Vor welcher Bedrohung retten wir die Welt?

Friedens- und Umweltbewegte haben gemeinsame Visionen, müssen aber ihre spezifischen Blickwinkel erweitern.

„Unsere menschliche Existenz ist in gleicher Weise von den synchron vorhandenen Herausforderungen Krieg und Klimawandel bedroht. Um unser Überleben zu sichern, müssen wir Wege zu globalem gegenseitigen Vertrauen, Dialog und Zusammenarbeit finden. Die derzeit eskalierende Sicherheitsdebatte führt aber in die gegenteilige Richtung. Die festgefahrene Politik mit militärischen Aggressionen und Interventionen zur Bewältigung internationaler Probleme muss aufgegeben werden und alle ausländischen Militärstützpunkte sind zu schließen. Es gibt ein wachsendes Bewusstsein für die Gefahren der globalen Militarisierung und einen zunehmenden Widerstand hiergegen, jedoch wird es eine große Kraftanstrengung durch internationale Zusammenarbeit von Zivilgesellschaft und verantwortlichen Politikern erfordern, damit wir die nächsten 50 Jahre überleben“, schreibt Dave Webb, Vorsitzender der Campaign for Nuclear Disarmament (CND), Großbritannien. Wie recht er hat!

Die Weltlage ist extrem bedrohlich, das sehen sowohl Friedens- wie auch Umweltbewegte, allerdings aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Friedensbewegte sehen die Gefahr eines globalen Atomkriegs. Dieser kann auch versehentlich ausgelöst werden, was in den Zeiten des Kalten Krieges mehrfach nur durch glückliche Umstände nicht erfolgt ist. Umweltbewegte hingegen verweisen auf die dramatischen Folgen des Klimawandels. Danach steht unser Planet kurz vor dem Kipppunkt, ab dem eine drastische Temperaturerhöhung der Atmosphäre nicht mehr aufzuhalten ist, die gleichfalls der menschlichen Zivilisation in absehbarer Zeit ein Ende bereiten würde. Zivilgesellschaftliches Engagement findet aber leider immer noch in Parallelwelten statt, wenn man programmatische Ausrichtung und Fokussierung von Friedens- und Umweltbewegten hierzulande sieht. Doch glücklicherweise kommt hier einiges in Bewegung.

Auch Einzelthemen passen oft nicht in Schubladen.

Als eines der größten Menschheitsverbrechen überhaupt kann man die großflächige Verseuchung von Kriegsgebieten auf dem Balkan und im Mittleren Osten mit Uranmunition bezeichnen. Genau genommen ist dieses sowohl ein Kriegs- als auch ein Umweltverbrechen. Diese treten vor allem durch stark erhöhte Krebserkrankungen und körperliche Missbildungen bei Neugeborenen zutage. Sowohl für Friedens- wie auch für Umweltbewegte ist dieses bisher aber nur ein Randthema, was zwar vor allem mit dem systematischen Verschweigen und Vertuschen der hiervon ausgelösten humanen Katastrophe zu tun hat, aber auch damit, dass dieses Verbrechen offenbar in keine Schublade zivilgesellschaftlichen Engagements passt.

Zivilgesellschaftliches Engagement zwischen Einzelforderungen und Visionen

Sucht man nach Gemeinsamkeiten zwischen Friedens- und Umweltbewegten, so muss man übergreifende Ziele identifizieren, die aus der Bandbreite von tagespolitischen Einzelforderungen herausragen und als Kristallisationspunkte für eine Verbreiterung der Bewegung anzusehen sind. Doch was sind Visionen überhaupt? „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“. So die berühmt-berüchtigte Aussage des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt. Es war sein Amtsvorgänger Willy Brandt, der sich 1961 erstmalig in den Bundestagswahlkampf wagte, mit einer Vision, die ihm nur Hohn und Spott beim politischen Gegner einbrachte: „Der Himmel über dem Ruhrgebiet muss wieder blau werden“. Mehr als 10 Jahre danach wurde diese durch entsprechende gesetzliche Regelungen zur Verminderung der Luftverschmutzung schrittweise zur Realität.

Die weltweite Friedensbewegung kämpft seit den Zeiten des Kalten Krieges gegen Atomwaffen. 2007 schlossen sich dazu weltweit Friedensorganisationen – mittlerweile 468 – zur Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) zusammen. Eine atomwaffenfreie Welt ist heute immer noch nur eine Vision. Aber wer hätte damals gedacht, dass zehn Jahre später 122 Länder in der UN-Vollversammlung einem Vertrag zur weltweiten Ächtung der Atomwaffen zustimmen und ICAN im selben Jahr den Friedensnobelpreis erhält?

