Von Geburt an überwacht

Das World Economic Forum empfiehlt Microchip-Implantate für Kinder.

Würden Sie nicht auch immer gern wissen, wo sich Ihr Kind aufhält? Schließlich könnten Sie es damit vor Dummheiten bewahren, ersparen sich quälende Sorgen, und auch im Entführungsfall könnte die Polizei Ihren Sprössling schnell aufspüren ... Solche Überlegungen klingen verführerisch. Das WEF verschiebt die Grenzen des Denkbaren weiter und wirbt diese Woche für Chipimplantate. Besonders für Kinder gebe es viele Vorteile. Der Klub von Klaus Schwab kämpft um Akzeptanz und Normalisierung von Microchips im Körper. Die Körpergrenze bei Überwachungsmaßnahmen wäre somit ein für allemal überwunden, denn wer seine Intimsphäre bewahren wollte, könnte den Chip nicht einfach zu Hause lassen wie ein Smartphone. Setzt erst einmal die Gewöhnung an die neue Technologie ein, könnten Kinder nur die unfreiwilligen Pioniere sein für etwas, das dann bald auch auf Erwachsene übergreift.

Was wurde über die Verschwörungstheoretiker gelacht: Mit der Impfung wolle Bill Gates die Menschheit chippen. Mit verächtlichen und pathologisierenden Ton wurde so über Kritiker hergefallen. Die wenigsten glaubten das natürlich wirklich. Dabei ist die Technologie schon längst so weit. Das World Economic Forum (WEF) empfiehlt in einem Blogeintrag, Kinder micro-chippen zu lassen. Dafür gäbe es „rationale“ Gründe.

Chip soll wie Brille werden

Für das WEF gäbe es Wege, „diese erstaunlichen Technologien auf ethische Weise zu einem Teil unseres Lebens zu machen“, berichtet „Reclaim the Net“ am Samstag. Ein weiterer Punkt für sogenannte „Verschwörungstheoretiker“.

Es ist zweifellos noch ein weiter Weg, bis sich eine große Zahl an Menschen bereitwillig chippen lassen will. Bisher gibt es nur ganz vereinzelt Menschen, die offen für diese Technologie sind. Die Aufgabe des WEF deshalb: Die Technologie zu normalisieren. Die umstrittene Technologie soll akzeptiert und anerkannt werden.

Kindern etwa einen Ortungschip zu implantieren, müsse man deshalb als „solide, rationale Maßnahme“ begreifen, argumentiert das WEF. Das schreibt der Schwab-Klub in einem Blogeintrag, der sich mit der Zukunft von „augmented reality“ (AR) der „augmented Society“ befasst.

„So beängstigend Chip-Implantate auch klingen mögen, sie sind Teil einer natürlichen Evolution, die Wearables einst durchliefen. Hörgeräte oder Brillen sind nicht mehr mit einem Stigma behaftet“, heißt es in dem Blogbeitrag. „Sie sind Accessoires und werden sogar als Modeartikel angesehen. In ähnlicher Weise werden sich Implantate zu einem Gebrauchsgegenstand entwickeln.“

Der Microchip soll also in Zukunft nichts anderes als eine Brille sein. Die eigene Vorstellung der zukünftigen Gesellschaft wird dabei als natürliche und logische Entwicklung dargestellt. Die Technokratie und ihre Interessensgruppen verschwinden in der Argumentation. Implizit folgt man aber in der Argumentation der Annahme, dass diese den Schlüssel zu den ethischen Fragen in der Hand halte.

Speziell auf Kinder ist die Normalisierungsstrategie des WEF gerichtet:

„Die Grenzen für Implantate werden eher durch ethische Argumente als durch wissenschaftliche Kapazitäten gesetzt. Sollte man beispielsweise seinem Kind einen Ortungschip implantieren? Es gibt solide, rationale Gründe dafür, wie etwa Sicherheit. Würden Sie es tatsächlich tun? Ist das zu weit hergeholt?“

Und schon hat man die Grenzen des Denk- und Vorstellbaren bereits etwas erweitert.

Andere Vorteile gäbe es aus gesundheitlicher Sicht:

„Vielleicht möchten wir Kindern mit Legasthenie durch Implantate, die in Echtzeit übersetzen, neue Möglichkeiten eröffnen. Andererseits ist Legasthenie eine persönliche Eigenschaft. Wollen wir das ändern? Als Gesellschaft müssen wir eine Entscheidung treffen: Wollen wir die menschlichen Einschränkungen, die mit dem Lernen oder dem Älterwerden verbunden sind, akzeptieren?“

Kampf um Rechte

AR sei demnach in vielen Bereichen „nützlich“, etwa im Gesundheitswesen oder in der Bildung. Es brauche aber „Richtlinien“, wie die enorme Macht „ethisch“ reguliert werden soll. Das übernimmt dann selbstverständlich das WEF für die gesamte Gesellschaft. Denn die Technologien seien „transformativ“ für die Gesellschaft, sie bräuchten „die richtige Unterstützung, Vision und Kühnheit“.

„Rechlaim the Net“ fragt sich, warum „Kühnheit“ an dieser Stelle eingefügt sei: „Es handelt sich um einen Euphemismus, um einige ziemlich unerhörte „Visionen“ zu verkaufen, die das WEF zum Ausdruck bringt, wie z. B. das Ersetzen von Medikamenten durch Gehirnimplantate, die den Körper mit elektrischen Impulsen manipulieren, und das Verbinden aller Arten von Chips, die durch Operationen in Menschen eingesetzt werden, mit Sensoren, die man in einem Stuhl finden könnte.“

Die Kritiker, die sich um Grund- und Bürgerrechter sorgen, um ihre Privatsphäre, um körperliche Autonomie, sowie um ihr Recht auf „analoges Leben“, erwähnt man nicht wirklich. Diese hätten nur Vorurteile und würden die technologischen Schritte „stigmatisieren“.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Beitrag erschien zuerst unter dem Titel „WEF empfiehlt Microchip-Implantate für Kinder“ bei tkp.