Schmerzhaftes Erwachen
Michael Meyens Spiegel-Bestseller „Die Propaganda-Matrix“ zeigt, dass es oft unbequem ist, den Schleier der Lüge zu zerreißen — dennoch führt kein Weg daran vorbei.
„Die Wahrheit wird euch frei machen“, soll Jesus gesagt haben. Ja, aber mitunter macht sie auch traurig. Denn hinter den Fassaden der Welt, die man uns vorzuspiegeln versucht, sieht es oft düster aus. Wie schön wäre es, an all die Erzählungen des Corona-Establishments glauben zu können, den Großen Bruder zu lieben und frohgemut in eine schöne, neue Zukunft zu marschieren. Stattdessen sitzt der Corona-Skeptiker missmutig am Rande der Geimpften-Party und malt sich das Schreckensszenario einer von Maschinen beherrschten Überwachungsdiktatur aus. Schon die Filmtrilogie „The Matrix“ zeigte: Die Wahrheit muss man aushalten können. Sie erfordert Mut. Der Kommunikationswissenschaftler Michael Meyen, dessen neues Buch „Die Propaganda-Matrix“ jetzt im Rubikon-Verlag vorliegt, hat ihn.
„Du siehst aus wie ein Mensch, der das, was er sieht, hinnimmt, weil er damit rechnet, dass er wieder aufwacht“, sagt der Meister und lugt hinter seiner schwarz getönten Sonnenbrille hervor. Und er fügt hinzu: „Ironischerweise ist das nahe an der Wahrheit.“ Was der Meister seinem Schüler nun mitzuteilen hatte, ist aufs Höchste beunruhigend. Es spricht ein Lebensgefühl an, das vielleicht auch vielen von uns bekannt vorkommt: „Ich will dir sagen, wieso du hier bist. Du bist hier, weil du etwas weißt, etwas, was du nicht erklären kannst. Aber du fühlst es. Du fühlst es schon dein ganzes Leben lang, dass mit der Welt etwas nicht stimmt. Du weißt nicht was, aber es ist da. Wie ein Splitter in deinem Kopf, der dich verrückt macht.“
Dieser Dialog mutet an wie die Beschreibung einer spirituellen Suche, die konsequenterweise in ein Erwachen mündet. Der Schüler in dieser Geschichte hat seinen Lehrer jahrelang gesucht, getrieben von einem diffusen Unbehagen an der Wirklichkeit. Irgendetwas an der Welt, die ihn umgibt, erscheint ihm nicht echt. Die Fassadenhaftigkeit der Räume, die puppenhaft funktionierenden Mitmenschen, die im Rahmen vorgegebener Rollen ihren Part in einem teilweise ziemlich banalen Drama spielen. Kann dieses seltsam hölzerne, oft unwirklich erscheinende Spiel denn tatsächlich alles sein, was existiert?
Programmierte Scheinwelt
Nun, da er seinem Meister endlich gegenübersteht, ist die brennendste Frage des Schülers die nach der Beschaffenheit dieser Wirklichkeit. „Hattest du schon einmal einen Traum, Neo, der dir vollkommen real schien?“, fragt ihn dieser. „Was wäre, wenn du aus diesem Traum nicht mehr aufwachst? Woher würdest du wissen, was Traum ist und was Realität?“
Aufmerksame Kinogänger haben natürlich längst erkannt, wo wir uns befinden. Wiedergegeben ist ein Dialog aus dem ersten Teil der Kinotrilogie „The Matrix“, einem modernen Klassiker, der auf radikale Weise die Frage nach der Beschaffenheit unserer Realität stellt. Was aber ist die berühmte „Matrix“? „Die Matrix ist allgegenwärtig“, sagt Morpheus, der moderne Guru mit der Sonnenbrille, der mit coolen Sprüchen und kräftigen Handkantenschlägen selbst der actionverliebten Handy-Generation anspruchsvolle philosophische Weisheiten vermittelt. „Es ist eine Scheinwelt, die man dir vorgaukelt, um dich von der Wahrheit abzulenken.“ „Welche Wahrheit?“, fragt Neo. „Dass du ein Sklave bist“, antwortet Morpheus. „Du wurdest in die Sklaverei geboren. Ein Gefängnis, das du weder anfassen noch riechen kannst. Ein Gefängnis für deinen Verstand.“
In den „Matrix“-Filmen ist die Welt, die wir Realität nennen, eine computergenerierte Traumwelt, geschaffen von seelenlosen Robotern, um die Menschen unter ihrer Kontrolle zu halten. Die „wirkliche Wirklichkeit“ sieht ganz anders aus als unsere glatten Hochglanzstädte und sterilen Büroräume. In einer vom Atomkrieg zerstörten Welt dienen menschliche Körper den Maschinen als Energielieferanten. Menschen verdämmern ihr ganzes Leben in Wannen mit einer Art Nährflüssigkeit, die „Matrix“ als Ablenkungsprogramm wird in ihre Gehirne eingespeist und hindert die Gefangenen daran, sich ihrer wahren Situation bewusst zu werden. Die Welt, wie wir sie kennen, lautet die provokante These des Films, IST die Matrix, ist Schein, nicht wesenhaft.
