Total verstrahlt
Deutschland will Atommacht werden.
Deutschland und Atombomben! Durch das Manhattan Project im zweiten Weltkrieg wäre beinahe dies, was sich die Antilopen-Gang satirisch herbeisehnt (1), wahr geworden. Eine Atombombe auf Deutschland. Wie uns die Geschichte lehrt, musste stattdessen Japan zweimal den Kopf für eine der unmenschlichste Kriegshandlungen, die es gibt, hinhalten. Andernfalls wäre heute die BRD ein verstrahltes, nahezu unbewohnbares Gebiet. Nun fordert Christian Hacke, ein scheinbar „hackedichter“ Politikwissenschaftler, Deutschland müsse durch den Kurswechsel der USA zur Atommacht werden (2). Der Wahnsinn ist kaum in Worte zu fassen. Ich will es dennoch versuchen.
Ich erinnere mich noch gut an den 18. April 2018. Es ist der Mittwoch nach der „Kubakrise 2.0“, als am Freitag den 13. die USA Syrien bombardiert, einen Krieg mit Russland provoziert und die Welt in Todesangst vor einem Dritten Weltkrieg versetzt.
Der Spannungsbogen verlief ähnlich wie in einem Horrorfilm. Ein Beispiel: Eine Frau betritt einen dunklen Raum, in dem sich ein Schrank mit einer halb geöffneten Türe befindet. Aus dem Schrank dringen unheimliche Geräusche. Die Frau möchte wissen, was es mit diesen Geräuschen auf sich hat und nähert sich diesem. Die Spannung steigt, der Puls schlägt höher, die hellen Töne der Musik leisten ihren Beitrag. Die Frau streckt die Hand nach der Schranktürklinke aus. Der Puls steigt höher. Die Hand kommt der Tür näher. Der Puls steigt und steigt. Die Frau öffnet mit einem lauten Knarren die Tür. Der Puls rast nun. Licht fällt in den Schrank und – gibt den Blick auf eine kleine süße Katze frei, die kurz „Miau“ macht.
Die Frau und die Zuschauer atmen erleichtert auf. Der Puls geht runter. Und dann plötzlich: BAM! Das Monster steht hinter der Frau und alle erschrecken sich zu Tode.
So verlief auch die Woche vom 11. bis zum 18. April. Vom Mittwoch den 11. bis Freitag den 13. hielt die Welt den Atem an, hoffte das Beste und erwartete das Schlimmste. Die Pulse ging nach oben, die Raketen nach unten. Forschungseinrichtungen wurden zerstört, mehrere Menschen – keine Russen – verletzt und niemand getötet. Aus gut informierten Kreisen erfuhr ich, dass wir haarscharf an einer globalen Katastrophe vorbeigeschrammt waren. Der Puls ging runter.
„Da ham ma wieder ma Glück gehabt!“, wie die Schwarzwälder Kirschtorten singen würden. Wieder ein „heißer April“, der wie 2017 hätte böse enden können, als wir eine ähnliche Situation hatten.
Am 18. April dann, ich saß an meinem Rechner und machte etwas für die Uni, da ertönte es! Der schaurigste Klang, den die Menschheit je entwickelt hatte: der Bombenalarm!
Plötzlich stand ich senkrecht! Mein erster Gedanke war: Es ist doch eskaliert! Die Großmächte USA und Russland sind in Syrien aneinandergeraten und Russland feuert nun seine Raketen auf strategisch wichtige Ziele in Deutschland. Wie ein eingesperrtes Tier rannte ich zunächst in den Flur. Trotz geschlossener Fenster drang das schaurige Heulen durch die Ritzen der Fensterrahmen, durch Tür und Mauerwerk bis tief in die Wohnung. Ich rannte auf den Balkon. Vielleicht sah man die ersten Raketen schon anfliegen. Ich wusste beim besten Willen nicht, wie ich auf so eine Situation reagieren sollte. Polizei und Rettungsdienst können einem schließlich bei einem nuklearen Angriff auch nicht mehr weiterhelfen!
Ein unglaubliches Gefühl der Ohnmacht und der Hilflosigkeit machte sich in mir breit. Ich blickte über die roten Ziegelsteindächer Erlangens, die Hinterhöfe, die Kirchtürme in der Ferne und fragte mich, ob ich nun die letzten Minuten der „alten Welt“ sehe, ehe aus gleißendem Licht kommende Druckwellen Abermillionen Leben verschlingen? Sollte ich noch jemanden anrufen und mich für immer verabschieden? Sollte ich mir noch schnell so viele Lebensmittel wie möglich krallen und mich in den Keller verziehen? Ich rannte zurück an meinen Rechner und wollte auf Facebook abchecken, ob die Leute bereits panisch ihre apokalyptischen Posts absetzten. Da verstummte die Sirene.
