Unter der Glaskuppel

Die Democracy-App zeigt, dass die Abstimmungsergebnisse im Bundestag nur selten den Wählerwillen widerspiegeln — diesmal bei den Themen Energiepreisbremse und NATO-Operationen am Mittelmeer. Teil 5.

In der Democracy-App können alle Bürger selbst über die Beschlüsse im Bundestag abstimmen und das Ergebnis mit dem der Abgeordneten vergleichen. Es zeigt sich, dass das Abstimmungsverhalten oft auseinanderklafft. Insbesondere NATO-Kriegseinsätze, die von der Bevölkerung regelmäßig mehrheitlich abgelehnt werden, finden im Bundestag einige Unterstützer. Wie auch in anderen Fällen zeigt sich hier eine Blockbildung aus Parteien im Bundestag, die geschlossen für oder gegen die jeweiligen Anträge stimmen — so auch bei der Energiepreisbremse.

Im letzten Teil standen die Abstimmungen aus der 11. Kalenderwoche im Fokus. Dieser Teil umfasst die 13. Kalenderwoche, die Woche vom 27. März bis zum 2. April 2023.

NATO-Operation

Am 15. Februar 2023 beschloss die Bundesregierung, dass bewaffnete deutsche Streitkräfte weiterhin „an der NATO-geführten Maritimen Sicherheitsoperation SEA GUARDIAN (MSO SG) im Mittelmeer“ beteiligt sein sollen (1). Die Bundeswehr hat dort vier Einzelaufträge. Sie soll:

  1. ein Lagebild erstellen;
  2. „zum Kampf gegen den Terrorismus“ beitragen – das bedeutet zum Beispiel, „auch unter Bedrohung“ Schiffe zu durchsuchen oder zu beschlagnahmen;
  3. die eigenen Kräfte und Unterstützer sichern und schützen;
  4. Informationen austauschen und das Waffenembargo der Vereinten Nationen gegen Libyen unterstützen.

Dieser Bundeswehreinsatz stand am 29. März 2023 im Bundestag zur Abstimmung. Von den 736 Abgeordneten stimmten 550 mit Ja, 106 mit Nein, 2 enthielten sich, und 78 gaben ihre Stimme nicht ab. Die CDU/CSU stimmte geschlossen dafür; aus den Parteien Bündnis 90/Die Grünen, FDP und SPD wichen nur wenige Stimmen ab, ansonsten stimmten auch sie für die Fortsetzung des Einsatzes. AfD und Die Linke stimmten jeweils geschlossen dagegen. Vier fraktionslose Abgeordnete stimmten mit Nein, einer mit Ja. Dieser Einsatz wurde somit bis zum 31. März 2024 verlängert.

In der Democracy-App stimmten 1.994 Nutzer ab. Von ihnen stimmten 60 Prozent gegen den Einsatz, 36 Prozent dafür, der Rest enthielt sich.

Olivgrüne Zeitenwende

Das Abstimmungsergebnis in der App überrascht nicht. Seit 2011 die Wehrpflicht in Deutschland ausgesetzt wurde, muss die Bundeswehr ihre Soldaten selbst rekrutieren. Die Truppenstärke soll eigentlich ausgebaut werden, doch genau das gelingt nicht. Das zweite Jahr in Folge sind mehr Soldaten aus der Bundeswehr ausgeschieden als neue Rekruten dazugekommen. Die Corona-Impfpflicht für Soldaten, die es immer noch gibt, dürfte zu diesem Trend beitragen. Denn, so schreibt der Mitteldeutsche Rundfunk: „Eine Verweigerung wird bestraft.“

Während die Bürger der Bundeswehr nicht gerade die Tür einrennen, haben sich einige Politiker und Journalisten bereits positioniert. Die ARD sendete erst vor Kurzem eine Doku mit dem Titel: „Können wir Krieg?“ Diese Frage wird am Ende der Doku von der Bundestagsabgeordneten Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und dem Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bejaht. Roderich Kiesewetter (CDU) sagte gar: „Wir müssen Krieg können, um ihn zu verhindern.“

Der Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir, Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen, verbrachte die Tage vor Ostern bei der Bundeswehr. Er hat nie Wehr- oder Zivildienst geleistet; die deutsche Staatsbürgerschaft nahm er auch deshalb an, weil er so keinen Wehrdienst in der Türkei leisten musste. Heute wirbt er als Grüner für die Bundeswehr.

Strom-, Erdgas- und Wärme-Preisbremsengesetz

Am 31. März 2023 stand das Gesetz zur Änderung des Strompreisbremsengesetzes sowie zur Änderung des Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetzes im Bundestag zur Abstimmung. Die SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und CDU nahmen dieses Gesetz an, das macht einen Anteil von 84 Prozent aus. Die Linke und die AfD lehnten dieses Gesetz ab. In der Democracy-App stimmten 1.142 Nutzer ab. Von ihnen votierten 49 Prozent mit „Ja“. Weitere 39 Prozent stimmten mit „Nein“, 12 Prozent enthielten sich. Die Details des Gesetzes können auf dem Internetauftritt der Democracy App eingesehen werden. Auch hier zeigte sich wieder eine Divergenz zwischen den Nutzern der App und den Repräsentanten im Bundestag.


DEMOCRACY – Ein Erklärfilm


Quellen und Anmerkungen:

Dieser Beitrag wurde mithilfe von DEMOCRACY erstellt. DEMOCRACY ist eine vom gleichnamigen und gemeinnützigen Trägerverein DEMOCRACY Deutschland e. V. zur Verfügung gestellte, kostenlose und vollständig durch Spenden finanzierte Open-Source-App, mit der ihre Nutzer selbst über die Anträge und Gesetze des Deutschen Bundestages abstimmen sowie ihre Entscheidungen interaktiv mit der Community und den offiziellen Resultaten des Bundestages vergleichen können. Um den Service aufrechterhalten zu können, ist der Verein auf Spenden angewiesen.

(1) Siehe Seite 1 bis 2.