Philosophen als Filmemacher
Die radikale Herausforderung des „Gurus“ Morpheus an seinen Schüler Neo lautet nun:
Willst du hinter die Fassaden dieser Scheinwelt blicken? Willst du die Wahrheit erfahren, so unbequem, ja schockierend sie dir auch erscheinen mag?
Neo schluckt die berühmte rote Kapsel, die ihm Morpheus darreicht, für ihn das Tor zur Wahrheit, und erwacht. Morpheus ist der Hüter der Schwelle, der Seelenführer, der den Suchenden aus der sicheren, aber begrenzten und begrenzenden Welt, aus der er kommt, hinausführt in das Abenteuer der Erkenntnis, der geistigen Weite, die allerdings neue, ungeahnte Herausforderungen an ihn stellt.
Die Frage nach der Scheinhaftigkeit der Realität, die die Geschwister Wachowski, Regisseure und Drehbuchautoren der Matrix-Trilogie, stellen, ist eigentlich eine uralte, die vor allem im Hinduismus und Buddhismus zu Hause ist. „Maya“ nennen die Weisen Indiens diese flirrende Scheinwelt der tausend Formen, und sie betonen, dass es Aufgabe des spirituellen Suchers sei, die Scheinhaftigkeit dieser Welt zu durchschauen und durch Erkenntnis und Meditation zur Wahrheit durchzudringen.
Kassandras Albtraum
Eine weitere brennende Frage, die der Film aufwirft, ist jedoch diese: Ist es überhaupt wünschenswert, hinter die Fassaden zu schauen? Anders ausgedrückt: Macht die Wahrheit uns glücklich? „Bedenke“, sagt Morpheus zu Neo, „alles, was ich dir anbiete, ist die Wahrheit. Nicht mehr.“ In einer drastischen Szene aus „The Matrix“ löffeln die „erwachten“ Rebellen in ihrem U-Boot grauen Schleim — eine Nährlösung und die einzige Nahrung, die außerhalb der Matrix verfügbar ist. Die Menschen „drinnen“ genießen ein saftiges Steak. Es ist nur Illusion, aber eine angenehme.
„Erwachtsein“ dagegen isoliert. Es sondert einen radikal von der Mehrheit derer ab, die in der Scheinwelt gefangen sind.
In Schillers Gedicht „Kassandra“ klagt die Titelheldin ihr Schicksal an — konkret den Gott Apollo, der ihr die Sehergabe mit auf den Weg gab, zugleich aber auch den Fluch, der bewirkt, dass niemand auf ihre Prophezeiungen hört.
Dein Orakel zu verkünden,
Warum warfest du mich hin
In die Stadt der ewig Blinden
Mit dem aufgeschloss‘nen Sinn?
Sehr radikal, stellt Kassandra die Frage, ob das Wissen um die Wahrheit überhaupt wünschenswert ist.
Frommt‘s, den Schleier aufzuheben,
Wo das nahe Schrecknis droht?
Nur der Irrtum ist das Leben,
Und das Wissen ist der Tod.
Und sie würde, hätte sie die Wahl, sogar gern wieder „zurück in die Matrix“ gehen:
Meine Blindheit gib mir wieder
Und den fröhlich dunkeln Sinn,
Nimmer sang ich freud‘ge Lieder,
Seit ich deine Stimme bin.
Matrix ohne Ausstiegsmöglichkeit
Natürlich fühlt sich auch in der Coronakrise der Schwarzseher oft bedrückt und isoliert. Während seine Mitbürger treuherzig versichern, es werde sehr bald vorbei sein mit den Einschränkungen — schließlich sehe man ja, wie gut die Impfungen wirkten —, steht er abseits der großen Geimpften-Party. Hinter seinen finsteren Blicken verbergen sich Visionen eines eskalierenden Totalitarismus — Mutanten, neue Lockdowns, endloser Freiheitsabbau, wirtschaftlicher Zusammenbruch, bürgerkriegsähnliche Zustände, Gesundheits- und Öko-Diktatur.