Ich traute der eintretenden Stille nicht! Ich griff zu meinem Smartphone und wählte den Notruf. Mit bebender Stimmte verlangte ich nach Auskunft, was das eben gewesen sei. Eine freundliche und beruhigende Stimme am anderen Ende der Leitung erklärte mir, es handle sich lediglich um einen Probealarm in Mittelfranken, ich müsse mir keine Sorgen machen. Ich dankte und legte auf!
Deutschland soll Atommacht werden
Mein soeben geschildertes Erlebnis verdeutlicht diesen Wahnsinn. Viel extremer erlebten das die Bewohner von Hawaii, als sie infolge eines Fehlalarms 38 Minuten in Todesangst auf ihr Ende warteten.
Der Mensch erfand die Atombombe, doch keine Maus der Welt würde eine Mausefalle konstruieren.
– Albert Einstein
Dieses pointierte Zitat scheint an Prof. Dr. Christian Hacke, seines Zeichens Politikwissenschaftler in Bonn, völlig vorbeigegangen zu sein. Der Professor, der als Forschungsschwerpunkt unter anderem die Kubakrise (!) angibt, fordert nun tatsächlich, dass Deutschland eine Atombombe brauche, um das durch Donald Trump entstandene Ungleichgewicht wieder herzustellen.
Unglaublich! Da fühle ich mich wie Sarah Conner aus Terminator, die in ihrem Albtraum gegen den Zaun hämmert und versucht, die Kinder vor dem atomaren Fallout zu warnen.
Ich bin über die paradoxe Denkweise solcher Menschen wie Hacke immer wieder erstaunt und zugleich entsetzt. Trinkt der werte Professor etwa auch Schnaps, um nüchtern zu werden, Kaffee, um besser schlafen zu können? Kippt er Restmüll in den Wald, um seinen ökologischen Fußabdruck zu verringern?
Da ich selber Politikwissenschaften studiere – und nun ganz genau weiß, welchen Politikwissenschaftler ich mir ganz bestimmt nicht zum Vorbild nehmen werde – meine ich zumindest verorten zu können, woher solch eine verrückte Denkweise kommt. Sie entspringt Spaten der Realismus-Theorie, nach der Staaten permanent ihre sogenannten „Capabilities“ neu ausrichten, um die (wahrgenommene) Bedrohung anderer Staaten auszugleichen. Als Drohkulisse werden hier etwa der Iran wegen seines angeblichen Besitzes von Atomwaffen oder die vermeintliche Aggression Russlands aufgebaut.
Diese Kulisse steht jedoch auf sehr wackeligen Beinen und fällt um, sobald man die Zahlen an ihre Hölzer pinnt, die zeigen, dass die russischen Rüstungsausgaben 2017 gerade mal 8,4 Prozent der Gesamtrüstungsausgaben der USA, Frankreichs, Großbritanniens, Deutschlands und Italiens – NATO-Staaten also – zusammen ausmachten. Und ganz im Ernst: meinst du, die Russen wollen Krieg?.
Brauchen wir die Bombe?
Diese saudumme Frage reiht sich ein in die Reihe weiterer absurder Fragen, die heute in Deutschland laut gestellt werden dürfen. Ob man Gekenterte retten solle oder nicht, ist ein anderes Beispiel. Oder ob unter-50-Jährige keine Sozialhilfe mehr beziehen sollen. Bei so vielen haarsträubenden Fragen kann man schon fast die Hoffnung hegen, dass irgendwann auch über Tempolimits auf Deutschen Autobahnen laut sinniert wird. Aber dazu in einem anderen Artikel!
Zurück zur Frage! Die Antwort jedes vernünftigen Menschen kann hier selstverständlich nur lauten:
Weder im Anflug auf uns, noch auf, beziehungsweise unter unserem Boden – egal übrigens, ob es sich dabei um unsere eigenen Bomben oder die von Alliierten handelt. Beide können wir hier nicht brauchen!
Damit eine Atombombe Schaden anrichtet, bedarf es nicht einmal eines Krieges! Der Geheimagent, der die Welt rettete, hieß nicht James Bond, sondern Rainer Rupp! Ohne seinen „Verrat“ bei der Operation Able Archer 1983, bei der er die Sowjets darüber informierte, dass es sich bei dieser doch ziemlich realistischen NATO-Übung am Ende tatsächlich „nur“ um eine Übung handelte, wären die Kampfflieger der DDR abgehoben.
