Was Krieg bedeutet
Im Manova-Exklusivgespräch erzählt der Journalist Patrik Baab von seinen Reisen auf beiden Seiten der Front in der Ukraine.
„Alle Politiker sind Langweiler, Lügner und Betrüger. Ich spreche mit Menschen“, schrieb die legendäre amerikanische Kriegsreporterin Martha Gellhorn, deren Kriegsreportagen sich durch ihre große Humanität auszeichnen. Patrik Baab handhabt das genauso und setzte dieses Zitat von ihr an den Anfang seines neuen Buchs „Auf beiden Seiten der Front“, das am 9. Oktober 2023 erscheint. Im Gespräch mit Elisa Gratias teilt er seine erschütternden Beobachtungen und Berichte der Menschen im Ukrainekrieg mit.
Juli 2023. Die Manova-Redaktion veranstaltet ihr Autorentreffen in Thüringen. Es ist ein wechselhafter Sommer. In Deutschland diskutieren die Menschen über Waffenlieferungen in die Ukraine. Patrik Baab sagt beim Kaffee: „Die Leute müssen daran erinnert werden, was Krieg heißt.“ Er führt aus, was er auf seinen Reisen „auf beiden Seiten der Front“ in der Ukraine alles erlebt hat, und erzählt von seinem gleichnamigen Buch, das im Oktober erscheint.
Er reiste in seinem Leben immer wieder in Kriegsgebiete, um von vor Ort zu berichten. So auch dieses Mal. Wie Martha Gellhorn spricht er mit den Menschen, deren Leben unmittelbar vom Krieg betroffen ist. Ein Bauer, ein Lehrer, eine Soldatin:
„Ganz links am Tisch steht eine dunkelhaarige Frau, vielleicht Anfang vierzig, gekleidet in Militärhosen mit Seitentaschen. Sie ist schlank und durchtrainiert, mit dem leicht federnden Gang von Elitesoldaten, die daran gewöhnt sind, unter Ausrüstung zu marschieren. Als ich ihr in die Augen blicke, überkommt mich ein Frösteln. Da ist etwas Kaltes, Abweisendes. Ich tauche ein in das Schwarze ihrer Augen und sehe, dass in ihrem Inneren etwas zerbrochen ist, das nicht mehr repariert werden kann. Da weiß ich: Diese Frau war im Krieg, sie hat Blut gesehen; auch sie hatte den Finger am Abzug. Seitdem hat sich etwas in ihr verändert, das nie wieder zurückkehren wird; sie hat gelernt, an einer Stelle nichts mehr zu fühlen. Am Grunde ihrer Seele, so scheint es mir, ist es kahl und leer wie auf der Schattenseite des Mondes.“
Gebannt lausche ich seinen Erzählungen. Er nimmt sich Zeit für ein Interview mit mir am Rande der Autorenkonferenz, denn auch mich befremden die kühlen Analysen und Debatten in Deutschland, wenn es um Krieg geht. Im Vorwort seines neuen Buchs schreibt Baab:
„(N)icht das Leben und Sterben der Menschen prägen unseren Blick auf die Ukraine, sondern die herrschende Meinung. (…) Vielleicht sollten jene einmal geschüttelt werden, die lieber ihren Vorurteilen als ihren Augen und Ohren trauen. Recherchieren hingegen ist für mich konkrete Erfahrungswissenschaft. Im Krieg in der Ukraine sehe ich das Versagen der Politik, auch der deutschen. Dieser Krieg ist noch lange nicht vorbei, und die Lage vor Ort stellt sich völlig anders dar, als es die überwiegende Mehrheit der Medien hierzulande berichtet. Was sie zeigen, orientiert sich an der Propaganda der Ukraine und des Werte-Westens.“
Vor der Kamera beschreibt Baab einige seiner Erfahrungen im Kriegsgebiet. Sie offenbaren die dreckige Seite des Krieges und erinnern nun auch die Menschen in Deutschland daran, was Krieg heißt.
Elisa Gratias im Gespräch mit Patrick Baab
Hier können Sie das Buch bestellen: Buchkomplizen