Ob Friedens- oder Umweltbewegte stärker von Visionen getrieben werden oder sich eher in Abwehrkämpfen gegen die herrschende Politik bewegen, lässt sich nur anhand von Kampagnen und deren Prämissen beurteilen, von denen nachfolgend einige exemplarisch genannt werden.

Degrowth-Bewegung

Der älteste Ansatz in der Umweltbewegung ist die Kritik am Wirtschaftswachstum als Maßstab der Politik, insbesondere seit dem ersten Bericht des Club of Rome 1972. Seit dem Entstehen des globalisierungskritischen Netzwerks Attac in Deutschland 2001 ist Wachstumskritik dort ein Thema. Unter dem Begriff Degrowth (Postwachstum) hat sich daraus eine Bewegung mit einer großen Bandbreite von sozialen und ökologischen Forderungen entwickelt, die alle zwei Jahre zu internationalen Degrowth-Kongressen zusammen kommt. 2014 fand dieser in Leipzig mit 3.000 BesucherInnen statt.

Im bisherigen Degrowth-Diskurs fehlt jedoch das Thema Militärausgaben und Abrüstung. Dieses gilt beispielsweise auch für die Rosa-Luxemburg-Stiftung, die sowohl viele Aktivitäten der Friedensbewegung wissenschaftlich unterstützt, als auch Mit-Unterstützerin dieser Konferenzen ist (zuletzt 2016 in Budapest). In einer aktuellen, sehr ausführlichen Broschüre unter dem Titel „Kein Wachstum ist auch (k)eine Lösung – Mythen und Behauptungen über Wirtschaftswachstum und Degrowth“ tauchen nur kurze Randbemerkungen über „zu hohe Militärausgaben“ und die Rüstungsindustrie auf.

Bei der Degrowth-Bewegung sind sehr unterschiedliche Forderungen präsent, wie solche nach individuellem Konsumverzicht. Der politische Diskurs ist aber auch geprägt von Kapitalismuskritik und anschlussfähig an marxistische Analysen. Damit ergibt sich eine große Bandbreite verschiedener Strömungen mit unterschiedlicher Politisierung, was prinzipiell ja auch für die Friedensbewegung gilt.

„Wir haben es satt!“

Unter dieser Parole – die eigentlich heißt: „Wir haben Agrarindustrie satt!“ – demonstrieren regelmäßig in Berlin bis zu 20.000 Menschen für eine Agrar- und Ernährungswende. Anlass hierfür sind die jährliche, weltgrößte Agrarmesse „Grüne Woche“ und die in diesem Rahmen stattfindende Konferenz von Agrarministern. Die Bandbreite der hierbei vertretenen Forderungen reicht bis hin zu globaler Gerechtigkeit durch reduzierte Agrarexporte und agrarökologisch ausgerichtete Entwicklungszusammenarbeit. Im Aufruf zur anstehenden nächsten Demo am 20. Januar 2018 heißt es:

„Aufgerufen von mehr als 45 Organisationen gehen wir seit 8 Jahren gemeinsam auf die Straße und streiten für gute Landwirtschaft und gesunde Ernährung. Wir stehen für globale Solidarität und sagen Nein zu Rassismus und rechter Hetze – Geflüchtete sind willkommen!“

Die Demonstration „Wir haben es satt!“ hat damit eine eindeutige Ausrichtung für eine Konversion dessen, was man als agrar-industriellen Komplex, bestehend aus industrieller Landwirtschaft, Chemie- und Lebensmittelkonzernen, bezeichnen könnte.

Sozial-ökologische Transformation

Am griffigsten für visionäre Sichtweisen ist sicherlich die Forderung nach sozial-ökologischer Transformation. Damit wird ausgedrückt, dass die umweltpolitische Vision nicht nur eine globale Nord-Süd-Frage ist, sondern auch eine gesellschaftliche Spaltung in unserem eigenen Land beinhaltet. Während Teile unserer Gesellschaft immer mehr Ressourcen für Konsumgüter und Energie verschwenden, verarmt hingegen ein zunehmend größerer Teil der Bevölkerung und kann vorhandene Ressourcen nur extrem sparsam nutzen. Es geht deshalb um ein neues Wohlstandsmodell unter ökologischen Restriktionen.

