Sieben Länder in fünf Jahren
Trumps Optionen gegen den Iran sind begrenzt.
Präsident Trump hetzt, schimpft und droht Richtung Teheran. Das Atomabkommen mit dem Iran scheint angezählt. Das nährt die Furcht vor einem weiteren Versuch der USA, einen Regime-Wechsel in der Region durchzudrücken. Ein derartiges Unterfangen wäre jedoch auch für die einzige Weltmacht mit enormen Kosten verbunden. Fest steht – die Gemengelage im Mittleren Osten wird nicht weniger kompliziert, wenn die USA das Abkommen mit dem Iran kündigen, analysiert Patrick Cockburn.
Trumps Optionen gegen den Iran sind begrenzt, auch wenn er das Land beschimpft
von Patrick Cockburn
Mit der Aussicht, dass Präsident Trump das Nuklearabkommen mit dem Iran in etwas mehr als zwei Wochen (der Artikel stammt vom 26. April; Anmerkung der Übersetzerin) aufkündigen könnte, bahnt sich eine Krise in den Beziehungen zwischen den USA und dem Iran an – eine Krise, die durchaus eine militärische Konfrontation im Mittleren Osten hervorrufen könnte.
Trump fordert, dass der Iran die Bedingungen des Vertrages neu verhandelt, in dem die Aufhebung der US-Wirtschaftssanktionen im Austausch gegen die Beendigung des iranischen Nuklearprogramms ausgehandelt worden war.
Im Weißen Haus klingt es, als sei der Entschluss, dem Abkommen den Rücken zu kehren, bereits gefallen. Das Abkommen hatte Trump sowohl vor als auch nach seiner Wahl mehrfach als „den schlimmsten Deal der Welt“ bezeichnet.
Er hat allerdings – außer einer Reihe von Forderungen, die der Iran aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erfüllen wird – auch keine Alternative zu dem angeboten, was Präsident Barack Obama 2015 erfolgreich ausgehandelt hatte. Und allem Anschein nach wird er die Schuld an den US-Maßnahmen dem Iran geben.
US-Regierungsbeamte geben zu, dass der Iran sich bis jetzt an die Vereinbarungen des Vertrages von 2015 gehalten hat.
Eine direktere konfrontative Haltung der USA gegenüber dem Iran würde sehr wenig erreichen; es sei denn, Washington versuchte, seine Ziele nun durch einen dauerhaften militärischen Einsatz statt diplomatischer Bemühungen zu erreichen. Bei den Kriegen, die im Irak seit 2003 gewütet haben, und in Syrien seit 2011, steht der Iran bereits auf der Gewinnerseite.
Der Iran ist mit den syrischen und irakischen Regierungen eng verbündet. Die USA müssten also auf lang anhaltende militärische Interventionen vom Ausmaß des Irak-Krieges zurückgreifen, um das Gleichgewicht der Kräfte dort umzukehren. Dies hatte Trump bisher stets abgelehnt.
Möglicherweise hat der Iran bereits entschieden, dass das Abkommen nicht gerettet werden kann. Der iranische Präsident Hassan Rohani ermahnte Trump am Dienstag (am 24. April 2018, Anmerkung der Übersetzerin), dass die USA sich an die Bedingungen halten müssten, die Teheran gemeinsam mit anderen großen Mächten unterzeichnet hat – andernfalls müssten sie mit „ernsten Konsequenzen“ rechnen.
Rohani äußerte sich dazu in einer Live-Übertragung des Staatsfernsehens: „Ich sage denen im Weißen Haus, dass die iranische Regierung entschieden reagieren wird, sollten die USA sich nicht an ihre Zusagen halten.“
Darüber, welcher Art diese Reaktion sein würde, informierte der iranische Staatschef nicht. Irans Außenminister Mohammad Javad Zarif erklärte jedoch am Wochenende, es sei „höchst unwahrscheinlich“, dass der Iran sich weiter an die Vereinbarungen gebunden fühlen werde, die auch Russland, China, Frankreich, Deutschland und Großbritannien unterzeichnet haben, wenn sich die USA daraus zurückzögen.
Er fügte hinzu, dass der Iran möglicherweise sofort damit beginnen würde, Uran anzureichern; dies allerdings unter Verzicht auf die Entwicklung eigener atomarer Sprengkörper.
