Über dreißig Jahre Krieg
Obwohl sich die Situation in Somalia in diesem Jahr verbessert hat, leidet fast jeder fünfte Bewohner des Landes an Hunger.
Krieg ist nicht nur für diejenigen schlimm, die das Unglück haben, von einer Kugel getroffen zu werden. Auch die Zivilbevölkerung leidet oft erheblich unter den Kriegsfolgen, Menschen werden vertrieben, hungern oder geraten anderweitig in Lebensgefahr. In Somalia dauern bewaffnete Auseinandersetzungen mittlerweile schon 30 Jahre an. Hinzu kommen Dürrekatastrophen und Überschwemmungen. Tausende vegetieren in Auffanglagern. Die internationale Hilfe, die das Land erreicht, ist meist unzureichend, auch weil so viele Katastrophengebiete in Afrika zu versorgen wären. Es ist wichtig, diese Region aus dem toten Winkel der öffentlichen Wahrnehmung herauszuholen und die Krise endlich in den Griff zu bekommen.
Somalia liegt am Indischen Ozean. Im Süden grenzt Somalia an Kenia im Westen an Äthiopien und im Norden an Djibouti.
Somaliland und Puntland im Norden sind relativ friedliche Gebiete. Somaliland wird autonom verwaltet und möchte unabhängig werden. Früher stand es unter britischer Kolonialherrschaft.
Die ländlichen Gebiete im Süden Somalias werden zum Teil immer noch von der islamistischen Gruppierung Al Shabab kontrolliert. In der letzten Zeit werden sie von somalischen Regierungstruppen und der Truppe der Afrikanischen Union, der AMISOM immer erfolgreicher bekämpft. Al Shabab verübt in Mogadischu und anderen Städten immer wieder Anschläge. Der Süden Somalias stand früher unter italienischer Kolonialherrschaft.
Somalia: 18,7 Millionen Einwohner, mit 3,8 Millionen intern Vertriebenen
In Somalia leben 18,7 Millionen Menschen, davon in der Hauptstadt Mogadischu etwa drei Millionen. Somalia ist über 15-mal größer als die Schweiz und etwa 1,8-mal so groß wie Deutschland. Mehr als 3,8 Millionen Menschen in Somalia wurden durch den schon über 30 Jahre dauernden Krieg und durch Naturkatastrophen gezwungen, ihre Region zu verlassen. Sie leben unter katastrophalen Bedingungen in Camps am Rande der großen Städte. Frauen und Kinder machen 80 Prozent der internen Flüchtlinge aus und sind großen Risiken ausgesetzt.
In Merka, der Stadt, in der das Schweizer Hilfswerk Swisso Kalmo seit über 35 Jahren ein Ambulatorium betreibt, leben etwa 100.000 Menschen und auch viele intern Vertriebene (1).
Intern Vertriebene am Rand der Stadt Merka, Foto: Swisso Kalmo
Infos der Uno-Organisation für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten OCHA
Somalia erlebte 2023 die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten. Nach der Dürre folgten Überschwemmungen, wie sie Somalia seit Generationen nicht mehr gesehen hatte, schreibt die UNO-Organisation für die Koordinierung von humanitären Angelegenheiten OCHA (2).
Rund 6,7 Millionen Somalier waren im letzten Jahr vom Hunger bedroht. Über eine halbe Million Kinder waren lebensbedrohlich mangelernährt.
In den ersten zwei Lebensjahren ist die Unterernährung für ein Kind sehr gefährlich. Das Hirn kann sich nur mangelhaft entwickeln, sodass das Kind später viel schlechter lernen kann als ein Kind, das gut ernährt wurde.
Überschwemmungen auch in Merka
Von Swisso Kalmo erhielten wir im November 2023 einen Bericht über Fluss-Überschwemmungen in Merka. Mehrere Dörfer im Distrikt Merka in der Provinz Lower Shabelle wurden am 22. November 2023 von starken Regenfällen heimgesucht. Häuser und Bauernhöfe wurden zerstört und die Bewohner mussten fliehen, nachdem sie vergeblich versucht hatten, die Flut einzudämmen.
Fotos der Dörfer im Distrikt Merka in der Provinz Lower Shabelle nach heftigen Regenfällen am 22. November 2023, Fotos: Swisso Kalmo
Die Stadt Merka am Indischen Ozean, Foto: Swisso Kalmo
„Situation in Somalia hat sich verbessert, ist aber immer noch prekär“
Obwohl sich die Situation in Somalia in diesem Jahr verbessert hat, ist der Bedarf an humanitärer Hilfe nach wie vor sehr groß, wie die UNO Organisation OCHA schreibt. Fast jeder fünfte Somalier konnte sich im Monat März nicht genügend ernähren, schätzungsweise 4 Millionen Menschen. Viele Kinder sind von einer akuten Mangelernährung betroffen. 1,7 Millionen Kinder in Somalia im Alter von 6 bis 59 Monaten werden zwischen Januar und Dezember dieses Jahres zu wenig zu essen haben, davon werden 430.000 Kinder wahrscheinlich schwer unternährt sein.
Madow Ahmed, Mutter von drei Kindern, spricht mit Mitarbeitern der Hilfsorganisation im Yaqbarwe Lager für Vertriebene in Baidoa, in Somalia. Madow’s Familie wie die Bewohner des Flüchtlingslagers werden durch Hilfsorganisationen mit Geld, Medizin, durch den Bau von Wassertanks, Latrinen und Solarpanels unterstützt, Foto: OCHA
Temporäre Unterkünfte in Twfiq Camp für intern Vertriebene im Distrikt Jowhar, Foto: OCHA
Humanitärer Hilfsplan der UNO für Somalia
Für den somalischen humanitären Hilfsplan der UNO werden 2024 1,6 Milliarden US-Dollar benötigt, um 5,2 Millionen Menschen zu helfen. Hilfe wird in Regionen geleistet, die am meisten von der Not betroffen sind. Angriffe auf die Helfer und ihre Infrastruktur erschweren jedoch die Unterstützungsoperationen.
Sicher wird es für die UNO schwierig sein, diese Mittel für die humanitäre Hilfe in Somalia zu beschaffen, angesichts der anderen Katastrophen, die Afrika heimsuchen, unter anderem der Krieg im Sudan.