Seid wachsam!
Reinhard Mey beschreibt in einem älteren Lied, wie fragil unsere Demokratie ist, und geißelt die Heuchelei der Politiker.
„Der Minister nimmt flüsternd den Bischof beim Arm: Halt du sie dumm, ich halt sie arm!“ Dieses und andere Zitate aus Reinhard Meys Lied „Sei wachsam“ von 1996 sind populär geworden. Der Liedermacher, dem man sonst ein eher sanftes Gemüt nachgesagt hatte, zeigte sich darin ungewohnt bissig. Das Lied enthält alles, was man zur Analyse auch der aktuellen Lage benötigt: von Medienkritik über den Umgang der Staatsmacht mit ihren Untertanen bis hin zu einer scharfsinnigen Satire über Kriegsrhetorik. Viele haben‘s gehört, die meisten sind leider inzwischen wieder eingeschlafen. Aber die Mahnung des Chanson-Veteranen bleibt denen, die ein Ohr dafür haben, im Gedächtnis: „Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt.“ Ein Text zu der Aktion #Friedensnoten.
Auf seiner „Rüm Hart“ Tournee 2002, hielt Reinhard Mey eine knapp dreiminütige Rede, die seinem Lied „Sei wachsam“ vorausging. In dieser beschreibt Mey, wie wichtig es ist, sich auch mal etwas Ruhe zu schenken und die Dinge etwas gelassener zu nehmen, um für einen kurzen Moment aus dem Hamsterrad auszusteigen, um den Blick auf das, Zitat: „wirklich wichtige zu lenken, auf das Herz aller Dinge, auf die kurze Zeit, die wir auf diesem blauen Planeten haben“. Doch das „abhängen und downcoolen“ sei schlagartig vorbei, sobald das Stichwort „Kinder“ gefallen ist. Denn diese seien es, über die sie verfügen wollen, mit ihren Aufmarschplänen, die schon in den Schubladen der Ministerien liegen. Die sie wie, Zitat:
„kleine Spielsteine aus Plastik über einem ‚Mensch ärger Dich nicht‘-Brett hin und her schieben wollen und werden und sie, je nach Spielzug und je nach Spiellage, auch bereit sind zu opfern. Aber es sind ja eben keine kleinen Plastikfigürchen, rote, grüne, gelbe oder schwarze, sondern das sind unsere Kinder, mit denen sie ihre Spiele machen wollen“.
Jene 500.000 toten Kinder im Irak zum Beispiel, die es laut der damaligen US-Außenministerin Madeline Albright, wert waren zu sterben. Am Ende seiner Rede resümiert Mey, das ihm „nichts anderes übrig bleibt, als schon heute dafür zu streiten, bereit sein dafür aufzustehen und wachsam zu sein“.
Seine Rede hatte mich damals wie heute so sehr inspiriert, dass ich sie im Februar 2018, unangekündigt an unserem Liederabend „Große Lieder, echte Gefühle“, am Theater Oberhausen, hielt. Die Reaktion darauf fiel damals schon so aus, dass der Intendant des Hauses mich danach hinter der Bühne abmahnte und mir drohte, wenn ich so etwas noch einmal tue, sei ich raus aus dem Liederabend.
Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) schrieb daraufhin in ihrer Kritik: „Auf Burak Hoffmann dagegen reagierten die Theaterbesucher leicht ungehalten. „Wann hört der endlich auf?“, raunte es durch die Reihen. Seine zeitintensive Einleitung zu „Weck mich auf“ von Sammy Deluxe für eine bessere Welt war wohl nicht das, was die Leute an diesem Abend hören wollten.“
Aber was war es dann, was sie hören wollten, wenn sie nicht einmal die drei Minuten — zeitintensive Einleitung? —, für eine bessere Welt aushielten? Was war an diesen drei Minuten nicht auszuhalten zwischen 90 satten Minuten der Unterhaltung, dem Glamour und dem Glitzer?
Sie rufen nach dem Kruzifix, nach Brauchtum und nach guten Sitten.
Doch ihre Botschaften sind nichts als Arsch und Titten,
Verrohung, Verdummung, Gewalt sind die Gebote.
Ihre Götter sind Auflage und Einschaltquote.