Im erweiterten Sinn geht es jedoch in diesem entsetzlichen Film nicht nur um Kassandra-Rufe und negative Prophezeiungen, sondern um die Frage, ob wir der Wirklichkeit, die uns umgibt, überhaupt vertrauen können. Michael Meyen schreibt über die Unterschiede zwischen den Rebellen der „Matrix“-Trilogie und uns:
„Die Propaganda-Matrix ist anders. Dieser Matrix können wir nicht ausweichen. In unserer Welt gibt es weder das sagenumwobene Zion, eine Stadt tief unter der Erdoberfläche, in der die letzten ‚freien Menschen‘ auf die Revolution warten dürfen oder wenigstens so gut leben, wie das nach der Apokalypse und ohne Matrix eben geht, noch Schiffe wie die Nebukadnezar, die alles zum Guten wenden sollen, gelenkt von einem charismatischen Kapitän wie Morpheus.
In unserer Welt gibt es keine Trennung zwischen hier und dort, zwischen einem Kunstprodukt, das die Wahrnehmung blendet, und einer ‚Realität‘, wie düster es dort auch immer sein mag. Unsere Welt wird von der Propaganda-Matrix geformt. Wir sehen das, was wir im Elternhaus, in der Schule und im Beruf gelernt haben und was von Presse, Radio und Fernsehen pausenlos wiederholt wird, natürlich auch online. Die Realität der Massenmedien ist genauso real wie der Baum, den wir im Wald umarmen können, der Polizist, der unsere Papiere checken will, oder der Fluss, den wir ohne Brücke schlecht überqueren können.“
Die Gitterstäbe der Lügen
Die durch die Medien und das Kollektivbewusstsein unserer Mitmenschen kreierte „Matrix“ ist einerseits grundsätzlich immer als solche erkennbar — wenn man bereit ist zu sehen und sich auf unbequeme Wahrheiten einstellt. Andererseits können wir sie nicht einfach verlassen wie einen bösen Traum, aus dem wir erwachen, oder — wie es in den „Matrix“-Filmen möglich ist — indem die Protagonisten von einem Moment zum anderen offline gehen und in einer anderen „wirklicheren Wirklichkeit“ auftauchen.
Eher scheint die Wahrheit immer vorhanden, jedoch wird sie von der Lüge auf so dominante Weise überlagert, dass es enorme Kraftanstrengung kostet, sich aus ihrem Bann zu lösen. Die Situation ist ähnlich, wie sie Rilke in seinem berühmten „Panther“-Gedicht dargelegt:
„Sein Blick ist vom Vorübergehen der Stäbe
So müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Es ist als ob es tausend Stäbe gäbe,
Und hinter tausend Stäben keine Welt.“
Ähnlich haben die sich wiederholenden Phrasen der Propaganda einen zugleich ermüdenden und hypnotisierenden Einfluss. Man vermag nur noch die penetrante Wiederholung des Vorgegebenen wahrzunehmen, die unser aller geistiges Gefängnis darstellt. Dass es ein Dahinter geben könnte, vermögen wir nicht mehr wahrzunehmen, im schlimmsten Fall — wie bei Corona-Überangepassten — nicht einmal mehr zu erahnen.
Abstürzende Schlafwandler
Die Rolle des Aufklärungsautors ist somit grundsätzlich eine heroische. Er ist Augenöffner und — so der treffende Titel einer alten Satiresendung — Scheibenwischer. Er führt hinter die Kulissen, wo den Besucher statt blumiger Illusion das karge Gestänge des Bühnenaufbaus erwartet. Letztlich ist er der, der einen Schlafwandler plötzlich durch einen lauten Weckruf aufschreckt und ihn so in die Gefahr bringt, abzustürzen. Bescheiden, wie er ist, will Michael Meyen seine Rolle nicht überschätzt sehen:
„Ich bin nicht Morpheus. Mir fehlt der Glaube, dass es nur einen Auserwählten braucht, um die Matrix zu zerstören. Ich glaube nicht einmal, dass man die Matrix überhaupt zerstören kann. Es geht deshalb in diesem Buch auch nicht um Zerstörung, sondern um Aufklärung und um das, was aufgeklärte Menschen aus der Matrix machen könnten. Blaue Kapsel oder rote Kapsel: Sie haben sich schon entschieden. Sonst würden Sie dieses Buch nicht lesen. Sie wissen genau wie Neo, der Held in dem Action-Klassiker Matrix, dass mit der Welt etwas nicht stimmt, die wir alle für die Wirklichkeit halten müssen, und wollen verstehen, wo und wie die Realität produziert wird, die man uns rund um die Uhr ins Haus liefert.“
Der Auswählte ist Meyen vielleicht nicht — dazu fehlen ihm Sonnenbrille und Martial-Arts-Techniken —, aber er ist ganz gewiss berufen, Wesentliches zur Aufklärung beizutragen. Nötig ist dazu vor allem die radikale Dekonstruktion der von den Medien angewandten Manipulationstechniken.
