienenspiel analysieren, warum die ganzen Zwischentöne beibehalten, wenn man es doch auf wenige Emotionen runterbrechen kann? „Happy“, „sad“, „wondering“, „angry“, „confused“. Mit dieser sträflichen Vereinfachung ist der Mensch dann nicht mehr als ein programmierbarer Code, der durch Nudging-Befehle optimiert oder in die von den – ebenfalls menschlichen (!) – Programmierern gewünschte Richtung gelenkt werden kann.
Mit der allgegenwärtig arrangierten Programmierung des Menschen zu einem unmündigen und infantilen Wesen erschaffen sich die mit Herrschaftsanspruch agierenden Post- und Transhumanisten über einen Zirkelschluss die Legitimation, über die Menschheit herrschen zu können. Die Menschen, bei denen derartige Manipulation fruchtet, werden willentlich und wissentlich über propagandistisch-massenmediale Dauerbeschallung, Programmierung und kognitive Kriegsführung unmündig gehalten, sodass jene Unterdrücker aus dem eigens geschaffenen Umstand für sich selbst heraus das Recht proklamieren können, als paternalistische Schutzmacht für die „dummen“ Menschenmassen auftreten zu dürfen.
Dass die Programmierung zur Infantilisierung und Unmündigkeit hinlänglich Wirkung gezeigt hat, ist nur schwerlich von der Hand zu weisen. Dadurch kann der Eindruck entstehen, es brauche wirklich unter anderem diese Motion-Design-Erklärvideos. Die Henne-Ei-Frage stellt sich dann gar nicht mehr. Zuerst war die Unmündigkeit – und dann das Hilfsmittel, so der Eindruck.
Beispielhaft lässt sich das im Pendlerverkehr beobachten: Da verharren Menschen im Eingangsbereich der Zugwaggons oder stehen achtlos in der Lichtschranke der Bus-Türe, ohne zu verstehen, dass sie für das Nicht-Weiterfahren verantwortlich sind. Dann erscheinen auf den Bildschirmen der Fahrgastinformation Animationsvideos, die den „Kindern“ erklären, dass sie an allen Türen zusteigen, im Wageninneren durchgehen und nicht in der Lichtschranke stehen bleiben sollen. Genau hier zeigt sich der Zirkelschluss: So war es doch zuerst die Big-Tech- und Bewusstseins-Industrie, die die Menschen zu desorientierten Smombies gemacht hat, die mit dem andauernden Blick gen Endgerät nicht mehr imstande sind, ihre Umgebung und die soziale Rolle, die sie in dieser spielen, erfassen zu können. Jetzt braucht es kindliche Erklärvideos auf den Bildschirmen, um die Menschen zu dem Verhalten anzutreiben, welches sie vor dem Smartphonezeitalter aus ihrem inneren Sozialverständnis heraus von selbst getan hätten.
Raus aus der Erklärbär-Falle
Motion-Design-Erklärvideos können im Grunde genommen wie Kinder-Überraschungseier betrachtet werden: Das, worum es wirklich geht, wird von einer süßen Schicht ummantelt. Der ungenießbare Inhalt befindet sich allerdings in der Mitte dieses Eis. Und um diesen geht es. Wenn also ein neues Gesetz, eine neue Verordnung, eine vermeintliche Erleichterung durch technische Innovationen oder irgendetwas anderes vermittels solcher Clips angepriesen wird, ist jeder kritische Mensch gut damit beraten, die schöne Ummantelung zu umgehen und direkt in den Kern einzudringen. Das bedeutet in den allermeisten Fällen, sich den zugrundeliegenden Quelltext der angepriesenen Sache (Gesetzesentwurf, Vertrag, Liste der Financiers et cetera) genauestens anzusehen, bestenfalls unter Zuhilfenahme der Begriffssuchfunktion, um nach bestimmten Stichwörtern zu suchen. Mit etwas Geschicklichkeit lässt sich dann das zauberhafte Versprechen dieser Clips schnell wieder entzaubern.
Grundlegend ist es natürlich ratsam, sich der visuellen Sogwirkung der Motion-Design-Erklärvideos, so gut es geht, zu entziehen. Gerade im öffentlichen Raum wird das immer schwieriger, schimmern doch diese Clips durch die immer weiter ausufernde Installation von kleinen wie großen digitalen Screens an immer mehr Orten. Wohl evolutionsbedingt richtet sich der menschliche Blick in Richtung dessen, was sich in seinen Augenwinkeln flimmernd bewegt – es könnte schließlich Gefahr bedeuten. Da hilft es in öffentlichen Verkehrsmitteln wohl nur, das Gesicht schnellstmöglich in einem guten Buch versinken zu lassen, um dem Bann der Screens zu entkommen. So oder so leistet man damit einen guten Dienst, wenn man dem sich weltweit zeigenden Bild der Smomby-Herden einen Riss versetzen möchte.
Wer statt auf das Smartphone oder auf die öffentlichen Displays in ein Buch blickt, signalisiert die Nicht-Erreichbarkeit für das System.
Aber auch anderorts im öffentlichen Raum sind Möglichkeiten gegeben, sich der Hypnose der Ströer-Screens zu entziehen: durch das simple, wortwörtliche Umdrehen einer einprogrammierten Gewohnheit. Etwa, wenn wir an Bahnsteigen auf die einfahrende U- oder S-Bahn warten. Wer schreibt uns denn bitte schön vor, dass wir beim Warten auf den Zug immer in Richtung Bahngleise und damit in Richtung digitaler Screens blicken müssen? Niemand! Was hält uns also davon ab, mit dem Rücken zum Bahngleis und mit dem Blick an die Wand oder an die Bahnsteigsäule auf den Zug zu warten? Dass man dabei etwas autistisch aussieht, wird von den allermeisten Menschen ob ihres medialen Abgelenkt-Seins sowieso nicht wahrgenommen.
Wenden wir also der Propaganda den Buckel zu und signalisieren ihr damit, dass sie uns den selbigen runterrutschen kann.