Wie sehr die Bellizisten dieser Welt auch versuchen mögen, die Menschen davon zu überzeugen, dass sie grundsätzlich schlecht seien, dass das gnadenlose Recht des Stärkeren gelte, dass all die Gewalt, der Hass, die Zerstörung gegen den Feind von Nöten seien und all die Männer, Frauen und Kinder, es wert seien, für den totalen Sieg vernichtet zu werden, halte ich daran fest, an das Gute im Menschen zu glauben.
Der beste Beweis dafür ist die Tatsache, dass Milliarden für Propaganda ausgegeben werden, um die Menschen für einen kurzen, zweckdienlichen Moment vom Gegenteil zu überzeugen. Und weil Lügen nicht nachhaltig sind, muss die Propaganda immer und immer wieder neu aufgeladen werden und sich neu erfinden.
Das einzige, womit man dieser Propaganda begegnen kann, ist stetig wachsam zu sein, denn die Mittel, die sie verwenden, sind die gleichen. 2003 warb Angela Merkel in der Washington Post unter dem Titel „Schroeder Doesn’t Speak for All Germans“, für eine engere Zusammenarbeit mit den USA. „Die Gefahr aus dem Irak“, so Merkel, sei „nicht fiktiv, sondern real“. Europa müsse, in engster Zusammenarbeit mit den USA, wieder Verantwortung übernehmen und den internationalen Druck auf Saddam Hussein, weiter aufrechterhalten.
Real waren die Ängste, fiktiv jedoch die angeblichen Massenvernichtungswaffen, mit denen diese Ängste geschürt wurden. Real waren auch die vielen tausenden von Toten die für ihren Krieg, basierend auf einer Lüge sterben mussten. Ebenso Real sind unsere Freunde, Verwandten und Bekannten, die es dann vielleicht nicht mehr gibt, wenn wir uns erneut in einen Krieg hineinziehen lassen. Menschen, die wir lieben und die ihnen egal sind. Denn am Ende werden nicht sie es sein, mit denen man sein Leid teilt. Sie werden von all dem mal wieder nichts gewusst haben.
Als man die Menschen in den „Krieg gegen den Virus“ berufen hat und sie aufforderte, sich impfen zu lassen, waren ihnen die realen Opfer danach auch egal. Heute will der fürsorgliche und um das Wohlergehen der Bürger besorgte Staat nichts von den tausenden Impfgeschädigten mehr wissen, die sich unter der mafiösen Androhung von psychischer und physischer Gewalt, zum Teil gegen ihren Willen impfen ließen.
Wie sie das Volk zu Besonnenheit und Opfern ermahnen.
Sie nennen es das Volk, aber sie meinen Untertanen.
All das Leimen, all das Schleimen ist nicht länger zu ertragen,
Wenn du erst lernst zu übersetzen, was sie wirklich sagen.
Der Minister nimmt flüsternd den Bischof beim Arm:
„Halt‘ du sie dumm, ich halt‘ sie arm!“
Gerade in diesen Zeiten ist es wichtiger denn je, Banden zu bilden, zu streiten, für die Gerechtigkeit und den Frieden aufzustehen und wachsam zu sein. Mey’s Lied rüttelt den Zuhörer dabei in seinem Innersten auf und erinnert daran, dass wir alle Menschen sind und wir für den Frieden einstehen können. Dass wir keine ohnmächtigen Zuschauer auf dem Abstellgleis sind. Also seid wachsam, wenn die ZEIT am 18. Februar 2023 und zwar auf den Tag genau 80 Jahre nach Goebbels Sportpalastrede, wo dieser den „totalen Sieg“ forderte, titelt „Ich wünsche mir den totalen Sieg“.
Jene ZEIT, die schon in der Hochphase der Corona-Propaganda im November 2021 titelte „Die Gesellschaft muss sich spalten“. Strack-Zimmermann, die schon 2019 mit kruden Aussagen wie dem „Volkssturm“ und dem „Russen“, der bloß aufpassen solle, auf sich aufmerksam machte, sagte dem RND kürzlich, die Bundeswehr brauche ein Feindbild, nämlich den Russen. Dies alles ist nichts anderes als schäbige Kriegspropaganda. Strack-Zimmermann wird daran verdienen, dass viele Menschen sterben, das ist ihr Geschäft. Also seid wachsam!