Nach Ihrer „Aufklärung“ durch die Eltern kennen Sie zwar noch den Begriff Osterhase, Sie haben auch eine Vorstellung davon, was damit gemeint ist, aber Sie werden nie wieder an dessen tatsächliche Existenz glauben können — ganz unabhängig davon, wie behaglich sich dieser Kinderglaube angefühlt hat.
Michael Meyen beschreibt präzise, welche Filter die Propaganda zwischen die Augen der Wahrnehmenden und die Wirklichkeit gelegt hat. Um in der Bildsprache der „Matrix“-Trilogie zu bleiben: Während und nach der Lektüre von Meyens Buch glauben wir zu sehen, wie sich das, was wir für die Realität hielten, in grüne, flirrende Zahlenreihen auflösen. Wir erkennen: Es ist alles so programmiert worden, um uns zu täuschen und gleichsam in dieser Täuschung einzusperren.
Mit dem Auftauchen einer „zweiten Wahrheit“ hinter der Scheinwelt, die die meisten von uns bewohnen, beginnen aber auch die Bemühungen, diese Wahrheit zum Verschwinden zu bringen.
Die Maschine muss jene, die aus ihr auszusteigen versuchen, bekämpfen und zum Schweigen bringen, denn Erwachte sind als Batterien nicht mehr zu gebrauchen.
Daher verschärft sich auch derzeit der Tonfall seitens der Programmierer der Matrix gegenüber den Abweichlern. Menschen müssen dazu gebracht werden, das Offensichtliche nicht mehr zu sehen oder wenigstens so zu tun, als sähen sie es nicht. Der Trick ist, den „Der Kaiser ist nackt“-Rufern Angst davor einzuflößen, dass sie mit ihrer Wahrnehmungsweise allein bleiben und zu Ausgegrenzten werden könnten in der Gemeinschaft derer, die den Kaiser als bekleidet wahrnehmen. So beschreibt Michael Meyen die Abwehrkämpfe der Illusionsmaschine:
„Heute diskutiert der Journalismus über ‚Haltung‘ und zieht Grenzen. Verschwörungstheorien, Fake News und Hate Speech, Populismus. Überhaupt das Internet und dann gleich die Straße. ‚Wir‘ wissen, was ‚man‘ von diesem zu halten hat und was von jenem. Wenn einer der Netzgiganten einen Account sperrt oder einen Kanal, dann wird geklatscht, solange es die ‚Richtigen‘ trifft. Donald Trump zum Beispiel, Ken Jebsen, Ovalmedia und Robert Cibis oder die Stiftung Corona-Ausschuss. Und wenn das jemand ‚Cancel Culture‘ nennt, auf die vielen ‚Ausgeladenen, Zensierten, Stummgeschalteten oder unsichtbar Gewordenen‘ verweist und öffentlich fordert, das ‚freie Denken und Sprechen‘ aus dem ‚Würgegriff‘ der ‚Gesinnung‘ zu befreien, dann schreiben ‚wir‘ einfach, dass es das alles gar nicht gibt. Cancel Culture? Eine ‚paranoide Reaktion‘ auf eigenes Versagen, mehr nicht.“
Die Aufklärer-Beschimpfung ist heute zu einer eigenen Kunstform erhoben worden. Die Dringlichkeit und Gehässigkeit, mit der sie betrieben wird, zeigt aufs Deutlichste, dass die Diffamierer es nötig haben. Dass sie ihre Wirklichkeitskonstruktion und unsere freiwillige oder erzwungene Zustimmung dazu brauchen, um ihre Technik des Energieraubs, von der sie abhängig geworden sind wie Süchtige, weiter ungestört praktizieren zu können. Ich glaube ja nicht, dass der Spruch „Viele Feind, viel Ehr‘“ im vollen Umfang zutrifft. Wohl aber scheint das Gegeifer der System-Integrierten momentan eine unvermeidliche Begleiterscheinung mutiger Aufklärungsarbeit zu sein, von der natürlich auch Michael Meyen nicht verschont geblieben ist.