Die NaturFreunde Deutschlands haben bei ihrer letzten Bundeskonferenz am 1. April 2017 ein Manifest für eine soziale und ökologische Transformation verabschiedet. Zu dem damit formulierten eigenen Anspruch heißt es:

„Um den Kollaps zu verhindern, muss die Gestaltungsfrage gestellt werden. Wir NaturFreunde bieten deshalb eine wichtige Plattform, um eine Brücke zwischen Politik und Gesellschaft zu bauen. Deshalb suchen wir insbesondere das Bündnis mit den Akteuren der Zivilgesellschaft wie z. B. der Umwelt- und Friedensbewegung, den Gewerkschaften, Sozialorganisationen, Kirchen und Kulturverbänden.“

„Nie wieder Krieg – nieder wieder Faschismus!“

Seit 1957 findet jährlich am 1. September der Antikriegstag statt, damals initiiert vom DGB und seinen Einzelgewerkschaften. Auch heute noch ist dieses Datum fest im Kalender von Friedensbewegten verankert und in vielen Städten auch unter Bezug auf „Nie wieder Krieg – nie wieder Faschismus“ mit Veranstaltungen und Aktionen verbunden. Dieses Motto gilt als die Kurzformel des Schwurs von Buchenwald nach der (Selbst-)Befreiung dieses Konzentrationslagers 1945.

Übersehen sollte man dabei aber eines nicht: Beide Teilforderungen waren damals weniger Selbstverpflichtung, als vielmehr die greifbar nahe Vision nach 12 Jahren Barbarei, das Licht am Ende des Tunnels. Mit anderen Worten: Was damals als Vision naheliegend war, ist heute wieder ins Utopische entrückt. Die Forderung selbst ist deshalb natürlich nicht antiquiert, jedoch bedarf die darin enthaltene Selbstverpflichtung einer Ergänzung um zeitgemäße Visionen. Solche (konkreten) Visionen sind beispielsweise:

  • für eine neue Entspannungspolitik und beidseitig vorteilhafte Beziehungen mit Russland
  • die Kritik an der Bundeswehrwerbung bei Jugendlichen – als Forderung nach zivilen Ausbildungsangeboten mit Perspektiven

Bild


Abrüstung für globale Gerechtigkeit

Zu den aktuellen Kernforderungen der deutschen Friedensbewegung – wozu sicherlich auch deren starke Präsenz bei den Protesten gegen den G20-Gipfel Anfang Juli 2017 dieses Jahres beigetragen hat – zählt die Forderung nach Abrüstung für globale Gerechtigkeit. Damit wird reflektiert, dass die Länder des globalen Nordens auch mit ihren Rüstungsausgaben auf Kosten des globalen Südens leben. Dieses kann man mit wenigen Zahlen beispielhaft festmachen.

Die weltweiten Militärausgaben lagen 2016 bei 1,7 Billionen Dollar, davon entstanden über 920 Milliarden durch NATO-Staaten. Hingegen wurden im gleichen Zeitraum (nur) 242 Milliarden Dollar für erneuerbare Energien ausgegeben, denen die Schlüsselrolle im Kampf gegen den Klimawandel zukommt. Interessant ist bei diesem Vergleich, dass die Rüstungsausgaben seitens der NATO-Staaten vor allem einem geostrategischen Ziel dienen, nämlich der weltweiten Sicherung von Ressourcen durch Ausplünderung des globalen Südens. Hierbei geht es vor allem um fossile Energieträger, das heißt um Energiequellen und Transportwege.

In den Ländern des globalen Nordens ist der wesentliche Effekt des Ausbaus erneuerbarer Energien deshalb die reduzierte Abhängigkeit von fossilen Energieträgern, was als weitgehend verschwiegenes aber offensichtliches Motiv von militärischer Aufrüstung und dadurch bedingter Ressourcenverschwendung zugrunde liegt. Geradezu grotesk muss es deshalb erscheinen, dass nach vorliegenden Analysen die USA, als die mit Abstand größte Militärmacht der Welt durch das Pentagon, auch den weltweit größten Einzelverbraucher fossiler Brennstoffe stellen.