Wir hab‘n ein Grundgesetz, das soll den Rechtsstaat gerantier‘n.
Was hilft‘s, wenn sie nach Lust und Laune dran manipulieren.
Die Scharfmacher, die immer von der Friedensmission quasseln
Und unterm Tisch schon emsig mit dem Säbel rasseln?
„Nie wieder soll von diesem Land ein Krieg ausgehen!“
„Wir müssen Flagge zeigen, dürfen nicht beiseite stehen!“
„Rein humanitär natürlich und ganz ohne Blutvergießen!“
„Kampfeinsätze sind jetzt nicht mehr so ganz auszuschließen!“
Sie ziehen uns immer tiefer rein, Stück für Stück
Und seit heute früh um fünf Uhr schießen wir wieder zurück.
Umso mehr Krieg die Bellizisten propagieren und fordern, umso mehr Frieden und Zusammenhalt müssen wir ihnen entgegenbringen. Wir alle, als Menschen aller Nationen, Ethnien, Geschlechter, Altersklassen und Religionen.
Wenn sie zur Verachtung des Menschen auffordern, entgegnen wir ihnen mit der Liebe zum Menschen. Und bieten sie auch ihnen an. Und sagen:
Ich hab Sehnsucht nach Leuten, die mich nicht betrügen,
Die mir nicht mit jeder Festrede die Hucke voll lügen,
Und verschon‘ mich mit den falschen Ehrlichen.
Die falschen Ehrlichen, die wahren Gefährlichen!
Ich hab‘ Sehnsucht nach einem Stück Wahrhaftigkeit
Nach ‘nem bisschen Rückgrat in dieser verkrümmten Zeit
Eines der Besten Werkzeuge dafür ist die Musik. Und „das ist das schöne an Musik“ heißt es in Frank Darabonts 1994 erschienenen Filmdrama „Die Verurteilten“, „sie können sie dir nicht nehmen, man braucht Musik um nicht zu vergessen, um nicht zu vergessen, dass es noch Orte auf der Welt gibt, die nicht aus Stein sind, dass in deinem Innern etwas ist, was sie nicht kriegen können, das dir allein gehört“. In diesem Sinne:
Sei wachsam
Präg‘ dir die Worte ein!
Sei wachsam
Und fall nicht auf sie rein!
Paß auf, dass du deine Freiheit nutzt
Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt!
Sei wachsam
Merk dir die Gesichter gut!
Sei wachsam
Bewahr dir deinen Mut
Sei wachsam
Und sei auf der Hut!"
Medienpartner
Nacktes Niveau (Paul Brandenburg), Punkt.preradovic, Kaiser TV,
Hinter den Schlagzeilen, Demokratischer Widerstand,
Eugen Zentner (Kulturzentner), rationalgalerie (Uli Gellermann), Protestnoten, Radio München (Eva Schmidt), Basta Berlin, Kontrafunk und Ständige Publikumskonferenz.
Weitere können folgen.