Ich füge an dieser Stelle für den Rubikon hinzu: Es ist erstaunlich und ein sehr ermutigendes Zeichen, dass die Aufklärungsinitiative des Rubikon Buchverlags einen derart durchschlagenden Erfolg hatte und hat. Nach Walter van Rossum, Flo Osrainik, Sven Böttcher und Wolfgang Wodarg landete Michael Meyen nunmehr den fünften Bestseller des Verlags in Folge. Zum Hintergrund muss man wissen: Buchverlage scheinen sich momentan generell schwer zu tun, Erfolge zu generieren.
Im Kontakt mit Verlagen bin ich in den letzten Jahren zum großen Teil auf Ratlosigkeit gestoßen, womit man Leser in der digitalisierten und teilweise entpolitisierten Welt überhaupt noch hinter dem Ofen hervorlocken kann. Ich habe renommierte Verlage schrumpfen und Start-ups als Rohrkrepierer enden sehen. Bei Weitem nicht alle natürlich, aber das Umfeld, in dem der Rubikon-Verlag seinen Durchbuch geschafft hat, war und ist kein günstiges. Das spricht für Qualität, Mut und die richtige Themenwahl zum richtigen Zeitpunkt.
Trumans Durchbruch
Viele von uns finden sich in diesen Tagen als „Helden wider Willen“ rekrutiert. Die meisten sind von ihrem Naturell her keine muskelbepackten Krieger, sondern eher bequeme Hobbits, die an ihren Aufgaben wachsen mussten, weil die Alternative Selbstpreisgabe gewesen wäre und das Einknicken vor der dunklen Macht.
Ein solcher moderner Held ist auch Jim Carrey in Peter Weirs bahnbrechendem Film „Truman Show“. Als eine satirisch überspitzte Version der tumben Protagonisten einschlägiger Reality-Shows wird Truman sein ganzes Leben lang von Kameras überwacht. Sein Leben läuft seit Jahrzehnten in allen Wohnzimmern des Landes — rund um die Uhr. Das Interessante daran: Er weiß nicht, dass er in der Show ist, weil er schon seit seiner Geburt in einer perfekt durchgestylten Welt lebt, in der alle — außer ihm selbst — bezahlte Schauspieler sind. Christoph, der Regisseur und Erfinder der Show, ist der Gott von Trumans Welt. Er lässt es aus Wettermaschinen regnen oder die Sonne scheinen, er teilt seinem Geschöpf eine Lebenspartnerin zu und entzieht sie ihm wieder — alles zur Unterhaltung des Publikums.
Doch in dem dümmlich-unbedarften Truman erwacht so etwas wie eine Seele, etwas, was nicht manipulierbar und mit keiner Kamera zu erfassen ist und darauf drängt, die Wahrheit über seine Existenz ans Licht zu bringen. Er bricht aus seinem Gefängnis, einer von Meer umschlossenen biederen amerikanischen Kleinstadt, aus und flieht über das Wasser, bis er an die Kuppel stößt, den äußersten Rand der ihm von Christoph zugedachten Welt. Das Dahinter lockt Truman, und es macht ihm zugleich Angst. Er muss, wie Neo in „Matrix“, zwischen der blauen Kapsel — dem Weiterträumen — und der roten Kapsel — dem Erwachen — wählen.
Noch einmal versucht ihn „Gott“ zur Umkehr zu bewegen und spricht als Stimme aus dem Off zu ihm: „Ich bin der Schöpfer der Fernsehsendung, die Millionen Hoffnung und Freude bereitet.“ — „Und wer bin ich?“, fragt Truman. — „Du bist der Star.“ — „War gar nichts echt?“ — „Du warst echt. Deshalb hat man dir so gern zugesehen. Da draußen findest du nicht mehr Wahrheit als in der Welt, die ich für dich geschaffen habe. Dieselben Lügen, derselbe Betrug, aber in meiner Welt gibt es nichts zu befürchten. Du hast Angst. Deshalb kannst du nicht weggehen.“
Und dennoch geht Truman in einer bewegenden Szene am Ende durch die Tür nach draußen — in die Freiheit, in die Weite, in die Wahrheit. Wir wissen nicht, was ihn dort erwartet, denn der Film endet an dieser Stelle.