Dem entgegen steht, dass mit dem Ausbau erneuerbarer Energien in den Ländern des globalen Südens durch die dezentrale Verfügbarkeit vor allem bei Photovoltaik teilweise grundlegende Verbesserungen der Lebensqualität bei Menschen erreicht wird, die bisher ohne elektrischen Strom auskommen mussten.

Einer der wenigen Wissenschaftler, die sich bereits seit langem mit diesem Zusammenhang befassen, ist Dr. Daniele Ganser mit dem von ihm 2011 gegründeten Swiss Institute for Peace and Energy Research (SIPER). Wenn man zu seinem jüngsten Buch „Illegale Kriege“ feststellen kann, dass die Motive für die Interventionskriege der NATO-Staaten darin etwas unterbelichtet sind, so werden diese in seinem bereits 2012 veröffentlichten Buch „Europa im Erdölrausch“ sehr anschaulich analysiert.


Bild


„Kein Blut für Öl“ war Anfang 1991 beim zweiten Golfkrieg die wichtigste Anti-Kriegs-Parole der Friedensbewegung in Deutschland. Auch bei den Massenprotesten 2003 vor dem dritten Golfkrieg war diese Parole noch dominant. In den letzten Jahren ist diese Thematik eher in den Hintergrund getreten, so zum Beispiel 2011 beim Krieg gegen Libyen als Erdölproduzent und dem Krieg in Syrien, das für Pipeline-Routen eine wichtige geostrategische Lage hat. Hilfreich ist dazu ein Blick auf das europaweite Netz von Erdgaspipelines, wo insbesondere das Konfliktland Ukraine eine besondere Einzelbetrachtung verdient.

Konversion als übergreifendes Kernelement

Sowohl bei der Forderung nach sozial-ökologischer Transformation wie auch bei Forderungen nach Abrüstung, hier speziell auch im Kontext von deutschen Waffenexporten, spielt die Forderung nach Konversion eine erhebliche Rolle. Oben genannt wurde bereits der agrar-industrielle Komplex. Noch entschiedener muss diese Forderung in Bezug auf die Automobilindustrie gestellt werden. Diese generiert die Nachfrage nach Ressourcen fressendem Individualverkehr mit fossilen Brennstoffen. Damit trägt diese auch eine globale Hauptverantwortung für den CO2-Ausstoß sowie Umweltbelastungen durch Luftschadstoffe und Lärm.

Dem gegenüber ist die arbeitsplatzpolitische Relevanz der deutschen Rüstungsproduktion eher als nachrangig anzusehen. Aufgrund der derzeitigen Eigentums- und Machtverhältnisse dieser hoch profitablen Branche, wie auch aus dem zunehmend militärisch geprägten Großmachtstreben der deutschen Politik, ist eine Konversion dieser Branche aber nicht weniger schwierig.
Eine drastische Reduzierung von Rüstungsausgaben im Sinne von Konversion wäre mit zwei grundlegenden Effekten verbunden:

  1. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass mit einem Arbeitsplatz in der Rüstungsindustrie zwei Arbeitsplätze im Gesundheitswesen und drei Arbeitsplätze im Erziehungs- und Bildungswesen geschaffen werden können – im Sinne einer sozialen Transformation.
  2. Industriearbeitsplätze können zum Beispiel für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) anstelle des motorisierten Individualverkehrs und einem beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien umgewidmet werden. Dieses gilt natürlich auch unabhängig von der Rüstungsindustrie – im Sinne einer ökologischen Transformation.

Widerstand gegen Militärbasen als zivilgesellschaftliche Kristallisationspunkte

Die Kampagne „Stopp Air Base Ramstein“ hat soeben eine Broschüre veröffentlicht, die in zahlreichen Kurzbeiträgen den weltweiten Widerstand gegen Militärbasen darstellt, der Gegenstand eines internationalen Kongresses gegen Militärbasen am 8. und 9. September 2017 in Kaiserslautern war. Auffallend ist hierbei, dass die Motive des zivilgesellschaftlichen Widerstandes sehr unterschiedlich sind und der Antimilitarismus nicht unbedingt dominant ist. Nur zwei Beispiele des weltweiten Widerstandes seien an dieser Stelle genannt:

Auf Sizilien gibt es starken Widerstand gegen das dort installierte Satellitenkommunikationssystem der USA. Die Bewegung No MUOS erhielt dafür den Aachener Friedenspreis 2017. Was neben der militärischen Bedrohung viele No-MUOS-AktivistInnen antreibt, ist auch die Sorge um ihre Gesundheit und den Fortbestand eines berühmten Korkeichenwaldes. Das von der Militärbasis ausgehende starke elektromagnetische Feld beeinträchtigt laut einer wissenschaftlichen Studie der Universität Turin tatsächlich die Gesundheit der AnwohnerInnen, das Ökosystem und die Qualität der Agrarprodukte. So ist unter anderem eine deutliche Zunahme von Schilddrüsen- und Hodenkrebs sowie Leukämie und anderen alarmierenden Krankheiten bei der örtlichen Bevölkerung zu verzeichnen.