Und auch ohne das Zögern von Oberleutnant Stanislaw Petrow wäre die Welt heute nicht mehr dieselbe. Er entschied sich – ebenfalls 1983 – trotz der Nuklearwarnung des sowjetischen Raketenwarnsystems, nach welcher die USA eine Atomrakete losgeschickt hätten, dagegen, einen unwiderruflichen (!) Nuklearschlag gegen die USA zu starten. Das, was die russischen Satelliten fälschlicherweise als den Start amerikanischer Kontinentalraketen interpretierten, waren – wie man im Nachhinein herausfand – schlicht eine Sonnenreflexion auf Wolken.
Wir haben immer noch nicht verstanden, dass jeder weitere Tag, an dem wir Atomwaffen unterhalten und diese sogar noch modernisieren, der blanke Wahnsinn ist!
Die Bomben können schlicht durch Missverständnisse hochgehen. Die Zünder sind teilweise automatisiert, bedürfen nicht einmal eines menschlichen Befehls, sind digitalisiert und damit zu hacken!
Was machen Atombombe?
Ich denke, der Zerstörungsradius im Zündungsfall sollte jedem klar sein. Falls nicht, sollte man sich dieses Video ansehen, welches die zerstörerische Kraft von Atombomben eindrücklich skaliert. Wer sich das darüber hinaus individuell verdeutlichen möchte, kann sich auf der Seite carloslabs seine eigene Adresse auf googlemaps raussuchen, dort eine Atombombe seiner Wahl zünden und begutachten, was dann von seiner Nachbarschaft noch übrig bliebe. Die Langzeitwirkung von Atomwaffen sollte heute auch niemandem – vor allem keinem Politikwissenschaftler – etwas Neues sein.
Mir geht es eigentlich um etwas ganz anderes. Was genau machen die Menschen – ich nenne sie jetzt mal Menschen, auch wenn sie Unmenschliches tun –, die Atomwaffen abfeuern? Mit einer Schusswaffe oder vielleicht noch einer Handgranate könnte man – einmal in den Rechtfertigungsmustern dieser Leute gedacht – „den Bösen“ eliminieren, ohne Dritten dabei zwangsläufig zu schaden. Doch bei einer Atombombe liegt die Quote des „Kollateralschadens“ – einen Augenblick bitte! Nachdem ich dieses widerliche Wort getippt habe, muss ich mir kurz die Hände waschen gehen. So. Okay, ich bin wieder da – bei nahezu hundert Prozent.
Wer Atombomben abfeuert, tötet damit Schulkinder, Bäcker, Busfahrer, Ärzte, Feuerwehrmänner, Handwerker, Künstler, Blogger, Eltern, Großeltern, Neugeborene und zahlreiche Tiere. Immer. Dazu sei noch angemerkt: wer an diesem Absatz kritisiert, dass er nicht gendergerecht geschrieben wurde, hat die Brisanz der heutigen Gefahr nicht erkannt!
Wie ein Atom, eine gespaltene Person
Nur traumatisierte Menschen, die mit ihren Größen- und Machtfantasien ihre Minderwertigkeitskomplexe kompensieren müssen, benötigen Atomwaffen! An dieser Stelle sei nochmal auf das tiefgründige Gespräch zwischen Dr. Daniele Ganser, Prof. Franz Ruppert, Florian Kirner und Jens Lehrich verwiesen, die dort wunderbar aufklären, wie Krieg und Trauma zusammenhängen. Atombomben symbolisieren die Verachtung gegen die Menschheit und gegen das Leben an sich!
Die Menschen, die über den roten Knöpfen stehen, müssen bereits in einem so hohen Grad von ihren Gefühlen und ihrer Empathie abgespalten sein, dass sie imstande sind, solch monströse Entscheidungen zu treffen.
Der Fliegerhorst Büchel, in welchem die Atombomben der Amerikaner gelagert werden, steht leider noch in einem zu großen Schatten von Ramstein, das natürlich nahezu genauso wichtig ist, und muss aus diesem heraustreten und eintreten in das Bewusstsein der Bevölkerung. Wir müssen uns weltweit dafür einsetzen, dass dieser Wahnsinn beendet wird! Im Falle von Deutschland bedeutet dies, dass wir auch nach Büchel gehen und auch unabhängig davon ein klares Zeichen dafür setzen müssen, dass wir keine Atombombe „Made in Germany“ haben wollen.
Dass wir heute überhaupt noch leben, verdanken wir stahlharten Nerven, den richtigen Leuten, die an der richtigen Stelle im richtigen Moment die richtige Entscheidung getroffen haben – und nicht zuletzt auch purem Glück und Zufall! Die Frage, die sich ein jeder nun stellen sollte, lautet:
Wollen wir in Deutschland unsere Leben auch zukünftig dieser Art des Zufalls überlassen?
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.youtube.com/watch?v=n-dGuZXvKXI
(2) https://www.n-tv.de/politik/Professor-fordert-deutsche-Atombombe-article20550152.html