Europäische Staatschefs versuchen, das Abkommen zu retten, das Trump als ein Abkommen „voller schlimmer Schwachstellen“ verurteilte. Doch das wird ohne einschneidende Zugeständnisse, die der Iran bereits abgelehnt hat, schwierig sein. Zu diesen Zugeständnissen gehören die Beendigung des iranischen Programms für ballistische Raketen, eine verlängerte Laufzeit des Abkommens und schärfere Kontrollen durch Nuklearinspektoren.
Keine Entscheidung in Washington gilt als wirklich gefällt, solange sie nicht von Trump selbst angekündigt wird – und manchmal selbst dann nicht. Aber die Beförderung von Regierungsbeamten, deren Widerstand gegen das Abkommen bekannt ist, lässt vermuten, dass das Abkommen nicht gerettet werden kann. Trump hat öffentlich verkündet, dass er seinen früheren Außenminister Rex Tillerson gefeuert habe, weil er zu dem von Präsident Obama verhandelten Abkommen stand.
Sein Nachfolger Mike Pompeo ist schon lange ein Feind des Abkommens und äußerte einst, dass 2000 Bombeneinsätze ausreichen würden, um Irans atomare Kapazitäten zu vernichten. „Für die Koalitionskräfte stellt dies keine unüberwindliche Aufgabe dar“, so Pompeo.
Präsident Macron ist zu einem Staatsbesuch in Washington und versucht, dem Weißen Haus das Abkommen schmackhaft zu machen, um es auf diese Weise zu retten. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wird es ihm Ende der Woche gleichtun, während Theresa May ihre Ansichten wahrscheinlich telefonisch übermitteln wird.
Alle drei Staatschefs werden versuchen, Trump von einer Kündigung des Abkommens abzubringen. In ihren Argumenten wird es um zusätzliche Sanktionen und andere Maßnahmen gehen, die das iranische Programm für ballistische Raketen und Irans Verbündete wie die Hisbollah im Libanon betreffen.
Die Mission der europäischen Regierungschefs entbehrt vielleicht nicht gänzlich aller Hoffnung: In den Auseinandersetzungen mit Syrien und Nordkorea folgten Trumps kriegslüsterner Rhetorik viel bedachtere Handlungen.
Seine anfängliche Haltung ist meist bombastisch und kompromisslos, um die Gegenseite durch Einschüchterung zu Zugeständnissen zu bewegen. Da muss man ihn nicht unbedingt beim Wort nehmen. Auf diese regelmäßig wiederkehrende Mäßigung wird man aber möglicherweise im Fall des Irans umsonst warten, weil er ihm gegenüber kompromisslos feindselig eingestellt ist: Für Trump ist der Iran die heimliche Macht hinter den „terroristischen“ Aktivitäten im Mittleren Osten.
Das Weiße Haus kann dem Iran ökonomisch durch die Wiedereinführung wirtschaftlicher Sanktionen schaden. Nicht, dass sie nach 2015 je wirklich aufgehoben worden wären, aber in ihren politischen Optionen sind die USA eingeschränkt. Sie mögen ja von einem Regimewechsel in Teheran reden, sind aber nicht wirklich in der Lage, diesen durchzuführen.
Und es gibt eine weitere Schwachstelle der USA: Von Israel und Saudi-Arabien oftmals angetrieben, haben die USA schon oft erleben müssen, dass sie die Führungsrolle des Irans als größte schiitische Macht in einer Koalition der Staaten – Irak, Syrien, Libanon – unterschätzt haben, zumal der Schiismus in diesen Ländern einen großen Einfluss ausübt. Es gestaltet sich sehr schwierig, den Iran dort, im Norden des Mittleren Ostens, zu besiegen, aber die USA haben über die Jahre beschlossen, den iranischen Einfluss in eben dieser Region einzudämmen.
Es wird schwierig sein, das Gleichgewicht der Kräfte zwischen dem Iran und seinen Feinden zu verschieben – egal, wie sich Trump im Falle des Nuklearabkommens entscheidet.
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Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „As Trump Berates Iran, His Options are Limited“. Er wurde vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam korrigiert.