Auf der japanischen Insel Okinawa gibt es seit den 50er Jahren Protest gegen die dortigen Militärbasen. Im Juli 2016 protestierten etwa 65.000 Menschen gegen die US-Militärpräsenz, wobei die fehlende Strafverfolgung bei kriminellen Delikten von US-Militärangehörigen, vor allem bei Vergewaltigungen, der Kristallisationspunkt des Protestes war. Die damit im Zusammenhang stehende Konsequenz der vorgesehenen Verlagerung der mitten im Stadtzentrum von Ginowan gelegenen US-Militärbasis hat allerdings anderweitig gravierende Folgen: Die am neuen Standort Henoko vorgesehene Start- und Landebahn soll Offshore gebaut werden. Dazu wären aber 35 Millionen Tonnen Erde und Sand ins Meer zu schütten und das gesamte, noch intakte Ökosystem an der Küste zu zerstören. Deshalb gibt es dort andauernde Protestaktionen mit dem Motto: „Kein Korn Sand für den Krieg“.

In Deutschland ging es bei der 2015 gegründeten Kampagne „Stopp Air Base Ramstein“ anfangs um die Empörung gegen deren völkerrechtswidrige Nutzung für den US-Drohnenkrieg. Zunehmend rücken aber andere Fragen in den Vordergrund, wie die Konversion einer Militärregion zu einem entmilitarisierten Gebiet mit zivilen Arbeitsplätzen und einer regenerierten Umwelt. Insbesondere die Umweltbelastung durch einen undefinierten Schadstoffcocktail in Luft, Boden und Grundwasser zum Beispiel durch das Ablassen von Kerosin bei Landeanflügen, sowie Lärmbelastungen durch militärische Transportflüge und Tiefflug-Übungen von Kampfjets setzen mittlerweile andere Akzente. Am deutlichsten wird dieses durch die Unterstützung des Stadt- und Kreisverbandes der Grünen in Kaiserslautern für die Ramstein-Kampagne.

Fazit

Die Forderung nach Abrüstung beinhaltet zweierlei:

  1. eine Abkehr von der gewaltsamen Ressourcensicherung und damit dem wichtigsten Grund für Aufrüstung und Krieg in unserer Zeit
  2. ein entscheidender Beitrag zur Verhinderung künftiger Kriegsgründe durch den die menschliche Existenz bedrohenden Klimawandel

AktivistInnen für Umwelt und Klima sind hierzulande nicht nur erheblich zahlreicher als Friedensbewegte, sondern auch stärker von Visionen getrieben, die anstelle einer bloßen „Wir sind dagegen“-Mentalität rücken müssen. Umweltbewegte sollten sich aber davon überzeugen, dass die für eine ökologische Wende erforderlichen Ressourcen nicht nur durch Umschichtung ziviler Ausgaben erreicht werden, sondern vor allem der für die Menschheit existenzielle Klimaschutz nur durch drastische Abrüstungsmaßnahmen und damit Umschichtungen von vorhandenen Ressourcen möglich werden.

Friedensbewegte sollten die bereits vorhandenen Konversionsforderungen als Bestandteil einer sozial-ökologischen Transformation sehen, um damit die erweiterte Sicht auf Umweltprobleme zu gewinnen.

Die Kampagne "Abrüsten statt Aufrüsten", die am 6. November 2017 mit einer Unterschriftenaktion gegen die Erhöhung des Rüstungshaushaltes auf 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes angetreten ist, hat erfreulicherweise nicht nur einige prominente Erstunterzeichner aus den Gewerkschaften, sondern auch aus der Umweltbewegung. Die Forderungen nach einer sozial-ökologischen Transformation und nach Abrüstung für globale Gerechtigkeit könnten so zu einer gemeinsamen Klammer für Friedens- und Umweltbewegte werden.


Bild