Ablauf
Samstag 9.7.2022 SONG Fortunate Son (Creedence Clearwater Revival)
TEXT Marcus Klöckner Die Doppelmoral der Kriegsmacher — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 15.7.2022 SONG Redemption Song (Bob Marley)
TEXT Jens Fischer Rodrian Botschafter für eine gerechte Welt — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 23.7.2022 SONG Friedensbewegung (Kilez More)
TEXT Eugen Zentner Liebe und Leidenschaft — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 30.7.2022 SONG Es ist an der Zeit (Hannes Wader)
TEXT Roland Rottenfußer Der wirkliche Feind — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 6.8.2022 SONG War — what is it good for? (Edwin Starr)
TEXT Lüül Wozu ist Krieg gut? — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 13.8.2022 SONG Another brick in the wall (Pink Floyd)
TEXT Alexa Rodrian Der Ziegel in der Wand — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 20.8.2022 SONG Anthem (Leonard Cohen)
TEXT Madita Hampe Durch alles geht ein Riss — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 27.8.2022 SONG Feeding off the love of the land (Stevie Wonder)
TEXT Nina Maleika Zurück Zur Verbundenheit — ZurZur Aktion Friedensnoten
Samstag 3.9.2022 SONG Drei Kreuze für Deutschland (Prinz Pi)
TEXT Nicolas RiedlDer Sog des Krieges — ZurZur Aktion Friedensnoten
Samstag 10.09.2022 SONG Masters of war (Bob Dylan)
TEXT Wolfgang Wodarg Meister der Kriege — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 24.09.2022 SONG Die Welt im Fieber (Karat)
TEXT Maren Müller Die Welt im Fieber — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 1.10.2022 SONG Wehre have all the flowers gone (Joan Baez)
TEXT Ulrike Guérot Der Kreislauf des Krieges — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 8.10.2022 SONG Peace (Ajeet Kaur)
TEXT Philine Conrad Der Wunsch nach Frieden — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 15.10.2022 SONG Working Class Hero (John Lennon)
TEXT Tom-Oliver Regenauer Das Musik-Monument — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 29.10.2022 SONG Imagine (John Lennon)
TEXT Kenneth Anders Sich den Frieden ausmalen — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 5.11.2022 SONG (What’s So Funny ’Bout) Peace, Love and Understanding (Nick Lowe)
Text Sabrine Khalil Der unbequeme Weg des Fragens — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 12.11.2022 SONG I Can’t Write Left Handed (Bill Withers
Text Ulli Masuth Fragwürdiger Heldenmythos — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 19.11.2022 SONG Sag mir wo die Blumen sind (Marlene Dietrich)
TEXT Oli Ginsberg Vom Krieg verweht — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 26.11.2022 SONG Meinst du, die Russen wollen Krieg? (Jewgeni Jewtuschenko)
TEXT Ulli Gellermann Die Russen wollen keinen Krieg — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 3.12.2022 SONG Sympathy for the Devil (The Rolling Stones)
TEXT Paul Brandenburg Sympathie für den Teufel — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 10.12.2022 SONG Boom! (System of a Down)
TEXT Thomas Trares Der Zenit der Friedensbewegung — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 17.12.2022 SONG The human hearth (Coldplay)
TEXT Jens Lehrich Dir wird geholfen — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 24.12.2022 SONG Neu aufgenommenes Weihnachtslied (Alexa und Jens Fischer Rodrian)
TEXT Alexa und Jens Fischer Rodrian Leben im Vielklang — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 31.12.2022 SONG Wake me up when September Ends (Green Day)
TEXT Aaron Richter Feiert eure Menschlichkeit! — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 7.1.2023 SONG Draft Resister (Steppenwolf)
TEXT Jonny Rieder Ohne mich! — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 14.1.2023 SONG Falstaff (Verdi)
TEXT Martha Carli Der heimliche Held — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 21.1.2023 SONG What’s going on (Marvin Gaye)
TEXT Christian Schubert Was in uns vorgeht — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 28.1.2023 SONG War is not am Woman‘s Game (Yael Deckelbaum)
TEXT Sandra Seelig Weiblichkeit kennt keinen Krieg — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 4.2.2023 SONG Nein, meine Söhne geb ich nicht (Reinhard Mey & Freunde)
TEXT Michael Karjalainen-Dräger Wie man einen Krieg beendet — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 11.2.2023 SONG Aabeglogge (Jodlerclub Balfrin)
TEXT Jeanette Fischer Das Leben neu entdecken — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 18.2.2023 SONG 99 Luftballons (Nena)
TEXT Hannes Hofbauer Kriegsminister gibt’s nicht mehr — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 25.2.2023 SONG Russians (Sting)
TEXT Volker Schubert Auch Russen lieben ihre Kinder — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 4.3.2023 SONG Schornsteine (Prinz Pi)
TEXT Nicolas Riedl Die Schornsteine der Waffenschmieden — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 11.3.2023 SONG Give Peace a chance (Yoko Ono, John Lennon)
TEXT Alexandra Streubel Der Schlüssel zu echtem Frieden — Zur Aktion Friedensnoten
Samstag 25.3.2023 SONG Friedenslied (Gisela May)
TEXT Gabriele Gysi Das Friedenslied — Zur Aktion Friedensnoten